Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.08.2020, Az. 26 W (pat) 529/20

26. Senat | REWIS RS 2020, 165

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "black forest smile/black forest (Unionswortmarke)" – zur Kennzeichnungskraft - Warenähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – keine selbständig kennzeichnende Stellung eines Markenbestandteils – kein Serienzeichen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 007 773

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 17. August 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

black forest smile

3

ist am 28. März 2017 angemeldet und am 22. Juni 2017 unter der Nummer 30 2017 007 773 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren der

4

Klasse 3: Wasch- und [X.]eichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputz-mittel, insbesondere Zahnputzmittel als Gel, Creme, Pulver, Granulat und Kaugummi;

5

Klasse 16: Papier, Pappe [Karton]; [X.]; [X.]; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel, ausge-nommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; Zeichenartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmaterial; Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke; [X.]; Druckstöcke;

6

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 28. Juli 2017 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben aus der Unionswortmarke

8

black forest

9

die am 19. Dezember 2014 angemeldet und am 24. August 2015 unter der Nummer 013 593 711 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

Klasse 17: Waren aus [X.], Kautschuk, [X.] (soweit in Klasse 17 enthalten), nämlich [X.]puffer, [X.]ringe, Isolatoren für elektrische Leitungen, rohes oder teilweises bearbeitetes Kautschuk, Latex, Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus [X.];

Klasse 18: Gamaschen und Bandagen für Tierbeine; Leder und Lederimitationen, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Accessoires sowie Werbe und Geschenkartikel für den Reitsportbereich aus Leder und Lederimitationen (soweit in Klasse 18 enthalten).

Die Eintragung dieser Marke für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Freizeit- und Sportschuhe, Freizeit- und Sportbekleidung“ ist in einem von einem Dritten beantragten [X.] mit seit dem 14. Juli 2020 rechtskräftigem [X.]uss der Fünften Beschwerdekammer des [X.] vom 8. April 2020 ([X.]/2019-5) gelöscht worden.

Mit [X.]uss vom 28. November 2019 hat die Markenstelle für Klasse 3 des [X.] eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die [X.] zumindest entfernt ähnlich seien. Die angesprochenen Verbraucher begegneten den Waren, die teilweise zum täglichen Bedarf gehörten, mit einem normalen Aufmerksamkeitsgrad. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei unterdurchschnittlich, weil sie als die [X.] Bezeichnung für den [X.] und damit als Hinweis auf die geographische Herkunft der [X.]n verstanden werde. Den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein. In der Gesamtheit und visuell unterschieden sich die Vergleichsmarken durch die unterschiedliche Wortanzahl und Zeichenlänge sowie die abweichenden Ober- und Unterlängen. In klanglicher Hinsicht verfügten die Marken weder über eine identische Silbenanzahl noch über eine identische [X.]. Sie unterschieden sich gravierend in ihrem Sprech- und Betonungsrhythmus. Dabei komme den übereinstimmenden Wortanfängen weniger Aufmerksamkeit zu, weil „black forest“ als geographischer Herkunftshinweis wahrgenommen werde. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr scheide aus, weil der älteren Marke die Bedeutung „[X.]“ zukomme, während die jüngere Marke als „[X.]lächeln“ verstanden werden könne. Die Kollisionsmarken würden auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie die Ansicht vertreten, die für die jüngere Marke registrierten Produkte „Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke“ der Klasse 16 und die [X.]n „Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus [X.]“ der Klasse 17 seien identisch, im Übrigen seien die [X.] hochgradig ähnlich. „Wasch- und [X.]eichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; ätherische Öle“ der Klasse 3 gehörten zu den typischen Pflegematerialien sowohl für die [X.]n aus [X.], Kautschuk und Latex der Klasse 17 als auch für die Widerspruchsprodukte „Leder, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Accessoires aus Leder“ der Klasse 18. [X.] werde auch für „Zahnputzmittel, insbesondere Zahnputzmittel als Gel, Creme, Pulver, Granulat und Kaugummi“ verwendet. Die angegriffenen Produkte „[X.]; Buchbinderartikel; Schreibwaren; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; Zeichenartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmaterial“ der Klasse 16 könnten teilweise oder komplett wie die [X.]n der Klasse 17 aus [X.], [X.] oder Latex bestehen, wie z. [X.] für den Unterricht, [X.]ringe als Büroartikel oder Abformmassen aus Latex als [X.]. Da sowohl die für die jüngere Marke eingetragenen Waren „Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel“ der Klasse 3 als auch die für sie registrierten Produkte „[X.]; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; Zeichenartikel; Pinsel; Druckstöcke“ der Klasse 16 typische Artikel seien, die als Accessoires, Werbe- und Geschenkartikel an den Endverbraucher verkauft würden, wie [X.] aus Pferdehaar, Pferdefotografien oder Schreibwaren mit Bezug zum Pferdesport, bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zu den Widerspruchsprodukten „Accessoires sowie Werbe und Geschenkartikel für den Reitsportbereich aus Leder und Lederimitationen“ der Klasse 18. Die für die Widerspruchsmarke in Klasse 18 geschützten „Gamaschen und Bandagen für Tierbeine“ bestünden teilweise aus Papier und Pappe und seien typischerweise in Kartonagen und Kunststoffe verpackt, so dass auch eine hochgradige Ähnlichkeit zu den angegriffenen Produkten „Papier, Pappe [Karton]“ bestehe. Klanglich seien die Vergleichsmarken hochgradig ähnlich, weil sie am stärker beachteten Wortanfang identisch seien. Der allgemein bekannte und häufig als beschreibende Ergänzung verwendete Bestandteil „smile“ der jüngeren Marke trete hinter den beiden phonetisch prägenden Anfangsworten zurück, weil er kurz, weich und [X.] ausgesprochen werde. Auch schriftbildlich kämen sich die Kollisionsmarken viel zu nahe. Denn die Widerspruchsmarke mit ihren 11 Buchstaben sei vollständig in den 16 Buchstaben der angegriffenen Marke enthalten. Der einzige Unterschied bestehe in dem einsilbigen, kurzen Wort „smile“. Da die beiden Marken im Wesentlichen im Sinngehalt „schwarzer Wald“ übereinstimmten, seien sie auch begrifflich hinreichend ähnlich.

Die Widersprechende beantragt,

den [X.]uss der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 28. November 2019 aufzuheben und das [X.] anzuweisen, die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 013 593 711 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im patentamtlichen Verfahren hat sie den Vortrag der Widersprechenden zur [X.] bestritten und die Auffassung vertreten, die einander gegenüberstehenden Waren wiesen hinsichtlich Beschaffenheit, regelmäßiger betrieblicher Herkunft und Vertriebsart sowie Verwendungszweck keine Berührungspunkte auf. [X.] sei ein Bestandteil von [X.] für die Wurzelbehandlung, aber kein Zahnputzmittel. [X.] aus [X.] gebe es nicht. Gamaschen in Klasse 18 würden aus Leder oder Lederimitationen, nicht aber aus Papier oder Stoff gefertigt. Die mögliche Verpackung von Gamaschen könne nicht zur Begründung einer Ähnlichkeit mit Verpackungsmaterialien der Klasse 16 herangezogen werden. Klanglich und schriftbildlich unterschieden sich die Vergleichsmarken durch den langen Zusatz „smile“ in der angegriffenen Marke deutlich. Eine begriffliche Ähnlichkeit scheide aus, weil sich das Wort „smile“ mit der Bedeutung „Lächeln“ als kreativer, einprägsamer Sinngehalt vom älteren Markenwort „black forest“ im Sinne von „[X.]“ absetze. Aufgrund der Unähnlichkeit der Waren und der geringen Markenähnlichkeit sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Mai 2020 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 und 2, [X.]. 29 – 35 [X.]) darauf hingewiesen worden, dass die Vergleichsmarken nicht für verwechslungsfähig erachtet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Soweit sich der Widerspruch auch auf die Eintragung der älteren Unionswortmarke für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Freizeit- und Sportschuhe, Freizeit- und Sportbekleidung“ stützt, ist er insoweit infolge Löschung mit [X.]uss der Fünften Beschwerdekammer des [X.] vom 8. April 2020 ([X.]/2019-5), der seit dem 14. Juli 2020 rechtskräftig ist, nachträglich unzulässig geworden (vgl. [X.] 4, 90, 92 f.; 20, 235, 238; 24, 112, 115).

2. Zwischen der angegriffenen Marke „black forest smile“ und der noch für Waren der Klassen 17 und 18 eingetragenen [X.] „black forest“ besteht keine Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht zurückgewiesen.

a) Da es sich vorliegend um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, ist die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

b) Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: [X.] [X.] 2020, 52 [X.]. 41 - 43 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 356 [X.]. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2019, 1058 [X.]. 17 – [X.]; [X.] 2018, 79 [X.]. 9 – [X.]/[X.] Club m. w. N.).

c) Der [X.] „black forest“ kommt eine weit unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.], 1096 [X.]. 31 – BORCO/[X.] [Buchst. a]; [X.] 2017, 75 [X.]. 19 – [X.]). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen. Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft ([X.], 1358 [X.]. 10 – [X.]/[X.]solar; [X.], 1040 [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ([X.] – [X.]).

bb) Die ältere Unionswortmarke setzt sich aus den [X.]n Wörtern „black“ und „forest“ zusammen. Sowohl das Adjektiv „black“ für „schwarz“ als auch das Substantiv „forest“ für „Wald, Forst“ entstammen dem [X.]n Grundwortschatz und sind dem inländischen Verkehr geläufig [X.], Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, S. 23 u. 47). Aber auch die Begriffskombination „[X.]ack Forest“ mit der Bedeutung „(der) [X.]“ hat schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke, dem 28. März 2017, zum [X.]n Grundwortschatz gehört (Häublein/[X.], Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2000, [X.]; [X.] – [X.] wichtigsten Wörter [X.] Grundwortschatz, 2007, [X.]; www.leo.org, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) Damit erschöpft sich die Widerspruchsmarke in der den angesprochenen Verkehrskreisen bekannten [X.]n Bezeichnung für die Region „[X.]“. Der [X.] ist [X.] höchstes und größtes zusammenhängendes Mittelgebirge im Südwesten [X.], das sich über eine Fläche von mehr als 6.000 Quadratkilometern erstreckt. Im und am [X.] liegen wirtschaftlich bedeutende Städte, wie beispielsweise [X.] im Süden, [X.], [X.], [X.] und [X.] im Norden sowie [X.] im Westen. Der [X.] mit seinen Kurorten und Thermalbädern genießt als beliebtes Urlaubsziel und als Herstellungsort der weltberühmten Kuckucksuhren, des Schwarzwälder Schinkens und der Schwarzwälder Kirschtorte eine große Bekanntheit über das Inland hinaus. In diesen Städten, aber auch in der Region, können Unternehmen angesiedelt werden, die die [X.]n aus [X.], Leder und Lederimitationen sowie Sattlerwaren der Klassen 17 und 18 produzieren bzw. weiterverarbeiten. Denn für die Herstellung dieser Produkte, deren Rohstoffe entweder im Inland gewonnen oder importiert werden können, bedarf es keiner besonderen geografischen Anforderungen. Tatsächlich gibt es im [X.] bereits sowohl Leder verarbeitendes Gewerbe und Sattlereien ([X.]; https:// [X.]; [X.]/) als auch [X.]- und Kunststoffproduktion ([X.]/; [X.]; https://wirtschaftsfoerderung-sbh.de/region/).

[X.]) Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise das ältere Markenwort „black forest“ sofort als rein beschreibenden Hinweis auf die geografische Herkunft der [X.]n auffassen.

ee) Anhaltspunkte für eine durch intensive Nutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Ausgehend von der maßgeblichen [X.] können sich die Vergleichsmarken teilweise auf weit überdurchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.

aa) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] [X.], 356 [X.]. 65 – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2014, 488 [X.]. 12 – [X.]/[X.]; [X.], 176, 177 [X.]. 16 – [X.]). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist ([X.] – [X.]/[X.]; a. a. O. [X.]. 17 – [X.]).

bb) Die für die jüngere Marke registrierten Produkte „Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke“ der Klasse 16 und die [X.]n „Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus [X.]“ der Klasse 17 sind aufgrund Beschaffenheit, regelmäßiger betrieblicher Herkunft und Vertriebsart sowie Verwendungszweck weit überdurchschnittlich ähnlich. Denn „[X.]“ als ein „durch Vulkanisation aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk hergestelltes Produkt von hoher Elastizität“ fällt unter den Oberbegriff „Kunststoff“, ein „vollsynthetisch oder durch Umwandlung von Naturprodukten hergestellter Werkstoff“. [X.] war der erste Kunststoff im engeren Sinne (https://www.duden.de/rechtschreibung/Gumme_Erzeugnis_Kondom;http://www.deutsches-kunststoff-museum.de/rund um kunststoff/das-lexikon-der-kunststoffe/gummi/ = Anlage 1 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 24. Oktober 2018; https://www.duden.de/rechtschreibung/Kunststoff).

Da die für die Widerspruchsmarke geschützten „[X.]ringe“ der Klasse 17 als dünne Ringe aus [X.], die etwas zusammenhalten sollen, von dem für die jüngere Marke registrierten Oberbegriff „Büroartikel, ausgenommen Möbel“ der Klasse 16 umfasst sind, liegt auch insoweit eine sehr hohe [X.] vor. Denn sie bestehen aus demselben Material, können von denselben Herstellern produziert werden und dienen demselben Zweck.

Eine hohe Ähnlichkeit besteht auch zwischen der [X.] „Latex“ der Klasse 17 und den angegriffenen Produkten „[X.]“ der Klasse 16, weil Latex(-milch) als natürliche Formenbaumasse für das Abformen von Figuren und Gegenständen verwendet und daher als [X.] angeboten wird.

cc) Von den vorgenannten Verpackungs- sowie [X.]- und Latexwaren werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch gewerbliche Kunden angesprochen. Da es sich weder um hochpreisige Produkte noch um Waren von längerer Anschaffungs- oder Nutzungsdauer handelt, ist beim Endverbraucher eher von einem geringen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen, während Unternehmen und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene diesen Waren beim Erwerb für ihren Betrieb schon aufgrund der größeren Bezugsmenge mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen, so dass insgesamt ein durchschnittlicher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde zu legen ist.

[X.]) Bei den übrigen [X.] kann letztlich dahingestellt bleiben, welcher geringerer [X.] vorliegt oder ob gar eine Unähnlichkeit anzunehmen ist.

e) Denn selbst bei weit überdurchschnittlich ähnlichen [X.] hält die jüngere Marke angesichts der sehr geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei normalem Aufmerksamkeitsgrad den gebotenen Abstand wegen geringer Markenähnlichkeit ein.

aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.] 2013, 922 [X.]. 35 – [X.]/Asda; [X.] 2013, 833 [X.]. 30 – Culinaria/[X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] [X.], 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] [X.], 1042 [X.]. 28 f. – [X.] LIFE; [X.] [X.]. 37 – [X.]/[X.] Club m. w. N.; [X.], 64 [X.]. 14 – Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] [X.] Int. 2010, 129 [X.]. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] 2016, 382 [X.]. 37 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] [X.] 2007, 700 [X.]. 35 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] – [X.]).

bb) Die Vergleichswortmarken „black forest smile“ und „black forest“ unterscheiden sich in der Gesamtheit durch das zusätzliche Wort „smile“ am Ende der angegriffenen Marke, das in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet und der jüngeren Marke ein deutlich längeres Schriftbild verleiht.

cc) Der Gesamteindruck der mehrgliedrigen jüngeren Marke wird in phonetischer und visueller Hinsicht nicht durch die Begriffskombination „black forest“ geprägt, weil diese genauso wie bei der Widerspruchsmarke die geografische Herkunft der für sie geschützten Waren im weit überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsbereich beschreibt. Ihr kommt daher kein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu. Eine Prägung ist vielmehr bei dem Element „smile“ gegeben, das zum [X.]n Grundwortschatz gehört, als Substantiv mit „Lächeln“ oder als Verb mit „lächeln“ übersetzt wird [X.], a. a. O., S. 94) und über Verpackungsmaterialien aus Kunststoff oder Büroartikel keine Sachaussage trifft, so dass es allein der jüngeren Marke Unterscheidungskraft verleiht, während die Wortfolge „black forest“ in den Hintergrund tritt.

[X.]) Folglich stehen sich klanglich und schriftbildlich die Markenwörter „smile“ und „black forest“ gegenüber, die weder in Silben- und Wortanzahl, [X.], [X.] oder [X.] noch im Sprech- und Betonungsrhythmus übereinstimmen.

ee) Eine begriffliche Ähnlichkeit scheidet ebenfalls aus, weil der Sinngehalt des die angegriffene Marke prägenden Bestandteils „Lächeln“ oder „lächeln“ dem Gesamtbegriff „[X.]“ gegenübersteht.

f) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist daher zu verneinen.

3. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt nicht vor.

a) Diese kann gegeben sein, wenn der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den [X.] ausgeht. Eine solche Verwechslungsgefahr kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden ([X.] 2013, 1239 [X.]. 45 – [X.]/Volks.Inspektion; [X.] 2013, 833 [X.]. 69 – Culinaria/[X.]). So ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. [X.] [X.], 1042 [X.]. 30 – [X.] LIFE; [X.], [X.]. v. 23. Oktober 2014 – [X.], [X.]. 11; [X.], 1101 [X.]. 54 – [X.]; [X.], 930 [X.]. 45 – [X.]/[X.]; [X.], 865, 866 – [X.]). Auch ein unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftiger Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens kann eine selbständig kennzeichnende Stellung haben (vgl. [X.] – [X.]/[X.] Club; [X.], 258 [X.]. 35 – INTERCONNECT/T-InterConnect). Allerdings müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen ([X.] – Culinaria/[X.]).

Die jüngere Marke hat zwar die ältere Unionsmarke „black forest“ identisch übernommen, aber da die übernommene Widerspruchsmarke als geografische Herkunftsangabe nur über eine sehr geringe Kennzeichnungskraft verfügt und besondere Umstände im vorgenannten Sinne fehlen, kann ihr keine selbständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke zuerkannt werden.

b) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne wird auch angenommen, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ([X.], [X.], 1042 [X.]. 30 ff. – [X.] LIFE; [X.], 933 [X.]. 34 – [X.]; [X.] – [X.]/[X.] Club; [X.] [X.]. 45 – Culinaria/[X.]). Ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterdurchschnittlich, sind strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu stellen ([X.] – [X.]/[X.] Club; [X.] 1991, 317, 318 – MEDICE).

Abgesehen davon, dass die Widerspruchsmarke sehr [X.] ist, fungiert der isolierte Zusatz „smile“ weder als Unternehmenskennzeichen noch als Serienzeichen der Inhaberin der jüngeren Marke.

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben.

Meta

26 W (pat) 529/20

17.08.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.08.2020, Az. 26 W (pat) 529/20 (REWIS RS 2020, 165)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 165

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Referenzen
Wird zitiert von

28 W (pat) 66/20

Zitiert

I ZR 37/14

Zitieren mit Quelle:
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