Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. XII ZR 73/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7214

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Gegenstand

Trennungsunterhalt: Einkommenszurechnung eines Auslandsverwendungszuschlags eines in Afghanistan eingesetzten Berufssoldaten


Leitsatz

Der Auslandsverwendungszuschlag, den ein in Afghanistan eingesetzter Berufssoldat bezieht, ist nicht in voller Höhe zum unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkommen zu rechnen. In welchem Umfang der Zuschlag für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 5. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um Trennungsunterhalt für die [X.] vom 1. Januar 2009 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 8. Dezember 2009.

2

Die 1977 geborene Klägerin und der 1975 geborene Beklagte schlossen am 3. September 2004 die Ehe. Die gemeinsamen Töchter [X.] und M. sind am 10. Juni 2001 bzw. am 10. November 2004 geboren. Sie leben seit der Trennung der Parteien im Frühjahr 2008 bei der Klägerin. Diese geht keiner Erwerbstätigkeit nach.

3

Der Beklagte ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Hauptfeldwebels. Er war bis zum Frühjahr 2010 insgesamt dreimal jeweils für ca. vier Monate in [X.] eingesetzt. Während des Einsatzes in der [X.] von November 2007 bis Februar 2008 nahm die Klägerin eine Beziehung zu [X.] auf. Im April 2008 zog sie mit den Kindern aus der ehelichen Wohnung, die sich in einem im Miteigentum der Parteien stehenden Einfamilienhaus befand, aus und bezog eine von ihr und ihrem neuen Partner angemietete Wohnung. Im Mai 2008 zog auch dieser in die Wohnung ein. Aus der Beziehung ist am 14. Dezember 2008 ein [X.] hervorgegangen. Inzwischen hat die Klägerin ihren Partner geheiratet.

4

Der Beklagte ist ebenfalls eine neue Verbindung eingegangen. Seine neue Partnerin lebt seit Mai 2009 mit ihren beiden Kindern in dem Haus der Parteien.

5

Die Klägerin hat mit ihrer Klage für die [X.] vom 1. Januar 2009 bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt von monatlich 450,54 € sowie ergänzenden Kindesunterhalt verlangt. Der Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten. Er ist der Auffassung, der in Höhe von 92,03 € kalendertäglich bezogene Auslandsverwendungszuschlag sei seinem unterhaltsrelevanten Einkommen nicht hinzuzurechnen. Darüber hinaus sei der Klägerin der Unterhalt zu versagen, weil sie aus einer intakten Ehe ausgebrochen sei und eine verfestigte eheähnliche Gemeinschaft begründet habe.

6

Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung höheren Kindesunterhalts verurteilt und die Klage auf Trennungsunterhalt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil teilweise abgeändert und ihr Trennungsunterhalt von monatlich 385 € zuerkannt. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

8

Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - [X.] 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Maßgeblich für die Ermittlung des eheangemessenen Bedarfs sei das Erwerbseinkommen des Beklagten, da die Klägerin nicht über Einkommen verfüge und ihr angesichts des Alters des Kindes M. von vier bis fünf Jahren im [X.] während der Trennungszeit keine Erwerbstätigkeit zugemutet werden könne. Der Beklagte habe unter Berücksichtigung eines Leistungszuschlags von brutto 1.450 € ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.324 € erzielt. [X.] sei der Vorteil des Wohnens in dem gemeinsamen Haus der Parteien. Dieser sei jedenfalls für das [X.], als das Scheitern der Ehe festgestanden habe, mit dem objektiven Wohnwert anzusetzen, der auf 400 € monatlich geschätzt werde. In Abzug zu bringen seien die Fahrtkosten des Beklagten zur Arbeit, die sich unter Berücksichtigung des Auslandseinsatzes und des Jahresurlaubs auf durchschnittlich 253 € monatlich belaufen hätten. Ferner seien an Belastungen die Aufwendungen für die Hausfinanzierung von monatlich 600 € sowie ab Oktober 2009 von weiteren rund 59 € monatlich für die seitdem zu zahlende Tilgung und sonstige unstreitige Beträge von insgesamt 80 € abzusetzen. [X.] sei der steuerfrei gewährte [X.] nach § 58 a (jetzt: § 56) [X.]. In Abzug zu bringen seien von einem solchen Zuschlag nur die durch den Auslandsaufenthalt bedingten Mehraufwendungen. Solche habe der Beklagte - abgesehen von geringfügigen Telefonkosten - nicht beziffert. Der Verpflegungszuschlag decke die zu entrichtende Beteiligung ab; Kleidung und Unterkunft würden unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Umstand, dass der Beklagte sich in [X.] in einem Einsatz befunden habe, der eine erhebliche [X.] dargestellt habe, könne an der grundsätzlich vollen Anrechnung des Zuschlags nichts ändern. Es entspreche dem Berufsbild des Soldaten, sich solchen Gefahren auszusetzen. Gefährliche Tätigkeiten fänden sich im Übrigen auch in anderen Berufen. Da der Beklagte schon mehrfach in [X.] eingesetzt worden sei, könne der für November und Dezember 2009 gezahlte Zuschlag auf das [X.] umgelegt werden. Er belaufe sich auf rund 468 € monatlich und sei mit dem von der Klägerin geltend gemachten Betrag von 450 € monatlich zu berücksichtigen. Nach Abzug der Zahlbeträge des Kindesunterhalts von insgesamt 501 € monatlich errechne sich ein Einkommen des Beklagten von 1.740 € monatlich bis September 2009 und von 1.681 € monatlich ab Oktober 2009. Die 3/7-Quote belaufe sich daher zunächst auf rund 746 € und ab Oktober 2009 auf 753 € (richtig: rund 720 €). Der so ermittelte Bedarf liege allerdings unter dem Mindestbedarf von 770 €, so dass von letzterem auszugehen sei. Diesen Bedarf habe der Beklagte nicht allein zu bestreiten, denn der neue Partner der Klägerin schulde ihr nach § 1615 l BGB ebenfalls Unterhalt. Mangels konkreter Angaben zu dessen Einkünften erscheine es aufgrund des Umstandes, dass er als Polizeibeamter in finanziellen Verhältnissen lebe, die denjenigen des Beklagten vergleichbar seien, gerechtfertigt, den Mindestbedarf von 770 € zwischen den beiden [X.] hälftig aufzuteilen. Der Beklagte habe deshalb 385 € monatlich zu zahlen.

Der Anspruch sei nicht nach §§ 1579, 1361 Abs. 3 BGB begrenzt oder ausgeschlossen. Selbst wenn im Hinblick auf das aus der neuen Verbindung der Klägerin hervorgegangene Kind angenommen werden könnte, dass bereits Anfang 2009 eine feste Lebensgemeinschaft mit dem Partner bestanden hätte, wäre die Inanspruchnahme des Beklagten nicht grob unbillig. Der Klägerin müsse unter Berücksichtigung der Belange der Kinder noch ein wenn auch geringer Betrag für ihre eigenen Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Von dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld habe die Restfamilie nicht leben können.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin grundsätzlich nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen kann. Diese Verhältnisse werden durch das Einkommen des Beklagten und den Wohnwert des im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses bestimmt. Soweit die Revision beanstandet, dass der Vortrag des Beklagten, die Klägerin beziehe Elterngeld und Wohngeld, unberücksichtigt geblieben sei, bleibt diese Rüge ohne Erfolg.

a) Nach § 11 Satz 1 [X.] werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung des Elterngeldes nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 € monatlich übersteigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mehr als den Mindestbetrag des Elterngeldes von 300 € monatlich (vgl. § 2 Abs. 5 [X.]) erhalten hat, bestehen nicht. Denn sie war ersichtlich seit längerer Zeit nicht mehr erwerbstätig. Etwas anderes hat auch der Beklagte nicht geltend gemacht.

Eventuell gezahltes Wohngeld ist nach der Rechtsprechung des Senats zunächst auf einen erhöhten Wohnkostenbedarf anzurechnen. Dabei wird im Allgemeinen angenommen werden können, dass den [X.] Wohnkosten treffen, die auch unterhaltsrechtlich als erhöht zu bezeichnen sind. Soweit das der Fall ist, dient das Wohngeld dem Ausgleich eines unvermeidbar erhöhten Aufwands mit der Folge, dass der Bedarf des Berechtigten auf das unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen normale Maß zurückgeführt wird. Nur mit einem dafür nicht verbrauchten Teilbetrag ist das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 860, 862). Dass sich im vorliegenden Fall ein solcher zu berücksichtigender Anteil des Wohngeldes ergibt, ist nicht substantiiert vorgetragen.

b) Aus dem Vorstehenden folgt indessen nicht, dass auf Seiten der Klägerin kein Einkommen zu berücksichtigen ist. Sie ist zwar keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat deshalb insofern kein Einkommen erzielt. Das Berufungsgericht hat sich aber nicht mit der Frage befasst, ob sie für ihren neuen Partner [X.] Versorgungsleistungen erbracht hat, für die ihr eine Vergütung zuzurechnen ist. Der Wert solcher Versorgungsleistungen wäre jedenfalls im Wege der Differenzmethode in die Berechnung des [X.] einzubeziehen (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - [X.] - FamRZ 2004, 1170, 1171 f.).

c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin verneint hat.

aa) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nach § 1361 Abs. 2 BGB nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Insofern kann insbesondere die Betreuung minderjähriger Kinder einer Erwerbsobliegenheit entgegenstehen. Anders als in § 1570 BGB für den nachehelichen Unterhalt werden die Voraussetzungen, unter denen Trennungsunterhalt wegen Betreuung eines Kindes verlangt werden kann, in § 1361 BGB nicht konkretisiert. Für den Trennungsunterhalt gelten zunächst großzügigere Anforderungen hinsichtlich einer Erwerbsobliegenheit als sie in § 1574 BGB für den nachehelichen Unterhalt bestimmt sind. Denn die bestehenden Verhältnisse sollen geschützt werden, damit die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erschwert wird. Mit zunehmender Verfestigung der Trennung wird allerdings eine allmähliche Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe der Erwerbsobliegenheit bewirkt; wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, besteht für eine erheblich großzügigere Beurteilung in der Regel kein Grund mehr (Senatsurteile vom 5. März 2008 - [X.] - [X.], 963 Rn. 26 und vom 29. November 2000 - [X.] - FamRZ 2001, 350, 351; vgl. auch [X.]/[X.] 5. Aufl. § 1361 Rn. 54 und Dose FamRZ 2007, 1289, 1296). Wenn aber schon im Rahmen des nachehelichen [X.] keine Erwerbsobliegenheit besteht, gilt dies bei der Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt erst recht.

bb) Nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB kann Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt eines Kindes verlangt werden. Das Berufungsgericht hat insofern allein auf die Betreuung der Töchter [X.] und M. durch die Klägerin abgestellt. Die Klägerin hat in dem hier maßgeblichen Zeitraum aber auch den am 14. Dezember 2008 geborenen [X.] betreut. Da die Parteien zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch miteinander verheiratet waren, ist der Beklagte nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater des Kindes, solange nicht aufgrund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass dies nicht der Fall ist (§ 1599 Abs. 1 BGB). Eine Anfechtung der Vaterschaft hat das Berufungsgericht ebenso wenig wie die Voraussetzungen eines Vaterschaftsanerkenntnisses nach § 1599 Abs. 2 BGB festgestellt. Die Revision rügt auch nicht, dass insofern Sachvortrag übergangen worden sei. Dann ist für das Revisionsverfahren aber von der rechtlichen Vaterschaft des Beklagten auszugehen. Dass er unstreitig nicht der biologische Vater des Kindes ist, ist insofern nicht erheblich. Im Zusammenhang mit dem Ehegattenunterhalt ist die fortbestehende Vaterschaft zwingend dort zu berücksichtigen, wo der Unterhalt des Ehegatten an die gemeinsame Elternschaft anknüpft oder diese ansonsten für die Bemessung des Unterhalts bedeutsam ist (Senatsurteil vom 15. Februar 2012 - [X.] – [X.], 779 Rn. 32). Solange die rechtliche Vaterschaft des Beklagten besteht, kommt es für die Frage einer Erwerbsobliegenheit der Klägerin nicht auf die von der Revision geltend gemachte Möglichkeit einer Fremdbetreuung für die Töchter [X.] und M. an. Eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin bestand unabhängig davon nicht.

d) Den Bedarf der Klägerin hat das Berufungsgericht ausgehend von dem im [X.] erzielten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten ermittelt. Gegen die Berechnung dieses - zunächst ohne den [X.] ermittelten - Einkommens hat die Revision keine Einwendungen erhoben. Dagegen ist auch rechtlich nichts zu erinnern.

Die Revision wendet sich allerdings gegen die im Wesentlichen vollständige Berücksichtigung des dem Beklagten gewährten [X.]s. Sie vertritt die Auffassung, der Zuschlag müsse dem Unterhaltspflichtigen zum Ausgleich der aus der besonderen Gefahrenlage resultierenden immateriellen Beeinträchtigungen anrechnungsfrei belassen werden. Diesem Einwand ist ein Teilerfolg nicht zu versagen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats sind zur Feststellung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen allerdings grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen, die ihm zufließen. Demgemäß sind als Arbeitseinkommen regelmäßig alle Leistungen anzusehen, die dem Unterhaltspflichtigen im Hinblick auf das Arbeits- oder Dienstverhältnis gewährt werden, gleichgültig aus welchem Anlass sie im Einzelnen gezahlt werden. Deshalb gehören [X.] ebenso wie Zulagen und sonstige Nebeneinnahmen regelmäßig zum unterhaltsrelevanten Einkommen. Auch die Bestimmung einer Leistung zum Ausgleich besonderer Anstrengungen oder ähnlichen Verwendungszwecken führt nicht dazu, dass sie von vornherein außer Ansatz zu lassen wären. Vielmehr kommt es insoweit auf den tatsächlichen Mehraufwand an, den der Empfänger einer derartigen Zulage hat ([X.] Urteil vom 16. Januar 1980 - [X.]/78 - FamRZ 1980, 342, 343 f. zum [X.] nach § 55 [X.] und Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 - [X.] - FamRZ 1994, 21, 22 zur Fliegeraufwandsentschädigung für Kampfflieger). Dass solche Leistungen steuerfrei gewährt werden oder unpfändbar sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hiervon ausgehend hat der [X.] den [X.] im Sinne von § 55 Abs. 5 [X.], der einem in den [X.] tätigen Oberstleutnant gewährt worden war, in der Höhe als Einkommen berücksichtigt, in der die Zahlung die durch den Auslandsaufenthalt bedingten Mehraufwendungen überstieg.

bb) In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sind diese Grundsätze nur eingeschränkt auf den Einsatz von Soldaten in einem Krisen- oder Kriegsgebiet übertragen worden. Das [X.] (FamRZ 2002, 820 [LS], im Übrigen veröffentlicht bei juris) hat den Zuschlag für den Einsatz eines Berufssoldaten auf dem [X.] nur in Höhe eines Drittels zum Einkommen gerechnet, weil davon auszugehen sei, dass damit auch die höheren Lebensrisiken bedacht werden sollten. Ebenso hat das [X.] (FamRZ 2010, 1085, 1086) hinsichtlich eines in [X.] eingesetzten Berufssoldaten entschieden. In einem solchen Fall fielen die mit dem Einsatz verbundenen [X.] und Gefahren für Leib und Leben in einem Maß ins Gewicht, dass dem Soldaten der Zuschlag grundsätzlich verbleiben müsse und eine Anrechnung nur unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen - in der Regel in Höhe eines Drittels - erfolgen könne. Das [X.] (FamRZ 2005, 369) hat hinsichtlich eines in [X.] eingesetzten Berufssoldaten die Auffassung vertreten, der Einsatz in einem Krisengebiet gehöre zwar zum Berufsbild eines Soldaten; im Hinblick auf die immaterielle Belastung und den Verzicht auf die gewohnten Lebensverhältnisse im Vergleich zu denen in einem Militärlager im Krisengebiet sei aber ein Abschlag in Höhe der Hälfte des Zuschlags gerechtfertigt. Auch im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, dass von [X.] von Soldaten für Einsätze in Krisengebieten bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens ein Billigkeitsabschlag in Höhe der Hälfte der Zulage in Betracht komme (Heiß/Heiß Unterhaltsrecht Teil I Stichwort: Auslandszahlungen; [X.]/[X.] Handbuch des Unterhaltsrechts 12. Aufl. Rn. 1081 a).

cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass in solchen Fällen der gezahlte [X.] nicht in voller Höhe zum unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkommen zu rechnen ist. Es trifft zwar zu, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, dass Einsätze in [X.] oder Krisengebieten zum Berufsbild eines Soldaten gehören. Bei solchen Einsätzen, wie sie in [X.] erfolgen, kommen allerdings verschiedene erheblich belastende Umstände zusammen, die den Soldaten unmittelbar persönlich betreffen. Der [X.] gilt nach § 58 a Abs. 2 [X.] in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung alle materiellen Mehraufwendungen und immateriellen Belastungen der besonderen Verwendung im Ausland mit Ausnahme der nach [X.] Reisekostenrecht zustehenden Reisekostenvergütung ab. Nach § 2 der Verordnung über die Zahlung eines [X.]s ([X.] I 2009, 809) werden als materielle Mehraufwendungen und immaterielle Belastungen allgemeine psychische und physische Belastungen, insbesondere unter anderem Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit, der Privatsphäre und der Freizeitmöglichkeiten, Unterbringung in Zelten, Containern oder Massenunterkünften, erhebliche und damit potenziell gesundheitsgefährdende Mängel in den Sanitär- und Hygieneeinrichtungen, [X.], insbesondere Terrorakte, organisierte Kriminalität, hohe Gewaltbereitschaft, bürgerkriegsähnliche und kriegerische Auseinandersetzungen berücksichtigt. Bei einem Einsatz in [X.] wird wegen der erschwerenden Besonderheiten die höchste Stufe des [X.]s von seinerzeit täglich 92,03 € gezahlt (vgl. § 58 a Abs. 3 [X.]). Bereits daraus ergibt sich das Ausmaß der mit dem Einsatz verbundenen Belastung, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, dem Soldaten einen Teil des Zuschlags als Ausgleich hierfür anrechnungsfrei zu belassen.

Zudem liegt die Annahme nahe, dass der Beklagte zu einem Einsatz in [X.] nicht verpflichtet war. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht angegeben, dass er sich für den Einsatz aus finanziellen Gründen entschieden, die Bereitschaft zu einem weiteren Einsatz im [X.] 2009 aber zurückgezogen habe. Feststellungen zu einer dienstlichen Verpflichtung zu derartigen Einsätzen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. War der Beklagte hierzu aber nicht verpflichtet, ist die Tätigkeit unter den erschwerten und mit erheblichen Gefahren verbundenen Umständen als überobligationsmäßig anzusehen. Hieraus folgt zwar noch nicht, dass der Zuschlag für die Unterhaltsbemessung außer Betracht zu lassen ist. In welchem Umfang das Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist vielmehr nach den Grundsätzen von [X.] und Glauben aufgrund der konkreten Umstände zu beurteilen. Erforderlich ist danach - vergleichbar mit § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB - eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls, die der Überobligationsmäßigkeit der Tätigkeit angemessen Rechnung trägt. Auf Seiten des Unterhaltspflichtigen fehlt es zwar an einer § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechenden gesetzlichen Regelung, ob und inwiefern ein aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit erzieltes Einkommen für den Unterhalt einzusetzen ist. Es entspricht aber allgemeiner Auffassung, dass auf das [X.] als gesetzliches Schuldverhältnis die Grundsätze von [X.] und Glauben (§ 242 BGB) Anwendung finden und daran die Heranziehung des vom Unterhaltspflichtigen aus unzumutbarer Tätigkeit erzielten Einkommens zu messen ist (Senatsurteil [X.]Z 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 17, 23, 24).

Die Abwägung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Wenn sie zu dem Ergebnis führt, dass nur ein Teilbetrag - etwa 1/3 bis 1/2 des Zuschlags - als Einkommen zu berücksichtigen ist, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach ist das Berufungsgericht zu Unrecht von einem um den vollen [X.] erhöhten Einkommen des Beklagten ausgegangen.

e) Soweit das Berufungsgericht dem Einkommen des Beklagten einen Betrag wegen des Vorteils des mietfreien Wohnens in dem gemeinsamen Haus der Parteien zugerechnet und die Belastungen - auch hinsichtlich der Tilgung des gesamtschuldnerisch aufgenommenen Darlehens - in Abzug gebracht hat, entspricht dies der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 5. März 2008 - [X.] - [X.], 963 Rn. 16 ff., 19). Auch die Revision erinnert insofern nichts.

f) Ausgehend von dem ermittelten unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten hat das Berufungsgericht eine Unterhaltsquote von 3/7 ermittelt, die sich auf 746 € bzw. auf (richtig) 720 € beläuft und damit unter dem Mindestbedarf der Klägerin liegt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 802 Rn. 23 f.) ist es deshalb von einem Mindestbedarf der Klägerin von 770 € ausgegangen. Allerdings kommt eine Herabsetzung des [X.] bis auf den notwendigen Lebensbedarf nach sozialrechtlichen Grundsätzen in Betracht, wenn der [X.] in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft - geringeren Bedarf verweisen lassen muss (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - [X.]/05 - [X.] Rn. 34 zur Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen). Das hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB auszuschließen oder herabzusetzen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Berufungsgericht hat es letztlich dahinstehen lassen, ob die Tatbestände des § 1579 Nr. 2 oder Nr. 8 BGB erfüllt sind und die Auffassung vertreten, zur Wahrung der Belange der Kinder müsse der Klägerin der ausgeurteilte Unterhalt jedenfalls zur Verfügung stehen. Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum Elterngeld in Höhe von jedenfalls 300 € bezogen hat. Diese Leistung hat zwar nach § 11 Satz 1 [X.] grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben. Das gilt nach § 11 Satz 4 [X.] indessen nicht in den Fällen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB. Insoweit ist das Elterngeld vielmehr als Einkommen einzubeziehen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht sich auch in diesem Zusammenhang nicht die Frage vorgelegt, ob der Klägerin eine Vergütung für [X.] Versorgungsleistungen anzurechnen ist, die sie ihrem neuen Partner im Rahmen der begründeten Lebensgemeinschaft erbracht hat. Auch solche Einkünfte sind bei der Prüfung, ob die Wahrung der Belange der Kinder einer Unterhaltsversagung oder -herabsetzung entgegensteht, unter Berücksichtigung der sich aus dem Zusammenleben ergebenden Vorteile in die Abwägung einzubeziehen.

III.

Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen sowie der tatrichterlichen Würdigung bedarf. Die Sache ist deshalb im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Die Annahme, der Beklagte hafte neben dem neuen Partner der Klägerin für deren Unterhalt, begegnet rechtlichen Bedenken. Solange die rechtliche Vaterschaft des Beklagten für den im Dezember 2008 geborenen [X.] besteht, kommt ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB gegen den biologischen Vater nicht in Betracht (vgl. [X.]/Schilling 2. Aufl. § 1615 l Rn. 5).

2. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin mit ihrem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt hat, wird zu berücksichtigen sein, dass aus der Verbindung unstreitig ein Kind hervorgegangen ist. Dieser Gesichtspunkt kann - ebenso wie der Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Partner seit Mai 2008 in einer gemeinsamen Wohnung lebt - dazu führen, dass bereits vor einer Dauer von zwei bis drei Jahren vom Vorliegen des Tatbestandes des § 1579 Nr. 2 BGB auszugehen ist. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur insoweit zu versagen oder herabzusetzen ist, wie die Inanspruchnahme des Beklagten auch unter Wahrung der Belange der drei Kinder grob unbillig wäre.

Dose                                                [X.]                                                   Klinkhammer

                        Schilling                                                         [X.]

Meta

XII ZR 73/10

18.04.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 5. Mai 2010, Az: 2 UF 223/09

§ 1361 BGB, § 58a BBesG vom 05.02.2009, § 2 AuslVZV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. XII ZR 73/10 (REWIS RS 2012, 7214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7214

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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