Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.01.2014, Az. VII ZB 49/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8417

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Gegenstand

Unzulässigkeit einer erneuten Werklohnklage nach Abweisung einer ersten Klage mangels einer prüfbaren Schlussrechnung


Leitsatz

Ist eine Werklohnklage mangels prüfbarer Schlussrechnung als derzeit unbegründet abgewiesen worden, steht einer erneuten Klage die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils entgegen, wenn mit dieser unter Vorlage eines Gutachtens lediglich geltend gemacht wird, die Entscheidung des Gerichts sei unzutreffend.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 25. Juli 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 10. Januar 2013, ergänzt durch Urteil vom 27. März 2013, als unbegründet zurückgewiesen und die auf Zahlung von 646,50 € gerichtete Klage abgewiesen wird.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Wert des [X.]: 16.597,85 €

                                                 (15.951,35 € + 646,50 €)

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten restlichen Werklohn in Höhe von 15.951,35 € für die Ausführung von Malerarbeiten in dessen Wohnung, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten und Ersatz von Gutachterkosten.

2

Den Werklohnanspruch zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten hatte er mit einem geringfügig höheren Betrag bereits zuvor im Verfahren 10 O 507/09 [X.] unter Vorlage einer Schlussrechnung vom 29. Dezember 2008 geltend gemacht. Diese Klage hatte das [X.] im Hinblick auf die mangelnde Prüfbarkeit der Schlussrechnung als zur [X.] unbegründet abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung war erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hatte auch die von dem Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegte Schlussrechnung als nicht prüfbar angesehen, weil nicht ersichtlich sei, dass dem Beklagten die zur Überprüfung der [X.] erforderlichen Stundenlohnzettel zugegangen seien.

3

Im vorliegenden Verfahren hat sich der Kläger darauf berufen, dass nach dem von ihm eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen [X.] die von ihm im vorangegangenen Berufungsverfahren vorgelegte Schlussrechnung übersichtlich, nachvollziehbar, korrekt und prüffähig sei und diese Rechnung auch dem anerkannten Stand - und Regelwerk der Technik für Malerarbeiten gemäß VOB/[X.] 18363 entspreche.

4

Das [X.] hat die auf Zahlung der [X.] und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen, da über den Streitgegenstand bereits rechtskräftig entschieden sei. Der Kläger habe keine weiteren Nachweise, wie zum Beispiel Stundenzettel vorgelegt und auch keine sonstigen neuen Tatsachen vorgetragen, die eine nunmehr eingetretene Fälligkeit seiner [X.] begründen könnten. Der Kläger sei lediglich anderer rechtlicher Auffassung als das [X.] und das Berufungsgericht in dem vorangegangenen Rechtsstreit. Die dagegen eingelegte Berufung des [X.], mit der erstmals auch Ersatz der Gutachterkosten verlangt worden ist, hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde. Er will nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses seine im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter verfolgen.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

6

1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe die Berufung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet. Das Berufungsgericht habe in dem vorausgegangenen Rechtsstreit ausgeführt, dass die Schlussrechnung vom 29. Dezember 2008 nicht in ausreichendem Maße prüffähig sei; es bedürfe insoweit der Vorlage von [X.], auf denen die durchgeführten Arbeiten nachvollziehbar und detailliert aufgeführt seien. Der Kläger nehme in seiner Berufung im Wesentlichen auf seinen Sachvortrag im vorausgegangenen Verfahren Bezug, ohne nunmehr die geforderten [X.] vorzulegen. Er wende sich gegen die aus seiner Sicht fehlerhafte Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts und des Berufungsgerichts in dem vorausgegangenen Verfahren, ohne Gründe aufzuzeigen, aus denen sich eine Fälligkeit des [X.] nunmehr ergeben könnte, die nicht bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens gewesen seien.

7

2. Die nach Maßgabe des § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

8

a) Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zu Unrecht als unzulässig verworfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt die Berufungsbegründung des [X.] den gemäß § 520 Abs. 3 ZPO zu stellenden Anforderungen. Diese sind bereits dann gewahrt, wenn die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält und zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit die Umstände mitteilt, die das Urteil aus Sicht des Rechtsmittelführers in Frage stellen. Ob die von ihm erhobenen [X.] schlüssig oder auch nur vertretbar sind, ist ohne Belang ([X.], Beschluss vom 9. April 2013 - [X.], [X.], 367 Rn. 8 m.w.N.).

9

b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung gerecht. Der Kläger wendet sich gegen die Rechtsauffassung des [X.]s. Er vertritt die Auffassung, dieses hätte ohne Bindung an die vorausgegangenen Entscheidungen die Fälligkeit seiner [X.] unter Berücksichtigung des erstmals in diesem Verfahren vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen [X.] feststellen können und müssen. Ob diese von dem Kläger zur Begründung seines Rechtsmittels vertretene Auffassung vertretbar ist, ist für die Zulässigkeit der Berufung - wie bereits ausgeführt - ohne Bedeutung.

3. Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis jedoch trotz der rechtsfehlerhaften Entscheidung über die Berufung des [X.] keinen Erfolg. Von einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht ist abzusehen, weil [X.] im Sinne des § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO gegeben ist.

a) Im Falle der Abweisung eines Zahlungsanspruchs als (noch) nicht fällig erwächst in materielle Rechtskraft, § 322 Abs. 1 ZPO, dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess gegen den Beklagten keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte. Das hat präjudizielle Wirkungen in dem Sinne, dass die im Vorprozess entschiedene Rechtsfolge im nachfolgenden Prozess einer erneuten rechtlichen Würdigung nicht zugänglich ist. Soweit ein [X.] rechtskräftig abgewiesen ist, ist es den Parteien versagt, sich in einem zweiten Prozess zu dieser Feststellung in Widerspruch zu setzen. Die Fälligkeit des Anspruchs kann daher im Folgeprozess nur aufgrund von nach dem Erstprozess entstandenen neuen Tatsachen angenommen werden ([X.], Urteil vom 28. Juli 2007 - [X.], [X.], 1846 Rn. 12 = NZBau 2011, 670). Maßgeblicher Stichtag für diese Zäsur ist dabei der [X.]punkt vor der Entscheidung des Gerichts des Erstprozesses, bis zu dem die Parteien Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen konnten. Das ist im Zivilprozess grundsätzlich der [X.]punkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ([X.], Urteil vom 28. Juli 2007 - [X.], aaO Rn. 13).

b) Danach hat das [X.] die Klage zu Recht wegen der entgegenstehenden Entscheidung des [X.] in dem vorangegangenen Berufungsverfahren abgewiesen. Dieses hat rechtskräftig entschieden, dass die [X.] des [X.] nicht fällig sei, weil auch die zuletzt vorgelegte Schlussrechnung als solche, das heißt ohne die zugehörigen Stundenzettel, nicht prüfbar sei. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren Stundenzettel zu der Schlussrechnung nicht vorgelegt. Er hat sich lediglich auf das "Gutachten" des Sachverständigen [X.] berufen, in dem dieser ohne nachvollziehbare Begründung bestätigt, dass die Rechnung des [X.] übersichtlich, nachvollziehbar, korrekt und prüffähig sei und sie dem anerkannten "Stand- und Regelwerk" für Malerarbeiten gemäß VOB/[X.] 18363 entspreche. Der Gutachter vertritt damit - wie das [X.] zutreffend ausführt - lediglich eine andere Rechtsauffassung als das Berufungsgericht in dem bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahren. Eine neue, die Prüfbarkeit der Rechnung begründende Tatsache ist darin nicht zu sehen.

c) Gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach Letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. Das ist hier der Fall.

aa) Hinsichtlich der [X.] und der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts lediglich dahin zu ändern, dass die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.]s nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen wird. Da die [X.] nicht fällig ist, steht dem Kläger auch der auf Verzug gestützte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht zu. In der Zurückweisung der Berufung als unbegründet statt als unzulässig liegt kein Verstoß gegen das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (vgl. [X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.]Z 102, 332, 337); im Ergebnis bleibt es, was die [X.] betrifft, bei der Prozessabweisung durch das [X.], die durch die Entscheidung des Berufungsgerichts aus formellen Gründen bestätigt werden sollte. Die Wirkungen der Rechtskraft des angefochtenen Urteils werden nicht zum Nachteil des [X.] verändert. Einer erneuten [X.] auf Grundlage einer prüfbaren Schlussrechnung stehen weder das Urteil des [X.]s noch der dieses bestätigende Beschluss des Berufungsgerichts entgegen.

bb) Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Kosten des Privatgutachtens geltend gemacht hat, ist die Klage abzuweisen. Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten könnte dem Kläger insoweit gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB nur zustehen, wenn sich der Beklagte mit der Bezahlung der [X.] in Verzug befände. Dies ist jedoch mangels Fälligkeit der [X.] nicht der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                     Safari Chabestari                       Kosziol

               Kartzke                                 Jurgeleit

Meta

VII ZB 49/13

23.01.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Koblenz, 25. Juli 2013, Az: 3 U 202/13, Beschluss

§ 322 ZPO, § 631 BGB, §§ 631ff BGB, § 641 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.01.2014, Az. VII ZB 49/13 (REWIS RS 2014, 8417)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8417

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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