Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2007, Az. XII ZR 125/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5386

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 7. Februar 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 138 Aa, [X.], 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Zur Aufklärungspflicht des Autovermieters über die Erstattungsfähigkeit von [X.] (Fortführung der [X.]surteile vom 28. Juni 2006 - [X.]/04 - NJW 2006, 2618 und vom 10. Januar 2007 - [X.] -). [X.], Urteil vom 7. Februar 2007 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Dr. Ahlt und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 4. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen die Beklagte rückstän-dige Miete für die Überlassung eines Mietwagens geltend. 1 Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der von der Beklagten geführte Pkw beschädigt worden war, mietete diese für die Dauer von fünf Tagen einen [X.] zu einem [X.] von 156,90 • pro Tag zuzüglich [X.]. Mit dem schriftlichen Mietvertrag unterzeichnete sie einen "[X.]", der u.a. folgenden Passus enthält: 2 - 3 - "Ich bin darauf hingewiesen worden, dass ich bei Vorauskasse ([X.] - Intern. Kreditkarte) einen günstigeren Tarif erhalten kann." 3 Mit Rechnung vom 22. Juni 2002 machte die Klägerin einen Betrag von 1.080,39 • geltend. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dessen volle Haftung für den Unfallschaden nicht streitig ist, zahlte nur 300 •. Die Differenz verlangt die Klägerin von der Beklagten. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 780,39 • nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom [X.] zuge-lassenen Revision. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 1. Das [X.] hat ausgeführt, der Beklagten stehe kein [X.] aus c.i.c. wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu. 6 Soweit es um die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandelte Frage gehe, ob der Autovermieter bei Vermietung eines [X.]s ungefragt seine Tarifstruktur mitteilen müsse, folge das Berufungsgericht der von [X.] in [X.], 74 ff. vertretenen Auffassung. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn das Verschweigen von Tatsachen gegen [X.] und Glauben verstoße und der [X.] die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies setze notwendig 7 - 4 - ein Informationsgefälle voraus. Das allein reiche aber nicht, um eine Aufklä-rungspflicht zu begründen. Der in seinem Wissen überlegene Vertragsteil [X.] den anderen grundsätzlich nicht von sich aus über alle Umstände aufklären, die für dessen Willensbildung von Bedeutung sein könnten. Vielmehr müsse der gegenläufige Grundsatz berücksichtigt werden, dass derjenige, der einen [X.] schließe, sich selber darüber zu vergewissern habe, ob dieser für ihn von Vorteil sei oder nicht. Der Anbieter sei grundsätzlich nicht verpflichtet, zum ei-genen Schaden oder sogar zum Vorteil seiner Wettbewerber auf günstigere eigene oder gar fremde Angebote hinzuweisen. Eine (weitere) Aufklärungspflicht des Mietwagenunternehmens dahin, dass es bei der Anmietung eines [X.]s zu Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung durch die (gegnerische) Haftpflichtversicherung [X.] könne, sei bereits deshalb nicht anzunehmen, weil es dem Geschädigten nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht verwehrt sei, ein Ersatzfahrzeug im Rahmen des sogenannten [X.]s anzu-mieten. Eine Aufklärungspflicht bestehe nur dann, wenn der vom Autovermieter angebotene Tarif deutlich außerhalb des üblichen Rahmens der Unfallersatzta-rife liege, was von der Beklagten nicht behauptet werde. Denn nur in diesem Falle laufe der Geschädigte nach der Rechtsprechung des [X.] Gefahr, einen Teil der Mietwagenkosten selbst tragen zu müssen, wenn er [X.] Preisvergleiche anstelle. Auf Schwierigkeiten, die sich daraus ergäben, dass sich Versicherungen entgegen der [X.]-Rechtsprechung weigerten, die erfor-derlichen [X.]kosten zu begleichen, müsse der Autovermieter nicht hinweisen. Ihm könne nicht auferlegt werden, zum eigenen Schaden auf fremdes Fehlverhalten hinzuweisen und den Geschädigten zu veranlassen, zu einem günstigeren Tarif abzuschließen, obwohl auch der höhere zu erstatten gewesen wäre. Das würde darauf hinauslaufen, den Autovermieter für rechts-widriges Verhalten der Versicherer aus c.i.c. haften zu lassen. 8 - 5 - Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur zum Teil stand. 9 10 2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass der [X.] den Parteien geschlossene Mietvertrag wegen Verstoßes gegen die [X.] (§ 138 BGB) nichtig sei. Mit Urteil vom 10. Januar 2007 ([X.]) hat der [X.] in einem vergleichbaren Fall darauf abgestellt, dass sich für die Anmietung von [X.] ein gesonderter Markt entwickelt hat, auf dem dem Geschädigten ein Pkw zu einem über dem [X.] liegenden [X.] angeboten wird. Die Besonderheiten dieses Tarifes können mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Un-fallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem [X.] höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. [X.] kann nicht ohne Weiteres von einer sittenwidrigen Preisgestaltung aus-gegangen werden. Eine Sittenwidrigkeit kann sich grundsätzlich nicht schon daraus ergeben, dass der [X.] über dem sogenannten [X.] liegt. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob der im Einzelfall verlangte [X.] den auf dem Markt üblichen [X.] in sittenwidriger Weise über-steigt. Die Revision zeigt nicht auf, dass unter diesen Gesichtspunkten bei Be-rücksichtigung der Risiken des Vermieters die Grenze zur Sittenwidrigkeit über-schritten ist. 3. Mit Erfolg macht die Revision aber geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Aufklärungspflicht verneint hat. Der [X.] hat - nach Erlass des Berufungsurteils - eine Aufklärungspflicht des Autovermieters gegenüber dem Interessenten eines [X.]s bejaht (Urteil vom 28. Juni 2006 11 - 6 - - [X.]/04 - NJW 2006, 2618). Zwar muss der Vermieter, wie das [X.] zutreffend ausführt, nicht über den gespaltenen [X.], d.h. weder über die eigenen verschiedenen Tarife noch über günstigere Angebote der Konkurrenz aufklären; es ist grundsätzlich Sache des Mieters, sich zu [X.], ob die ihm angebotenen Vertragsbedingungen für ihn von Vorteil sind oder nicht. Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten aber einen Tarif an, der deutlich über dem [X.] auf dem örtlich relevanten Markt liegt und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erfor-derlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebo-tenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet. Ob der von der Klägerin geforderte Tarif von 156 • pro Tag deutlich über dem [X.] auf dem örtlich relevanten Markt liegt, steht nicht fest, weil das Berufungsgericht zum [X.] keine Feststellungen getroffen hat. 12 4. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Ob der von der gegnerischen Haftpflichtversicherung der Beklagten erstattete Betrag von 60 • pro Tag dem [X.] entspricht, kann dem bisherigen [X.] nicht mit Sicherheit entnommen werden. Der Vortrag der Parteien war darauf ausgerich-tet, zu welchem [X.] der Kläger anbietet. Nach der [X.]sentscheidung vom 28. Juni 2006 kommt es darauf aber nicht an. Maßgebend ist allein der [X.] auf dem örtlich relevanten Markt. 13 Der [X.] weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: 14 Sollte das Berufungsgericht - nach ergänzendem Vortrag der Parteien - im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu der Überzeugung gelangen, dass der [X.] der Klägerin deutlich über dem [X.] auf dem 15 - 7 - örtlich relevanten Markt liegt, so hätte die Klägerin die Beklagte darauf hinwei-sen müssen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung diesen Tarif mögli-cherweise nicht erstattet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ent-halten der schriftliche [X.] und die behaupteten mündlichen Hinweise auf günstigere Tarife keine ausreichende Aufklärung. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass die Beklagte bei Vorauskasse einen günstigeren Tarif erhalten könne, stellt aber keineswegs klar, dass der der Beklagten ange-botene [X.] von der Haftpflichtversicherung möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet wird. Hahne [X.] [X.] Ahlt Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.11.2003 - 2 C 1034/03 - [X.], Entscheidung vom 04.06.2004 - 2 S 3/04 -

Meta

XII ZR 125/04

07.02.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2007, Az. XII ZR 125/04 (REWIS RS 2007, 5386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5386

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