Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. 28 W (pat) 6/12

28. Senat | REWIS RS 2013, 2614

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Lichtengel" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 018 527.1

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 19. September 2013 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und die Richterin Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen 30 2009 018 527.1

2

Lichtengel

3

ist am 26. März 2009 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für verschiedene Waren der Klassen 14 und 21 angemeldet worden.

4

Die Markenstelle für Klasse 14 hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 19. November 2010 und 11. November 2011, von denen Letzterer unter teilweiser Aufhebung des Erstbeschlusses im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses an dieser Bezeichnung teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren der

5

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit  plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; [X.], Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente;

6

Klasse 21: Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten.

7

Zur Begründung ist ausgeführt, der Begriff "Lichtengel" sei zwar lexikalisch nicht zweifelsfrei nachweisbar, Lichtengel fänden sich jedoch im Bereich der Esoterik, häufig im Zusammenhang mit dem so genannten "[X.]Channeling", und stünden insoweit für Boten Gottes, die in dessen Auftrag göttliches Licht verströmten. Darstellungen von [X.] zeigten regelmäßig [X.] in Zusammenhang mit Teelichtern oder als Halter für Wachskerzen. In Verbindung mit den zurückgewiesenen Waren eigne sich das Anmeldezeichen zur Beschreibung von deren Beschaffenheit. Die in Klasse 14 beanspruchten Waren könnten allesamt mit Abbildungen von [X.] oder [X.] versehen sein. [X.] und Schmuckwaren könnten zudem als Lichtengel gestaltet sein, beispielsweise als Anhänger einer Kette. Auch Glaswaren, Porzellan- und Steinprodukte könnten Lichtengel darstellen. Ausweislich der Rechercheergebnisse des [X.] würden als solche bezeichnete "Lichtengel-Anhänger" aus Silber mit Zirkonia, "Licht-[X.] Kerzenständer" aus Bronze, sowie gläserne, golden schimmernde "Licht-[X.]"-Kerzenhalter auch bereits vertrieben bzw. beworben. Die angesprochenen Verkehrskreise würden dem angemeldeten Zeichen in Verbindung mit entsprechend gestalteten Waren daher keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen können. Zudem sei das Anmeldezeichen als beschreibende Angabe freihaltebedürftig und auch deshalb von der Eintragung ausgeschlossen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder, mit der sie ausführen, die Auffassung der Markenstelle, wonach das Anmeldezeichen auf einen thematischen Bezug zu lichten oder leuchtenden [X.]swesen hinweise, mache allenfalls im Hinblick auf das Produkt "[X.]figur" Sinn, nicht jedoch für die zurückgewiesenen Waren. In Bezug auf diese Waren bleibe der Bedeutungsgehalt des Zeichens vielmehr vage und unscharf, so dass dem Anmeldezeichen Unterscheidungskraft zukomme.

9

Die Anmelder beantragen sinngemäß,

die Beschlüsse des [X.]es, Markenstelle für Klasse 14, vom 19. November 2010 und 11. November 2011 aufzuheben, soweit die Markenanmeldung zurückgewiesen wurde.

Der hilfsweise gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "Lichtengel" als Marke steht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren sowohl das absolute Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] als auch das der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher insoweit zu Recht die Eintragung versagt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

1. Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe.

Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 - [X.]; [X.], 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee).

Der Begriff "Lichtengel" ist zwar in den gängigen Lexika und Wortschatzdatenbanken ([X.] -  [X.] Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]); Wortschatzportal Universität Leipzig, http://wortschatz.uni-leipzig.de) nicht nachweisbar. Wie eine Recherche des Senats ergeben hat, taucht dieser Begriff jedoch im [X.] bzw. der katharischen Lehre im Zusammenhang mit [X.]sfiguren auf. So heißt es beispielsweise:

- "[X.] ist der Lichtengel, der das Böse, den [X.] im Kampf besiegt. Dies wurde auch vom [X.] übernommen…" (www.geomantie.at, Anlage 1 zum Schreiben des Senats vom 25. Juli 2013);

- "[X.] wie [X.] sind zuerst einmal beides [X.]… In der alttestamentlichen Welt nehmen sie die obersten Plätze in den himmlischen Heerscharen ein…Die [X.] sind wörtlich brennende Lichtengel und werden in der Vision des [X.] 6,1-13 erwähnt…Als Wesen mit sechs Flügeln bedecken sie mit zweien ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie…." (http://pfarrei-laberweinting.de, Anlage 2 zum o. g. Schreiben des Senats);

- "Im Weltbild der [X.], in der die ganze irdische Welt als [X.] angesehen wurde, kam es zum irdischen Fall der [X.], weil der von [X.] erfüllte [X.] als Lichtengel in eine als statisch angenommene ursprüngliche Welt aufstieg, wo er durch den Glanz seiner Schönheit die dortigen Himmelsbewohner zum Teil verführte…" (www.wikipedia.org zu "[X.]", Anlage 3 zum o .g. Schreiben des Senats).

Der Begriff "Lichtengel" wird auch im esoterischen Bereich vielfach beschreibend verwendet, wie das [X.] bereits auf der Grundlage seiner Recherche festgestellt hat. Insoweit stehen Lichtengel v. a. für Boten Gottes, die in dessen Auftrag göttliches Licht verströmen. Ausweislich der ergänzenden Recherchebelege des Senats werden in diesem Bereich verschiedene Bücher sowie "Lichtengel- und Edelsteinkarten" und "Lichtengel Herzkarten", die sich allesamt mit [X.] befassen bzw. solche abbilden, angeboten (vgl. u. a. [X.] und www.storl.de; Anlagen 4, 5, 8, 9 zum o. g. Schreiben des Senats). Spirituelle Heiler und Berater benutzen den Begriff "Lichtengel" ebenfalls, um auf höhere Lichtwesen oder Kräfte hinzuweisen (vgl. www.litios.de und http://lichtengel-serafina.webs.com, Anlagen 6 und 7 zum o. g. Schreiben des Senats).

Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Bedeutungen und Verwendungen eignet sich die Bezeichnung "Lichtengel" zur unmittelbaren Beschreibung des Aussehens und der Beschaffenheit der beschwerdegegenständlichen Waren. So weist das Anmeldezeichen hinsichtlich der in Klasse 14 beanspruchten Waren "Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; [X.], Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente" beschreibend darauf hin, dass die so gekennzeichneten Produkte als stilisierte Lichtengel ausgestaltet oder mit Motiven von [X.] verziert sind. Ausweislich der Rechercheergebnisse des [X.] werden beispielsweise als solche beschriebene "Licht-[X.] Kerzenständer" aus Bronze vertrieben. [X.] und Schmuckwaren können ebenfalls als Lichtengel gestaltet sein, beispielsweise als Anhänger einer Kette. So werden bei dem Online-Anbieter [X.] in der Kategorie Schmuck verschiedene "Lichtengel Anhänger" aus Zirkonia, Weißgold, Gelbgold und Silber angeboten, die von der Form und Art der Gestaltung her – z. B. brillantbesetzte [X.]sflügel – auf einen "Lichtengel", also ein lichtes, leuchtendes [X.]swesen schließen lassen (vgl. [X.], Anlage 10 zum o. g. Schreiben des Senats). Denkbar sind auch Ohrringe, Ringe und Armbänder mit Lichtengel-Motiven bzw. einer Ausgestaltung als Lichtengel, wie verschiedene, wenn auch aus [X.] stammende Recherchebelege zeigen (vgl. [X.], [X.], [X.]; [X.]; [X.]; [X.], Anlagen 11 – 17 zum o. g. Schreiben des Senats).

Entsprechendes gilt für die beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 21 "Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten", die ebenfalls Lichtengel darstellen können. Ausweislich der Recherchebelege des [X.] werden beispielsweise gläserne, golden schimmernde "Licht-[X.]"-Kerzenhalter vertrieben. Desgleichen sind Figuren aus Porzellan oder Steingut in der Gestalt eines Lichtengels denkbar.

Entgegen den Ausführungen der Anmelder bleibt der Bedeutungsgehalt des Begriffs "Lichtengel" im Zusammenhang mit den fraglichen Waren auch nicht vage und unscharf, sondern erschließt sich dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres Nachdenken direkt und unmittelbar, nämlich, dass die fraglichen Produkte stilisierte Motive oder die Form eines Lichtengels – im Sinne eines lichten, leuchtenden [X.]wesens – aufweisen. Der Umstand, dass [X.] körperlich nicht existieren und das Publikum dementsprechend keine konkreten Vorstellungen von [X.] haben mag, steht vor dem Hintergrund der obigen Feststellungen der Möglichkeit, diese Vorstellungen durch entsprechende Gestaltungen und Abbildungen zu erzeugen, nicht entgegen (vgl. auch [X.] (pat) 63/08 - Schutzengel). Die Bezeichnung "Lichtengel" muss von den Mitbewerbern der Anmelder deshalb frei verwendet werden können.

2. Dem begehrten Zeichen fehlt auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], denn die angesprochenen Verkehrskreise werden darin wegen seines oben dargestellten beschreibenden Aussagegehalts in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen sehen.

Meta

28 W (pat) 6/12

19.09.2013

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. 28 W (pat) 6/12 (REWIS RS 2013, 2614)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2614

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