Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.11.2020, Az. XII ZR 40/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 574

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Gegenstand

Mietminderung bei Geschäftsraummiete: Zuordnung eines Teils der Mietfläche nach Vertragsabschluss und Umbauarbeiten zu einem angrenzenden Mietobjekt; Darlegungserfordernis der Mietgebrauchseinschränkung bei Flächenabweichung unter 10%


Leitsatz

1. Die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassenen Fläche stellt auch dann einen Sachmangel der Mietsache dar, wenn die Flächendifferenz die Folge von nach Abschluss des Mietvertrags erfolgten Umbauarbeiten ist, durch die diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist.

2. Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine Größe auf, die um weniger als 10% unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird (Fortführung von Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - XII ZR 97/09, NJW 2012, 3173).

Tenor

Die Revision gegen den Beschluss des 32. Zivilsenats des [X.] vom 18. März 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Minderung der Miete um 10 %, weil ihr das Mietobjekt nicht im vertraglich geschuldeten Umfang übergeben worden sei.

2

Die Klägerin mietete im Juni 2015 von der Rechtsvorgängerin der [X.] Räumlichkeiten zum Betrieb einer Ballettschule. Die vereinbarte Bruttomiete beträgt monatlich 4.900 €. Das Mietobjekt ist in § 1 des Mietvertrags (Mieträume) beschrieben, der auf einen als Anlage 1 bezeichneten Grundriss Bezug nimmt, in dem die vermieteten Flächen gekennzeichnet sind. Die Gesamtfläche des Mietobjekts beträgt danach ca. 300 m². Mit Schreiben vom 19. August 2016 teilte die ursprüngliche Vermieterin der Klägerin mit, dass nach durchgeführten Umbauarbeiten nicht die in der Anlage 1 zum Mietvertrag ausgewiesene Fläche, sondern eine um ca. 10 m² kleinere Fläche übergeben worden sei. Außerdem sei in dem ursprünglichen Mietvertrag versehentlich der Flur, der den einzigen Zugang zu der benachbarten Mieteinheit ermögliche, dem Mietobjekt der Klägerin zugeschlagen worden. Die ursprüngliche Vermieterin bat die Klägerin daher um Unterzeichnung eines entsprechenden Nachtrags, dem als Anlage 1 ein aktueller Grundrissplan beigefügt war. Diesen Nachtrag unterzeichnete die Klägerin nicht.

3

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin von der [X.], die mittlerweile Eigentümerin des Mietobjekts geworden war, die Feststellung, dass sie berechtigt ist, die monatliche Bruttomiete in Höhe von derzeit 4.900 € für die von ihr gemieteten Flächen um 10 % zu mindern.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

7

Die Klägerin sei nicht zur Minderung der Miete berechtigt.

8

Soweit die Klägerin rügt, entgegen der vertraglichen Vereinbarung den unmittelbar zum Treppenhaus gelegenen Vorraum nicht nutzen zu können, liege kein Mangel der Mietsache vor. Dass dieser Teil des Mietobjekts die einzige Zugangsmöglichkeit zu einem weiteren Mietobjekt auf derselben Etage darstelle, lasse sich bereits aus dem Grundriss entnehmen, der dem Mietvertrag ursprünglich beigefügt gewesen sei. Aus diesem sei erkennbar, dass dieser Zugangsbereich mit weiteren Mietern geteilt werden müsse und die Klägerin kein [X.] an dieser Fläche habe. Die eingeschränkte Nutzung dieses Raums sei damit Bestandteil des Vertrags.

9

Ein Mangel der Mietsache ergebe sich allerdings daraus, dass einer der Übungsräume tatsächlich ca. 10 m² kleiner sei als im ursprünglichen Grundrissplan angegeben. Die Behandlung der vorgetragenen [X.] unterliege als solche der Anwendung des § 536 BGB. Da diese Differenz bezogen auf die angemietete Gesamtfläche weniger als 10 % betrage, müsse die Klägerin jedoch im Rechtsstreit vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass die geringfügige [X.] die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch tatsächlich beeinträchtige. Die Klägerin habe aber nicht konkret dargestellt, dass die [X.] zu Umsatzeinbußen geführt habe. Insbesondere fehle es an einem Vortrag zu ihrer bisherigen Auslastung oder dazu, dass sie in [X.] Schüler habe abweisen müssen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, von der Entrichtung der Miete befreit bzw. nur zur Entrichtung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt dabei außer Betracht (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB).

Ein Mangel der Mietsache iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich Vereinbarten (st. Rspr., vgl. Senatsurteil [X.], 50 = NJW 2013, 44 Rn. 30 mwN). Welchen Soll-Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter aufweisen muss, bestimmen grundsätzlich die Vertragsparteien durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2013 - [X.]/12 - NJW 2014, 685 Rn. 20 mwN).

Die Beurteilung, ob eine Abweichung der Mietsache von der vereinbarten Sollbeschaffenheit den vertragsgemäßen [X.] mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt und welche Minderung der Miete ein solcher Mangel gegebenenfalls rechtfertigt, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter die Sollbeschaffenheit zutreffend beurteilt hat, den Begriff des Mangels nicht verkannt hat und auf entsprechende Rüge hin auch, ob seiner Beurteilung verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen zugrunde liegen (Senatsurteil vom 18. Dezember 2013 - [X.]/12 - NJW 2014, 685 Rn. 21 mwN).

2. Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Minderung der Miete verneint hat.

a) Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der fehlenden Alleinnutzung des zum Treppenhaus hin gelegenen Vorraums durch die Klägerin bereits das Vorliegen eines Mangels mit der Begründung verneint hat, bereits aus dem ursprünglich dem Mietvertrag beigefügten Grundriss sei zu entnehmen gewesen, dass dieser Bereich mit weiteren Mietern geteilt werden müsse, ist dies frei von [X.]. Aus dem Mietvertrag selbst ergibt sich das von der Klägerin behauptete [X.] an dieser Fläche im Flurbereich nicht. Zudem war aus dem beigefügten Grundrissplan für die Klägerin eindeutig erkennbar, dass dieser Flur auch als Zugang für das benachbarte Mietobjekt dient und ihr die Fläche daher nur zur Mitnutzung zur Verfügung steht. Eine Beeinträchtigung des [X.] dieser Fläche hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision erinnert hiergegen nichts.

b) [X.] ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Mietgegenstand aufgrund der von der Klägerin geltend gemachten [X.] mit einem Sachmangel iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB behaftet ist.

aa) Die Revision vertritt allerdings die Auffassung, dass im vorliegenden Fall von einem Rechtsmangel iSv § 536 Abs. 3 BGB auszugehen sei. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine unzutreffende Flächenangabe bei einer ansonsten vertragsgemäßen Überlassung der Mietsache gehe, sondern um eine unvollständige Überlassung der vermieteten Räume, weil diese (teilweise) einem anderen Mietobjekt zugeschlagen worden seien. Deshalb liege hier ein Fall der Doppelvermietung von Flächen vor, der als Rechtsmangel zu behandeln sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Nach § 536 Abs. 3 BGB liegt ein Rechtsmangel vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen wird. Dabei führt die bloße Existenz des Rechts eines Dritten noch nicht zu einem Rechtsmangel gemäß § 536 Abs. 3 BGB. Dieser entsteht vielmehr erst dann, wenn der Dritte sein Recht in einer Weise geltend macht, die zu einer Beeinträchtigung des Gebrauchs durch den Mieter führt (Senatsbeschluss vom 23. Dezember 1998 - [X.] - NJW-RR 1999, 845).

Danach liegt im vorliegenden Fall kein Rechtsmangel iSv § 536 Abs. 3 BGB vor. Die von der Klägerin behauptete Gebrauchsbeeinträchtigung beruht nicht darauf, dass ein Dritter aufgrund eines ihm zustehenden dinglichen Rechts oder schuldrechtlichen Anspruchs (vgl. [X.] Mietrecht 14. Aufl. § 536 BGB Rn. 282 f.) ein [X.] an der an die Klägerin überlassenen Mietsache geltend macht. Vielmehr wurden der Klägerin die gemieteten Räumlichkeiten vollständig zum vertragsgemäßen Gebrauch übergeben. Aufgrund der nach Abschluss des Mietvertrags vorgenommenen Umbauarbeiten hat sich lediglich die Grundfläche eines Übungsraums um ca. 10 m² verkleinert, weil diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist. Anders als die Revision meint, liegt damit kein Fall der Doppelvermietung vor, der als Rechtsmangel angesehen wird (vgl. dazu [X.] Mietrecht 14. Aufl. § 536 BGB Rn. 286). Die Vermieterin hat die fehlende Fläche nicht an zwei verschiedene Mieter vermietet, sondern nur aufgrund baulicher Maßnahmen die Flächengröße der gemieteten Räumlichkeiten nachträglich verändert.

Auch der [X.] hat in der Vergangenheit bei der Miete von Räumen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene Fläche stets als Sachmangel iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB behandelt (Senatsurteile vom 4. Mai 2005 - [X.]/01 - NJW 2005, 2152, 2153 und vom 18. Juli 2012 - [X.]/09 - NJW 2012, 3173 Rn. 14; [X.] Urteil vom 24. März 2004 - [X.], 1947, 1948 und vom 30. Mai 2018 - [X.]/17 - NJW 2018, 2317 Rn. 16 mwN). Diese Rechtsprechung bezieht sich nicht nur auf Fälle, in denen die Mietflächenabweichung auf einer Falschberechnung der Fläche einer ansonsten vertragsgemäß und vollständig übergebenen Mietsache beruhte, sondern auch auf Sachverhalte, in denen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Mietfläche - wie hier - durch Umbauarbeiten verursacht wurde, die nach Abschluss des Mietvertrags durchgeführt wurden (vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 2005 - [X.]/01 - NJW 2005, 2152 und [X.] Urteil vom 28. September 2005 - [X.] - [X.], 861).

bb) Nach den getroffenen Feststellungen liegt aufgrund der [X.] auch ein Sachmangel iSv § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vor.

Durch die Bezeichnung des Mietobjekts in § 1 des Mietvertrags und dem als Anlage 1 beigefügten Grundrissplan haben die ursprünglichen Vertragsparteien eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich Größe, Raumgestaltung und Zuschnitt getroffen und damit die geschuldete Leistung festgelegt. Die in dem Grundrissplan enthaltenen Flächenangaben dienten nicht lediglich der Beschreibung des Mietobjekts, sondern wurden auch vertraglich vereinbart. Tatsächlich weist jedoch die Nutzfläche eines der beiden Übungsräume entgegen der vertraglich vereinbarten Größe von ca. 88,5 m² eine um ca. 10 m² kleinere Fläche auf, weshalb das Mietobjekt nicht der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit entspricht. Dass die vereinbarten Nutzflächen in dem Grundrissplan nur mit einem Circa-Maß angegeben sind, steht der Annahme eines Sachmangels nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - [X.]/09 - NJW 2012, 3173 Rn. 16 mwN).

c) Allerdings hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Klägerin trotz des festgestellten Sachmangels nicht zur Minderung der Miete berechtigt ist, weil sie nicht ausreichend dargelegt hat, durch die geringfügige [X.] in dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt zu sein.

aa) Trotz des Vorliegens eines Sachmangels erfolgt eine Minderung der Miete nur dann, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt wird (§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB) und diese Gebrauchsbeeinträchtigung gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht nur unerheblich ist (vgl. Senatsurteil [X.], 50 = NJW 2013, 44 Rn. 41). Die Minderung ist Ausdruck des das Schuldrecht prägenden Äquivalenzprinzips. Durch sie soll die von den Vertragsparteien festgelegte Gleichwertigkeit zwischen den beiderseitigen Leistungen bei einer Störung auf der Vermieterseite wieder hergestellt werden (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - [X.]/09 - NJW 2012, 3173 Rn. 18 mwN). Für eine reduzierte Nutzungsmöglichkeit soll der Mieter auch nur eine reduzierte Miete leisten müssen. Daher scheidet eine Herabsetzung der Miete während der [X.], in der der Mieter die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzen kann, aus (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010 - [X.]/09 - NJW 2011, 514 Rn. 13). Deshalb hat der Mieter neben dem Vorliegen eines konkreten Sachmangels darzulegen, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung braucht er hingegen nicht vorzutragen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - [X.] - NJW-RR 2016, 1291 Rn. 5 mwN). Für das Vorliegen von Umständen, die eine Beeinträchtigung des [X.]s als unerheblich erscheinen lassen, trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast (Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - [X.] - NJW 2009, 664 Rn. 20).

bb) Für den Anspruch des [X.] auf Minderung wegen einer tatsächlich geringeren Wohnfläche als der vertraglich vereinbarten hat der [X.] allerdings entschieden, dass ein abweichendes Flächenmaß die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits dann erheblich mindert, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt ([X.] Urteile vom 30. Mai 2018 - [X.]/17 - NJW 2018, 2317 Rn. 16; vom 10. November 2010 - [X.]/09 - NJW 2011, 220 Rn. 14 und vom 24. März 2004 - [X.]/03 - NJW 2004, 1947, 1948). Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der [X.] die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es dann nicht ([X.] Urteil vom 28. September 2005 - [X.] - [X.], 861). Diese im Interesse der Praktikabilität und Rechtssicherheit gezogene Grenze von 10 % legt der [X.]. Zivilsenat auch dann zugrunde, wenn die Wohnfläche im Mietvertrag nur mit „ca.“ angegeben ist ([X.] Urteil vom 24. März 2004 - [X.]/03 - NJW 2004, 1947, 1948). Zur Begründung verweist er darauf, dass die vereinbarte Fläche ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Räume sei. Daher spreche bei einem erheblichen Flächendefizit bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit, die der Mieter nicht gesondert belegen müsse.

Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat für [X.]en in der Gewerberaummiete angeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 4. Mai 2005 - [X.]/01 - NJW 2005, 2152, 2153 und vom 18. Juli 2012 - [X.]/09 - NJW 2012, 3173 Rn. 14 ff.).

cc) Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einer Flächenunterschreitung von weniger als 10 % eine Mietminderung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Diese Rechtsprechung hat nur zur Folge, dass bei [X.]en, die diese Grenze von 10 % überschreiten, der Mieter nicht gesondert darlegen muss, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch sei infolge der [X.] gemindert. Bleibt die [X.] - wie im vorliegenden Fall - hinter dieser Grenze zurück, kann sich der Mieter dagegen nicht auf diese tatsächliche Vermutung einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache berufen. Er muss dann im jeweiligen Einzelfall konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch die [X.] der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt ist ([X.] NJW-RR 2019, 1294, 1296 und NJW-RR 2015, 141, 143; OLG Düsseldorf GE 2012, 616, 617; KG NJW-RR 2005, 1681).

dd) Gemessen hieran hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht eine Minderung der Miete abgelehnt, weil die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht in ausreichendem Maß nachgekommen ist. Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin, sie habe auf den fehlenden 10 m² im betroffenen Übungsraum vier zusätzliche Schüler unterrichten und damit weitere Einnahmen generieren können, nicht als ausreichenden Vortrag für die von ihr begehrte Mietminderung angesehen hat. Denn mit diesem Vorbringen stellt die Klägerin nur die abstrakte Behauptung auf, durch die [X.] seien ihr mögliche Einnahmen verloren gegangen. Inwieweit die Klägerin jedoch durch die geringere Nutzfläche konkret im Gebrauch des Übungsraums beeinträchtigt wird, ergibt sich daraus nicht. Trotz des entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts hat die Klägerin keine weiteren Tatsachen vorgetragen, die eine konkrete Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs durch die [X.] belegen.

d) Soweit die Revision schließlich meint, § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB greife im vorliegenden Fall nicht ein, weil ein Mangel nach dieser Vorschrift nur dann unerheblich sei, wenn er leicht erkennbar sei und schnell sowie mit geringem Kostenaufwand beseitigt werden könne, sodass die Geltendmachung einer Minderung gegen [X.] und Glauben verstieße, verkennt sie, dass es sich hierbei nur um einen der denkbaren Fälle handelt, in denen eine durch einen Sachmangel bedingte Gebrauchsbeeinträchtigung unerheblich ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2004 - [X.] - NJW-RR 2004, 1450, 1451). Eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn sie bei objektiver Betrachtungsweise nicht spürbar ins Gewicht fällt ([X.]/[X.] BGB [2018] § 536 Rn. 21; [X.]/Häublein 8. Aufl. § 536 Rn. 26). Im vorliegenden Fall kann jedoch dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB erfüllt sind, weil die Klägerin bereits nicht ausreichend dargelegt hat, dass sie durch die geringe [X.] überhaupt in dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt ist.

Dose     

        

Klinkhammer     

        

Günter

        

Nedden-Boeger      

        

Botur      

        

Meta

XII ZR 40/19

25.11.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 18. März 2019, Az: 32 U 3950/18

§ 536 Abs 1 BGB, § 536 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.11.2020, Az. XII ZR 40/19 (REWIS RS 2020, 574)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 224-225 REWIS RS 2020, 574 WM 2022, 1079 REWIS RS 2020, 574

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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