Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2012, Az. B 14 AS 34/11 BH

14. Senat | REWIS RS 2012, 2678

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Gegenstand

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes - unberechtigte Annahmeverweigerung


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 6. Juni 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Der [X.]läger, der von dem Beklagten laufend Leistungen nach dem [X.] ([X.]) bezieht, hat keinen festen Wohnsitz und erhält seine [X.]orrespondenz mit Behörden "postlagernd" über das Postamt [X.]. Im vorliegenden Verfahren wendet er sich gegen einen Verwaltungsakt des Beklagten, mit dem dieser eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat (Bescheid vom 6.11.2008, am 7.11.2008 zur Post aufgegeben). Seinen am 30.12.2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die [X.]lage zum Sozialgericht ([X.]) [X.] hat das [X.] abgewiesen (Urteil vom [X.]). Die hiergegen gerichtete Berufung hat das [X.] (L[X.]) [X.] zurückgewiesen (Beschluss vom [X.]). Die [X.]lage sei unbegründet, denn der Widerspruch sei unzulässig gewesen. Der Bescheid vom 6.11.2008 sei nach § 37 [X.] ([X.]B X) am 15.11.2008 bekanntgegeben worden. An diesem Tag sei dem [X.]läger der Bescheid in der Postfiliale ausgehändigt worden. Er habe zwar die Annahme verweigert und den Umschlag ungeöffnet zurückgegeben. Die Annahmeverweigerung sei aber unberechtigt gewesen, entsprechend § 130 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) reiche die Möglichkeit, [X.]enntnis zu nehmen deshalb aus. Mithin sei am 30.12.2008 die Frist zur Einlegung des Widerspruchs abgelaufen gewesen.

2

Mit seinem Antrag zum [X.] (B[X.]) begehrt der [X.]läger nunmehr die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des L[X.].

3

II. Dem Prozesskostenhilfeantrag kann nicht stattgegeben werden.

4

Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz ([X.]G) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem B[X.] nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 [X.]G) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] erfolgreich zu begründen.

5

Gemäß § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), der Beschluss des L[X.] von einer Entscheidung des B[X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des [X.], noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.

6

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ist nicht erkennbar. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer [X.]lärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.

7

Die vorliegende Entscheidung des L[X.], der [X.]läger habe die Annahme der Postsendung unberechtigt verweigert, deshalb sei von einer Bekanntgabe des [X.] (dem 15.11.2008) auszugehen, wirft über den Einzelfall hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Zwar treten die Rechtsfolgen der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts nicht ein, wenn dieser nicht ordnungsgemäß in den Machtbereich seines Adressaten gelangt ist. Es entspricht aber allgemeiner Meinung, dass bei einer Bekanntgabe eines Verwaltungsakts mittels Aufgabe zur Post nach § 37 Abs 2 [X.]B X § 130 BGB entsprechend anzuwenden ist (vgl nur B[X.] SozR 3-1300 § 44 [X.]9 S 36; ebenso zu § 41 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz <[X.]> bereits [X.] BVerwGE 10, 293; BVerwG [X.] 316 § 41 [X.] [X.]). Die unberechtigte Annahmeverweigerung zieht damit den Zugang im Zeitpunkt des Angebots zur Aushändigung nach sich (vgl [X.] NJW 1983, 929, 930 für die privatrechtliche Willenserklärung; [X.] in [X.] [X.]ommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand 73. Ergänzungslieferung 2012, § 37 [X.]B X Rd[X.] 3; [X.] in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 37 Rd[X.] 4; Recht in [X.]/[X.], [X.]B X, Stand 2009, [X.] § 37 Rd[X.] 5; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl 2008, § 41 Rd[X.]03). Dies entspricht auch der Wertung des § 63 Abs 2 [X.]G iVm § 179 ZPO. Die gegenteilige Auffassung wird in Rechtsprechung und Literatur zu § 37 Abs 2 [X.]B X und zu § 41 Abs 2 [X.] nicht vertreten. Diese Rechtsfrage allein rechtfertigt die Zulassung der Revision damit nicht. Die Frage, ob das L[X.] die Grundsätze des § 130 BGB im Einzelfall zutreffend angewandt hat, kann die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht eröffnen.

8

Die Entscheidung des L[X.] weicht auch nicht von einer Entscheidung des B[X.], des [X.] oder des [X.] ab, weshalb eine [X.] keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

9

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der [X.]läger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des L[X.] beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbs 1 [X.]G).

Meta

B 14 AS 34/11 BH

28.09.2012

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Konstanz, 11. März 2010, Az: S 11 AS 268/09, Urteil

§ 37 Abs 2 SGB 10, § 130 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2012, Az. B 14 AS 34/11 BH (REWIS RS 2012, 2678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2678

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