Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2000, Az. 4 StR 91/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2028

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] StR 91/00vom6. Juni 2000in der [X.] -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 6. Juni 2000 gemäß §§ 349 Abs. 2und 4, 357 StPO beschlossen:[X.] die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil [X.] vom 22. Januar 1999, soweit es ihn [X.], im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte [X.] in 14 Fällen, davon in zwei Fällen in Tatein-heit mit Computerbetrug, sowie der vorsätzlichen Gefährdungdes Straßenverkehrs schuldig ist.I[X.] die Revision des Angeklagten [X.]wird das [X.] Urteil, soweit es ihn und die Mitangeklagten [X.]und [X.]betrifft, in den [X.] dahin geändert,daß1.der Angeklagte [X.] des [X.]s in 10 Fäl-len, davon in einem Fall dreimal tateinheitlich begangen, ineinem Fall in Tateinheit mit versuchtem [X.] in zwei Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug, desversuchten [X.]s und des versuchten [X.] Angeklagte [X.] des [X.]s in 16 Fällen,davon in einem Fall dreimal tateinheitlich begangen, in ei-nem Fall in Tateinheit mit versuchtem [X.] undin zwei Fällen in Tateinheit mit [X.] -3.der Angeklagte [X.]des [X.]s in siebenFällen, davon in einem Fall dreimal tateinheitlich begangenund in zwei Fällen in Tateinheit mit [X.] ist.III. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.[X.] Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittelszu tragen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten S. wegen fl[X.]sin 14 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit Computerbetrugfl, und wegen gefährli-chen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Jugendstrafe von zwei [X.] sechs Monaten, den Angeklagten [X.]wegen fl[X.]s in13 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug, versuchten [X.] sowie versuchten [X.] zu einer Jugendstrafe von zwei [X.] Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Den Angeklagten [X.]hat eswegen fl[X.]s in 19 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit Computer-betrugfl zur Jugendstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten [X.]wegenfl[X.]s in 9 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit [X.] Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten - jeweils mit Strafausset-zung zur Bewährung - [X.] 4 -Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten [X.]und [X.]dieVerletzung materiellen Rechts; außerdem beanstanden sie das Verfahren. [X.] haben nur in geringem Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbe-gründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.I.Nach den Feststellungen beschloß eine Gruppe von etwa 20 jungenMännern, der auch die Angeklagten angehörten, im April 1993, ihren Lebens-unterhalt durch die Begehung von Diebstählen zu bestreiten. In [X.] brachen sie in wechselnder Besetzung in einer Vielzahl [X.] - jeweils unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds -[X.]fahrzeuge auf und entwendeten aus diesen insbesondere Bargeld [X.] und Kreditkarten, die anschließend zu Abhebungen oder [X.] wurden, gelegentlich stahlen sie auch die Fahrzeuge selbst.II.Die Verfahrensbeschwerden dringen nicht durch.Ohne Erfolg machen die Revisionen geltend, daß wegen einer Verlet-zung des Beschleunigungsgebots ein Verfahrenshindernis vorliege.1. Das [X.] ist unter Schilderung des [X.] ([X.] dem Ergebnis gelangt, daß eine von den Angeklagten nicht zu vertretendeVerfahrensverzögerung von etwa vier Jahren als Folge der verspäteten Vorla-ge der Ermittlungsakten durch die Polizei an die Staatsanwaltschaft und [X.] 5 -verzögerten Anklageerhebung vorliege. Von Amts wegen zu berücksichtigenderechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen nach Erlaß des tatrichterlichenUrteils sind darüber hinaus weder von den Revisionen vorgetragen noch sonstersichtlich.2. Die durch das [X.] festgestellte Verletzung des in Art. 6 Abs. 1Satz 1 [X.] garantierten Rechts auf gerichtliche Entscheidung in [X.] begründet kein Verfahrenshindernis (vgl. [X.]St 35, 137, 139 f.; Klein-knecht/[X.] StPO 44. Aufl. Art. 6 [X.] Rdn. 9 m.w.N.). [X.], die den [X.] dazu veranlassen könnten, das Verfahren abzubre-chen und einzustellen, sind nicht gegeben. Die übermäßige, von den Ange-klagten nicht verschuldete Verzögerung muß jedoch beim [X.] wieder gutgemacht werden. Das hat das [X.] getan:Es hat unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl.[X.] NStZ 1997, 591; [X.], 181; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Ver-fahrensverzögerung 7 und 12) Art und Ausmaß der Verzögerung festgestelltund sodann das Maß der Kompensation durch eine Ermäßigung der an sichverwirkten [X.] konkret bestimmt. Hierbei hat es dem [X.]. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch eine Reduzierung der an sichverwirkten Jugendstrafe von vier Jahren auf zwei Jahre und sechs Monatebeim Angeklagten S. bzw. von drei Jahren und sechs Monaten auf zweiJahre (mit Strafaussetzung zur Bewährung) beim Angeklagten [X.] ange-messen Rechnung getragen. Eine weitere Herabsetzung der außerordentlichmilden Strafen erscheint dem [X.] nicht [X.] -III.Die Sachrügen haben nur in geringem Umfang Erfolg.1. Die Annahme von Tatmehrheit in sämtlichen Fällen des [X.] hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand:a) In den [X.] der Urteilsgründe öffneten die Angeklagten [X.], [X.] und [X.]gemeinsam mit dem gesondert verfolgten [X.]. auf dem Parkplatz des [X.] in [X.] nacheinander gewaltsam [X.] verschiedener Eigentümer und entwendeten aus den Fahrzeugen [X.]. In den [X.] und 15 brachen die Angeklagten [X.] und [X.] hintereinander zwei auf dem Parkplatz einer Pension in [X.] Fahrzeuge auf und nahmen daraus ihnen [X.] mit.b) Da die Handlungen auf den beiden Parkplätzen jeweils auf einer [X.] beruhten und zwischen den Betätigungen ein unmittelbarerräumlicher und zeitlicher Zusammenhang bestand, der das gesamte Handelnobjektiv auch für einen [X.] als ein einheitliches zusammengehöriges Tunerscheinen läßt, liegt nur jeweils eine natürliche Handlungseinheit vor (vgl.[X.], 493, 494). Dem steht nicht entgegen, daß sich die Angriffegegen verschiedene Eigentümer richteten. Die [X.] sowie [X.] und 15stehen somit nicht in Tatmehrheit, sondern jeweils in gleichartiger Tateinheitzueinander.2. Darüber hinaus kann im [X.] der Schuldspruch wegen vollende-ten [X.]s nicht bestehen [X.] 7 -a) Nach den Feststellungen entnahmen hier die Angeklagten [X.]und [X.] einem von ihnen aufgebrochenen VW-Bus einen Aktenkoffer [X.], den sie anschließend wegwarfen, nachdem sie [X.] hatten, daß sie für den Inhalt keine Verwendung hatten.b) Danach kommt lediglich eine Verurteilung wegen versuchten Ban-dendiebstahls in Betracht; denn wenn für den Täter nur der Inhalt eines [X.] ist und er sich des Behälters nach Entnahme des [X.] entledigt, eignet er sich das Behältnis selbst nicht zu (vgl. [X.] bei Dal-linger [X.] 1975, 543; [X.], Beschluß vom 6. Mai 1999 - 4 [X.]). [X.] eignet er sich ebenfalls nicht zu, wenn es ihm - wie hier - auf die Erlan-gung von Verwertbarem ankommt und er ihn sogleich als flnicht brauchbarfl ([X.]) wegwirft (vgl. [X.] bei Dallinger [X.] 1976, 16; [X.]/[X.] 49.Aufl. § 242 Rdn. 19).3. Im [X.] der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuld-spruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315 b Abs. 1 Nr.3, Abs. 3 StGB) nicht:a) Der Angeklagte S. floh hier mit dem von ihm geführten Pkw [X.] Fahrt, da er - am Steuer eines gestohlenen Fahrzeugs - verhindernwollte, von der Polizei überprüft zu werden. Er mißachtete zunächst eine Licht-zeichenanlage, die rot zeigte. Hierdurch wurden andere [X.]fahrer im Kreu-zungsverkehr gezwungen, scharf abzubremsen, um eine Kollision zu vermei-den. Im weiteren Verlauf der Fahrt überholte der Angeklagte trotz Gegenver-kehrs, so daß entgegenkommende Fahrzeuge zur Vermeidung eines Zusam-menpralls auf den Randstreifen ausweichen [X.] 8 -b) Das so festgestellte vorschriftswidrige Verkehrsverhalten wird [X.] § 315 b StGB erfaßt. Nur wenn im fließenden Verkehr ein Fahrzeugführerdas von ihm gesteuerte [X.]fahrzeug in [X.] Einstellung bewußtzweckwidrig einsetzt, er mithin in der Absicht handelt, den [X.] zueinem Eingriff in den Straßenverkehr zu [X.], und es ihm darauf an-kommt, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen,kommt § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht ([X.]St 41, 231, 234; [X.] NJW1999, 3132 f.; [X.]/[X.] 315 b Rdn. 5). Das ist jedoch nicht fest-gestellt.Der Angeklagte hat sich aber wegen vorsätzlicher Gefährdung des [X.] (§ 315 c Abs. 1 Nr. 2 a und 2 b, Abs. 3 Nr. 1 StGB) schuldig [X.]; denn er hat grob verkehrswidrig und rücksichtslos die Vorfahrt nicht [X.] sowie falsch überholt und dadurch Leib oder Leben anderer und fremdeSachen von bedeutendem Wert (konkret) gefährdet. Dem [X.] ist zu entnehmen, daß der Angeklagte S. die Ver-kehrsverstöße zumindest billigend in Kauf genommen und hinsichtlich der Ge-fährdung wenigstens fahrlässig gehandelt hat.4. Da nicht zu erwarten ist, daß in einer neuen Hauptverhandlung [X.] getroffen werden können, ändert der [X.] die [X.] entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die [X.] gegen die geänderten Schuldsprüche nicht wirksamer als geschehenhätten verteidigen können.Gemäß § 357 StPO ist die Schuldspruchänderung in den [X.]auf die Mitangeklagten [X.] und [X.]und in den [X.] und 15 aufden Mitangeklagten [X.] zu [X.] 9 -5. Trotz der Schuldspruchänderungen können die festgesetzten Strafenbestehen bleiben. Der [X.] kann im Hinblick auf die Vielzahl und den erhebli-chen Schuldgehalt der abgeurteilten Straftaten und die für die Bemessung der[X.] maßgeblichen erzieherischen Gründe ([X.] ff., 19 ff., 46 [X.] auch in Bezug auf die Mitangeklagten [X.] und [X.] - ausschließen,daß die [X.] bei zutreffender rechtlicher Würdigung trotz der Straf-barkeit (nur) wegen (tateinheitlich begangenen) Versuchs im [X.] und desniedrigeren Strafrahmens in § 315 c Abs. 1, 3 StGB ([X.]) auf geringere[X.] erkannt hätte. Soweit lediglich das Konkurrenzverhältnis anderszu beurteilen ist, wird dadurch der Unrechtsgehalt der Taten nicht berührt (vgl.[X.], 296, 297).Zum Schuldgehalt der [X.] ist im übrigen zu bemerken:Das [X.] hat festgestellt, daß die Angeklagten und ihre Mittäterin allen Fällen die Bandendiebstähle unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 [X.] Voraussetzungen begangen haben. Daß die Angeklagten nicht we-gen schweren [X.]s nach § 244 a StGB, sondern nur wegen Ban-dendiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.) verurteilt worden sind, ist rechts-fehlerhaft, beschwert die Angeklagten aber nicht. § 244 a StGB gilt auch für Jugendbanden (s. [X.] NStZ 1998,197 und den diese Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 StPO bestätigenden Be-schluß des [X.] vom 20. August 1997 - 2 StR 306/97). Die von der Jugend-kammer vorgenommene Auslegung der Vorschrift - sie sei nach der [X.] [X.] auf Jugendbanden nicht anwendbar ([X.]) - ist mit derenWortlaut nicht vereinbar. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift undihr Normzweck lassen eine "Intention des [X.], Jugendbanden ausdem Anwendungsbereich des § 244 a StGB herauszunehmen, nicht [X.] 10 -§ 244 a StGB wurde durch das am 22. September 1992 in [X.] getretene [X.] zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erschei-nungsformen der Organisierten Kriminalität vom 15. Juli 1992 ([X.] I 1302) indas StGB eingefügt. Der Gesetzgeber erhoffte sich durch die gegenüber [X.] des ([X.]) [X.]s gesteigerte [X.] eine erhöhte Abschreckungswirkung und durch die Ausgestaltung [X.] als Verbrechenstatbestand zugleich eine Vorverlagerung der [X.] (vgl. [X.]. 12/989 S. 25; [X.] 1995, 320; [X.]/[X.] StGB 25. Aufl. § 244 a Rdn. 1). Er hat das Problem der An-wendung auf [X.] erkannt und u.a. deswegen davon abge-sehen, den - ohne erschwerte Umstände begangenen - [X.](§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.) allgemein als Verbrechenstatbestand umzuge-stalten, weil [X.] auch Gruppen von Straftätern erfaßt würden, die kaum demBereich der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden können (z.B. [X.], auch Schüler, die bandenmäßig Ladendiebstähle begehen)fl([X.]. a.a.[X.]). Der Verbrechenstatbestand des schweren [X.] sollte daher an zusätzliche Kriterien geknüpft werden. Wenn aber [X.] sind und der [X.] etwa unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2StGB genannten Voraussetzungen begangen wird, findet § 244 a StGB auf alleDiebesbanden - auch Jugendbanden - Anwendung (kritisch [X.], 197, 198; Kindhäuser in [X.] (1998) § 244 a Rdn. 2).6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StGB. Der nur ge-ringfügige Erfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten teilweise- 11 -von den durch ihr Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustel-len (vgl. [X.]/[X.] aaO § 473 Rdn. 25 f.). Eine Kostenfrei-stellung nach den §§ 74, 109 Abs. 2 JGG ist nicht veranlaßt.[X.] Kuckein Athing

Meta

4 StR 91/00

06.06.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2000, Az. 4 StR 91/00 (REWIS RS 2000, 2028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2028

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 144/08 (Bundesgerichtshof)


4 StR 361/00 (Bundesgerichtshof)


4 StR 255/00 (Bundesgerichtshof)


3 StR 432/10 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Bandendiebstahl: Abgrenzung zur Tatbeihilfe und Mittäterschaft


2 StR 56/22 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseinbruchdiebstahl und Computerbetrug; Darlegungen in Revisionsvortrag


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.