Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2008, Az. II ZR 108/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4133

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 5. Mai 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 32 a Abs. 3; [X.] § 76 Abs. 1 a) Ist ein Gesellschafter an der Darlehen nehmenden und an der Darlehen geben-den Gesellschaft beteiligt, finden auf eine Finanzierungshilfe des Darlehen ge-benden Unternehmens die Eigenkapitalersatzvorschriften Anwendung, wenn der Gesellschafter auf die Gewährung oder den Abzug der [X.] an das andere Unternehmen bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsfüh-rungsorgan der Hilfe gewährenden Gesellschaft entsprechende Weisungen ertei-len kann (st.Rspr., vgl. z.B. [X.].Urt. v. 28. Februar 2005 - [X.], [X.], 660, 661 m.w.Nachw.). b) Hat eine Aktiengesellschaft, die wie ihre Schwestergesellschaft von einer ge-meinsamen Muttergesellschaft beherrscht wird, einer GmbH, an der ihre Schwes-tergesellschaft als Gesellschafterin beteiligt ist, in der Krise eine Finanzierungshil-fe gewährt oder belassen, kommt eine Anwendung der [X.] nicht in Betracht. Weder die Schwestergesellschaft noch die Muttergesellschaft sind rechtlich in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung der Hilfe gewährenden Aktiengesellschaft zu nehmen, ob die [X.] belassen oder ab-gezogen wird; vielmehr entscheidet hierüber allein deren Vorstand unter eigener Verantwortung (§ 76 Abs. 1 [X.]). [X.], Urteil vom 5. Mai 2008 - [X.]/07 - [X.] [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 05. Mai 2008 durch [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 17. April 2007 aufgehoben und das Urteil der 11. Zivilkammer des Landge-richts [X.] vom 12. August 2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die von der Klägerin in dem Insolvenzverfahren vor dem [X.], Az.

über das Vermögen der F.

GmbH angemeldete Forderung von 3.526.210,60 • wird zur Insolvenztabelle festgestellt. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Beklagte ist Verwalter in dem im Januar 2003 eröffneten [X.] über das Vermögen der F.

GmbH (nachfolgend Schuldne-rin). An der Schuldnerin war bis zum 30. August 2002 die Aktiengesellschaft für 1 - 3 - [X.], [X.]

(nachfolgend [X.]

) mit einem Geschäfts-anteil von 40 % beteiligt. Die Aktien der [X.] befanden sich zu 99,7 % im Be-sitz der [X.]. Die Klägerin, deren Aktien zu 86,1 % von der [X.] gehalten wurden, gewährte der Schuldnerin mehrere Darlehen. Durch die am 19. September 2001 in das Handelsregister eingetragene Fusion der [X.] und der G.

AG zur [X.] wurde die [X.] gemeinsame Muttergesellschaft sowohl der Klägerin als auch der [X.] . Die Klägerin hat offene [X.] gegen die Schuldnerin in Höhe von insgesamt 3.526.210,60 • zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet. Der Beklagte hat geltend gemacht, den Darlehen komme wegen der [X.] zu, weil die Klägerin die Darlehen trotz Kündigungsmöglichkeit stehen gelassen habe, obwohl die Schuldnerin - für die Klägerin erkennbar - spätestens im März 2002 kreditunwürdig gewesen sei. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der - von dem [X.] zugelassenen - Revision. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung des [X.] Urteils zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Verurteilung des Beklagten. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 4 - 4 - Die [X.] der Klägerin seien als nachrangige Insolvenz-forderungen [X.] von § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] zu behandeln. Die Klägerin sei [X.] des § 32 a GmbHG, sie stehe einem Gesellschafter der Schuldnerin gleich. Hierfür genüge, dass die Klägerin als Schwestergesellschaft der [X.] der Schuldnerin in der Krise eine Finanzierungshilfe gewährt habe, indem sie trotz erkennbarer Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin die ihr gegebe-nen Darlehen stehen gelassen habe. 5 I[X.] Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 6 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht [X.] des § 32 a Abs. 3 GmbHG. Sie kann deshalb mit ihren [X.] nicht auf eine nachrangige (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) Teilnahme am Insolvenzverfahren verwiesen werden. 7 1. Nach § 32 a GmbHG ist Adressat der Regeln über den Eigenkapitaler-satz der Gesellschafter der GmbH (vgl. z.B. [X.]at, [X.] 105, 168, 174 ff.). Die Klägerin ist nicht Gesellschafterin der Schuldnerin. 8 Allerdings gelten nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]ats die [X.] ausnahmsweise auch für Finanzierungshilfen Dritter, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleich-steht. Dies kann insbesondere auf Unternehmen zutreffen, die mit einem Ge-sellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind (vgl. z.B. [X.] 81, 311, 315 ff.; [X.].Urt. v. 22. Oktober 1990 - II ZR 238/89, [X.], 1593, 1595; v. 21. Juni 1999 - [X.], [X.], 1314, 1315; v. 27. November 2000 - [X.], [X.], 115 f.). Die Verbindung kann einmal in der Weise be-stehen, dass der [X.] der Schuldnerin ist, also an einer Gesellschafterin der [X.] beteiligt ist, und führt [X.] dann zur Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften, wenn der [X.] - aufgrund einer qualifizierten Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte einen [X.] Einfluss auf den Gesellschafter ausüben kann ([X.].Urt. v. 21. November 2005 - [X.], [X.], 279, 282 [X.]. 20 m.w.Nachw.). 10 Sie kann aber auch so ausgestaltet sein, dass eine Beteiligung in diesem Sinn dadurch begründet wird, dass ein Gesellschafter an beiden Gesellschaf-ten, der Darlehen nehmenden und der Darlehen gebenden Gesellschaft, und zwar an der letztgenannten "maßgeblich" beteiligt ist. Eine maßgebliche Beteili-gung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Gesellschafter auf die Entschei-dungen des Kredit gebenden Unternehmens, nämlich auf die Gewährung oder auf den Abzug der [X.] an das andere Unternehmen einen bestimmen-den Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan der Hilfe gewährenden Gesellschaft durch Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG entsprechende Weisungen erteilen kann ([X.].Urt. v. 28. Februar 2005 - [X.], [X.], 660, 661; v. 21. Juni 1999 - [X.] aaO S. 1315; v. 27. November 2000 - [X.] aaO [X.]). Dazu genügt bei einer GmbH - vorbehaltlich einer abweichenden Regelung der [X.] in der Satzung - eine Beteiligung von mehr als 50 % ([X.]at aaO). 2. Wie die Revision mit Recht rügt, kommt nach diesen Grundsätzen eine Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften auf die Klägerin nicht in [X.]. 11 a) Die Klägerin ist nicht Gesellschafter-Gesellschafterin der Schuldnerin, sondern steht lediglich über ihre Schwestergesellschaft, die [X.] , die ebenso wie sie selbst von der [X.] beherrscht wird, zu der Schuldnerin in einer Verbindung. Diese über die [X.] vermittelte Verbindung zwischen der Gesellschafterin [X.] und der Klägerin rechtfertigt es nicht, die Finanzie-rungshilfe der Klägerin einer Gesellschafterhilfe gleichzustellen. Denn die [X.] - 6 - lung als Schwestergesellschaft der Klägerin verschaffte der [X.] keine Rechtsmacht, die Klägerin dazu zu veranlassen, der Schuldnerin einen Kredit zu gewähren oder zu belassen. 13 b) Ob die Verbindung zwischen der [X.]

und der Klägerin als maßgeb-liche Beteiligung im Sinne der [X.]atsrechtsprechung zu beurteilen wäre, wenn zwar nicht sie selbst, wohl aber ihre Gesellschafterin, die [X.], die Ent-scheidung der Klägerin über die Gewährung oder Belassung der [X.] an die Schuldnerin hätte steuern können, kann dahinstehen. Denn ebenso wenig wie die [X.] war die [X.] als Muttergesellschaft - auch - der Klägerin rechtlich in der Lage, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Klä-gerin zu nehmen und darüber zu bestimmen, ob der Schuldnerin die Finanzie-rungshilfe belassen oder diese abgezogen werden sollte. Zwar konnte die - mit 86,1 % an der Klägerin beteiligte - [X.] über die Besetzung des [X.] der Klägerin entscheiden (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Die Geschäfte der Klägerin werden jedoch von ihrem Vorstand als dem für die Geschäftsfüh-rung einer Aktiengesellschaft zuständigen Organ unter eigener Verantwortung geleitet (§ 76 Abs. 1 [X.]). Dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft den Vorstand bestellt und abberuft (§ 84 [X.]) und seine Geschäftsführung zu überwachen hat (§ 111 [X.]), verschaffte der D. [X.] keine - dem Muster-fall der GmbH entsprechenden - gesellschaftsrechtlich fundierten [X.] gegenüber dem Vorstand der Klägerin (vgl. [X.].Urt. v. 12. Februar 2007 - [X.], [X.], 528, 529 [X.]. 11 für die Kapitalaufbringung), mit denen sie bestimmte Maßnahmen durchzusetzen in der Lage gewesen wäre. Der Vorstand der Klägerin war in seiner Entscheidung frei, ob er der - 7 - Schuldnerin eine Finanzierungshilfe gewähren oder belassen wollte; er war nicht an Weisungen anderer Gesellschaftsorgane, auch nicht an solche von (Groß-)Aktionären wie der Klägerin, gebunden ([X.], [X.] 8. Aufl. § 76 Rdn. 10). Goette [X.] Strohn

[X.]

Reichart Vorinstanzen: [X.] [X.], Entscheidung vom 12.08.2005 - 11 O 305/03 - [X.], Entscheidung vom 17.04.2007 - 17 U 219/05 -

Meta

II ZR 108/07

05.05.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2008, Az. II ZR 108/07 (REWIS RS 2008, 4133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4133

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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