Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2010, Az. XII ZR 132/09

12. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 388

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Gegenstand

Gewerberaummiete: Mietminderung bei sich nur periodisch auswirkendem Mangel


Leitsatz

Wirkt sich in einem Gewerberaummietvertrag ein Mangel nur periodisch erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist der Mietzins auch nur in diesem Zeitraum kraft Gesetzes herabgesetzt .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des [X.] vom 24. Juni 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten rückständige Miete.

2

Mit Vertrag vom 6. August 2001 vermieteten die Klägerin und ihr späterer Ehemann an den Beklagten für die [X.] vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. September 2011 Räume zum Betrieb einer Kinderarztpraxis. Nach § 6 des [X.] ist "eine Aufrechnung und Zurückbehaltung des Mieters gegenüber Forderungen auf Mietzins und Nebenkosten nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig."

3

Der Beklagte kürzte erstmals im September 2008 und danach auch im Oktober und November 2008 die Miete mit der Behauptung, die Räume seien im [X.] wegen zu hoher Temperaturen nur eingeschränkt nutzbar.

4

Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung der restlichen Miete für die Monate Oktober und November 2008 in Höhe von 695 € an sich und ihren Ehemann. Zur Zahlung der restlichen Septembermiete (170 €) ist der Beklagte bereits in einem gesondert geführten Rechtsstreit verurteilt worden.

5

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Mieträume aufgrund einer in den [X.]monaten erfolgenden Aufheizung mangelhaft seien. Denn dem [X.]n stehe für die Monate Oktober und November 2008 ein [X.] schon deshalb nicht zu, weil der Gebrauch der Mieträume in diesem [X.]raum unstreitig nicht durch Überhitzung beeinträchtigt und eine solche Beeinträchtigung auch nicht zu erwarten gewesen sei. Der unterstellte Mangel einer erheblichen Aufheizung der Mieträume bei hohen Außentemperaturen könne nur in den [X.]monaten, in denen erfahrungsgemäß mit einer Auswirkung des Mangels auf die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu rechnen sei, zur Minderung berechtigen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 536 BGB. Auch sei das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in dem [X.]raum, in dem der Mangel nur latent vorhanden sei, nicht gestört. Denn die Klägerin müsse die Mietsache so bereitstellen, dass der [X.] in der Lage sei, sie vertragsgemäß zu gebrauchen. Zum vertragsgemäßen Gebrauch sei der [X.] während der Jahreszeiten, in denen sich der unterstellte Mangel objektiv nicht auswirke, ohne Einschränkung in der Lage. Deshalb sei bei Mängeln, die nur zu bestimmten Jahreszeiten aufträten, die Miete nur dann gemindert, wenn eine Beeinträchtigung zu erwarten sei.

8

Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob ein Mangel der Mietsache, der sich nur periodisch auswirke, zu einer ganzjährigen Minderung führe.

II.

9

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Die Klägerin hat gegen den [X.]n einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete für die Monate Oktober und November 2008 an sich und ihren Ehemann.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine Minderung der Miete in den Monaten Oktober und November 2008 schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume in diesem [X.]raum unstreitig nicht durch Überhitzung beeinträchtigt war.

a) Nach § 536 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder nicht nur unerheblich mindert, von der Entrichtung der Miete befreit bzw. zur Entrichtung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet. Die Minderung tritt kraft Gesetzes ein (Senatsurteil vom 27. Februar 1991 - [X.] - NJW-RR 1991, 779, 780 mwN). Sie ist Ausdruck des das Schuldrecht prägenden Äquivalenzprinzips und hat daher die Aufgabe, die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen sicherzustellen (Senatsurteil [X.]Z 176, 191 = [X.], 609 - Rn. 20). Die Hauptleistungspflicht des Vermieters besteht darin, dem Mieter während der gesamten Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu ermöglichen (§ 535 Abs. 1 BGB). Als Gegenleistung schuldet der Mieter den vereinbarten [X.] (§ 535 Abs. 2 BGB). Das Äquivalenzverhältnis der Leistungen ist deshalb gestört, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch wegen eines Mangels nicht nur unerheblich beeinträchtigt ist. Dabei ist ein Mangel der Mietsache jede nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands von dem vertraglich vereinbarten Zustand, der ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt (st. Rspr. Senatsurteile vom 16. Februar 2000 - [X.] - NJW 2000, 1714, 1715; vom 4. Mai 2005 - [X.]/01 - NJW 2005, 2152 und vom 21. Juli 2010 - [X.]/08 - NJW 2010, 3152 Rn. 13).

Von einer nicht nur unerheblichen Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs ist auch dann auszugehen, wenn der Mangel sich auf die Gebrauchstauglichkeit noch nicht unmittelbar auswirkt, aber die konkrete Gefahr besteht, dass er sie jederzeit erheblich beeinträchtigt (vgl. zu öffentlich-rechtlichen [X.]: Senatsurteile vom 24. Oktober 2007 - [X.] - [X.], 274 und vom 23. September 1992 - [X.] - NJW 1992, 3226; [X.] Urteil vom 23. März 1983 - [X.] - [X.], 660; [X.] NZM 2003, 556). Wirkt sich demgegenüber ein Mangel nur periodisch in einem vorhersehbaren [X.]raum erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist der [X.] auch nur in diesem [X.]raum kraft Gesetzes herabgesetzt (MünchKommBGB/Häublein 5. Aufl. § 536 Rn. 30; [X.]/[X.] Miete 3. Aufl. § 536 BGB Rn. 34; [X.] 2001, 281, 282; [X.] ZMR 1992, 302; [X.]Eisenschmid Mietrecht 9. Aufl. § 536 BGB Rn. 325). Während der [X.], in der die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzbar ist, scheidet eine Herabsetzung der Miete aus.

b) Danach liegen die Voraussetzungen für eine Minderung der Miete hier nicht vor.

Zwar ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass wegen erheblicher Überhitzung der Mieträume im [X.] und einer von der Klägerin geschuldeten Klimatisierung ein Mangel vorlag. Unstreitig hat sich dieser Mangel aber in den Monaten Oktober und November 2008 nicht mehr auf die Gebrauchstauglichkeit ausgewirkt. Vielmehr waren die Mieträume in diesem [X.]raum uneingeschränkt nutzbar. Auch war mit einer Beeinträchtigung durch Überhitzung der Räume in diesem [X.]raum nicht zu rechnen. Es fehlt deshalb an der für die Minderung erforderlichen erheblichen Einschränkung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch.

c) Der Senat verkennt nicht, dass sich in Fällen der vorliegenden Art eine Minderung für eine erst im laufenden Monat eintretende Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit auch erst im Nachhinein – also nach Ablauf des Mietmonats und damit nach Leistung des vorauszuzahlenden (§ 556 b Abs. 1 BGB) [X.]es – dem Grunde und der Höhe nach feststellen lässt. Behält der Mieter in derartigen Fällen den [X.] von vornherein in einem Umfang ein, der – insbesondere nach den Erfahrungen aus vorangegangenen Mietzeiträumen – der vorhersehbaren Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit entspricht, schließt ein solcher vorläufiger Einbehalt ein verzugsbegründendes Verschulden des Mieters aus. Er hindert aber den Vermieter nicht daran, den vorläufig einbehaltenen Teil des [X.]es nachzufordern, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung nicht eintritt und sich eine Minderung deshalb als unbegründet erweist.

2. Der [X.] kann sich gegenüber der Forderung auf [X.] auch nicht auf das von ihm hilfsweise geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht berufen.

Zwar steht dem Mieter die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 BGB zu, wenn der Vermieter einen Mangel der Mietsache nicht beseitigt. Die Geltendmachung der Einrede gibt dem Mieter die Möglichkeit durch Zurückbehaltung der fälligen Miete Druck auf den Vermieter auszuüben, um ihn zur Beseitigung des Mangels zu veranlassen.

Hier haben die Parteien jedoch ein Zurückbehaltungsrecht des [X.]n in § 6 Nr. 1 des [X.] wirksam ausgeschlossen.

Bei dem Mietvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB). Da der [X.] als selbstständig tätiger Arzt Unternehmer gemäß § 14 Abs. 1 BGB ist, ist die Wirksamkeit der Klausel gemäß § 310 Abs. 1 BGB am Maßstab des § 307 BGB zu prüfen.

Die in § 6 Nr. 1 des [X.] vereinbarte Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts dahin, dass es nur wegen unstreitiger oder rechtskräftig festgestellter Forderungen geltend gemacht werden darf, verstößt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, nicht gegen § 307 BGB (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 519, 520; [X.]Z 115, 324, 327 = NJW 1992, 575, 577; [X.] MDR 2005, 1045; [X.]/[X.] [Neubearb. 2006] § 556 b BGB Rn. 25; [X.]/Eisenschmid Mietrecht 9. Aufl. § 536 BGB Rn. 387).

Hahne                               [X.]                                    [X.]

                 Dose                                    [X.]

Meta

XII ZR 132/09

15.12.2010

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Darmstadt, 24. Juni 2009, Az: 25 S 59/09, Urteil

§ 536 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2010, Az. XII ZR 132/09 (REWIS RS 2010, 388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 388

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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