Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.05.2022, Az. 8 B 44/21

8. Senat | REWIS RS 2022, 9243

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Umdeutung einer Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 11. August 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 112 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]eklagte ordnete die Einstellung des vom Kläger betriebenen [X.] an, gab ihm auf, dieses unverzüglich abzuwickeln, und machte dies auf ihrer Homepage bekannt. Den Widerspruch des [X.] wies sie zurück. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und die [X.]erufung nicht zugelassen. Am 18. Juni 2021 hat der Kläger gegen das ihm am 19. Mai 2021 zugestellte Urteil [X.]erufung eingelegt. Auf den Hinweis des [X.], dass das Rechtsmittel der [X.]erufung unstatthaft und die Frist für einen Antrag auf Zulassung der [X.]erufung abgelaufen sein dürfte, hat der Kläger am 1. Juli 2021 vorgetragen, in der eingelegten [X.]erufung sei als minus ein Antrag auf Zulassung der [X.]erufung enthalten, und vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag und einen Antrag auf Zulassung der [X.]erufung gestellt. Mit [X.]eschluss vom 11. August 2021 hat der [X.]hof die [X.]erufung verworfen. Das Rechtsmittel des [X.] sei als [X.]erufung und nicht als Antrag auf Zulassung der [X.]erufung auszulegen und könne auch nicht in einen solchen umgedeutet werden. Ein Antrag auf Zulassung der [X.]erufung sei nicht rechtzeitig gestellt worden. Die begehrte Wiedereinsetzung komme nicht in [X.]etracht. Der Kläger müsse sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen, der das statthafte Rechtsmittel bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können. Der [X.]hof hat die Revision gegen seinen [X.]eschluss nicht zugelassen.

2

Die dagegen erhobene [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg.

3

1. Sollte sie sich gegen die Annahme des [X.]hofs richten, innerhalb der Frist für die Einlegung eines Antrags auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.] sei ein solcher nicht erhoben worden und dem Kläger sei hinsichtlich dieser Frist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wäre sie insoweit unzulässig. Eine damit der Sache nach ausgesprochene Verwerfung des Antrags des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung könnte nicht mit der [X.]eschwerde beim [X.] angefochten werden (§ 152 Abs. 1 VwGO).

4

2. Im Übrigen ist die [X.]eschwerde unbegründet. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der angegriffene [X.]eschluss beruht nicht auf einem Verfahrensfehler. Der [X.]hof hat das eingelegte Rechtsmittel verfahrensfehlerfrei als [X.]erufung und nicht als Antrag auf Zulassung der [X.]erufung gewürdigt.

5

a) Das Rechtsmittel des [X.] vom 18. Juni 2021 kann nicht als Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ausgelegt werden. Prozesshandlungen der [X.]eteiligten eines Rechtsstreits unterliegen der Auslegung, zu der auch das Revisionsgericht ohne Einschränkung befugt ist. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss ([X.]VerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 23 und [X.]eschluss vom 15. März 2018 - 4 [X.] 14.18 - NWV[X.]l. 2018, 282 Rn. 5). An diesem Maßstab gemessen ist das Rechtsmittel des [X.] vom 18. Juni 2021 als [X.]erufung anzusehen. Es ist ausdrücklich und hervorgehoben als [X.]erufung bezeichnet. Das [X.]egehren der Zulassung eines Rechtsmittels wird hingegen an keiner Stelle auch nur angedeutet.

6

b) Eine Umdeutung des Rechtsmittels zugunsten des [X.] kommt nicht in [X.]etracht. Nach Ablauf der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 VwGO kann eine [X.]erufung nicht in einen Antrag auf deren Zulassung umgedeutet werden (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 25), weil die beiden Rechtsbehelfe nicht auf das gleiche Ziel gerichtet sind (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 15. März 2018 - 4 [X.] 14.18 - NWV[X.]l. 2018, 282 Rn. 7). Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung bezweckt die Zulassung dieses Rechtsmittels durch das [X.]erufungsgericht, während sich die [X.]erufung gegen die Entscheidung des [X.] in der Sache richtet. [X.]eide Rechtsbehelfe sind nicht austauschbar. Sie stehen vielmehr in einem Stufenverhältnis zueinander, weil erst ein erfolgreicher Antrag auf Zulassung der [X.]erufung die prozessrechtliche Möglichkeit eröffnet, die erstinstanzliche Entscheidung mit diesem Rechtsmittel anzugreifen. [X.]egehrt der Rechtsmittelführer die Umdeutung seiner [X.]erufung in einen Antrag auf deren Zulassung erst nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 VwGO, liefe ein Erfolg dieses Antrags auf eine Umgehung dieser Frist hinaus (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. März 1998 - 2 [X.] 20.98 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 2 S. 3).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 44/21

12.05.2022

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 11. August 2021, Az: 6 A 1351/21, Beschluss

§ 124a Abs 4 VwGO, § 152 Abs 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.05.2022, Az. 8 B 44/21 (REWIS RS 2022, 9243)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9243

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 29/21 (Bundesverwaltungsgericht)

Auslegung bzw. Umdeutung einer Rechtsmittelschrift


9 B 12/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Auslegung einer Berufung als Antrag auf Zulassung der Berufung


9 B 4/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Berufungseinlegung; Umdeutung in Antrag auf Zulassung der Berufung


4 B 30/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung


15 B 15.2137 (VGH München)

Keine Umdeutung einer unzulässigen Berufung in Antrag auf Zulassung der Berufung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.