Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.04.2013, Az. III S 34/12 (PKH)

3. Senat | REWIS RS 2013, 6188

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Gegenstand

Kindergeld für ein Kind, das sein eigenes Kind betreut - Keine grundsätzliche Bedeutung


Leitsatz

NV: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass ein Kind, das seine Berufsausbildung zur Betreuung des eigenen Kindes unterbricht, sich in dieser Zeit nicht in Berufsausbildung befindet. Es ist ferner geklärt, dass ein volljähriges Kind, das sich wegen Betreuung des eigenen Kindes nicht ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, nicht als Ausbildungsplatz suchendes Kind zu berücksichtigen ist. Durch diese Rechtsgrundsätze ist auch hinreichend geklärt, dass eine durch den Mangel an Betreuungsplätzen "erzwungene" Eigenbetreuung des Kindeskindes und die hierdurch bedingte Ausbildungsunterbrechung oder der Nichtantritt einer Ausbildung nicht zur Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes führt .

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde.

2

[X.]ie ist Mutter eines [X.]ohnes ([X.]), der ein im Oktober 2009 begonnenes [X.]tudium im Februar 2010 abbrach und sodann exmatrikuliert wurde. In diesem Monat wurde [X.] selbst Vater eines Kindes. Ab [X.]eptember 2010 nahm er Elternzeit, im [X.]eptember 2011 begann er eine neue Ausbildung. Die Beklagte und Antragsgegnerin (Familienkasse) berücksichtigte [X.] in den [X.]treitzeiträumen März bis Juli 2010 und ab [X.]eptember 2010 nicht als Kind i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG), bereits gezahltes Kindergeld forderte sie zurück. Das Finanzgericht ([X.]) bestätigte die behördliche Entscheidung. Nach dem [X.]tudienabbruch könne [X.] für den Zeitraum März bis Juli 2010 nicht mehr als Kind in Ausbildung (§ 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG) berücksichtigt werden. Ab [X.]eptember 2010 stehe der Antragstellerin kein Kindergeld zu, weil [X.] wegen der Betreuung seines eigenen Kindes die Ausbildung unterbrochen ha-be.

Entscheidungsgründe

3

II. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] wird abgelehnt.

4

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

5

2. Das beabsichtigte Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil bei der gebotenen summarischen Prüfung des Vortrags der Antragstellerin, des Inhalts der Akten und des Urteils des [X.] der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der [X.]ache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) nicht vorliegt.

6

a) Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im [X.]treitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es z.B., wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den [X.] ([X.]) geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 23. März 2009 XI B 89/08, [X.]/NV 2009, 976, m.w.N.).

7

b) Dem [X.]-Antrag der Antragstellerin ist der Entwurf einer Nichtzulassungsbeschwerde beigefügt. Dort wird, obgleich dies erforderlich ist, keine bestimmte für die Entscheidung des [X.] erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32). [X.]inngemäß scheint die Antragstellerin es für klärungsbedürftig zu halten, ob eine wegen fehlender Betreuungsplätze "erzwungene" Eigenbetreuung des [X.] und der hierdurch bedingten Ausbildungsunterbrechung der Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes gemäß § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG entgegensteht. Diese Frage ist nach der im [X.]-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. Denn die Fragen zur Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern, die wegen der Betreuung eines eigenen Kindes die Ausbildung unterbrechen, sind hinreichend geklärt.

8

[X.]o hat der [X.] bereits entschieden, dass ein volljähriges Kind, das seine Berufsausbildung zur Betreuung des eigenen Kindes im Rahmen der Elternzeit (vgl. §§ 15, 20 Abs. 1 des Bundeserziehungsgeldgesetzes --BErzGG--; ab 1. Januar 2007: §§ 15, 20 Abs. 1 des [X.] --[X.]--) unterbricht, sich in dieser Zeit nicht in Berufsausbildung befindet (z.B. [X.]enatsurteil vom 24. [X.]eptember 2009 III R 79/06, [X.]/NV 2010, 614; [X.]-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, [X.]E 203, 106, [X.] 2003, 848). Ebenso ist geklärt, dass sich ein volljähriges Kind, das sich wegen der Betreuung des eigenen Kindes im zeitlichen Rahmen des § 15 BErzGG bzw. § 15 [X.] nicht ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, nicht als Ausbildungsplatz suchendes Kind zu berücksichtigen ist ([X.]enatsurteil vom 24. [X.]eptember 2009 III R 83/08, [X.]/NV 2010, 619). Der [X.] geht in den genannten Entscheidungen davon aus, dass gegen die von der Antragstellerin als gleichheitswidrig bezeichnete Gesetzesauslegung insbesondere deshalb keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, weil es sich hierbei um eine mit Blick auf die vorrangige Unterhaltspflicht des anderen Elternteils des [X.] zulässige Typisierung handelt (vgl. §§ 1360, 1361 Abs. 1, § 1570, § 1608 und § 1615l Abs. 2 [X.]atz 2 f., Abs. 3, Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), zumal eine steuerliche Entlastung der Eltern im Rahmen des § 33a E[X.]tG möglich ist.

9

Die Antragstellerin setzt sich im Entwurf ihrer Nichtzulassungsbeschwerde mit der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nur ungenügend auseinander. Die von ihr behauptete Uneinheitlichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist tatsächlich nicht gegeben. Die [X.]-Urteile vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01 ([X.]E 203, 472, [X.] 2004, 123) und in [X.]/NV 2010, 614 beruhen, was die Familienkasse in ihrer [X.]tellungnahme zum [X.]-Antrag zu Recht ausgeführt hat, auf denselben Rechtsgrundsätzen.

Weiterhin trägt die Antragstellerin keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte vor. Der von ihr benannte Umstand, dass zur Konstellation einer durch den Mangel an Betreuungsplätzen mittelbar erzwungenen Ausbildungsunterbrechung zwecks Eigenbetreuung des [X.] noch keine Entscheidung des [X.] vorliegt, besagt für sich genommen gerade noch nicht, dass eine Rechtsfrage klärungsbedürftig wäre (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 8. August 2002 II B 62/01, [X.]/NV 2003, 62). Im Übrigen ist die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage im [X.]treitfall nicht entscheidungserheblich. Denn ihr [X.] hat keine Ausbildung unterbrochen. Der Abbruch des [X.]tudiums im Februar 2010 geschah nicht zum Zwecke der Kinderbetreuung. Dieser hat vielmehr, nachdem die Kindsmutter ihre Elternzeit nicht verlängert hat, im [X.]eptember 2010 den Beginn einer neuen Ausbildung wegen seines Kindes zurückstellen müssen. Die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes, das sich nicht in Ausbildung befindet, eine Ausbildung aber anstrebt, richtet sich nach § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. c E[X.]tG. Diesbezüglich hat der [X.] bereits entschieden, dass ein Kind nach dieser Vorschrift nicht berücksichtigt werden kann, wenn es ein eigenes Kind betreut ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2010, 619). Grund für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes nach § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. c E[X.]tG ist der objektive Mangel an Ausbildungsplätzen bei gegebener Ausbildungswilligkeit des Kindes (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 7. April 2011 III R 24/08, [X.]E 233, 44, [X.] 2012, 210). Damit ist bereits nach Gesetz und höchstrichterlicher Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass der von der Klägerin der [X.]ache nach geltend gemachte Mangel an Krippenplätzen für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes nicht ausreicht. Außerdem sind unzureichende oder als unzureichend empfundene Fremdbetreuungsmöglichkeiten, deren Ursachen höchst vielfältig sein können, mit den von der Rechtsprechung als kindergeldunschädlich anerkannten vorübergehenden Ausbildungsunterbrechungsgründen wie Krankheit, Untersuchungshaft oder dem Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 [X.]atz 1 des Mutterschutzgesetzes (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 203, 106, [X.] 2003, 848, und in [X.]/NV 2010, 614) nicht vergleichbar. Es fehlt an der Unmittelbarkeit des Ausbildungshindernisses.

3. [X.]oweit die Antragstellerin im Hinblick auf den [X.]treitzeitraum März bis Juli 2010 die Zulassung der Revision begehrt, fehlt es an der Darlegung eines Zulassungsgrundes. Im Entwurf einer Nichtzulassungsbeschwerde wird diesbezüglich im [X.]tile einer Revisionsbegründung die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit des [X.]-Urteils geltend gemacht. Dies rechtfertigt die Revisionszulassung grundsätzlich nicht (ständige [X.]-Rechtsprechung, vgl. Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 55, m.w.N.). Die Rüge, das [X.] habe in der [X.]ache falsch entschieden, beruht im Übrigen auf neuem Tatsachenvortrag. Der Umstand, dass [X.] nach Abbruch seines [X.]tudiums eine Ausbildung bei der [X.] angestrebt haben soll, wurde erstinstanzlich nicht in den Prozess eingeführt. Bei der Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde oder eine Revision ist der [X.] grundsätzlich an die vom [X.] getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden und darf deshalb neuen Tatsachenvortrag nicht berücksichtigen (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 54).

4. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Meta

III S 34/12 (PKH)

26.04.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

§ 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG 2009, § 142 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 63 Abs 1 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.04.2013, Az. III S 34/12 (PKH) (REWIS RS 2013, 6188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6188

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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