Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012, Az. XII ZR 117/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2493

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Gegenstand

Geschäftsraummietvertrag: Mietminderungsrecht bei Verletzung einer Konkurrenzschutzklausel in einem Vertrag über eine Facharztpraxis


Leitsatz

Die Verletzung der in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Konkurrenzschutzklausel durch den Vermieter stellt einen Mangel der Mietsache gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, der zur Minderung der Miete führen kann.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.

Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen Verletzung einer mietvertraglich vereinbarten [X.]klausel geltend.

2

Der Kläger - ein Facharzt für Orthopädie - schloss am 26. April 2002 mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten einen Mietvertrag über Räume in der "Praxisklinik am J.       " zur Nutzung als "Arztpraxis für die Fachdisziplin Orthopädie (Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation) unter Einschluss der laut [X.] Weiterbildungsordnung damit verbundenen Zusatzqualifikationen" (§ 1 Ziffer 1 Abs. 3 des [X.]). Gemäß Ziffer 2 der Vorbemerkung des [X.] beabsichtigte der Kläger operative Eingriffe in dem dafür im Projekt vorgesehenen [X.] durchzuführen. Der Mietvertrag wurde ab 1. Juni 2002 für [X.] zweimaliger Verlängerungsoption von jeweils fünf Jahren zu Gunsten des [X.] abgeschlossen.

3

In § 9 des [X.] heißt es zum [X.]:

"Der Vermieter gewährt für die Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt Chirotherapie des Mieters [X.] im Projekt, ausgenommen ist die Traumatologie für Kinder und Jugendliche und die Chirotherapie Kinder und Jugendlicher. Der Vermieter kann an einen Arzt derselben Fachdisziplin mit demselben Schwerpunkt, die bereits im Projekt vertreten ist, nur dann eine Vermietung an einen solchen Kollegen vornehmen, wenn der Mieter sein Einverständnis hierzu schriftlich erklärt hat. …"

4

Im [X.] 2003 schloss der Rechtsvorgänger der Beklagten mit dem Facharzt für Chirurgie Dr. H.     einen Mietvertrag über Räume im selben Haus zur Nutzung als Arztpraxis für die Fachdisziplin Chirurgie/Unfallchirurgie, in den im [X.] 2004 der Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie Dr. S.      als weiterer Mieter eintrat. Die Gemeinschaftspraxis Dr. H.      und Dr. S.       (im Folgenden: Gemeinschaftspraxis) bezeichnet sich in ihrem Internetauftritt als Schwerpunktpraxis für Arthroskopie und Gelenkchirurgie. Sie führt u.a. operative und nicht operative Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen durch. Darüber hinaus ist sie auf dem Gebiet der Unfallchirurgie tätig.

5

Der Kläger ist der Ansicht, die operativen und nicht operativen Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen fielen unter den in § 9 des [X.] vereinbarten [X.]. Darüber hinaus umfasse die [X.]klausel die Traumatologie für Erwachsene, weshalb insoweit auch ein Konkurrenzverhältnis zu der von der Gemeinschaftspraxis angebotenen Unfallchirurgie bestehe.

6

Der Kläger hat im August 2005 einen Verstoß der Beklagten gegen die vertragliche [X.]klausel gerügt, sie zur Beseitigung der Konkurrenzsituation aufgefordert und erklärt, dass er Minderungsansprüche geltend mache und die Miete nur noch unter Vorbehalt zahle.

7

Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Beseitigung der eingetretenen Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Klageantrag zu 2) und Unterlassung der Vermietung weiterer Räumlichkeiten an die Gemeinschaftspraxis ohne den [X.] des [X.] wiederherzustellen (Klageantrag zu 3). Ferner begehrt er Feststellung, dass die Miete wegen der bestehenden Konkurrenzsituation um 50 % der Warmmiete gemindert ist (Klageantrag zu 4) und verlangt Rückzahlung der infolge der Minderung überzahlten Miete für die Zeit von August 2005 bis September 2007 in Höhe von 23.334,93 € nebst Zinsen (Klageantrag zu 1), hilfsweise Schadensersatz in dieser Höhe für den ihm durch die Konkurrenz entgangenen Gewinn.

8

Die Beklagte hat das Grundstück, auf dem sich die Praxisklinik am J.          befindet, nach Rechtshängigkeit an die [X.] veräußert, die mit Wirkung zum 1. Januar 2009 in den Mietvertrag eingetreten ist.

9

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich der Anträge zu 1 und 4 abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten verfolgen mit der [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] hat Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die zulässige [X.] der Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 818 veröffentlicht ist, ist davon ausgegangen, die Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis falle, soweit sie operative und nichtoperative Behandlungen von Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane umfasse, in den Schutzbereich der [X.] des § 9 des [X.]. Zu der geschützten Fachrichtung Orthopädie gehörten, wie sich aus § 1 Ziffer 1 Abs. 3 des [X.] und der dort in Bezug genommenen Weiterbildungsordnung der [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zum 21. Dezember 2005 geltenden Fassung ergebe, die Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation. Ein Vergleich dieser Definition des Begriffes der Fachdisziplin Orthopädie mit der Definition der Chirurgie in derselben Weiterbildungsordnung ergebe, dass die Orthopädie im Vergleich zur Chirurgie nach der Weiterbildungsordnung die speziellere Fachdisziplin für die Prävention, Erkennung sowie operative und nichtoperative Behandlung von Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane sei. Soweit die Gemeinschaftspraxis auf diesem Gebiet Behandlungen durchführe, fielen diese deshalb in den Schutzbereich des dem Kläger gewährten [X.] für die Fachrichtung der Orthopädie. Darüber hinaus spreche der Wortlaut von § 9 des [X.], nach dem die Traumatologie für Kinder und Jugendliche ausdrücklich von dem [X.] ausgenommen worden sei, dafür, dass dem Kläger für die Traumatologie (Unfallchirurgie) im Übrigen [X.] habe gewährt werden sollen.

Die Gemeinschaftspraxis werde auch in diesen Schutzbereichen tätig. Sie bezeichne sich selbst als Schwerpunktpraxis für Arthroskopie und Gelenkchirurgie und habe ausweislich ihrer eigenen Internetseite im Jahr 2007 eine große Anzahl von arthroskopischen Gelenkoperationen, Schulteroperationen, Kniegelenkoperationen sowie Operationen des Ellenbogens durchgeführt.

Das Eingreifen des [X.] könne auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Überschneidung der Tätigkeitsbereiche erstrecke sich nur auf ein Nebengebiet der klägerischen Tätigkeit und werde deshalb nicht vom [X.] erfasst. Die Umschreibung des [X.] mit einer im Vertrag genau definierten Fachdisziplin spreche dafür, dass sich der Schutz vor Konkurrenz auf die gesamte Bandbreite der geschützten Fachrichtung habe erstrecken sollen. Dagegen spreche auch nicht das medizinische Grundkonzept der Praxisklinik, auf das in der Vorbemerkung zum Mietvertrag Bezug genommen worden sei. Zwar sehe dieses eine enge Zusammenarbeit der dort niedergelassenen Ärzte vor. Es gehe aber davon aus, dass die einzelnen Ärzte voneinander getrennte Fachrichtungen vertreten. Nach dem den [X.] beherrschenden [X.] genieße der Kläger demnach [X.] vor den dargestellten Behandlungen der Gemeinschaftspraxis an den Stütz- und Bewegungsorganen. Den Kläger treffe auch kein Mitverschulden an der eingetretenen Konkurrenzsituation. Denn er habe das in § 9 Satz 2 des [X.] vorgesehene schriftliche Einverständnis zu einer Vermietung an Dr. H.     nicht abgegeben.

Der Anspruch des [X.] auf Herstellung und Beibehaltung des [X.] sei auch nicht wegen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB erloschen. Denn die Beklagte habe weder dargelegt noch bewiesen, dass die Erfüllung ausgeschlossen sei. Dafür genüge ihre bloße Behauptung, es sei ihr nicht möglich, den mit der Gemeinschaftspraxis bestehenden befristeten Mietvertrag zu kündigen, nicht. Die auf Beseitigung der Konkurrenzsituation gerichteten Klageanträge zu 2 und 3 seien deshalb begründet.

Demgegenüber seien die auf Minderung gestützten Klageanträge zu 1 und zu 4 unbegründet. Die unter Verstoß gegen § 9 des [X.] eingetretene Konkurrenzsituation sei kein Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 BGB. Voraussetzung für einen Mangel sei eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Umstände, welche die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berührten, seien demgegenüber nicht als Mängel zu qualifizieren. Danach falle die vertragswidrige Konkurrenzsituation nicht unter den Begriff des Mangels, weil sie nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung der Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch führe.

Soweit der Kläger hilfsweise gemäß § 280 Abs. 1 BGB Ersatz des Schadens verlange, der ihm durch den Verstoß der Beklagten gegen die vertragliche Pflicht zum Schutz vor Konkurrenz entstanden sei, habe er nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm der geltend gemachte Schaden entstanden sei.

Das [X.] hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Verletzung eines vertraglich eingeräumten [X.] als Sachmangel im Sinne von § 536 BGB anzusehen sei.

II.

Zu Recht wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die auf Minderung gerichteten Klageanträge abgewiesen hat.

1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Gemeinschaftspraxis in Bereichen tätig ist, für die die Beklagte dem Kläger gemäß § 9 des [X.] [X.] gewährt hat.

a) Die Auslegung von § 9 des [X.] durch das Berufungsgericht dahin, dass die Klausel den Kläger vor künftiger Konkurrenz auf dem Gebiet der operativen und nichtoperativen Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen, somit auch auf dem dem Fachbereich der Orthopädie zuzuordnenden Gebiet der orthopädischen Chirurgie durch einen Facharzt für Chirurgie schützt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis führt, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich erscheint.

Die Auslegung durch den Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht (Senatsurteil vom 21. September 2005 - [X.]/03 - NJW 2006, 899, 900).

Die Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht enthält keinen solchen relevanten Auslegungsfehler.

Bei seiner Auslegung geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien davon aus, dass bei der Bestimmung des Umfangs der durch § 9 des [X.] vor Konkurrenz geschützten Tätigkeiten des [X.] der in § 1 Ziffer 1 Abs. 3 des [X.] beschriebene Vertragszweck heranzuziehen ist. Danach gehören zu der geschützten Fachrichtung Orthopädie die Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation unter Einschluss der laut [X.] Weiterbildungsordnung mit der Fachdisziplin Orthopädie verbundenen Zusatzqualifikationen. Als solche Zusatzqualifikation sah die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zum 31. Dezember 2005 geltende [X.] Weiterbildungsordnung die "spezielle orthopädische Chirurgie" vor ([X.]. 1 zur [X.]n Weiterbildungsordnung 28.B.1). Diese umfasste Operationen höherer Schwierigkeitsgrade bei angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen sowie Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane.

b) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der von § 9 des [X.] geschützte Bereich umfasse die Traumatologie für Erwachsene, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. In § 9 Satz 1 haben die Mietvertragsparteien von dem für die Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt Chirotherapie eingeräumten [X.] ausdrücklich die Traumatologie für Kinder und Jugendliche und die Chirotherapie Kinder und Jugendlicher ausgenommen. Unstreitig ist dies deshalb erfolgt, weil in der Praxisklinik am J.          bereits ein Kinderchirurg auf diesem Gebiet tätig war. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht davon aus, dass diese Vereinbarung dafür spreche, dass die Mietvertragsparteien den Tätigkeitsbereich der Traumatologie für Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane der Fachrichtung Orthopädie zugeordnet haben und dem Kläger - bis auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen - auch insoweit [X.] gewährt werden sollte.

c) Entgegen der Auffassung der [X.] wird das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts auch nicht durch § 9 Satz 2 des [X.], nach dem der Vermieter an einen Arzt derselben Fachdisziplin mit demselben Schwerpunkt ohne schriftliches Einverständnis des [X.] keine Räume im Projekt vermieten darf, in Frage gestellt. Vielmehr konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass darin keine Einschränkung des [X.] dahin liegt, dass nur der Schutz vor einer Vermietung an einen Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Chirotherapie, nicht aber für die in § 1 Ziffer 1 Abs. 3 und § 9 Satz 1 des [X.] genannten Tätigkeiten gewährt werden sollte. Denn eine solche Einschränkung hätte zur Folge, dass der in § 9 Satz 1 des [X.] gewährte [X.] nahezu bedeutungslos wäre. Zum einen wäre dem Vermieter lediglich die Vermietung an einen Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Chirotherapie verboten, nicht aber die Vermietung an Fachärzte für Orthopädie mit einem anderen oder keinem Schwerpunkt. Zum anderen wären wesentliche Tätigkeitsbereiche, nämlich die operativen und nichtoperativen Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen nicht vom [X.] umfasst.

Das Berufungsgericht ist danach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der in § 9 des [X.] gewährte [X.] die von der Gemeinschaftspraxis angebotenen operativen und nicht operativen Behandlungen von Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane einschließlich der Traumatologie für Erwachsene umfasst.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die vertragswidrige Konkurrenzsituation stelle keinen Mangel der Mietsache dar, der zur Minderung führe, hält jedoch einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB führt ein Mangel der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, zur Befreiung von der Miete bzw. zu deren Herabsetzung.

Ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich vereinbarten (st. Rspr. Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - [X.] - NJW 2009, 664, 666 mwN). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen solche außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen (Senatsurteile vom 15. Oktober 2008 - [X.] - NJW 2009, 664, 665 zur Behinderung des Zugangs zu einem Geschäftslokal und zur Einhaltung eines bestimmten Mietermix; vom 21. September 2005 - [X.]/03 - NJW 2006, 899, 900 zur Zusicherung einer Vollvermietung und bestimmten Mieterstruktur; vom 16. Februar 2000 - [X.] - NJW 2000, 1714, 1715 zur enttäuschten Gewinnerwartung in einem Einkaufszentrum; vom 11. Dezember 1991 - [X.] - [X.], 583, 585 zu öffentlich-rechtlichen Hindernissen; [X.] Urteile vom 1. Juli 1981 - [X.] - NJW 1981, 2405 zur enttäuschten Gewinnerwartung bei geringer Kundenfrequenz; vom 9. Dezember 1970 - [X.] - NJW 1971, 424, 425 zur [X.]; [X.], 175 zur Zusicherung der Brauereifreiheit einer Gaststätte; [X.]Eisenschmid Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 13 f.; [X.]/Häublein 6. Aufl. § 536 Rn. 14 f.; [X.]/[X.] BGB [Neubearbeitung 2011] § 536 Rn. 7).

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch ([X.] Urteil vom 1. Juli 1981 - [X.] - NJW 1981, 2405; [X.]/[X.] BGB [Neubearbeitung 2011] § 536 Rn. 5 mwN). Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand.

b) Ob eine Verletzung des [X.], sei er vertragsimmanent oder vertraglich vereinbart, einen Mangel der Mietsache darstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden (offen gelassen im Senatsbeschluss vom 9. August 2006 - [X.]/05 - NJW 2006, 3060, 3061 und im Senatsurteil vom 11. Januar 2012 - [X.]/10 - juris Rn. 34).

Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass ein Verstoß gegen die Pflicht, [X.] zu gewähren, einen Sachmangel begründet ([X.], 353, 355 f.; [X.] NZM 2008, 405; [X.], 566; [X.] NZM 2004, 706, 707; [X.] NZM 2001, 1033 f., [X.], 307; OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 1234, 1235; [X.]Eisenschmid Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 183; [X.]/Häublein 6. Aufl. § 536 Rn. 19, § 535 Rn. 143; [X.]/[X.] BGB [Neubearb. 2011] § 535 Rn. 23; [X.]/[X.] [Stand 2003] § 535 BGB Rn. 74; [X.] Handbuch der [X.] 3. Aufl. Rn. 1037; [X.] in Bub/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. III B 1250; [X.], 1116, 1120; einschränkend für den vertragsimmanenten [X.] Hübner/[X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.] 3. Aufl. [X.] [X.]. 14 Rn. 182 f. mwN; [X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 729; [X.]/[X.], 337, 342 ff.).

Der [X.] hatte bisher nur über die Frage zu entscheiden, ob es ein Mangel eines vermieteten Ladenraums ist, wenn der Vermieter zuvor dem Mieter eines anderen Ladens [X.] vor der von dem zweiten Mieter beabsichtigten Nutzung zugesagt hatte (Urteil vom 23. Dezember 1953 - [X.]/52 - nur teilweise abgedruckt in [X.] 1954, 177). Er hat diese Frage mit der Begründung verneint, die Zusage von [X.] gegenüber einem anderen Mieter stelle keinen Sachmangel der dem zweiten Mieter vermieteten Räume dar. Ein Sachmangel sei eine Eigenschaft der Mietsache, die für jeden in gleichen Umständen befindlichen Mieter sich als Mangel darstelle, d. h. für jeden Mieter, der die Sache zu dem gleichen Zweck benutzen wolle. Die [X.] bewirke aber nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des Vermieters gegenüber dem anderen Mieter und betreffe nicht die Rechtssphäre des klagenden zweiten Mieters. Das von diesem gemietete Ladenlokal und dessen Wert würden von der Klausel nicht beeinflusst. Denn die auf der Klausel beruhenden Rechte des ersten Mieters richteten sich nicht gegen den zweiten Mieter, sondern nur gegen den Vermieter. Zu der Frage, ob der Verstoß des Vermieters gegen ein vertraglich vereinbartes [X.]gebot einen Sachmangel der vertragsgegenständlichen Mietsache darstellt, verhält sich die Entscheidung nicht.

c) Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung an, nach der eine Verletzung der [X.]pflicht zu einem Mangel der Mietsache führt.

Sowohl die Verletzung des sogenannten vertragsimmanenten als auch die des ausdrücklich vereinbarten [X.] stellen Störungen dar, die außerhalb der Mietsache liegen und die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch unmittelbar beeinträchtigen können.

aa) Bei der Vermietung von Räumen zum Betrieb eines bestimmten Geschäfts gehört es auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gemäß § 535 BGB, in anderen Räumen des Hauses oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken des Vermieters kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen (sogenannter vertragsimmanenter [X.], [X.]Z 70, 79 ff. = NJW 1978, 585 zur Vermietung von Arztpraxisräumen; [X.] Urteil vom 24. Januar 1979 - [X.] - NJW 1979, 1404, 1405). Die Verpflichtung des Vermieters zum Schutz des Mieters vor Konkurrenz auch bei Fehlen einer vertraglichen Regelung beruht auf der Erwägung, dass es zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gehört, dass der Vermieter den Mieter in dem vertraglich vereinbarten Gebrauch zum Betrieb des vereinbarten Geschäfts bzw. Gewerbes nicht behindert. Dabei ist der Vermieter allerdings nicht gehalten, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen, inwieweit nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist.

Zur Begründung des vertragsimmanenten [X.] für eine Arztpraxis hat der [X.] auf die Bedeutung des Umfelds für den Ertrag einer Arztpraxis abgestellt und ausgeführt, dass insbesondere dann, wenn eine Konkurrenz im Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] im Haus oder in der Nachbarschaft noch nicht bestanden habe, die Annahme nahe liege, dass der bereits niedergelassene Arzt durch die Eröffnung einer Praxis im selben Hause erheblich beeinträchtigt werde. Deshalb gehöre es zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass dem ersten Mieter auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung der Schutz vor Konkurrenz gewährt werde ([X.]Z 70, 79, 84 f.).

In diesem vertragsgemäß geschuldeten Gebrauch wird der Mieter durch die Verletzung des sogenannten vertragsimmanenten [X.] unmittelbar beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung stellt sich für jeden Mieter, der die Sache zu dem gleichen Zweck benutzen will, als Mangel dar.

bb) Für einen vertraglich vereinbarten [X.] kann nichts anderes gelten (aA Hübner/[X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. [X.]. 14 Rn. 183). Durch die ausdrückliche Vereinbarung der Verpflichtung wird der geschuldete vertragsgemäße Gebrauch dahin konkretisiert, dass dem Mieter der von bestimmter Konkurrenz ungestörte Gebrauch der Mieträume eingeräumt wird. In diesem ausdrücklich vereinbarten vertragsgemäßen Gebrauch wird der Mieter durch die vertragswidrige Konkurrenz unmittelbar beeinträchtigt.

3. Neben dem Vorliegen eines Mangels setzt die Minderung der Miete voraus, dass dadurch der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird. Hierzu hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Feststellung der Minderung der Miete und der Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete begründet sind, hängt dann davon ab, in welchem Umfang das [X.] zwischen Leistung und Gegenleistung durch das Bestehen der Konkurrenzsituation gestört ist (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2004 - [X.]/03 - [X.], 455; [X.]Eisenschmid Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 183 mwN).

Der Senat kann deshalb nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist zur Nachholung dieser Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

III.

Die [X.] hat keinen Erfolg.

1. Der Zulässigkeit der [X.] (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO) steht die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisionszulassung auf den Ausspruch zur Mietminderung (Klageanträge zu 1 und 4) schon deshalb nicht entgegen, weil die Beschränkung jedenfalls insoweit unwirksam ist (vgl. allgemein zur Zulässigkeit der [X.] bei beschränkter Revisionszulassung: Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - FamRZ 2009, 1207, 1208).

2. Die [X.] ist jedoch nicht begründet.

a) Wie oben (unter II.) ausgeführt, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte gemäß § 9 des [X.] verpflichtet ist, dem Kläger [X.] für die operative und nichtoperative Behandlung von Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane zu gewähren.

Die Beklagte ist deshalb gemäß § 9 des [X.] verpflichtet, diese Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beseitigen. Sie ist weiter verpflichtet, es zu unterlassen, die bestehende Konkurrenzsituation dadurch zu verstärken, dass sie weitere Räume an die Konkurrenten vermietet, ohne den [X.] des [X.] wiederherzustellen.

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass mit der Veräußerung des Grundstücks und dem Eintritt der Erwerberin gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag die Passivlegitimation der Beklagten gemäß §§ 265, 325 ZPO nicht entfallen ist (vgl. [X.], 177, 179 ff.; [X.] Urteil vom 16. Dezember 2009 - [X.], 1068 Rn. 20).

c) Entgegen der Ansicht der [X.] ist der Tenor des Berufungsurteils hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig und entspricht den in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellten Anträgen.

Zu Recht hat das Berufungsgericht den Weg, auf dem die Beklagte die eingetretene Konkurrenzsituation beseitigen soll, dieser überlassen. Denn es ist von ihr zu entscheiden, wie sie den rechtswidrigen Zustand beseitigen will (vgl. [X.] Urteil vom 12. Dezember 2003 - [X.]/03 - NJW 2004, 1035, 1037; [X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. § 253 Rn. 13 mwN). Es ergibt sich auch hinreichend deutlich aus den Gründen des Berufungsurteils, welche Tätigkeiten der Gemeinschaftspraxis unter den [X.] fallen.

Die Vollstreckung dieser unvertretbaren Handlung erfolgt nach § 888 ZPO (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 1995 - [X.] - NJW-RR 1996, 460).

d) Der Anspruch auf Beseitigung der Konkurrenzsituation ist auch nicht wegen Unmöglichkeit der Erfüllung gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

Die für die Unmöglichkeit der Leistung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte ([X.]/[X.]. § 275 Rn. 162 mwN) hat, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, schon nicht hinreichend dargelegt, dass diese Leistung für sie oder für jedermann schlechthin unmöglich ist.

Aufgrund der Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt ist die Beklagte bzw. ihre Rechtsnachfolgerin gehalten, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren darauf hinzuwirken, dass die Ärzte [X.] H. und S. in dem Mietobjekt bestimmte ärztliche Tätigkeiten unterlassen.

Zwar hat die Beklagte behauptet, dass der mit den Ärzten abgeschlossene Mietvertrag nicht aufgelöst werden könne, weil er langfristig abgeschlossen sei; auch seien die Ärzte nicht bereit, freiwillig auszuziehen. Nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte jedoch mit den beiden Ärzten bislang kein Gespräch darüber geführt, ob sie gegen Zahlung einer Entschädigung bereit wären, den Mietvertrag vorzeitig zu beenden. Eine Bereitschaft hierzu kann nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Nach dem Vortrag der Beklagten ist für die [X.] H. und S. eine Erweiterung ihrer Gemeinschaftspraxisräume von großer Bedeutung. Eine solche Erweiterung ist im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin zur Unterlassung der Vermietung weiterer Räume an die Gemeinschaftspraxis, ohne zuvor den klägerischen [X.] wieder herzustellen, nicht möglich. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass die [X.] H. und S. Interesse an einer vorzeitigen Auflösung des [X.] gegen Zahlung einer Entschädigung haben.

Dose                                                    Vézina                                              Weber-Monecke

                            Günter                                                  Botur

Meta

XII ZR 117/10

10.10.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 20. Juli 2010, Az: 5 U 1286/09

§ 536 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012, Az. XII ZR 117/10 (REWIS RS 2012, 2493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2493

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