Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2014, Az. V ZB 152/14

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2093

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Gegenstand

Berufungsgerichtlicher Ordnungsgeldbeschluss: Auslegung einer sofortigen Beschwerde als Rechtsbeschwerde


Tenor

Die Sache wird dem [X.] zur weiteren Behandlung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe

I.

1

Das [X.] hat gegen den Kläger wegen Fernbleibens in der Berufungsverhandlung ein Ordnungsgeld festgesetzt. Der Beschluss enthält eine Rechtsmittelbelehrung folgenden Inhalts: „Gegen diesen Beschluss ist in analoger Anwendung des § 380 Abs. 3 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. Sie ist schriftlich binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zugang bei dem [X.] ... oder dem [X.] einzulegen.

2

Der Kläger hat sofortige Beschwerde bei dem [X.] eingelegt. Mit Beschluss vom 25. Juni 2014 hat das [X.] der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt: Gegen den [X.] sei entgegen der anderslautenden Rechtsbehelfsbelehrung kein Rechtsmittel gegeben, da er von einem Berufungsgericht stamme. Aber auch in der Sache bestehe kein Grund, den Beschluss aufzuheben. Abschließend heißt es, der Vorgang werde nicht dem [X.], sondern dem [X.] als Rechtsbeschwerdegericht vorgelegt, wenn die sofortige Beschwerde nicht binnen zwei Wochen zurückgenommen werde. Nachdem der Kläger erklärt hat, er nehme seine Beschwerde nicht zurück, hat das [X.] sie dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt.

II.

3

Der [X.] ist nicht zu einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde des [X.] berufen.

4

1. Der von dem [X.] vorgenommenen Auslegung der - nach seiner Auffassung unzulässigen, weil gegen eine Entscheidung des [X.]s im zweiten Rechtszug gerichteten - sofortigen Beschwerde als Rechtsbeschwerde steht allerdings nicht der Grundsatz entgegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 30. April 2003 - [X.], NJW 2003, 2388, 2389; Urteil vom 18. Juni 1996 - [X.], NJW-RR 1996, 1210, 1211).

5

a) Zwar wäre die Einlegung einer Rechtsbeschwerde durch den Kläger unvernünftig, weil dieses Rechtsmittel offensichtlich unzulässig ist. Weder ist die Rechtsbeschwerde zugelassen noch ist sie fristgemäß und durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden. Aus diesem Grund kommt auch eine Umdeutung der Beschwerde in eine Rechtsbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 140 BGB nicht in Betracht. Denn die Umdeutung einer Prozesshandlung in eine andere Prozesshandlung setzt unter anderem voraus, dass die andere Prozesshandlung zulässig wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 3. März 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 876 Rn. 8; [X.], Beschluss vom 20. März 2002 - [X.], NJW 2002, 1958).

6

b) Ein anderer Rechtsbehelf, mittels dessen dem Willen des [X.], der [X.] möge (erneut) überprüft werden, in prozessual zulässiger und damit vernünftiger Weise Rechnung getragen werden könnte, ist aber nicht gegeben. Insbesondere kommt eine Auslegung der sofortigen Beschwerde als nachträgliche Entschuldigung gemäß § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht in Betracht. Denn das [X.] hat in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 bereits begründet, weshalb sich dem Beschwerdevorbringen keine Entschuldigung für das Fernbleiben in der mündlichen Verhandlung entnehmen lasse; Einwendungen hiergegen oder neue Entschuldigungsgründe hat der Kläger nicht vorgebracht. Demgemäß liegt es ebenfalls fern, die Aufrechterhaltung der Beschwerde als Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 25. Juni 2014 anzusehen.

7

2. Die Auslegung der sofortigen Beschwerde als Rechtsbeschwerde ist dennoch rechtsfehlerhaft.

8

Angesichts der Reaktion des [X.] auf den Beschluss vom 25. Juni 2014 geht das [X.] allerdings ohne Rechtsfehler davon aus, dass der Kläger die Überprüfung des [X.]es durch die höhere Instanz erreichen will. Bei seiner - den Regelungen der Zivilprozessordnung und damit im Allgemeinen dem Interesse eines Beschwerdeführers entsprechenden - Annahme, die höhere Instanz sei der [X.], hat das [X.] aber den Besonderheiten des Sachverhalts nicht hinreichend Rechnung getragen. Nicht unberücksichtigt bleiben kann nämlich, dass der Kläger infolge der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrung angenommen hat, er habe die Möglichkeit, den [X.] durch ein Rechtsmittel überprüfen zu lassen, das zum [X.] führt und deshalb auch durch seine - nur dort, nicht aber beim [X.] postulationsfähige - Prozessbevollmächtigte eingelegt werden konnte. Wenn er trotz des Hinweises des [X.]s, dass die Rechtsmittelbelehrung falsch war, an dem eingelegten Rechtsmittel festhält, will er offensichtlich überprüft wissen, ob die geänderte Belehrung richtig ist, ob also nicht doch der Rechtsweg zum [X.] gegeben ist. Seinem erkennbaren Willen entspricht es daher, die Beschwerde dem [X.] zu nämlicher Prüfung vorzulegen. Hinzukommt, dass der Kläger zwischenzeitlich ausdrücklich erklärt hat, er wünsche keine Entscheidung des [X.]s über die Beschwerde.

[X.]                                      Schmidt-Räntsch                                      Czub

                        Weinland                                                    Kazele

Meta

V ZB 152/14

17.10.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

§ 133 BGB, § 140 BGB, § 157 BGB, § 567 ZPO, §§ 567ff ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2014, Az. V ZB 152/14 (REWIS RS 2014, 2093)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2093

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II ZR 210/21

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