Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.08.2020, Az. 8 AV 1/20

8. Senat | REWIS RS 2020, 4061

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Gegenstand

Keine Zuständigkeitsbestimmung bei eindeutiger und widerspruchsfreier gesetzlicher Regelung der örtlichen Zuständigkeit


Tenor

Der Antrag der Klägerin, das zuständige Gericht zu bestimmen, wird abgelehnt.

Gründe

1

1. Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid des [X.] und offene Vermögensfragen ([X.]) vom 5. Mai 2020, mit dem dieses seinen bestandskräftigen Bescheid vom 12. April 2012 aufgehoben (Tenorpunkt 1), den Antrag der Klägerin auf Rückübertragung oder Entschädigung bezüglich einer Beteiligung am Unternehmen [X.] (Tenorpunkt 2) sowie den Antrag auf Einräumung von Bruchteilseigentum an näher bezeichneten, in [X.] und in [X.] belegenen Grundstücken jeweils abgelehnt hat (Tenorpunkt 3). Entsprechend der dem Bescheid vom 5. Mai 2020 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung hat die Klägerin gegen die [X.] und 2 des Bescheids Klage beim [X.] erhoben. Gegen Tenorpunkt 3 des Bescheids hat sie bezogen auf zwei in [X.] belegene Flurstücke Klage beim Verwaltungsgericht [X.] und bezogen auf 144 weitere in [X.] belegene Flurstücke Klage beim Verwaltungsgericht [X.] eingereicht. Sie beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen.

2

2. Der Antrag hat keinen Erfolg. Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts ist geboten, wenn die in § 53 VwGO geregelten Anforderungen erfüllt sind. Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden und von der Klägerin in Bezug genommenen Vorschrift des § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO liegen indessen nicht vor. Danach setzt die Bestimmung des zuständigen Gerichts voraus, dass der Gerichtsstand sich nach § 52 VwGO richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen. Das ist hier nicht der Fall. Die Verwaltungsgerichtsordnung trifft für die in Rede stehenden Klagebegehren eindeutige und widerspruchsfreie örtliche Zuständigkeitsregelungen in § 52 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 und 2 VwGO.

3

Soweit die Klägerin sich gegen die Aufhebung des Bescheids des [X.] vom 12. April 2012 und die Ablehnung ihres Antrags auf Rückübertragung oder Entschädigung bezüglich der verlorenen Unternehmensbeteiligung an der [X.] wendet, ist die örtliche Zuständigkeit nach § 52 Nr. 2 Satz 1 und 2 VwGO zu bestimmen. Sie richtet sich bei der Rückübertragung von Rechten an einem Unternehmen im Sinne des § 6 Vermögensgesetz ([X.]) - und damit auch bei der Restitution von Aktienbeteiligungen (§ 2 Ab. 2 Satz 2 [X.]) - nicht nach § 52 Nr. 1 VwGO, weil sich ein solches Klagebegehren nicht auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis bezieht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. April 1993 - 7 ER 400.93 - [X.] 310 § 53 VwGO Nr. 22 S. 19 f. und vom 18. Mai 2009 - 5 [X.] - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 87 Rn. 6). Da sich gemäß § 52 Nr. 2 Satz 1 und 2 VwGO die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz des [X.] bestimmt, ist für diesen Streitgegenstand das [X.] zuständig.

4

Demgegenüber richtet sich die örtliche Zuständigkeit für den Antrag der Klägerin auf Einräumung von Bruchteilseigentum (§ 3 Abs. 1 Satz 4 [X.]) an den im Bescheid aufgeführten Flurstücken nach § 52 Nr. 1 VwGO, da sich dieser Antrag auf unbewegliches Vermögen im Sinne der Vorschrift bezieht (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Oktober 1994 - 7 AV 13.94 - [X.] 310 § 52 VwGO Nr. 36). Danach ist für die in [X.] belegenen Flurstücke ausschließlich das Verwaltungsgericht [X.], für die in [X.] belegenen Flurstücke ausschließlich das Verwaltungsgericht [X.] örtlich zuständig.

5

Der Anregung der Klägerin, für sämtliche Anträge nach [X.] einheitlich das [X.] oder, hilfsweise, zumindest für die Bruchteilsrestitutionsbegehren einheitlich das Verwaltungsgericht [X.] als zuständiges Gericht zu bestimmen, kann nicht gefolgt werden. § 53 VwGO durchbricht nicht die Regelung über [X.], sondern ergänzt sie lediglich für den Fall, dass das Prozessrecht selbst keine oder keine widerspruchsfreie Zuweisung enthält (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. September 1987 - 3 ER 401.87 - juris Rn. 2 und vom 15. Februar 2018 - 5 AV 1.18 - juris Rn. 9). Erwägungen der [X.] können eine Abweichung von gesetzlichen [X.] nicht rechtfertigen; denn die Verfahrensgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gilt nicht nach Maßgabe prozessualer Zweckmäßigkeitserwägungen (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Juli 2002 - 7 AV 2.02 - [X.] 310 § 53 VwGO Nr. 28 S. 3 f.). Problemen, die sich aus der Vorgreiflichkeit eines in einem anderen anhängigen Rechtsstreit zu klärenden Rechtsverhältnisses ergeben können, hat die Prozessordnung in § 94 VwGO Rechnung getragen.

Meta

8 AV 1/20

13.08.2020

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AV

§ 3 Abs 1 S 4 VermG, § 52 Nr 1 VwGO, § 52 Nr 2 VwGO, § 53 Abs 1 Nr 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.08.2020, Az. 8 AV 1/20 (REWIS RS 2020, 4061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4061

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