Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.08.2020, Az. 26 W (pat) 5/20

26. Senat | REWIS RS 2020, 159

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Die Lachende" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 059 410.5

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 10. August 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 14 des [X.] vom 27. Juni 2016 und 11. März 2019 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]

3

ist am 13. November 2015 unter der Nummer 30 2015 059 410.5 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 14, 16, 21, 24, 25, 28, 41 und 43 angemeldet worden.Mit Beschlüssen vom 27. Juni 2016 und 11. März 2019, letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen, hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen der

4

[X.]: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in [X.] enthalten; [X.], Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente; Schlüsselanhänger [Fantasie-, Schmuckwaren]; Medaillen; Karnevalsmedaillen; Karnevalsorden;

5

Klasse 16: Papier, Pappe [Karton] und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; [X.]; Photographien; Schreibwaren; [X.]; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckstöcke;

6

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche [nicht aus Edelmetall oder plattiert]; Glaswaren; Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten;

7

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich;

8

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Faschings-, Karnevalskostüme; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich;

9

Klasse 28: [X.], Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck; [X.]; Plüschtiere; Puppen [Spielwaren]; Scherzartikel; Spielbälle [große]; Spielbälle [kleine]; Spielbälle für Karnevalsveranstaltungen; Karnevalsbälle; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich;

[X.]: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen [Unterhaltung]; Organisation und Durchführung von Karnevalsveranstaltungen; Information über Veranstaltungen [Unterhaltung]; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; sämtliche vorgenannten Dienstleistungen nicht im Zusammenhang mit Strand- und Wassersportveranstaltungen und [X.];

Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge bestehe aus dem grammatikalisch regelgerecht gebildeten [X.] Partizip Präsens des Verbs "lachen" mit der Bedeutung "eine weibliche Person, die lacht". Aus dem Partizip Präsens gebildete Nomen wie "die Anwesenden, die Heranwachsenden, die Reisenden, die Verlobte" würden regelmäßig auch in der Alltagssprache verwendet. Die Substantivierung zeige sich durch den vorangestellten Artikel und die Großschreibung. Die angesprochenen Verkehrskreise fassten das Anmeldezeichen lediglich als Sachhinweis auf. Die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen könnten "eine "weibliche lachende erheiterte Person/sich freuende Person" zum Inhalt, Thema oder Motiv haben. Darüber hinaus könne das Anmeldezeichen für weibliche Personen bestimmt oder geeignet sein, die lachen, sich freuen, heiter oder belustigt seien. Das Motiv der zurückgewiesenen Schmuckstücke der [X.] könne eine lachende Person sein. Insbesondere Karnevalsmasken und -orden stellten lachende Personen dar. [X.] könnten sich inhaltlich mit einer lachenden Person beschäftigen. Photographien und Schreibwaren könnten sie abbilden. Auch auf den versagten Waren der Klassen 21, 24 und 25 könnten lachende Personen abgebildet, gemalt oder graviert sein. Sie könnten aber auch wie die [X.] und das Spielzeug der Klasse 28 für Personen, die gerne lachen, bestimmt sein. Die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 könnten inhaltlich so ausgelegt sein, dass sie als lustige Veranstaltungen Personen zum Lachen bringen oder sich thematisch mit Komikern oder Kabarettisten auseinandersetzen. Die aus dem Jahre 2006 stammende Voreintragung "[X.]" (306 30 509), die mit ihren hinzugefügten Punkten als Platzhalter einen gewissen Interpretationsspielraum lasse, sei nicht vergleichbar und entfalte keine Bindungswirkung.Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt die Auffassung, dass das sowohl in der Alltagssprache als auch in der Werbung ungebräuchliche und lexikalisch nicht nachweisbare Anmeldezeichen weder den [X.] noch den Verwendungszweck oder den Anbieter der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen bezeichne. Es weise eine ungewöhnliche syntaktische Struktur und gewisse Originalität auf, wecke lediglich positive Konnotationen oder rufe eine Erwartungshaltung hervor, gebe aber keine Eigenschaften der Produkte und Dienste an, zumal durch den bestimmten Artikel ein konkretes Individuum im Vordergrund stehe. Die Partizipform "lachende" werde ausschließlich zur Beschreibung der Mimik von Menschen, nicht aber von Gegenständen verwendet. Es sei völlig fernliegend, dass die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 von einer lachenden Person erbracht würden. Weder "[X.]" noch "Die lachende Unterhaltung" hätten einen Sinngehalt. Der vage, positiv besetzte Begriff "[X.]" sei viel zu unbestimmt und rege zum Nachdenken an. Da "[X.]", "Lehr und Unterrichtsmittel" sowie unterhaltende Veranstaltungen nahezu universell einsetzbar seien, könne fast jeder denkbare Begriff deren Thema und daher von einer Markeneintragung ausgeschlossen sein. Das Anmeldezeichen sei zwar bei [X.] gefunden worden, allerdings nicht in Alleinstellung. Ferner werde ein Großteil der versagten Waren der Klassen 14, 16, 21, 25 und 28 nicht mit einem Motiv versehen. Dies gelte auch für "Steingut", "Glaswaren", "Schreibwaren", "[X.]", "Büroartikel [ausgenommen Möbel]", "Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]", "Druckstöcke" und Verpackungsmaterial. In den Suchergebnissen unter [X.] sei nur das Adjektiv "lachend", aber nicht die angemeldete Wortfolge zu finden. Die Bildersuche unter [X.] zeige zwar Schmuckgegenstände mit "lachenden" Motiven; diese würden aber nicht als "[X.]" angegeben. Die Interpretation der Markenstelle, wonach die jeweilige Ware eine lachende Person darstelle oder Personen zum Lachen bringen solle, erfordere erhebliche gedankliche Zwischenschritte, die unzulässig seien. Die Wortmarke "Lachende….." (306 30 509) sei am 13. Oktober 2006 für identische Waren und Dienstleistungen der Klassen 14, 25 und 41 eingetragen worden.Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 27. Juni 2016 und 11. März 2019 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "[X.]" als Marke stehen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen weder an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

1. Der angemeldeten Bezeichnung "[X.]" kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – [X.]Congress).

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen ([X.] [X.] Int. 2012, 914 [X.]. 25 – Smart/[X.] [[X.] DAS [X.]]; a. a. [X.]. 36 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] 2004, 1027, [X.]. 33 und 34 - [X.] [Das Prinzip der Bequemlichkeit]; [X.] [X.] 2015, 173 [X.]. 17 – for you; [X.] 2014, 872 [X.]. 14 – [X.]; [X.] 2014, 565 [X.]. 14 – smartbook). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt ([X.] [X.] 2009, 949 [X.]. 10 – [X.]; [X.] 2009, 778 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2010, 935 [X.]. 8 – [X.]). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, [X.] oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen ([X.] a. a. [X.]. 56 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen ([X.] a. a. [X.]. 57 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] [X.]. 17 – for you; [X.] 2013, 552 [X.]. 9 – [X.] schönste Seiten; a. a. O. – [X.]). Der anpreisende Sinn einer angemeldeten Wortfolge schließt deren Eignung als Herkunftshinweis nur dann aus, wenn der Verkehr sie ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht ([X.] [X.]. 23 – [X.]).

b) Diesen Anforderungen wird die angemeldete Wortfolge "[X.]" gerecht. Sie ist aufgrund ihrer Kürze prägnant, einfach gehalten und interpretationsbedürftig. Sie hat bei den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 13. November 2015 entgegen der Ansicht der Markenstelle einen Denkprozess ausgelöst, ohne dass für die zurückgewiesenen Waren der Klassen 14, 16, 21, 24, 25 und 28 oder die versagten Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt oder ein enger beschreibender Bezug zu ihnen erkennbar gewesen ist. Somit hat sie über die erforderliche Eigenart verfügt, um als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst zu werden.

aa) Die vorgenannten Waren und Dienstleistungen richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den Durchschnittsverbraucher als auch an den Fachhandel für Edelmetalle, Schmuck-, Juwelier- und Uhrwaren, [X.], Schreib- und Bürobedarf, Druckereibedarf, Haushaltswaren, Textilwaren, Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen, Spielwaren, Sportartikel sowie Dekorationsbedarf.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den in der Alltagssprache geläufigen Wörtern "Die" und "Lachende" zusammen.

aaa) "Die" ist der bestimmte weibliche Artikel im Nominativ und Akkusativ Singular und Plural. Der bestimmte Artikel wird gewählt, wenn das vom Substantiv bezeichnete Objekt "bestimmt" ist, d. h. wenn Sprecher und Hörer es in gleicher Weise identifizieren ([X.] – Die Grammatik, Band 4, 6. Aufl. 1998, [X.]. 539).

bbb) "Lachende" ist das substantivierte Partizip Präsens des Verbs "lachen".

(1) Das Tätigkeitswort "lachen" hat die Bedeutung "durch eine Mimik, bei der der Mund in die Breite gezogen wird, die Zähne sichtbar werden und um die Augen Fältchen entstehen, [zugleich durch eine Abfolge stoßweise hervorgebrachter, unartikulierter Laute] Freude, Erheiterung, Belustigung o. Ä. erkennen lassen", "eine bestimmte andere Gefühlsregung lachend" "ausdrücken" oder "sich über jemanden, etwas unverhohlen lustig machen" (https://www.duden.de/suchen/dudenonline/lachen). Lachen ist eines der wichtigsten angeborenen emotionalen Ausdrucksverhalten des Menschen, das nicht nur, aber vor allem in der Gemeinschaft mit Mitmenschen seine Wirkung entfaltet. Lachen ist eine Reaktion eines Menschen auf komische oder erheiternde Situationen, eine Entlastungsreaktion nach überwundenen Gefahren, eine Methode zur Abwendung drohender [X.] Konflikte und zur Festigung [X.] Beziehungen sowie ein Abwehrmechanismus gegen spontane Angstzustände (https://de.wikipedia.org/wiki/Lachen).

(2) Das Partizip Präsens wird durch das Anhängen von "-end" an den Wortstamm des [X.] gebildet und wird im Satz als Adjektiv oder Adverb verwendet (https://de.wikipedia.org/wiki/Partizip).

cc) Insgesamt kommen dem Anmeldezeichen "[X.]" aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise daher die Bedeutungen zu "eine bestimmte weibliche Person, die lacht", "eine konkrete Frau, die durch eine Mimik, bei der der Mund in die Breite gezogen wird, die Zähne sichtbar werden und um die Augen Fältchen entstehen, Freude, Belustigung oder Erheiterung erkennen lässt", "ein eindeutiges feminines Individuum, das sich über jemanden, etwas unverhohlen lustig macht" oder "ein fest umrissener weiblicher Jemand, der eine bestimmte andere Gefühlsregung lachend ausdrückt".

dd) Mit diesen Bedeutungen enthält die um Schutz nachsuchende Wortfolge "[X.]" aber weder eine beschreibende Angabe über die Zielgruppe, den Verwendungszweck oder den Anbieter der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 14, 16, 21, 24, 25, 28, 41 und 43 noch eine Werbeaussage, so dass ihr das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann. Denn der Senat hat eine beschreibende oder werblich anpreisende Benutzung der Wortfolge "[X.]" in Alleinstellung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt nicht feststellen können.

aaa) Weder nach der Recherche der Markenstelle noch nach derjenigen des Senats konnte ermittelt werden, dass das Wortzeichen "[X.]", das ausschließlich in seiner angemeldeten Gesamtheit Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist ([X.] [X.] 2015, 173 [X.]. 22 – for you; [X.] 2011, 65 [X.]. 10 – Buchstabe T mit Strich), in Alleinstellung, also ohne ein zusätzliches Bestimmungswort im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich vor dem Anmeldetag, dem 13. November 2015, verwendet worden ist. Soweit nach dem Anmeldezeitpunkt und damit in einer nicht mehr relevanten Pressemitteilung vom 21. November 2015 berichtet worden ist, dass die 44. Karnevalsveranstaltung "Lachende Philipshalle" in [X.] wegen des langen Namens des neuen Sponsors ab Januar 2017 nur noch "[X.]" genannt werden solle, zeigt selbst dieser Ausnahmefall, dass das Adjektiv "lachend" grundsätzlich stets eine Ergänzung benötigt und nur dann darauf verzichtet wird, wenn dem Verkehr der Bezug bekannt ist.

bbb) Abgesehen davon, dass sowohl "Edelmetalle und deren Legierungen" der [X.] als auch "Papier, Pappe [Karton]" der Klasse 16 als unbearbeitete Rohstoffe keine Motive tragen, eignet sich die angemeldete Wortfolge auch nicht zur Bezeichnung eines Dekorationselements bei den übrigen in Rede stehenden Waren.

(1) Zwar spielt auf dem Schmuck- und Uhrensektor motivorientiertes Design eine besonders wichtige Rolle (vgl. BPatG 28 W (pat) 573/17 – [X.]; 29 W (pat) 41/12 – [X.]; 28 W (pat) 123/09 – [X.]). Das Motiv der Produkte ist hierbei eines der wichtigsten Auswahlkriterien. Daher werden sie regelmäßig auch in der Produktbeschreibung durch wörtliche Benennung des Motivs bezeichnet. Für solche Waren ist daher ein als Motivangabe zu verstehendes Zeichen als unmittelbar beschreibende Angabe nicht schutzfähig (vgl. [X.] – [X.]; 28 W (pat) 523/12 – Märchenprinzessin).

Aber der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Bezeichnung des Motivs von Schmuckstücken die Wortkombination "[X.]" ohne erläuternden Zusatz benutzt worden ist. Üblich sind Formulierungen, die das Adjektiv "lachend" ergänzen, wie [X.] "Lachende Schildkröte", "Sonne lachend" oder "Lachende Sonne". Bei der angemeldeten Wortfolge bleibt ohne ein weiteres Substantiv letztlich unklar, um welche konkrete Abbildung es eigentlich geht. Deshalb eignet sie sich nicht als Motivangabe für die Produkte "Aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in [X.] enthalten; [X.], Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente; Schlüsselanhänger [Fantasie-, Schmuckwaren] der [X.].

(2) Da es sich um eine untypische Motivbezeichnung handelt, scheidet ihre Verwendung auch bei den folgenden grundsätzlich verzierbaren Produkten aus:

"Waren aus Papier, Pappe [Karton], soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; [X.]; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten" der Klasse 16,

"Geräte und Behälter für Haushalt und Küche [nicht aus Edelmetall oder plattiert]; Glaswaren; Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten" der Klasse 21,

"Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 24,

"Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Faschings-, Karnevalskostüme; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 25 und

"Christbaumschmuck" der Klasse 28.

(3) "Druckstöcke" der Klasse 16 sind Druckplatten mit manuell oder maschinell erstellten seitenverkehrten Bildelementen im Hochdruckverfahren, bei dem die druckenden Teile der Druckform höher liegen als die nicht druckenden ([X.] Buchdruck). ([X.]; [X.]) Diese werden weder dekoriert, noch wird die Abbildung auf der Druckplatte mit dem Druckstock gleichgesetzt, so dass auch insoweit ein beschreibender Charakter des [X.] ausscheidet.

(4) Aber auch als schlagwortartige Bezeichnung der Abbildung auf "Medaillen; Karnevalsmedaillen; Karnevalsorden" der [X.] oder "Photographien" der Klasse 16 findet die beanspruchte Wortkombination keine Verwendung, wie die [X.] ergeben hat.

(5) Das Anmeldezeichen kommt für die zurückgewiesenen Waren

"Medaillen; Karnevalsmedaillen; Karnevalsorden" der [X.],

"Faschings-, Karnevalskostüme; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 25 und

"[X.], Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; [X.]; Plüschtiere; Puppen [Spielwaren]; Scherzartikel; Spielbälle [große]; Spielbälle [kleine]; Spielbälle für Karnevalsveranstaltungen; Karnevalsbälle; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 28

auch nicht als Bezeichnung für den [X.] in Betracht. Im Gegensatz zu den Wortzeichen, die als unmittelbar beschreibende [X.] angesehen worden sind, wie [X.] Kinder ([X.] [X.] 2003, 1040 [X.]. 32 u. 42; [X.] 2007, 1071 [X.]. 25), [X.] ([X.] (pat) 14/17), Naturbursche (BPatG 27 W (pat) 521/12), Entdecker (BPatG 30 W (pat) 26/14); [X.] (BPatG 27 W (pat) 520/12); [X.] ([X.] (pat) 187/98), [X.] (BPatG 25 W (pat) 554/14), [X.] (BPatG 24 W (pat) 568/14), [X.] (BPatG 24 W (pat) 545/14) und Holzfreund ([X.] (pat) 204/95), eignet sich der Ausdruck "[X.]" nicht als Zielgruppenangabe. Denn er bezieht sich nur auf eine ganz bestimmte weibliche Person und nicht auf einen allgemein beschriebenen [X.] größeren Umfangs.

(6) Für die versagten Produkte

"Faschings-, Karnevalskostüme; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 25 und

"[X.], Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; [X.]; Plüschtiere; Puppen [Spielwaren]; Scherzartikel; Spielbälle [große]; Spielbälle [kleine]; Spielbälle für Karnevalsveranstaltungen; Karnevalsbälle; sämtliche vorgenannten Waren nicht für den Strand-, Schwimm- und Badebereich" der Klasse 28

gibt die angemeldete Wortfolge aber auch keinen Verwendungszweck an. Die Interpretation der Markenstelle, dass das Anmeldezeichen nur darauf hinweise, dass diese Waren Personen zum Lachen bringen sollen, erfordert erhebliche gedankliche Zwischenschritte und damit eine unzulässige analysierende Betrachtungsweise. Denn von einem einzigen femininem Individuum müsste zunächst auf die Mehrzahl "[X.]n" geschlossen werden und dann hinzugedacht werden, dass der bereits eingetretene lachende Zustand erst durch die Betrachtung oder Benutzung der Waren herbeigeführt werden soll.

ccc) Das Anmeldezeichen weist in Bezug auf Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der [X.] auch nicht auf deren Inhalt oder Thema hin.

(1) Die beschwerdegegenständlichen Produkte "[X.]; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]" der Klasse 16 können zwar einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen. Insoweit ist die markenrechtliche Unterscheidungskraft daher zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung nach Art eines Sachtitels geeignet ist, diesen (möglichen) gedanklichen Inhalt der Waren zu beschreiben (vgl. [X.] [X.] 2000, 882 – Bücher für eine bessere Welt; [X.] 2001, 1042 – [X.] UND [X.]; 1043 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten).

Aber vorliegend haben weder die Markenstelle noch der Senat ermitteln können, dass die beanspruchte Wortfolge "[X.]" in Alleinstellung bisher als Titel verwendet worden ist. Da sie sich nur auf eine einzige lachende weibliche Person bezieht, ist sie auch nicht zur Beschreibung eines bestimmten Themas, sondern höchstens eines einzelnen Druckwerks geeignet. Es fehlt daher an einer begrifflichen Offenheit, die Raum für ein breites Spektrum an Themenvarianten eröffnet ([X.] [X.] 2013, 522 [X.]. 17 – [X.] schönste Seiten), so dass ein themenbeschreibender Charakter des [X.] zu verneinen ist.

(2) Entsprechendes gilt für die zurückgewiesenen Dienstleistungen der [X.]

"Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen [Unterhaltung]; Organisation und Durchführung von Karnevalsveranstaltungen; Information über Veranstaltungen [Unterhaltung]; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; sämtliche vorgenannten Dienstleistungen nicht im Zusammenhang mit Strand- und Wassersportveranstaltungen und [X.]".

Das Wortzeichen "[X.]" kann wegen seiner inhaltlichen Beschränkung auch bei ihnen nicht als Themenangabe dienen. Als Erbringer dieser Dienstleistungen kommt eine einzige lachende Person ebenfalls nicht in Betracht. Auch die Zielgruppe oder der [X.] dieser Dienste kann durch das Anmeldezeichen nicht beschrieben werden. Da sich die mit der beanspruchten Wortkombination gekennzeichneten Dienste nur an eine ganz bestimmte weibliche Person richten, fehlt es an einem allgemein beschriebenen [X.] größeren Umfangs. Um von der Unterhaltung eines einzigen anschließend erheiterten Wesens darauf zu schließen, dass die Dienstleistung dem Zweck der Belustigung breiter Verkehrskreise dienen soll, sind mehrere Gedankengänge und damit eine unzulässige analysierende Betrachtungsweise erforderlich.

ddd) Bei den in Rede stehenden Beherbergungs- und Verpflegungsdienstleistungen der Klasse 43 kommt ebenfalls nicht nur eine einzige lachende Frau als Erbringer oder Empfänger der Dienste in Betracht.

eee) Bei dem um Schutz nachsuchenden Wortzeichen "[X.]" handelt es sich zudem nicht um ein geläufiges Werbeschlagwort, weil es nach den Recherchen der Markenstelle und des Senats in der Werbesprache nicht in Alleinstellung verwendet wird.

ee) Die angemeldete Wortfolge "[X.]" erschöpft sich zudem weder in einem auf originelle Selbstdarstellung angelegten "[X.]" noch in einer bekenntnishaften Aussage bzw. Botschaft [X.] Kommunikation, die vom Verkehr nur als solche, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. Denn unabhängig davon, an welcher Stelle das Anmeldezeichen auf den Waren angebracht wäre, könnte dem Ausdruck "[X.]" keine bestimmte, klar erkennbare Botschaft entnommen werden.

2. Wegen der fehlenden Eignung des [X.] zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.

3. Vor einer Eintragung des [X.] wird die Markenstelle das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis noch abschließend zu klären haben, was sie im Beanstandungsbescheid vom 7. Januar 2016 zurückgestellt hat.

Meta

26 W (pat) 5/20

10.08.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.08.2020, Az. 26 W (pat) 5/20 (REWIS RS 2020, 159)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 159

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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