Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 301/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17098

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:190117U[X.]301.13.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 301/13
Verkündet am:

19. Januar 2017

[X.]oppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 634, 637, 281, 280 Abs.
1
a)
Der [X.]esteller kann Mängelrechte nach §
634 [X.] grundsätzlich erst nach [X.] mit Erfolg geltend machen.
b)
Der [X.]esteller kann berechtigt sein, Mängelrechte nach §
634 Nr. 2 bis 4 [X.] ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er nicht mehr die (Nach-)
Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrech-nungsverhältnis übergegangen ist. Allein das Verlangen eines Vorschusses für die [X.]eseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür nicht. In diesem Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis dagegen, wenn der [X.]esteller aus-drücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen.
[X.], Urteil vom 19. Januar 2017 -
VII ZR 301/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2016
durch den
Vorsitzenden Richter
Dr.
[X.], die Richter Halfmeier
und
Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und
Sacher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]eklagten wird der [X.]eschluss des 13.
Zivilsenats
des [X.] vom 1.
Oktober
2013
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.]erufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger
macht
Ansprüche aus abgetretenem Recht der [X.] nach dem am 24.
April
2012 verstorbenen M.
(im Folgenden: [X.]) geltend.
Der [X.]esteller
beauftragte den [X.]eklagten 2008 mit der Erneuerung der Fassaden an zwei unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden. Die Vertrags-parteien vereinbarten, dass die Ausführungen der Fassadenarbeiten jeweils mit einem dampfdiffusionsoffenen [X.] sowie einem dampfdiffusionsoffe-nen Anstrichsystem auszuführen seien. Der Fassadenanstrich des einen Objek-tes sollte mit einem Keim-
oder [X.], die Fassade des ande-1
2
-
3
-
ren Objektes nach Abschluss der Verputzarbeiten mit einem Keimfarbenan-strich, [X.], erfolgen.
Der [X.]eklagte führte Arbeiten aus. Eine Abnahme der Arbeiten erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 4.
September
2009 rügte der [X.]esteller
Mängel an den Objekten und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung bis 30.
September
2009. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.
Oktober
2009 teilte der [X.]eklagte dem [X.]
mit, dass nach Einschaltung eines Privatsachverständigen eine Mangel-haftigkeit der ausgeführten Arbeiten nicht festzustellen sei. Wörtlich heißt es in dem
Schreiben:
"Unsere Mandantschaft hat auch nicht die falsche Farbe verwandt, sondern hat lediglich im Angebot zwei Markennamen als [X.]eispiele aufgeführt. Auch hat der Sachverständige [X.] eindeutig ausgeführt, dass die verwandte Farbe nicht zu beanstanden ist."
Im November 2009 leitete der [X.]esteller
ein selbständiges [X.]eweisverfah-ren
ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Fassaden nicht mit dem vereinbarten Material gestrichen worden seien. Das tatsächlich verwendete Material weiche qualitativ nachteilig von dem vereinbar-ten Material ab. Die Sanierungskosten schätzte der Sachverständige auf 28.917

bei der im [X.] vorgeschlagenen Sanierung das Risiko bestehe, dass [X.] außerhalb der vertraglichen Gewährleistungsfrist zerstört werde.
Nach Abschluss des selbständigen [X.]eweisverfahrens verstarb der [X.]. Er
war mit der Tochter des [X.] verheiratet. Aus dieser Ehe stammt
ein im Jahr 2007 geborenes Kind. Erben des [X.]estellers sind Sa. S.
und sein Kind (G. S.).
Unter dem 29.
Januar
2013 schlossen der Kläger und die Ehefrau des [X.]estellers eine "Abtretungsvereinbarung", in der wie folgt ausgeführt ist:
3
4
5
-
4
-
"Die Erbengemeinschaft Sa. S./G. S. tritt hiermit an [X.] S.
[d.
i. der Kläger], Vater von Frau Sa. S., folgende Ansprüche ab:

(Unterschriften) L. S.

Sa. S.
V., den 29.01.2013"
Der Kläger hat Klage erhoben, mit der er unter anderem
Mangelbeseiti-gungskosten unter [X.]erücksichtigung
restlichen [X.] von 16.461,48

n Höhe von 43.493,90

sich der Kläger auf die Erkenntnisse des selbständigen [X.]eweisverfahrens be-zogen und zusätzlich begründet, warum für eine vollständige [X.]eseitigung der mangelhaften Arbeiten ein weiterer Aufwand von geschätzt 30.345

sei.
[X.]ereits während des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Parteien darüber gestritten, ob ein Kostenvorschuss vor Abnahme
der
ausgeführten
Ar-beiten verlangt werden kann. Dazu haben die erstinstanzlichen Anwälte des [X.] mit Schriftsatz vom 15.
März
2013 erklärt, dass der Kläger hilfsweise für den Fall Schadensersatz statt eines Kostenvorschusses verlange, sollte das [X.] der Rechtsauffassung der [X.]eklagtenseite zuneigen, ein Kostenvor-schussanspruch könne vor Abnahme nicht geltend gemacht werden.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das [X.]erufungsgericht hat mit [X.]eschluss nach §
522 Abs.
2 ZPO die [X.]erufung zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.]eklagte seinen Klageabwei-sungsantrag weiter.
6
7
8
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.]eklagten führt zur Aufhebung der Entscheidung des [X.]erufungsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache.

I.
Das [X.]erufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Entscheidend sei, dass der [X.]esteller
eine Frist zur Mangelbeseitigung bis 30.
September 2009 gesetzt habe. Diese Frist habe der [X.]eklagte verstreichen lassen. Damit sei dem Kläger der Weg entweder zu §
280 [X.] eröffnet, der allerdings nur Schadens-ersatz gewähre, oder aber zum werkvertraglichen Gewährleistungsrecht, das auch den
begehrten Kostenvorschuss nach §
637 Abs.
3 [X.] gewähre. Die Frage, ob oder in welchen Fällen das werkvertragliche Gewährleistungsrecht schon vor der Abnahme anzuwenden sei, sei umstritten. Die herrschende [X.] gebe jedenfalls dann dem Werkvertragsrecht den Vorzug, wenn der Un-ternehmer die Leistung erbracht habe, das Werk also fertiggestellt sei. Würde man den [X.]esteller in einem solchen Fall auf die Rechte nach §§
280
ff. [X.] beschränken, stünde
er schlechter als der [X.]esteller, der das Werk in [X.] der Mängel abgenommen oder sich die Mängel bei Abnahme vorbehalten habe. Dafür sei ein sachlicher Grund nicht vorhanden.

II.
Der Kläger ist als Inhaber der [X.] befugt, diese geltend zu machen. Zwar war die Abtretungsvereinbarung vom 29.
Januar
2013 (schwe-bend) unwirksam. Die Vereinbarung ist jedoch dadurch wirksam geworden, 9
10
11
-
6
-
dass der vom [X.] bestellte Ergänzungspfleger während des [X.] die Abtretungsvereinbarung genehmigt hat. Dies ist vom [X.] zu berücksichtigen.
1. Die Abtretungsvereinbarung war (schwebend) unwirksam, da das fünf Jahre alte Kind des [X.]estellers bei
der Abtretungsvereinbarung nicht ordnungs-gemäß vertreten war.
a) Nach §
2040 Abs.
1 [X.] können Erben über einen Nachlassgegen-stand nur gemeinsam verfügen. Für die Übertragung einer zum Nachlass gehö-renden Forderung ist deshalb erforderlich, dass jeder Miterbe die Forderung
durch Vertrag mit dem Erwerber abtritt, §
398 [X.]. Die "Abtretungsvereinba-rung" enthält dementsprechend zwei Verträge. Zum einen die Einigung zwi-schen dem Kläger und der Ehefrau des [X.]estellers und zum anderen die Eini-gung zwischen dem Kläger und dem Kind des [X.]estellers, dieses vertreten durch die Ehefrau des [X.]estellers.
b) Zu dieser Vertretung war die Ehefrau des [X.]estellers
nicht befugt.
Nach dem Tod des [X.]estellers stand ihr zwar das alleinige Sorgerecht zu (§
1680 Abs.
1, § 1626 Abs. 1 Satz
1 [X.]) und war sie deshalb grundsätzlich berechtigt, das Kind zu vertreten, §
1629 Abs.
1 Satz
1 [X.]. Dieses Recht zur gesetzlichen Vertretung war aber nach §
1629 Abs.
2 Satz 1, §
1795 Abs.
1 Nr.
1 [X.] ausgeschlossen. Aufgrund dieses [X.] handelte die Ehefrau des [X.]estellers für das Kind als Vertreter ohne
Vertretungsmacht. Das hatte zur Folge, dass die Wirksamkeit der "Abtretungsvereinbarung" von der Genehmigung des zur Vertretung des Kindes [X.]erechtigten abhing, §
177 Abs.
1 [X.].

12
13
14
15
-
7
-
2. Diese Genehmigung ist von dem hierfür vom [X.] bestell-ten Ergänzungspfleger während des Revisionsverfahrens erteilt worden. Damit ist die Abtretungsvereinbarung rückwirkend wirksam geworden, §
184 Abs.
1 [X.].
3. Die während des Revisionsverfahrens erfolgte Genehmigung durch den Ergänzungspfleger ist vom [X.] zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob die Wirksamkeit der "Abtretungsvereinbarung" die Prozessführungs-befugnis des [X.] oder seine Aktivlegitimation betrifft.
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.], dass die von
Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessführungsbefug-nis sich nicht auf die Tatsachen und [X.]eweismittel beschränkt, die dem [X.] vorgelegen haben. Das Revisionsgericht hat vielmehr unter [X.]e-rücksichtigung neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz grundsätzlich [X.] festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Prozessführungsbefugnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vor-gelegen haben ([X.], Urteile vom 7.
Juli
2008 -
II ZR 26/07, [X.] 2008, 711 Rn.
12; vom
24.
Februar
1994 -
VII ZR 34/93, [X.]Z 125, 196, 200 f., juris Rn.
15).
Zwar stellen die [X.]estellung eines Ergänzungspflegers und dessen Ent-scheidung zur Genehmigung der Abtretung Tatsachen dar, die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht ent-standen sind. Genehmigt aber der Ergänzungspfleger die Abtretung, wirkt die Genehmigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der "Abtretungsvereinba-rung" am 29.
Januar
2013 zurück, §
184 Abs. 1 [X.]. Damit lagen rückwirkend die
Voraussetzungen für eine wirksame "Abtretungsvereinbarung" im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor.
16
17
18
19
-
8
-
b) Hinsichtlich der Aktivlegitimation entspricht es ständiger Rechtspre-chung des [X.], §
559 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revisionsinstanz auch neue, im Hinblick auf die materielle [X.] relevante Tatsachen berücksichtigt werden können, wenn die Tatsachen unstreitig sind und schützenswerte [X.]elange der Gegenpartei nicht entgegen-stehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die neuen Tatsachen erst während des Revisionsverfahrens bzw. nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der [X.]erufungsinstanz eingetreten sind ([X.], Urteil vom 23.
September
2014 -
VI [X.], [X.]Z 202, 242 Rn.
21).
Die neue Tatsache der Genehmigung der Abtretung zwischen dem Klä-ger und dem Kind des [X.]estellers ist erst -
unabhängig von der rechtlichen Rückwirkung -
im Revisionsverfahren eingetreten und damit zu berücksichtigen.

III.
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts kann aber das [X.]estehen der [X.] nicht bejaht werden.
1. Die Ausführungen des [X.]erufungsgerichts halten der rechtlichen Nach-prüfung nicht stand, soweit es ausführt, ein Anspruch auf Vorschuss aus § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 [X.] bestehe bereits vor Abnahme.
a) [X.]ei Werkverträgen, die vor Inkrafttreten des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]l. I S. 3138, im Folgen-den: Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) geschlossen wurden, setzten die Ansprüche des [X.]estellers gemäß §§ 633 ff. [X.] a.F. nach der Rechtsprechung des [X.] eine Abnahme nicht voraus. Vor der Abnahme standen diese Ansprüche und Ansprüche nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht 20
21
22
23
24
-
9
-
nebeneinander (vgl. [X.], Urteile vom 16. November 1993 -
X
ZR
7/92, [X.]
1994, 242, 244, juris Rn. 21; vom 2. November 1995 -
X [X.], juris Rn.
22; vom 27. Februar 1996 -
X [X.], [X.]Z 132, 96, 100 f., 102 f., juris Rn.
10 und 15; vom 26.
September
1996 -
X
ZR
33/94, NJW
1997, 50, juris Rn.
12; vom 4.
Dezember 1997 -
IX ZR 247/96, [X.], 332, 334, juris Rn.
14; vom 25.
Juni
2002 -
X [X.], juris Rn. 7; vom 14. Januar 2016
-
VII ZR 271/14, [X.], 852 Rn. 33 = NZ[X.]au 2016, 304).
Den Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ist ebenso wenig wie den Gesetzesmaterialien (vgl. [X.]T-Drucks. 14/6040, S. 261
ff.) eine ausdrückliche Aussage dazu, ab welchem Zeitpunkt die Mängelrechte aus §
634 [X.] Anwendung finden, zu entnehmen.
Die Frage, ob die Mängelrechte aus § 634 [X.] vom [X.]esteller schon vor Abnahme geltend gemacht werden können, ist in Rechtsprechung und Schrift-tum umstritten (vgl. zum Streitstand: [X.], Der zeitliche Anwendungsbereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und der besonderen Gewährleis-tungsrechte beim Kauf-, Werk-
und Mietvertrag, 2015, S.
129 ff.; [X.], [X.] im [X.]-Werkvertrag vor Abnahme, 2010, S.
35
ff.).
Der [X.] hat diese Frage bislang ausdrücklich offen gelassen (vgl. [X.], Urteile vom 8. Juli 2010 VII ZR 171/08, [X.], 1778 Rn. 28 = NZ[X.]au 2010, 768; vom 24. Februar 2011 [X.], [X.], 1032 Rn.
17 a.E. = NZ[X.]au 2011, 310; vom 6. Juni 2013 -
VII ZR 355/12, NJW 2013, 3022 Rn. 16; vom 25. Februar 2016 -
VII ZR 49/15 Rn. 41, zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen). Es entspricht aber der Rechtsprechung des [X.]s, dass im Grundsatz die Abnahme des Werks den maßgebenden Zeitpunkt mar-kiert, ab dem die Mängelrechte des [X.]estellers aus § 634 [X.] eingreifen ([X.], 25
26
27
-
10
-
Urteile vom 6.
Juni
2013 -
VII
ZR
355/12, [X.]O; vom 25.
Februar
2016
I ZR 49/15, [X.]O).
b) [X.]) Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass die Mängelrechte aus § 634 [X.] bereits vor Abnahme bestehen. Einige wollen dabei diese [X.] schon während der Herstellung gewähren (Vorwerk, [X.], 1, 10 f.; Weise, [X.], 76 f.; [X.]/[X.], Stand: 1. Juli 2016, § 4 Abs. 7 Rn. 2; [X.], NJW-RR 2011, 603, 604, juris Rn.
8). Andere knüpfen an die Fälligkeit der Werkleistung an (Kapellmann/
[X.]/[X.], [X.] und [X.], 5. Aufl., § 13 VO[X.]/[X.] Rn.
6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des privaten [X.]aurechts, 5. Aufl., § 15 Rn. 317 f.; Sienz, [X.], 181, 184 f.; [X.], Der zeitliche Anwendungsbe-reich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts
und der besonderen Gewähr-leistungsrechte beim Kauf-, Werk-
und Mietvertrag, 2015, S.
133
ff., 178; [X.]/Motzke/[X.], [X.]aukommentar, 2. Aufl., § 634 [X.] Rn.
5
f.; wohl auch [X.] in [X.], [X.], 14. Aufl., § 634 Rn. 1 mit § 633 Rn.
21
f.). Einige Stimmen im Schrifttum wollen Mängelrechte aus § 634 [X.] gewähren, sobald der Unternehmer das Werk hergestellt hat (MünchKomm[X.]/[X.]usche, 6. Aufl., § 634 Rn. 3 f.; [X.] in Festschrift für [X.], 2010, S.
277, 286 f.).
bb) Der überwiegende Teil der Literatur sowie der oberlandesgerichtli-chen Rechtsprechung hält grundsätzlich die Abnahme für das Entstehen der Mängelrechte aus § 634 [X.] für erforderlich, will dem [X.]esteller diese Rechte unter bestimmten Umständen aber auch ohne Abnahme zubilligen. Eine solche Ausnahme wird etwa angenommen, wenn der Unternehmer das Werk herge-stellt hat und der [X.]esteller die Abnahme wegen Mängeln zu Recht verweigert (vgl. [X.], [X.], 1504, 1509 f., juris Rn. 68 ff.; [X.], Urteil vom 22. Dezember 2015 -
4
U 26/12, juris Rn. 59 f.; [X.], [X.]
2016, 677, 684, juris Rn. 90 = NZ[X.]au 2015, 480; [X.], Urteil 28
29
-
11
-
vom 25.
Februar 2015 -
4 [X.], juris Rn.
96
ff.; [X.], [X.], 1861, 1863, juris Rn.
45 = NZ[X.]au 2015, 155; [X.], NZ[X.]au 2013, 306,
307; [X.]/[X.],
[X.], 76. Aufl., Vor § 633 Rn. 7; [X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., §
634 [X.] Rn.
3
f.; [X.]eckOGK/[X.], [X.], Stand: 1. November 2016, § 634 Rn. 32 f.; [X.], [X.], 1360, 1363
f.; [X.]eckOK [X.]/[X.], Stand: 1.
Februar
2015, § 634 Rn.
3, 23; [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3.
Aufl., §
4 Abs.
7 Rn.
6; [X.], [X.], 1063, 1072 f.; [X.]/[X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl., § 634 Rn. 9 ff.).
cc) Andere Stimmen in Schrifttum und Rechtsprechung gehen hingegen davon aus, dass Mängelrechte vor Abnahme auch nach Herstellung des Werks und bei berechtigter Abnahmeverweigerung durch den [X.]esteller ausgeschlos-sen sind (vgl. [X.]/[X.], 2014, [X.], § 634 Rn. 11; [X.], [X.], 319, 323 ff.; [X.]
Jansen, [X.] im [X.]-Werkvertrag vor Abnahme, 2010, S.
75-77; [X.], [X.] vor und nach der Abnahme im [X.] und [X.] [X.]auvertrag, 2013, S.
210
ff., 218; [X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 634 Rn. 3).
c) Der [X.] entscheidet nunmehr, dass der [X.]esteller Mängelrechte nach §
634 [X.] grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg gel-tend machen kann. Soweit sich aus den Entscheidungen vom 11. Oktober 2012 ([X.] und [X.], [X.], 81 = NZ[X.]au 2013, 99 und juris) etwas anderes ergeben könnte, hält der [X.] daran nicht fest. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
[X.]) Ob ein Werk mangelfrei ist, beurteilt sich grundsätzlich im Zeitpunkt der Abnahme. [X.]is zur Abnahme kann der Unternehmer grundsätzlich frei wäh-len, wie er den Anspruch des [X.]estellers auf mangelfreie Herstellung aus §
631 Abs.
1 [X.] erfüllt. Könnte der [X.]esteller bereits während der [X.] 30
31
32
-
12
-
Mängelrechte aus § 634 [X.] geltend machen, kann das mit einem Eingriff in dieses Recht des Unternehmers verbunden sein. Allerdings stehen dem [X.]estel-ler in der [X.] [X.] und Rechte des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zur Verfügung, die unter Umständen schon vor Fällig-keit bestehen können, wie §
323 Abs.
4 [X.] zeigt.
bb) [X.]ereits der [X.]egriff "Nacherfüllung" in §
634 Nr. 1, §
635 [X.] spricht dafür, dass die Rechte aus §
634 [X.] erst nach der Herstellung zum Tragen kommen sollen. Die Erfüllung des Herstellungsanspruchs aus §
631 Abs.
1 [X.] tritt bei einer Werkleistung regelmäßig mit der Abnahme ein, § 640 Abs.
1 [X.], so dass erst nach Abnahme von "Nacherfüllung" gesprochen werden kann.
cc) Aus dem nur für den [X.] geltenden § 635 Abs.
3 [X.] folgt, dass zwischen dem auf Herstellung gerichteten Anspruch aus § 631 Abs.
1 [X.] und dem [X.] Unterschiede bestehen. § 635 Abs.
3 [X.] eröffnet dem Unternehmer bei der geschuldeten Nacherfüllung nach § 634 Nr. 1 [X.] weitergehende Rechte als §
275 Abs.
2 und
3 [X.]. [X.] und [X.] können demnach nicht neben-einander bestehen.
dd) Dafür, dass die Abnahme die Zäsur zwischen [X.] und der Phase darstellt, in der anstelle des Herstellungsanspruchs Mängelrechte nach § 634 [X.] geltend gemacht werden können, spricht zum einen die Rege-lung in § 634a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.], wonach die Verjährung von Mängelrechten in den meisten Fällen mit der Abnahme beginnt.
Zum anderen stellt die Abnahme auch im Übrigen eine Zäsur dar, da mit ihr die Fälligkeit des [X.] eintritt (§ 641 Abs. 1 [X.]), die Leistungsgefahr auf den [X.]esteller übergeht (§ 644 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und die [X.]eweislast für 33
34
35
36
-
13
-
das Vorliegen von Mängeln sich umkehrt, soweit kein Vorbehalt nach §
640 Abs.
2 [X.] erklärt wird.
ee) Die Auslegung der werkvertraglichen Vorschriften dahingehend, dass dem [X.]esteller die Mängelrechte nach §
634 [X.] grundsätzlich erst nach [X.] zustehen, führt zudem zu einem interessengerechten Ergebnis.
(1) Vor der Abnahme steht dem [X.]esteller der Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 [X.] zu, der ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung aus §
634 Nr. 1 [X.] die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat. Der [X.] kann diesen Anspruch einklagen und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 ZPO vollstrecken.
Die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werks verbleibt beim [X.], der Werklohn wird nicht fällig und die [X.]eweislast für das Vorliegen von Mängeln geht nicht auf den [X.]esteller über, solange er den Herstellungsan-spruch nach § 631 Abs. 1 [X.] geltend macht.
(2) Die Interessen des [X.]estellers sind durch die ihm vor der Abnahme aufgrund des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zustehenden Rechte ange-messen gewahrt: etwa Schadensersatz neben der Leistung nach §
280 Abs.
1 [X.], Schadensersatz statt der Leistung nach §§
281, 280 [X.], [X.] wegen Verzögerung der Leistung, §
280 Abs.
2, §
286 [X.], Rücktritt nach §
323 [X.] oder Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend §
314 [X.].
Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß §
281 Abs.
1 [X.] ist zwar anders als die Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 und 3 [X.] ver-schuldensabhängig (§
280 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Eine den Schadensersatzan-spruch begründende Pflichtverletzung liegt aber auch vor, wenn der [X.] die Frist aus §
281 Abs.
1 Satz
1 [X.] verstreichen lässt (vgl. zum Kauf-37
38
39
40
41
-
14
-
recht: [X.], Urteil vom 29.
April 2015 -
VIII ZR 104/14, NJW
2015, 2244 Rn.
12; Urteil vom 17.
Oktober 2012 -
VIII [X.], [X.]Z
195, 135 Rn.
11
ff.).
Der [X.]esteller hat hiernach die Wahl, ob er die Rechte aus dem Erfül-lungsstadium oder aber die grundsätzlich eine Abnahme voraussetzenden Mängelrechte aus § 634 [X.] geltend macht. Ein faktischer Zwang des [X.]estel-lers zur Erklärung der Abnahme für ein objektiv nicht abnahmefähiges Werk besteht damit entgegen verbreiteter Meinung nicht. Im Übrigen wird der [X.]estel-ler, der eine Abnahme unter [X.] erklärt, über § 640 Abs. 2, § 641 Abs. 3 [X.] geschützt.
2. Die Abnahme ist nach den bisherigen Feststellungen auch nicht ent-behrlich.
a) Der [X.]esteller kann allerdings in bestimmten Fällen berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 [X.] ohne Abnahme geltend zu machen. Das ist zu bejahen, wenn der [X.]esteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis über-gegangen ist. Macht der [X.]esteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gel-tend oder erklärt er die Minderung des [X.], so findet nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zum alten Schuldrecht eine Abrech-nung der beiderseitigen Ansprüche statt (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2006

VII
ZR
146/04, [X.]Z
167, 345
Rn.
26; Urteil vom 10.
Oktober
2002

VII
ZR
315/01, [X.], 88, 89, juris Rn.
11 = NZ[X.]au 2003, 35; Urteil vom 16.
Mai 2002
VII
ZR 479/00, [X.], 1399, 1400, juris Rn. 13; jeweils m.w.[X.]). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes jedenfalls für den Fall fest, dass der Un-ternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet. Verlangt der [X.]e-42
43
44
-
15
-
steller Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 Abs. 1, §
280 Abs. 1 [X.], ist der Anspruch auf die Leistung nach § 281 Abs.
4 [X.] ausgeschlossen. Nichts anderes gilt, wenn der [X.]esteller im Wege der Minderung nur noch eine Herabsetzung des [X.] erreichen will. Auch in diesem Fall geht es ihm nicht mehr um den Anspruch auf die Leistung und damit um die Erfüllung des Vertrags ([X.], Urteile
vom 19. Januar 2017 -
VII ZR 235/15
und [X.], zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt).
b) [X.]) Verlangt dagegen der [X.]esteller nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 1, 3 [X.] einen Vorschuss für die zur [X.]eseitigung des Mangels im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Aufwendungen, erlischt der Erfüllungsanspruch des [X.]estellers nicht. Denn das Recht zur Selbstvornahme und der Anspruch auf Kostenvorschuss lassen den Erfüllungsanspruch (§ 631 [X.]) und den [X.] (§ 634 Nr. 1 [X.]) unberührt. Der [X.]esteller ist berechtigt, auch nach einem Kostenvorschussverlangen den ([X.] geltend zu machen (vgl. [X.], [X.], 1961, 1962
f., juris Rn. 56
= NZ[X.]au
2012, 771; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 634 Rn. 4; [X.]/
[X.]/Drossart, Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., § 634 [X.] Rn. 16, 45; [X.]/
[X.], 2014, [X.], § 634 Rn. 73).
bb) Ausnahmsweise kann die Forderung des [X.]estellers, ihm einen [X.] für die zur [X.]eseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen zu zahlen, zu einem Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis führen, wenn der [X.]esteller den ([X.] aus anderen Gründen nicht mehr mit Erfolg geltend machen
kann.
Das ist etwa der Fall, wenn der
[X.]esteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck
bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat,
zusammenarbeiten 45
46
47
-
16
-
zu wollen, also endgültig und ernsthaft eine (Nach-)Erfüllung durch ihn ablehnt, selbst für den Fall, dass die Selbstvornahme nicht zu einer mangelfreien Her-stellung des Werks führt. In dieser Konstellation kann der [X.]esteller nicht mehr zum ([X.] gegen den Unternehmer zurückkehren.
Weil die verbleibenden Rechte des [X.]estellers damit ausschließlich auf Geld gerichtet sind, entsteht ein Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis, in dessen Rahmen die Rechte aus § 634 Nr. 2 bis 4 [X.] ohne Abnahme geltend gemacht werden können (vgl. [X.], Urteile
vom 19.
Januar
2017
-
VII ZR 235/15
und [X.], zur Veröffentlichung
in [X.]Z bestimmt).
c) Nach den bisherigen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für ein Abrechnungs-
und Abwicklungsverhältnis nicht vor.
Der Kläger hat einen Schadensersatzanspruch nur hilfsweise geltend gemacht und in der Hauptsache die Zahlung eines Vorschusses nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 1, 3 [X.] verlangt.
Den Feststellungen kann zudem nicht ent-nommen werden, dass der Kläger
zum Ausdruck gebracht hätte, weitere Arbei-ten des [X.]eklagten am Werk unter keinen Umständen mehr zuzulassen.

48
49
50
-
17
-
IV.
Die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts kann daher keinen [X.]estand ha-ben. Sie ist aufzuheben und die Sache
ist
an das [X.]erufungsgericht zurückzu-verweisen. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Den Parteien muss Gelegenheit gegeben werden, auf die Rechtsauffas-sung des [X.] zu reagieren.

[X.]
Halfmeier
Jurgeleit

Graßnack

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2013 -
23 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.10.2013 -
13 U 1607/13 [X.]au -

51

Meta

VII ZR 301/13

19.01.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2017, Az. VII ZR 301/13 (REWIS RS 2017, 17098)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17098

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 301/13 (Bundesgerichtshof)

Werkvertrag: Geltendmachung von Mängelrechten ohne Abnahme


VII ZR 193/15 (Bundesgerichtshof)

Bauvertrag: Geltendmachung von Mängelrechten vor Abnahme der Werkleistung


VII ZR 193/15 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 235/15 (Bundesgerichtshof)

Bauvertrag: Geltendmachung von Mängelrechten vor Abnahme der Werkleistung nach Übergang des Vertragsverhältnisses in ein Abrechnungsverhältnis; …


VII ZR 235/15 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.