Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2003, Az. 1 StR 464/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2003, 4908

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

Nachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: ja___________________StPO § 261Bei der Verurteilung eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der [X.], die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind,muß die Glaubhaftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgerichtnachprüfbaren Weise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das [X.] und der Inhalt der Absprache.[X.], Beschluß vom 15. Januar 2003 - 1 [X.] - [X.] [X.] [X.]vom- 2 -15. Januar 2003in der [X.] zur Untreue- 3 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 15. Januar 2003 gemäߧ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 10. April 2002, soweit es ihn betrifft, mitden Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als [X.] zuständige [X.] des [X.] zu-rückverwiesen.Gründe:Dem Angeklagten [X.]liegt zur Last, den Mitangeklagten [X.]und[X.]bei [X.] zu Lasten der [X.](im folgenden [X.]) im Zusammenhang mit der Errichtung des Gewerbe- [X.] in [X.]/[X.] Beihilfe geleistet zu haben.Das [X.] hat deshalb den Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zur Untreuezu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung [X.] hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Mitangeklagten [X.]hat es wegen Untreue in drei Fällen unter Einbeziehung einer früheren Verur-teilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten ver-urteilt. Der Mitangeklagte [X.]ist wegen Untreue in vier Fällen zu [X.] 4 -Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.Schließlich hat das [X.] den Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zurUntreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr undsechs Monaten verurteilt, wobei es die Vollstreckung der Freiheitsstrafe [X.] ausgesetzt hat. Die drei Mitangeklagten [X.] , [X.]und[X.] haben gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt. Der Angeklagte[X.]wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf [X.] die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der [X.].I.Das [X.] hat folgende Feststellungen [X.] Die Mitangeklagten [X.]und [X.]waren Geschäftsführer der[X.], einer Tochter der [X.]([X.]). Geschäftszweck der [X.] war u.a. das Auflegen von [X.]. Mit dem Ziel, durch den Erwerb geeigneter Immobilienobjekteweitere Immobilienfonds aufzulegen, wurden zahlreiche Kommanditgesell-schaften gegründet, deren Komplementärin die [X.] war. Kommanditisten die-ser KG's waren in der Regel die Angeklagten [X.]und [X.].Im April 1994 schlossen der Angeklagte [X.] für die [X.] und deranderweitig verfolgte M. einen Vertrag zur Gründung der [X.] Im-mobilien-Fonds GmbH & Co [X.] KG (im folgenden [X.] KG). Aus die-ser ging später der geschlossene [X.]-Immobilien-Fonds GmbH & Co. Nr. 16KG hervor. An der [X.] KG war M. als Kommanditist mit einemKapitalanteil von neun Zehntel beteiligt. Zwischen den Mitangeklagten [X.] und [X.] und M. wurde vereinbart, daß dieser eine [X.] 5 -dung erhalten solle, wenn er als Kommanditist ausscheide. Von dem Abfin-dungsguthaben sollte aber ein Drittel an den Mitangeklagten [X.]ausge-zahlt werden, der seinerseits diesen Betrag zur Hälfte mit dem Mitangeklagten[X.] teilen wollte.Im September 1994 schlossen die Angeklagten [X.] und [X.]für die [X.] KG mit der Firma [X.] , Niederlassung [X.], einen Ge-neralunternehmervertrag für die schlüsselfertige Erstellung des Gewerbeparks[X.]/[X.] zum Pauschalfestpreis von [X.] 44.900.000 [X.]. [X.] der Firma [X.] war in diesem Zeitraum der Angeklagte [X.].Nach Beendigung der Bauarbeiten erstellte der Mitangeklagte [X.]für [X.] [X.]eine Rechnung vom 27. Juni 1995 mit einer vorläufigen Abrech-nungssumme von 47.825.945,44 [X.] netto. In der Rechnung waren ergänzendzur Auftragssumme Mehr- und Minderkosten sowie Nachträge enthalten.Als sich herausstellte, daß die Abfindung für M. höher aus-fallen würde als ursprünglich angenommen, vereinbarten die Mitangeklagten[X.]und [X.] , den für die Abfindung erforderlichen Betrag, aber [X.] eigenen Anteil daran, aus dem Gesellschaftsvermögen der [X.] & Co. [X.] KG zu entnehmen und dies über [X.] [X.]abzuwickeln. Der Mitangeklagte [X.] bat den Angeklagten[X.], die Schlußrechnung mit einer Gesamtabrechnungssumme auszustellen,die ca. dreizehn Millionen [X.] höher liegen sollte als die Rechnung vom27. Juni 1995. Der Angeklagte [X.]forderte den Mitangeklagten [X.]auf,sich Nachträge für tatsächlich nicht erbrachte Bauleistungen im Wert von ca.zwölf Millionen [X.] einfallen zu lassen. Er wies den Mitangeklagten [X.]darauf hin, diese Summe bliebe nicht bei der Firma [X.]und müsse noch mitder finanzierenden Bank der [X.] KG abgestimmt werden. Der [X.] 6 -klagte [X.] gab einem freien Mitarbeiter der Firma [X.] Hinweise, [X.] Nachträge gestaltet werden sollten. Mit Fax-Schreiben vom 2. und 9. No-vember 1995 ([X.] an [X.]) sowie vom 6. November 1995 ([X.] an[X.]) stimmten der Angeklagte [X.]und der Mitangeklagte [X.] den In-halt der Nachträge ab, um welche die ursprüngliche Rechnung für das Bauvor-haben [X.]/[X.] erhöht werden sollte. Der Angeklagte [X.]und [X.] [X.]wußten, daß den Nachträgen keine tatsächlichen Bau-leistungen bzw. berechtigte Mehrforderungen zugrunde lagen und nahmen [X.] in Kauf, daß der Mitangeklagte [X.] dem Gesellschaftsvermögen der[X.] KG durch Zahlungsanweisungen auf eine überhöhte Schlußrechnungder Firma [X.] Nachteile zufügte. Die Firma [X.]erteilte der [X.] KGam 4. Dezember 1995 die Schlußrechnung für den Gewerbepark [X.]/[X.] über 60.680.148 [X.] netto zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer. In derSchlußrechnung bestätigte er, die Firma [X.] habe bereits 63.020.000 [X.]Abschlagszahlungen inklusive der anteiligen Mehrwertsteuer erhalten.2. Diese Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Mitange-klagten [X.] , [X.]und [X.] . Hierzu ist in den [X.] ausgeführt:a) Der Angeklagte [X.] erklärte, daß er prinzipiell im Sinne der [X.] schuldig sei, jedoch die Daten in der Anklageschrift von der Realität ab-wichen. Er ließ durch seinen Verteidiger eine schriftliche Erklärung vorlegen, inwelcher von ihm eingeräumt wurde, kollusiv mit dem Mitangeklagten [X.]zum eigenen Vorteil zusammengearbeitet zu haben. Die Abschöpfungssummezu seinen Gunsten habe allenfalls sechs Millionen [X.] betragen. Er wolle [X.] und familiären Gründen zu einer Abkürzung [X.] 7 -b) Der Angeklagte [X.] ließ durch seinen Verteidiger vortragen,daß die Anklage im Sinne eines Geständnisses richtig sei. De facto sei [X.] bei den einzelnen Objekten erhöht worden. Von den zurückgeflosse-nen Geldbeträgen habe er ca. elf Millionen [X.] behalten und ca. zehn Millionenan [X.] weitergegeben. Der Angeklagte [X.] erklärte, daß das [X.] seines Verteidigers richtig [X.]) Der Angeklagte [X.] ließ durch seinen Verteidiger eine schriftli-che Stellungnahme als Einlassung verlesen und erklärte glaubhaft, die schriftli-che Einlassung sei richtig. Zum Objekt [X.] gab er auch mündlichglaubhaft an, er sei für die technische und der Angeklagte [X.]die [X.] Abwicklung des Objekts verantwortlich gewesen. Er habe die Rechnungvom 27. Juni 1995 erstellt, die auch sein Diktatzeichen trage. In dieser Rech-nung seien Mehrkosten bereits berücksichtigt worden. Der Angeklagte [X.]sei an ihn herangetreten und habe geäußert, er solle sich wegen der Nachträ-ge etwas einfallen lassen. Er, [X.] , habe daraufhin mit dem freien Mitar-beiter gesprochen, in welcher Weise Nachträge dargestellt werden könnten.d) Der Angeklagte [X.]ließ sich bezüglich des Objektes [X.]dahin ein, daß er von [X.] angerufen und gebeten worden sei, Kosteneinzurechnen, die bei diesem, [X.], angefallen, aber noch nicht erfaßtworden seien. Er habe vermutet, es handele sich um Nebenkosten. Der Ange-klagte [X.] habe mit dem Architekten die Nachträge abgestimmt. Es [X.] klargewesen, daß Nachträge in Höhe von zwölf Millionen [X.] in der Rech-nung der Firma [X.]nichts zu suchen gehabt hätten. Er habe keine eigenenVorteile gehabt.e) Das [X.] hat seine Überzeugung nicht auf die Einlassung [X.] [X.]gestützt, denn es ist wörtlich ausgeführt: —Aufgrund der [X.] 8 -soweit glaubhaften Angaben der Angeklagten [X.]und [X.] bezüglichdes Objekts [X.] und der verlesenen Schriftstücke (Rechnungen, Fax-Schreiben, [X.], Verfügung vom 9. April 2001, Nr. 1 bis 12 alsAnlage des Protokolls) ist das Gericht davon überzeugt, daß die Angeklagten[X.]und [X.]wußten, daß den Nachträgen in der Schlußrechnung vom4. Dezember 1995 in Höhe von insgesamt zwölf Millionen [X.] keine [X.] Bauleistungen der Firma [X.]entgegenstanden und damit billigend inKauf nahmen, daß die Geschäftsführer der [X.]-Nr. 16 KG das Gesellschafts-vermögen durch Zahlung der unberechtigten Nachforderungen schädigten. DerAngeklagte [X.] wußte, daß bereits in der Schlußrechnung vom 27. [X.] Mehrkosten in Höhe von 2.491.000 [X.] netto berücksichtigt waren. [X.] für weitere berechtigte Mehrkosten in Höhe von ca. zwölf Millionen[X.] hatte er nicht, als er den Mitangeklagten [X.]bat, sich Nachträge inentsprechender Höhe einfallen zu lassenfi.II.Die Revision macht u.a. geltend, das [X.] habe die [X.] Angeklagten [X.] ohne weitere Beweisaufnahme allein auf die [X.] seiner Mitangeklagten gestützt. Weder im [X.] in den Urteilsgründen sei dargelegt, daß diese Geständnisse aufgrundeiner verfahrensbeendenden Absprache abgegeben worden seien, an der sichder Angeklagte [X.]nicht beteiligt habe. Die [X.] habe mehrere Ver-fahrensfehler begangen, weil die Absprache gegen die vom [X.]aufgestellten Maßstäbe für die Zulässigkeit von Absprachen im [X.]. Das Urteil enthalte aber auch sachlich-rechtliche Darstellungsmän-gel. Der von der [X.] der Verurteilung des Angeklagten [X.]zugrunde- 9 -liegende Sachverhalt sei aufgrund der unzureichend dargelegten Beweiswürdi-gung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich.Der Beschwerdeführer trägt dazu - ohne daß die [X.] in ihrer Gegenerklärung entgegen getreten ist - im einzelnen vor, es habeim Zwischenverfahren auf Betreiben der [X.] ein Gespräch zur Vorbe-reitung der Hauptverhandlung stattgefunden, an dem die drei Berufsrichter, vonjedem Angeschuldigten zumindest ein Verteidiger sowie Vertreter der [X.] teilnahmen. In diesem Gespräch hätten die Mitglieder der [X.] betont, sie wollten eine —[X.] Hauptverhandlung ohne zeitraubendeBeweisaufnahme durchführen, die durch Geständnisse erheblich abgekürztwerden könnte. Die Berufsrichter hätten für den Fall von Geständnissen Straf-höchstgrenzen in Aussicht gestellt. Am ersten Hauptverhandlungstag sei dieSitzung unterbrochen worden, um zwischen den Berufsrichtern, den Schöffen,den Verteidigern sowie dem [X.] der Staatsanwaltschaft im [X.] ein vertrauliches Gespräch zu führen. Von den Angeklagten [X.] diesem Gespräch keiner teilgenommen. In diesem Gespräch sei erneut dieMöglichkeit erörtert worden, auf die Beweiserhebung zu verzichten und stattdessen die Verurteilung lediglich auf geständige Einlassungen der Angeklag-ten sowie einige im Selbstleseverfahren einzuführende Urkunden zu stützen.Die [X.] habe ihre Erwartungen zum Strafmaß erneuert. Der Verteidi-ger des Angeklagten [X.]habe auch an diesem Gespräch teilgenommen, [X.] aber keine geständige Einlassung zugesagt. Der Inhalt der verfahrensbeen-denden Absprache sei in öffentlicher Hauptverhandlung nicht wiederholt undauch im Sitzungsprotokoll nicht vermerkt worden.[X.] -Es kann offen bleiben, ob der [X.] Verfahrensfehler unterlaufensind, insbesondere, ob es eine mit den Grundsätzen von [X.]St 43, 195 [X.] vereinbare verfahrensbeendende Absprache mit den Angeklagten[X.] , [X.]und [X.]gegeben hat. Denn die Überprüfung des [X.] aufgrund der Sachrüge ergibt, daß die Beweiswürdigung lückenhaft ist.Sie besteht im wesentlichen aus der teilweisen Wiedergabe der von den [X.] verlesenen Erklärungen dieser drei Angeklagten. Die [X.] istdamit ihrer Pflicht nicht ausreichend nachgekommen, in den [X.] Überzeugungsbildung darzulegen. Der Beschwerdeführer beanstandet [X.], es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die [X.] die [X.] der Mitangeklagten [X.]und [X.]als glaubhaft bewertet und auchdarauf ihre Überzeugung von der Beihilfehandlung des Angeklagten [X.]ge-stützt hat. Das Urteil kann deshalb, soweit es den Angeklagten [X.] betrifft,schon aufgrund dieses sachlich-rechtlichen Mangels keinen Bestand haben.1. Für die Verwertung von Geständnissen als Grundlage einer [X.] gilt allgemein, daß der Tatrichter nicht gehindert ist, dem Geständnis ei-nes Angeklagten Glauben zu schenken und seine Feststellungen darauf zugründen, auch wenn dieser den [X.] nur pauschal einräumt. Für [X.] eines Geständnisses gilt der Grundsatz der freien richterlichen Be-weiswürdigung ([X.]St 39, 291, 303). Der Tatrichter muß, will er die [X.] des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren [X.] sein. Wann und unter welchen Umständen er diese Überzeugunggewinnen darf oder nicht, kann ihm aber grundsätzlich nicht vorgeschriebenwerden. Die Freiheit der tatrichterlichen Würdigung stößt aber dort auf [X.], wo der Angeklagte nicht etwa die Sachverhaltsannahmen der Anklage alsrichtig bestätigt, sondern sich vielmehr, ohne den Sachverhalt einzuräumen,auf eine Stellungnahme beschränkt, die gleichsam ein bloß prozessuales An-- 11 -erkenntnis oder eine nur formale Unterwerfung enthält ([X.] NStZ 1999, 92 m.w. Nachw.).2. Der Tatrichter ist auch nicht gehindert, ein Geständnis für [X.] halten, wenn der Angeklagte dieses erst ablegt, nachdem ihm für diesenFall ein bestimmtes Strafmaß in Aussicht gestellt wird. Hier gilt folgendes:a) Wie der [X.] bereits betont hat, darf eine Abspracheüber das Strafmaß nicht dazu führen, daß ein so zustande gekommenes [X.] zugrunde gelegt wird, ohne daß sich das Gerichtvon dessen Richtigkeit überzeugt. Das Gericht bleibt dem Gebot der [X.] verpflichtet. Das Geständnis muß daher auf seine Glaubhaftigkeitüberprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürfen nichtunterbleiben ([X.]St 43, 195, 204 m. w. Nachw.).b) Dies gilt um so mehr, wenn sich das Strafverfahren gegen [X.] richtet, von denen nicht alle ein Geständnis ablegen. Bei der [X.] eines Angeklagten aufgrund von Geständnissen der Mitangeklagten,die Gegenstand einer verfahrensbeendenden Absprache sind, muß die Glaub-haftigkeit dieser Geständnisse in einer für das Revisionsgericht nachprüfbarenWeise gewürdigt werden. Dazu gehören insbesondere das Zustandekommenund der Inhalt der Absprache. Denn bei dieser Sachlage besteht unter ande-rem die Gefahr, daß die Mitangeklagten den [X.] zu Unrecht be-lasten, weil sie sich dadurch für die eigene Verteidigung Vorteile versprechen.Dieses Problem besteht überall dort, wo "[X.]" Vorteile gewährtwerden, etwa bei der Kronzeugenregelung oder der Strafmilderung nach § 31BtMG. In einem solchen Fall ist das Gericht zum einen zu besonderer Rück-sichtnahme auf die Verteidigungsinteressen des nicht geständigen Angeklag-ten verpflichtet, zum anderen hat der Tatrichter die Geständnisse der [X.] kritisch zu würdigen (so zutreffend [X.]/[X.], FS aus Anlaßdes fünfzigjährigen Bestehens des [X.] S. 641, 657 m. w. Nachw.). [X.] für die Bewertung ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte [X.]. Dies schließt auch das Zustandekommen, den Inhalt und [X.] das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache mit ein. [X.] kann das Revisionsgericht überprüfen, daß sich die geständigen Angeklag-ten durch ein Geständnis gegen die Zusage einer - im Einzelfall nicht schuld-angemessenen - Strafe nicht nur eigene Vorteile verschafft, sondern sich auchzu Lasten des nicht geständigen Angeklagten eingelassen haben. Fehlen sol-che Darlegungen in den Urteilsgründen, so kann dies ein sachlich-rechtlicherFehler sein. Dessen ungeachtet bleibt es bei der Verpflichtung, die [X.] die Hauptverhandlung einzuführen und im [X.] ([X.]St 43, 195, 205f.).3. Hier lassen die Urteilsgründe besorgen, daß es sich bei den Mitange-klagten [X.] , [X.]und [X.] um nur pauschale "Geständnisse"aufgrund einer nicht offengelegten verfahrensbeendenden Absprache gehan-delt hat. Darin liegt hier ein durchgreifender [X.]) Zwar haben sich von vier Angeklagten drei "im Sinne der Anklage [X.] erklärt". Der Angeklagte [X.] hat sich aber lediglich "prinzipiell" [X.] der Anklageschrift für schuldig erklärt. Seiner einschränkenden Aussage,die "Abschöpfungssumme zu seinen Gunsten" habe allenfalls sechs Millionen[X.] betragen, ist die [X.] nicht näher nachgegangen. Denn nach [X.] des Angeklagten [X.]hat dieser von den [X.] Millionen ca. zehn Millionen an [X.]weitergeleitet. Die Erklärung [X.] [X.] , er wolle aus familiären Gründen zur Abkürzung der Be-weisaufnahme beitragen, läßt besorgen, die Verfahrensbeteiligten hätten sich- 13 -nach der Abgabe der Erklärungen der Verteidiger um eine nähere Aufklärungdes Sachverhalts nicht mehr bemüht, um die angesichts der [X.] und der einzubeziehenden Verurteilung kaum noch angemessene,aber möglicherweise vorher zugesagte Gesamtstrafe, nicht zu gefährden.Soweit das Geständnis des Angeklagten [X.] mitgeteilt wird, ver-teidigt sich dieser damit, er habe den größten Teil der veruntreuten Gelder anden Angeklagten [X.] weitergeleitet. So bleibt letztlich offen, welchen Tat-beitrag und welchen persönlichen Vorteil die [X.] der von ihr festge-setzten Strafe zugrunde gelegt hat. Zu dem Tatvorwurf der Beihilfe des Ange-klagten [X.]enthält das mitgeteilte Geständnis keinerlei Ausführungen. [X.] läßt besorgen, daß die [X.] sich hinsichtlich der [X.] Angeklagten [X.]maßgeblich auf das in eigener Sache abgegebene Ge-ständnis des Angeklagten [X.]gestützt hat und eine weitere Prüfung desden Angeklagten [X.]betreffenden Sachverhalts nicht erfolgt [X.]) Das Geständnis des Angeklagten [X.] sowie dessen zusätzlichemündliche Einlassung enthalten lediglich Ausführungen dazu, daß der Ange-klagte [X.]an ihn herangetreten sei und geäußert habe, er solle sich wegender Nachträge etwas einfallen lassen. Zu dem Widerspruch gegenüber [X.] des Angeklagten [X.], er habe vermutet, es handele sich um Ne-benkosten, die beim Angeklagten [X.] angefallen seien, ist dem Ge-ständnis des Angeklagten [X.]nichts zu entnehmen.4. [X.] kann der Se-nat nicht ausschließen, auch wenn der Angeklagte [X.]angegeben hat, ihmsei klar gewesen, daß die Nachträge in Höhe von zwölf Millionen [X.] in derRechnung der Firma [X.] —nichts zu suchen gehabtfi hätten. Dies läßt [X.] nicht ohne weiteres als uneingeschränktes eigenes Geständnis [X.] 14 -ses Angeklagten hinsichtlich seiner Beihilfe zur Untreue verstehen. Denn derZusammenhang seiner Einlassung verdeutlicht, daß er zugleich von tatsächlichangefallenen Kosten ausging, die noch nicht erfaßt seien. Dem entspricht, daßdie [X.] für das Wissen des Angeklagten [X.] um das Nichtvorhan-densein —äquivalenter Bauleistungenfi in Höhe von zwölf Millionen [X.] nichtetwa auch auf dessen eigene Einlassung abhebt, sondern - neben Urkunden -auf die von ihr für glaubhaft erachteten Angaben der Mitangeklagten.Der neue Tatrichter wird sich demnach gegebenenfalls näher mit [X.] des Angeklagten [X.]auseinandersetzen müssen. [X.] er diese -etwa auch nur teilweise - für widerlegt halten und sich dabei u.a. auf die [X.] von Mitangeklagten stützen, so müssen diese auch im Lichte ihresZustandekommens gewürdigt werden.[X.] Hebenstreit Elf

Meta

1 StR 464/02

15.01.2003

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2003, Az. 1 StR 464/02 (REWIS RS 2003, 4908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4908

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 370/07 (Bundesgerichtshof)


5 StR 423/12 (Bundesgerichtshof)

Revision im Strafverfahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln: Verfahrensrechtliche Beanstandung mangelnder Berücksichtigung einem Mitangeklagten erteilter …


1 StR 471/19 (Bundesgerichtshof)

Beweiswürdigung im Strafverfahren: Darstellung des Zustandekommens und des Inhalts einer Verständigung mit einem Mitangeklagten im …


5 StR 423/12 (Bundesgerichtshof)


3 StR 181/02 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.