Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 193/15

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17097

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:190117U[X.]193.15.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 193/15
Verkündet am:

19. Januar 2017

[X.]oppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]G[X.] §§ 634, 637, 281, 280 Abs.
1
a)
Der [X.]esteller kann Mängelrechte nach §
634 [X.]G[X.] grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen.
b)
Der [X.]esteller kann berechtigt sein, Mängelrechte nach §
634 Nr.
2 bis 4 [X.]G[X.] ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er nicht mehr die (Nach-)
Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Allein das Verlangen eines [X.]es für die [X.]eseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür nicht. In diesem Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis da-gegen, wenn der [X.]esteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen.

[X.], Urteil vom 19. Januar 2017 -
VII ZR 193/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
August 2016
durch [X.]
Eick, die
Richter Halfmeier und Prof. Dr.
Jurgeleit und die Richterinnen
Graßnack und [X.]
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des [X.] in [X.] vom 16. Juli 2015
aufgehoben, soweit die [X.]erufung der Klägerin gegen ihre
Verurteilung zur Zahlung von 25.000

[X.]eklagten zu 2
zurückgewiesen wurde.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Soweit für die Revision von Interesse macht der [X.]eklagte zu
2 widerkla-gend einen Kostenvorschuss für Mängelbeseitigungsarbeiten an einer Terrasse
geltend.
1
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3
-
Dem liegt der
[X.]auvertrag vom 2./4.
April
2008 über Terrassen-
und Maurerarbeiten
zwischen den Parteien zugrunde. Die zu verwendenden Platten für die [X.] sollten mit einer Spezialimprägnierung ("Clean Top") versehen sein, zudem sollten sogenannte
"Lichtpunkte"
in die Pflasterung ein-gebaut werden.
Trotz dreier Nachbesserungsversuche gelang es der Klägerin nicht, die Arbeiten vertragsgerecht herzustellen. Zu einer Abnahme kam es nicht. [X.] lehnten die beklagten Eheleute
mit Schreiben vom 30.
Oktober 2008
wei-tere Nachbesserungsversuche ab, verbunden mit dem Wunsch, das Vertrags-verhältnis endgültig zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt waren von ihnen bereits

Dezember 2010 übersand-te die Klägerin ihre Schlussrechnung über weitere

Die [X.]eklagten
verweigerten
unter Hinweis auf erhebliche Mängel, die letztlich dazu führten, dass die Terrasse [X.] verlegt werden müsse, die Zahlung.
Die Klägerin hat [X.] als Gesamtschuldnern
begehrt, hilfsweise Zug um Zug gegen [X.]eseitigung von [X.] und Verfärbungen im Terrassenbelag. Der [X.]eklagte zu 2 hat
aus eigenem und abgetretenem Recht der [X.]eklagten zu 1
widerklagend einen Kostenvorschuss in Höhe verlangt. Für den Fall der [X.] hat er Zahlung weiterer

begehrt.
Das [X.] hat die Klage gegen beide [X.]eklagte abgewiesen und der Widerklage und [X.] des [X.]eklagten zu 2 in vollem Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete [X.]erufung der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Es
hat die Revision zugelassen mit der
[X.]egrün-

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dung,
höchstrichterlich sei bislang ungeklärt, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen vor Abnahme einer Werkleistung der [X.]esteller Ansprüche aus den §§
633 ff. [X.]G[X.] geltend machen könne. Die Klägerin hat gegen die Zurückwei-sung der [X.]erufung hinsichtlich der Wider-
und [X.] Revision mit dem Ziel eingelegt, die
Abweisung der Widerklage
zu erreichen. Den [X.] verfolgt sie in der Revision nicht mehr weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der
Klägerin führt im tenorierten
Umfang zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.
Das [X.]erufungsgericht
ist der Auffassung, das [X.] habe zu Recht die Klage einschließlich der Hilfsanträge abgewiesen und der Widerklage und [X.] stattgegeben.
Ein etwaiger Werklohnanspruch der Klägerin sei jedenfalls nicht fällig. Nach der [X.]eweisaufnahme stehe fest, dass die Werkleistung der Klägerin ganz erhebliche Mängel aufweise und das Werk trotz verschiedener Nachbesse-rungsversuche der Klägerin, die an sich gescheiterte Herstellungsversuche ge-wesen seien, nicht abnahmefähig sei. Es sei nicht damit getan, Zementschleier und Verfärbungen im Terrassenbelag zu beseitigen. Vielmehr müsse die ge-samte [X.] abgerissen und komplett neu verlegt werden. Nach den

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Feststellungen des Sachverständigen weise die Terrasse zur Mitte hin eine Ab-sackung auf; die Zuleitungen für die in den Plattenbelag eingebauten Licht-punkte (LED-Leuchten) seien nicht in [X.] (Kabelschutzrohren) verlegt, sondern in der Zementmörtelschicht.
Es entspreche aber der üblichen [X.]eschaf-fenheit, derartige Stromleitungen in [X.] zu verlegen, bestehe doch [X.] die Gefahr,
dass beim Auswechseln einzelner Leuchten die elektrische Zuleitung reiße. Der maßgebliche Mangel betreffe aber die "Clean
Top"-[X.]e-schichtung. Der "[X.] sei bei den untersuchten Terrassenplatten deutlich vermindert. Dieser vertraglich
geschuldete Effekt sei nachträglich nicht wieder herzustellen.
Es liege kein Abrechnungsverhältnis vor, bei dem es auf eine Abnahme nicht ankäme. Die Klägerin sei nach ihrem eigenen Vorbringen noch erfüllungs-bereit; der [X.]eklagte zu 2 andererseits mache Schadensersatzansprüche nicht geltend.
Dem [X.]eklagten zu 2 stehe der im Wege der (Eventual-)Widerklage gel-tend gemachte Anspruch auf einen Mängelbeseitigungskostenvorschuss aus §
634 Nr. 2, § 637 [X.]G[X.] zu. Zwar griffen die §§ 634 ff. [X.]G[X.] "an sich"
erst ein, wenn das fertiggestellte und abgenommene Werk mangelhaft sei. Die Frage, ob ein Vorschussanspruch auch vor Abnahme bestehe, sei nicht unbestritten, [X.] aber für bestimmte Ausnahmefälle von einer
im Vordringen befindlichen [X.], der sich das [X.]erufungsgericht anschließe, bejaht. Einer dieser Aus-nahmefälle liege vor,
wenn der Unternehmer ein aus seiner Sicht fertiggestell-tes und [X.] Werk abliefere, der [X.]esteller jedoch wegen Mängeln zu Recht die Abnahme des Werks verweigere und offensichtlich sei, dass der Un-ternehmer die Mängel nicht mehr beseitigen werde beziehungsweise
nicht ge-

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willt sei, die notwendigen Mängelbeseitigungsmaßnahmen zu ergreifen. So lie-ge es hier; die von der Klägerin angebotene Mängelbeseitigung sei offensicht-lich unzulänglich. Die [X.]eklagten beziehungsweise
der [X.]eklagte zu 2 habe der Klägerin auch keine Nacherfüllungsfrist nach § 637 [X.]G[X.] setzen müssen. Die Klägerin habe unstreitig mehrfach vergeblich versucht, einen ordnungsgemä-ßen Terrassenbelag zu erstellen. Ihr Angebot zur [X.]eseitigung von Zement-schleiern und Verfärbungen sei ersichtlich unbehelflich.

II.
Das
hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Mit der [X.]egründung und den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts kann der Anspruch des [X.]eklagten zu
2 auf Zahlung von insgesamt nicht bejaht werden.
1. Die [X.]eklagte zu 1 ist nicht Partei des Revisionsverfahrens
geworden.
a) Aus der [X.]egründung des [X.]erufungsgerichts ergibt sich, dass das [X.] die Revision nur im Hinblick auf die mit der Wider-
und Eventu-alwiderklage geltend gemachte Forderung des [X.]eklagten zu 2, die einen recht-lich und tatsächlich abgrenzbaren Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft und auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte, zulassen wollte (vgl. [X.], Urteil vom
24.
März 2016
VII
ZR
201/15 Rn.
13, zur [X.] in [X.]Z vorgesehen; Urteil vom 5. Juni 2014 -
VII [X.], [X.] 2014, 671 Rn. 33; [X.]eschluss vom 10. Februar 2011 -
VII
ZR
71/10, [X.], 354 Rn. 11; jeweils m.w.[X.]).
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-
b) Der [X.] legt die
Revisionsschrift in Zusammenschau mit der Revisi-onsbegründung dahingehend aus, dass die Klägerin Revision nur insoweit ein-legen wollte, als diese durch das [X.]erufungsgericht zugelassen worden ist. Die durch die Klägerin erklärte Rücknahme der Revision gegen die [X.]eklagte zu 1 in der Revisionsbegründung vom 18. November 2015 geht damit ins Leere.
2. a) Das [X.]erufungsgericht hat zunächst
rechtsfehlerfrei angenommen, dass die durch die Klägerin erstellte [X.] ganz erhebliche Mängel aufweist
und deshalb nicht abnahmefähig ist. Das wird von der Revision nicht angegriffen.
b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des [X.]erufungsgerichts, die [X.]eklagten hätten bzw. der [X.]eklagte zu 2 hätte
der Klägerin keine weitere Nacherfüllungsfrist setzen müssen, da die Klägerin mehrfach vergeblich [X.] habe, einen ordnungsgemäßen Terrassenbelag herzustellen, und dass ihr Angebot zur Mängelbeseitigung unbehelflich sei. Die dagegen gerichteten Verfahrensrügen der Revision hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
3. Von einem Rechtsfehler beeinflusst ist dagegen die Annahme des
[X.]s, der [X.]eklagte zu 2 habe einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses aus § 634 Nr. 2 [X.]G[X.], § 637 Abs. 3 [X.]G[X.] für
die Kos-ten der
Mängelbeseitigung bereits vor Abnahme des Werks.
a) [X.]ei Werkverträgen, die vor Inkrafttreten des [X.] vom 26. November 2001 ([X.], im Folgen-den: Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) geschlossen wurden, setzten die Ansprüche des [X.]estellers gemäß §§ 633 ff. [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] eine Abnahme nicht voraus. Vor der Abnahme standen diese Ansprüche und Ansprüche nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht

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nebeneinander (vgl. [X.], Urteile vom 16.
November
1993 -
X
ZR
7/92, [X.]
1994, 242, 244, juris Rn. 21; vom 2. November 1995 -
X [X.], juris Rn.
22; vom 27. Februar 1996 -
X [X.], [X.]Z 132, 96, 100 f., 102 f., juris Rn.
10 und 15; vom 26.
September
1996
-
X
ZR
33/94, NJW
1997, 50, juris Rn.
12; vom 4.
Dezember 1997 -
IX ZR 247/96, [X.], 332, 334, juris Rn.
14; vom 25.
Juni
2002 -
X
ZR
78/00, juris Rn. 7; vom 14.
Januar
2016
-
VII ZR 271/14, [X.], 852 Rn. 33 = NZ[X.]au 2016, 304).
Den Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ist ebenso wenig wie den Gesetzesmaterialien (vgl. [X.]T-Drucks. 14/6040, S. 261
ff.) eine ausdrückliche Aussage dazu, ab welchem Zeitpunkt die Mängelrechte aus §
634 [X.]G[X.] Anwendung finden, zu entnehmen.
Die Frage, ob die Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] vom [X.]esteller schon vor Abnahme geltend gemacht werden können, ist in Rechtsprechung und Schrift-tum umstritten (vgl. zum Streitstand: [X.], Der zeitliche Anwendungsbereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und der besonderen Gewährleis-tungsrechte beim Kauf-, Werk-
und Mietvertrag, 2015, S.
129 ff.; [X.], [X.] im [X.], 2010, S.
35
ff.).
Der [X.] hat diese Frage bislang ausdrücklich offen gelassen (vgl. [X.], Urteile vom 8.
Juli
2010
VII
ZR
171/08, [X.], 1778 Rn.
28 = NZ[X.]au 2010, 768; vom 24.
Februar
2011
VII
ZR
61/10, [X.], 1032 Rn.
17 a.E. = [X.], 310; vom 6. Juni 2013 -
VII ZR 355/12, NJW 2013, 3022 Rn. 16; vom 25. Februar 2016 -
VII ZR 49/15 Rn. 41, zur [X.] in [X.]Z vorgesehen). Es entspricht aber der Rechtsprechung des [X.]s,

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dass im Grundsatz die Abnahme des Werks den maßgebenden Zeitpunkt markiert,
ab dem die Mängelrechte des [X.]estellers aus § 634 [X.]G[X.] eingreifen ([X.], Urteile vom 6.
Juni
2013 -
VII
ZR
355/12, [X.]O; vom 25.
Februar
2016
I ZR 49/15, [X.]O).
b) [X.]) Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass die Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] bereits vor Abnahme bestehen. Einige wollen dabei diese [X.] schon während der Herstellung gewähren (Vorwerk, [X.], 1, 10 f.; Weise, [X.], 76 f.; [X.]/[X.], Stand: 1. Juli 2016, § 4 Abs. 7 Rn. 2; [X.], NJW-RR 2011, 603, 604, juris Rn.
8). Andere knüpfen an die Fälligkeit der Werkleistung an (Kapellmann/
[X.]/[X.], [X.] und [X.], 5. Aufl., § 13 VO[X.]/[X.] Rn.
6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des privaten [X.]aurechts, 5. Aufl., § 15 Rn. 317 f.; Sienz, [X.], 181, 184 f.; [X.], Der zeitliche Anwendungsbe-reich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und der besonderen Gewähr-leistungsrechte beim Kauf-, Werk-
und Mietvertrag, 2015, S.
133
ff., 178; [X.]/Motzke/[X.], [X.]aukommentar, 2. Aufl., § 634 [X.]G[X.] Rn.
5
f.; wohl auch [X.] in [X.], [X.]G[X.], 14. Aufl., §
634 Rn. 1 mit § 633 Rn.
21
f.). Einige Stimmen im Schrifttum wollen Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] gewähren, sobald der Unternehmer das Werk hergestellt hat (MünchKomm[X.]G[X.]/[X.]usche, 6. Aufl., § 634 Rn. 3 f.; [X.] in Festschrift für [X.], 2010, S.
277, 286 f.).
bb) Der überwiegende Teil der Literatur sowie der oberlandesgerichtli-chen Rechtsprechung hält grundsätzlich die Abnahme für das Entstehen der Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] für erforderlich, will dem [X.]esteller diese Rechte unter bestimmten Umständen aber auch ohne Abnahme zubilligen. Eine solche Ausnahme wird etwa angenommen, wenn der Unternehmer das Werk herge-stellt hat und der [X.]esteller die Abnahme wegen Mängeln zu Recht verweigert (vgl. [X.], [X.], 1504, 1509 f., juris Rn. 68 ff.; [X.],

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-
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-

Urteil vom 22. Dezember 2015 -
4 U 26/12, juris Rn. 59 f.; [X.], [X.]
2016, 677, 684, juris Rn. 90 = NZ[X.]au 2015, 480; [X.], Urteil vom 25.
Februar 2015 -
4 [X.], juris Rn.
96
ff.; [X.], [X.], 1861, 1863, juris Rn.
45 = NZ[X.]au
2015, 155; [X.], NZ[X.]au 2013, 306,
307; [X.]/[X.], [X.]G[X.], 76. Aufl., Vor § 633 Rn. 7; [X.]/[X.]/
Drossart, Privates [X.]aurecht, 2. Aufl.,
§
634 [X.]G[X.] Rn.
3
f.; [X.]eckOGK/[X.], [X.]G[X.], Stand: 1. November 2016, § 634 Rn. 32 f.; [X.], [X.], 1360, 1363
f.; [X.]eckOK [X.]G[X.]/[X.], Stand: 1.
Februar
2015, § 634 Rn.
3, 23; [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3.
Aufl., §
4 Abs.
7 Rn.
6; [X.], [X.], 1063, 1072 f.; [X.]/[X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl., § 634 Rn. 9 ff.).
cc) Andere Stimmen in Schrifttum und Rechtsprechung gehen hingegen davon aus, dass Mängelrechte vor Abnahme auch nach Herstellung des Werks und bei berechtigter Abnahmeverweigerung durch den [X.]esteller ausgeschlos-sen sind (vgl. [X.]/[X.], 2014, [X.]G[X.], § 634
Rn. 11; [X.], [X.], 319, 323 ff.; K.
Jansen, [X.] im [X.], 2010, S.
75-77; [X.], [X.] vor und nach der Abnahme im [X.] und [X.] [X.]auvertrag, 2013, S.
210
ff., 218; [X.]/[X.], [X.]G[X.], 16. Aufl., § 634 Rn. 3).
c) Der [X.] entscheidet nunmehr, dass der [X.]esteller Mängelrechte nach §
634 [X.]G[X.] grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg gel-tend machen kann. Soweit sich aus den Entscheidungen vom 11. Oktober 2012 ([X.] und [X.], [X.], 81 = NZ[X.]au 2013, 99 und juris) etwas anderes ergeben könnte, hält der [X.] daran nicht fest. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
[X.]) Ob ein Werk mangelfrei ist, beurteilt sich grundsätzlich im Zeitpunkt der Abnahme. [X.]is zur Abnahme kann der Unternehmer grundsätzlich frei wäh-len, wie er den Anspruch des [X.]estellers auf mangelfreie Herstellung aus §
631

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Abs.
1 [X.]G[X.] erfüllt. Könnte der [X.]esteller bereits während der [X.] Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] geltend machen, kann das mit einem Eingriff in dieses Recht des Unternehmers verbunden sein. Allerdings stehen dem [X.]estel-ler in der [X.] [X.] und Rechte des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zur Verfügung, die unter Umständen schon vor Fällig-keit bestehen können, wie §
323 Abs.
4 [X.]G[X.] zeigt.
bb) [X.]ereits der [X.]egriff "Nacherfüllung" in §
634 Nr. 1, §
635 [X.]G[X.] spricht dafür, dass die Rechte aus §
634 [X.]G[X.] erst nach der Herstellung zum Tragen kommen sollen. Die Erfüllung des Herstellungsanspruchs aus §
631 Abs.
1 [X.]G[X.] tritt bei einer Werkleistung regelmäßig mit der Abnahme ein, § 640 Abs.
1 [X.]G[X.], so dass erst nach Abnahme von "Nacherfüllung" gesprochen werden kann.
cc) Aus dem nur für den [X.] geltenden § 635 Abs.
3 [X.]G[X.] folgt, dass zwischen dem auf Herstellung gerichteten Anspruch aus § 631 Abs.
1 [X.]G[X.] und dem [X.] Unterschiede bestehen. § 635 Abs.
3 [X.]G[X.] eröffnet dem Unternehmer bei der geschuldeten Nacherfüllung nach § 634 Nr. 1 [X.]G[X.] weitergehende Rechte als §
275 Abs.
2 und
3 [X.]G[X.]. [X.] und [X.] können demnach nicht neben-einander bestehen.
dd) Dafür, dass die Abnahme die Zäsur zwischen [X.] und der Phase darstellt, in der anstelle des Herstellungsanspruchs Mängelrechte nach § 634 [X.]G[X.] geltend gemacht werden können, spricht zum einen die Rege-lung in § 634a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]G[X.], wonach die Verjährung von Mängelrechten in den meisten Fällen mit der Abnahme beginnt.
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-
Zum anderen stellt
die Abnahme auch im Übrigen eine Zäsur dar, da mit ihr die Fälligkeit des [X.] eintritt (§ 641 Abs. 1 [X.]G[X.]), die Leistungsgefahr auf den [X.]esteller übergeht (§ 644 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.]) und die [X.]eweislast für das Vorliegen von Mängeln sich umkehrt, soweit
kein Vorbehalt nach §
640 Abs.
2 [X.]G[X.] erklärt wird.
ee) Die Auslegung der werkvertraglichen Vorschriften dahingehend, dass dem [X.]esteller die Mängelrechte nach §
634 [X.]G[X.] grundsätzlich erst nach [X.] zustehen, führt zudem zu einem interessengerechten Ergebnis.
(1) Vor der Abnahme steht dem [X.]esteller der Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 [X.]G[X.] zu, der ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung aus §
634 Nr. 1 [X.]G[X.] die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat. Der [X.]e-steller kann diesen Anspruch einklagen und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 ZPO vollstrecken.
Die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werks verbleibt beim [X.], der Werklohn wird nicht fällig und die [X.]eweislast für das Vorliegen von Mängeln geht nicht auf den [X.]esteller über, solange er den Herstellungsan-spruch nach § 631 Abs. 1 [X.]G[X.] geltend macht.
(2) Die Interessen des [X.]estellers sind durch die ihm vor der Abnahme aufgrund des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zustehenden Rechte ange-messen gewahrt: etwa Schadensersatz neben der Leistung nach §
280 Abs.
1 [X.]G[X.], Schadensersatz statt der Leistung nach §§
281, 280 [X.]G[X.], [X.] wegen Verzögerung der Leistung, §
280 Abs.
2, §
286 [X.]G[X.], Rücktritt nach §
323 [X.]G[X.] oder Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend §
314
[X.]G[X.].
Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß §
281 Abs.
1 [X.]G[X.] ist zwar anders als die Mängelrechte nach §
634 Nr.
2 und 3 [X.]G[X.]

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verschuldensabhängig

280 Abs.
1 Satz
2 [X.]G[X.]). Eine den Schadensersatz-anspruch begründende Pflichtverletzung liegt aber auch vor, wenn der [X.] die Frist aus §
281 Abs.
1 Satz
1 [X.]G[X.] verstreichen lässt (vgl. zum Kaufrecht: [X.], Urteil vom 29.
April 2015 -
VIII ZR 104/14, NJW
2015, 2244 Rn.
12; Urteil vom 17.
Oktober 2012 -
VIII [X.], [X.]Z
195, 135 Rn.
11
ff.).
Der [X.]esteller hat hiernach die Wahl, ob er die Rechte aus dem Erfül-lungsstadium oder aber die grundsätzlich eine Abnahme voraussetzenden Mängelrechte aus § 634 [X.]G[X.] geltend macht. Ein faktischer Zwang des [X.]estel-lers zur Erklärung der Abnahme für
ein objektiv nicht abnahmefähiges Werk besteht damit entgegen verbreiteter Meinung nicht. Im Übrigen wird der [X.]estel-ler, der eine Abnahme unter [X.] erklärt, über § 640 Abs. 2, § 641 Abs. 3 [X.]G[X.] geschützt.
4. Das [X.]erufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Abnahme ist nach den bisherigen Feststellungen nicht
entbehrlich.
a) Der [X.]esteller kann allerdings in bestimmten Fällen berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 [X.]G[X.] ohne Abnahme geltend zu machen. Das ist zu bejahen, wenn der [X.]esteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis über-gegangen ist. Macht der [X.]esteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung
in Form des kleinen Schadensersatzes gel-tend oder erklärt er die Minderung des [X.], so findet nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zum alten Schuldrecht eine Abrech-nung der beiderseitigen Ansprüche statt (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2006

VII
ZR
146/04, [X.]Z
167, 345 Rn.
26; Urteil vom 10.
Oktober 2002

VII
ZR
315/01, [X.], 88, 89, juris Rn.
11 = NZ[X.]au 2003, 35; Urteil vom

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16.
Mai 2002
VII
ZR 479/00, [X.], 1399, 1400, juris Rn. 13; jeweils m.w.[X.]). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes jedenfalls für den Fall fest, dass der Un-ternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet. Verlangt der [X.]e-steller Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 Abs. 1, §
280 Abs. 1 [X.]G[X.], ist der Anspruch auf die Leistung nach § 281 Abs.
4 [X.]G[X.] ausgeschlossen. Nichts anderes gilt, wenn der [X.]esteller im Wege der Minderung nur noch eine Herabsetzung des [X.] erreichen will. Auch in diesem Fall geht es ihm nicht mehr um den Anspruch auf die Leistung und damit um die Erfüllung des Vertrags ([X.], Urteile vom 19. Januar 2017 -
VII ZR 235/15 und [X.], zur [X.] in [X.]Z bestimmt).
b) [X.]) Verlangt dagegen der [X.]esteller nach § 634 Nr. 2, § 637
Abs. 1, 3 [X.]G[X.] einen Vorschuss für die zur [X.]eseitigung des Mangels im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Aufwendungen, erlischt der Erfüllungsanspruch des [X.]estellers nicht. Denn das Recht zur Selbstvornahme und der Anspruch auf Kostenvorschuss lassen den Erfüllungsanspruch (§ 631 [X.]G[X.]) und den [X.] (§ 634 Nr. 1 [X.]G[X.]) unberührt. Der [X.]esteller ist berechtigt, auch nach einem Kostenvorschussverlangen den (Nach-)Erfüllungsanspruch geltend zu machen (vgl. [X.], [X.], 1961, 1962
f., juris Rn. 56 = NZ[X.]au
2012, 771; [X.]/[X.], [X.]G[X.], 76. Aufl., § 634 Rn. 4; [X.]/
[X.]/Drossart, Privates [X.]aurecht, 2.
Aufl., §
634 [X.]G[X.] Rn.
16, 45; [X.]/
[X.], 2014, [X.]G[X.], § 634 Rn. 73).
bb) Ausnahmsweise kann die Forderung des [X.]estellers, ihm einen [X.] für die zur [X.]eseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen zu zahlen, zu einem Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis führen, wenn der [X.]esteller den (Nach-)Erfüllungsanspruch aus anderen Gründen nicht mehr mit Erfolg geltend machen kann.
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15
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Das ist etwa der Fall, wenn der [X.]esteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen,
also endgültig und ernsthaft eine (Nach-)Erfüllung durch ihn ablehnt, selbst für den Fall, dass die Selbstvornahme nicht zu einer mangelfreien Her-stellung des Werks führt. In dieser Konstellation kann der [X.]esteller nicht mehr zum (Nach-)Erfüllungsanspruch
gegen den Unternehmer zurückkehren.
Weil die verbleibenden Rechte des [X.]estellers damit ausschließlich auf Geld gerichtet sind, entsteht ein Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis, in dessen Rahmen die Rechte aus § 634 Nr. 2 bis 4 [X.]G[X.] ohne Abnahme geltend gemacht werden können (vgl. [X.], Urteile
vom 19.
Januar
2017
-
VII ZR 235/15 und [X.], zur [X.] in [X.]Z bestimmt).
c) Nach den bisherigen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts liegt ein Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis nicht vor.
[X.]) Das [X.]erufungsgericht hat festgestellt, dass kein Abrechnungsver-hältnis vorliegt. Dies wird von der Revision nicht angegriffen; revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
bb) Den Feststellungen kann zudem nicht entnommen werden, ob
das Verhalten des
[X.]eklagten
zu 2, insbesondere die Erklärung im Schreiben vom 30. Oktober 2008, so ausgelegt werden kann, dass er nicht nur die klägerseits konkret angebotenen Arbeiten,
sondern endgültig
weitere (Nach-)
Erfüllungsar-beiten der Klägerin
nicht mehr dulden werde.

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45
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16
-
III.
Die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts kann daher keinen [X.]estand ha-ben. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
Den Parteien muss Gelegenheit gegeben werden, auf die Rechtsauffas-sung des [X.] zu reagieren.

Eick
Halfmeier
Jurgeleit

Graßnack
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.08.2014 -
11 O 22/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.07.2015 -
7 [X.] -

46
47

Meta

VII ZR 193/15

19.01.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 193/15 (REWIS RS 2017, 17097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17097

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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