Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2001, Az. V ZR 322/99

V. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3938

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 322/99Verkündet am:12. Januar 2001K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 12. Januar 2001 durch [X.] [X.] und [X.] Tropf, Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das [X.]eil des5. Zivilsenats des [X.] vom 26. Juli 1999im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil [X.] zu 1 erkannt worden ist.Die Sache wird in diesem Umfang zur anderweiten [X.] Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die beklagten Eheleute waren Inhaber eines Straßenbau- und Tiefbau-unternehmens. Mit notariellem Vertrag vom 13. März 1992 verkauften sie ihrmit Gewerbegebäuden und einem Wohnhaus bebautes [X.] angrenzender Verkehrsfläche und zwei weiteren unbebauten Nachbar-grundstücken zu einem Gesamtkaufpreis von 7.081.475 DM an die Klägerin.Das größere der beiden unbebauten Grundstücke (Flurstück Nr. 407) war [X.] der Jahre mit Bodenaushub aufgefüllt worden, der aus Erdarbeiten [X.] [X.] enthält unter [X.] 2 folgende Regelung zur Sachmängel-gewährleistung:"Der Käufer hat das Vertragsobjekt besichtigt. Es wird übernommen [X.] steht und liegt, also ohne Gewährleistung für Sachmängelfreiheit. [X.] haftet namentlich nicht für die Bau- und Bodenbeschaffenheit.Verdeckte, ihm bekannte Mängel hat der Verkäufer nicht verschwiegen.... Ferner haftet der Verkäufer nicht für die Tauglichkeit des [X.] für die Zwecke des [X.] der Folgezeit errichtete die Klägerin - wie geplant - auf dem FlurstückNr. 407 ein Einkaufszentrum. Dabei ließ sie auch Bodenproben durchführen.Nach Vorliegen des Ergebnisses dieser Proben leitete sie ein Beweissiche-rungsverfahren ein, das sie später aber nicht weiterbetrieb. Statt dessen erhobsie Klage auf Schadenersatz wegen arglistiger Täuschung über das [X.] von im Erdreich des Flurstücks Nr. 407 befindlichen Industrieabfällen,insbesondere von Bauschutt, Kabelresten, Kunststoffteilen, Bitumenbrocken,Drähten, Schildern und Reifen. Landgericht und [X.] haben [X.] auf Zahlung von 176.155,80 DM nur hinsichtlich des Beklagten zu 1 demGrunde nach entsprochen und die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete [X.]. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten zu 1, derenZurückweisung die Klägerin beantragt. Die ursprünglich auch von der [X.] zu 2 eingelegte Revision hat sie zwischenzeitlich wieder [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht bejaht eine Schadenersatzverpflichtung des [X.] zu 1 gemäß § 463 BGB wegen arglistigen Verschweigens im Erdreichbefindlicher Kabelreste, Metallteile und Reifen. Die von ihm gewonnene Über-zeugung vom Vorhandensein offenbarungspflichtiger Abfallablagerungen stütztes dabei auf die Bekundungen der Zeugen [X.]und [X.], [X.] außen nicht sichtbares Abfallmaterial erst einige Meter unter der [X.] gekommen sei. Daneben folgt das [X.] den Schilderungen des [X.], der bei einer Geländebesichti-gung kurz vor [X.] nicht nur Kabelreste, sondern 1 bis 2 maus der [X.] herausragende [X.] und weiteren Unrat bemerkt haben will,und entnimmt dieser Aussage die Kenntnis des Beklagten zu 1 vom Vorliegenaufklärungspflichtiger Bodenverunreinigungen.[X.] Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nichtstand.1. Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die von ihmzugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen unter Verstoß gegen § 286Abs. 1 ZPO getroffen. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung ist durch [X.] darauf zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozeß-stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinan-- 5 -dergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist undnicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senat, [X.]. v. [X.], [X.], NJW 1999, 3481, 3482; [X.], [X.]. v. 11. Februar 1987,IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; [X.]. v. 14. Januar 1993, [X.] 1993, 935, 937). Diesen Anforderungen wird das Berufungsgericht nichtgerecht. Es legt seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft zwei sich gegensei-tig ausschließende Sachverhaltsvarianten zugrunde. Einerseits folgert es ausden Bekundungen der Zeugen [X.]und [X.], die im [X.] 1994Erd- und Sortierungsarbeiten auf dem Flurstück Nr. 407 ausgeführt haben, daßdie zutage geförderten Abfallmaterialien bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bzw.des Gefahrübergangs in dem Grundstück verborgen waren und daher der Klä-gerin hätten offenbart werden müssen. Andererseits gelangt es aufgrund derDarstellung des [X.] zu der Überzeugung, unmittelbar vor Kaufver-tragsabschluß seien Abfallablagerungen, insbesondere 1 bis 2 m aus der [X.]herausragende [X.], ohne weiteres auf der [X.] sicht-bar gewesen. Dies ist zwar nicht, wie die Revision meint, ein Verstoß gegenden Beibringungsgrundsatz, weil die Klägerin sich die Aussage ausweislichdes Tatbestandes insgesamt zu eigen gemacht hat. Wohl aber liegt darin eininnerer Widerspruch. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht die [X.] Aussagen des [X.]verkannt, indem es aus dessen Bekundungenlediglich auf die Erkennbarkeit von Abfallablagerungen für den Beklagten zu 1geschlossen, nicht dagegen die in der Berufungsbegründung von den [X.] aufgezeigte Möglichkeit in Betracht gezogen hat, daß diese Abfälle damitauch für den als Verhandlungsführer eingesetzten Ehemann der Klägerin beider unstreitig vor Vertragsabschluß erfolgten Geländebesichtigung erkennbarwaren. Auch dies stellt einen revisionsrechtlich relevanten Verstoß gegen§ 286 Abs. 1 ZPO dar (vgl. Senat, [X.]. v. 20. März 1992, [X.], [X.] -1963, 1964; [X.], [X.]. v. 22. Januar 1991, [X.], NJW 1991, 1894, 1895f; [X.]. v. 23. Januar 1997, [X.], NJW 1997, 2757, 2759).2. Mit Erfolg macht die Revision weiter geltend, das Berufungsgerichthabe die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer argli-stigen Täuschung fehlerhaft beurteilt.a) [X.] (§ 463 Satz 2 BGB) stellt nur [X.] dar, wenn hinsichtlich dieses Mangels auch angesichts derentgegengesetzten Interessen der Vertragsparteien eine Aufklärungspflichtbesteht. Eine [X.]sverpflichtung trifft den Verkäufer aber nur bei [X.], wesentlichen Mängeln oder bei nicht erkennbaren Umständen, dienach der Lebenserfahrung auf das Entstehen bestimmter Mängel schließenlassen (Senat, [X.]. v. 23. März 1990, [X.], NJW-RR 1990, 847, 848).Dagegen kann ein Käufer eine Aufklärung über Mängel, die einer Besichtigungzugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, nicht erwarten, weil er [X.] der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (Se-nat, [X.]. v. 8. April 1994, [X.], NJW-RR 1994, 907; [X.]Z 132, 30, 34;[X.]. v. 20. Oktober 2000, [X.], [X.], 2257, 2258). In der [X.] Entscheidung finden sich jedoch weder Ausführungen zur Offenkun-digkeit des festgestellten Mangels für die Klägerin noch zu dessen Erheblich-keit. Das Berufungsgericht schließt lediglich aus der Schilderung der [X.]und [X.]auf das Vorliegen eines verborgenen und damit offenba-rungspflichtigen Mangels, ohne sich jedoch in diesem Zusammenhang mit derabweichenden Darstellung des [X.] über die Erkennbarkeit [X.] zu befassen. Wenn die [X.] und sonstiger [X.] - wie vom [X.]bekundet - bereits bei [X.] -gung des Grundstücks vor [X.] erkennbar waren, dann [X.] aus diesem Grunde eine Aufklärungspflicht des Beklagten zu [X.] gilt nur dann, wenn der auf der Erdoberfläche sichtbare Abfall keinetragfähigen Rückschlüsse auf Art und Umfang im Erdreich selbst befindlicher,wesentlicher Bodenverunreinigungen erlaubte. In diesem Fall bestand die Of-fenbarungspflicht des Verkäufers fort, da der Mangel für den Käufer nicht inseinem vollen Ausmaß erkennbar war.b) Fehlerhaft sind aber auch die Ausführungen zur Arglist. Ein Verkäu-fer, der eine nach diesen Maßstäben gebotene Aufklärung unterläßt, [X.] auch arglistig, sofern er den Fehler mindestens für möglich hält undgleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß sein [X.] den Mangel nicht kennt und bei [X.] den Vertrag nichtoder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (Senat, [X.]. v. 3. März1995, [X.], NJW 1995, 1549, 1550; [X.]. v. 14. Juni 1996, [X.]/95,NJW-RR 1996, 1332; [X.]. v. 22. November 1996, [X.], NJW-RR 1997,270). Nimmt er an, der Käufer sei aufgrund von Indizien imstande, den [X.] erkennen, handelt der Verkäufer nur dann arglistig, wenn er sich bewußthierum nicht kümmert und in Kauf nimmt, daß der Käufer, weil er die [X.], einen Vertrag abschließt, den er bei Kenntnis des Mangels nicht ab-geschlossen hätte (Senat, [X.]. v. 7. Juli 1989, [X.], NJW 1990, 42, 43;[X.]. v. 22. November 1996, [X.], aaO). Dem trägt das Berufungsge-richt nicht ausreichend Rechnung. Es begnügt sich mit der auf die Aussage des[X.]gestützten Feststellung, der Beklagte zu 1 habe erkannt, daßseine Anordnungen über die Abfalltrennung nicht befolgt und aussonderungs-pflichtige Materialien auf seinem Grundstück abgelagert worden sind. Dies [X.] rechtfertigt aber noch nicht den Vorwurf der Arglist. Es fehlt die Feststel-- 8 -lung, daß er zumindest mit der Möglichkeit rechnete, die Klägerin habe diesnicht erkannt und bei [X.] den Vertrag nicht abgeschlossen.c) Vorstehende Erwägungen gelten für den Fall einer vom Berufungsge-richt bisher nicht erörterten Schadenersatzverpflichtung des Beklagten zu 1wegen arglistig [X.] (§ 463 Satz 2 BGB analog)entsprechend. Nach dem Vorbringen der Klägerin haben die [X.] mehrfach wahrheitswidrig erklärt, auf dem Grundstück seien keineechten Bodenverunreinigungen vorhanden, sondern lediglich mutterbodenähn-liche Auffüllungen vorgenommen worden. Wenn diese Behauptung zutrifft, hatder Beklagte zu 1 die Klägerin über die Bodenbeschaffenheit getäuscht, dennein Verkäufer ist unabhängig vom Bestehen einer [X.]spflicht gehal-ten, Fragen des anderen Teils richtig und vollständig zu beantworten (Senat,[X.]. v. 20. November 1987, [X.], NJW-RR 1988, 458, 459; [X.]. [X.] September 1996, [X.], NJW-RR 1997, 144, 145). Damit [X.] noch nicht fest, daß der Beklagte zu 1 auch arglistig gehandelt hat. [X.] Angaben allein erlauben in der Regel nämlich noch nicht den Schluß aufein arglistiges Verhalten (Senat, [X.]. v. 6. Dezember 1985, [X.], NJW-RR 1986, 700; [X.], [X.]. v. 22. Februar 1984, [X.], [X.], 630,631; [X.]. v. 20. November 1990, [X.], NJW-RR 1991, 411, 412). [X.] erfordert Arglist auch hier, daß der Verkäufer mit dem Vorhandensein [X.] und damit mit der Unrichtigkeit seiner Angaben rechnete. Dies [X.] die Feststellung voraus, der Beklagte zu 1 habe ohne tatsächlicheAnhaltspunkte ins Blaue hinein Behauptungen über die Mängelfreiheit [X.] aufgestellt (Senat, [X.]. v. 19. Dezember 1980, [X.], NJW1981, 864, 865; [X.]. v. 28. September 1997, [X.], [X.], 302, 303;[X.], [X.]. v. 18. März 1981, [X.], NJW 1981, 1441, 1442). Ferner- 9 -muß er wenigstens die Möglichkeit in Betracht gezogen und gebilligt haben, dieKlägerin könne durch die abgegebenen Erklärungen über die [X.] oder den Wert des Grundstücks getäuscht und dadurch in ihrer Kaufent-scheidung beeinflußt werden (Senat, [X.]. v. 22. Februar 1991, [X.]/89,[X.]R BGB § 123 Abs. 1 Kausalität 1; [X.], [X.]. v. 20. November 1990,[X.], aaO; [X.], [X.]. v. 25. März 1992, [X.], NJW-RR 1992,1076).Nach alledem hat das Berufungsurteil mit der gegebenen Begründungkeinen Bestand und ist die Sache zwecks weiterer Feststellungen zurückzu-verweisen.[X.]Tropf [X.]LemkeGaier

Meta

V ZR 322/99

12.01.2001

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2001, Az. V ZR 322/99 (REWIS RS 2001, 3938)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3938

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