Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.07.2012, Az. 2 AZR 402/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 4441

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18. März 2011 - 10 Sa 1581/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist die - inzwischen aufgelöste - [X.] Tochtergesellschaft der in [X.] ansässigen [X.]. Ihr Hauptsitz befand sich in [X.]. Filialen unterhielt sie in [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]. In diesen und am Hauptsitz waren jeweils Betriebsräte oder ein [X.] gewählt. Diese bildeten einen Gesamtbetriebsrat. Die Beklagte beschäftigte insgesamt 90 Arbeitnehmer, davon nach ihrer Behauptung 38, nach der Behauptung des [X.] 49 Arbeitnehmer in der Hauptniederlassung.

3

Der 1970 geborene Kläger war seit 1997 bei der [X.] und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er arbeitete zuletzt in der Hauptniederlassung in [X.] als Geld- und Devisenhändler im sog. [X.]. Er erhielt eine monatliche Bruttovergütung iHv. 3.565,00 Euro.

4

Im Juni 2004 beschloss die Beklagte eine Änderung ihrer Organisation. Die Filialen in [X.] und [X.] sollten geschlossen, in den anderen Filialen sollte Personal abgebaut werden.

5

Am 8. Oktober 2004 schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich mit einer als Anlage beigefügten Liste der Namen von Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge gekündigt werden sollten. Auf der Liste befand sich auch der Name des [X.]. Der Interessenausgleich war auf Seite 1 paraphiert und auf Seite 2 unterschrieben. Die Namensliste war ebenfalls paraphiert. In dem Interessenausgleich heißt es:

        

„…    

        

1.    

Gegenstand des Interessenausgleiches ist die Umstrukturierung bzw. der Personalabbau in den Betrieben in Düsseldorf, [X.], München und Nürnberg sowie die Stilllegung der Betriebe in [X.] und [X.]. Die vorbezeichneten Betriebsänderungsmaßnahmen werden bis zum 31.03.2005 durchgeführt.

        

2.    

Die Arbeitsverträge der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer(innen) werden betriebsbedingt unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist frühestens zum 31.12.2004 gekündigt. Reichen die Kündigungsfristen über den 31.12.2004 hinaus, wird auf den nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt. ...

                 

Eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer(innen) ist diesem Interessenausgleich als Anlage beigefügt. Die Liste enthält folgende Angaben: Name, Vorname.

                 

...“   

6

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2004 hörte die Beklagte den Betriebsrat der Hauptniederlassung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses an. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2004 stimmte der Betriebsrat der Kündigung zu. Am 20. Oktober 2004 kündigte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse von insgesamt neun in der Hauptniederlassung beschäftigten Arbeitnehmern, darunter das des [X.].

7

Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Er hat die Ansicht vertreten, der Interessenausgleich sei unwirksam. Der Gesamtbetriebsrat sei für dessen Abschluss nicht zuständig gewesen. Das Vorliegen einer Betriebsänderung stehe nicht für alle betroffenen Betriebe fest. Selbst wenn der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig gewesen sei, gelte dies jedenfalls nicht für die Vereinbarung der Namensliste. Diese sei auch nicht mit ihm verhandelt, sondern sei ihm lediglich zur Unterschrift vorgelegt worden. Dringende betriebliche Erfordernisse lägen nicht vor. Die Ertragssituation der [X.] sei gut gewesen. Seine - des [X.] - Aufgaben seien nicht weggefallen. Auf seinem Arbeitsplatz werde nunmehr ein anderer Arbeitnehmer beschäftigt. Auch hätten ihm die Tätigkeiten zweier befristet beschäftigter Arbeitnehmer übertragen werden können. Die [X.] sei grob fehlerhaft.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt

        

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der [X.] vom 20. Oktober 2004 nicht aufgelöst wird.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Gesamtbetriebsrat habe bei der Erstellung des Interessenausgleichs einschließlich der Namensliste und des Sozialplans eine aktive Rolle gespielt. Die [X.] Gesichtspunkte für die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer, seien mit ihm erörtert und gemeinsam festgelegt worden. Der Bereich des Geld- und Devisenhandels mit Drittinstituten und Maklern sei entfallen. Der Kläger sei mit keinem Arbeitnehmer vergleichbar gewesen. Geeignete freie Arbeitsplätze habe es nicht gegeben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit Urteil vom 12. Mai 2010 (- 2 [X.]) hat der Senat das Urteil des [X.]s aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Dieses hat nach Beweisaufnahme über die Behauptung der [X.], Interessenausgleich und Namensliste seien bei Unterzeichnung fest miteinander verbunden gewesen, die Klage erneut abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Kündigung zu Recht für sozial gerechtfertigt gehalten.

I. Die Klage ist zulässig. Die [X.] ist parteifähig (§ 50 ZPO). Die [X.]fähigkeit einer GmbH endet weder allein durch deren Auflösung noch durch die Eintragung der Auflösung in das Handelsregister ([X.] 24. Juni 2004 - 2 [X.]/03 - zu [X.] a der Gründe mwN, [X.] § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5). Eine aufgelöste juristische Person ist zum Zweck der Schuldentilgung und Vermögensverteilung als fortbestehend zu behandeln ([X.] 17. Oktober 1994 - [X.] - [X.], 406).

II. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 [X.] durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des [X.] entgegenstehen.

1. Sind bei einer Betriebsänderung nach § 111 [X.] die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird nach § 1 Abs. 5 Satz 1 [X.] zum einen vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 [X.] bedingt ist. Zum anderen kann die [X.] Auswahl nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden (§ 1 Abs. 5 Satz 2 [X.]). Die Vermutungsbasis, dh. den Umstand, dass eine Betriebsänderung nach § 111 [X.] vorlag und für die Kündigung des Arbeitnehmers kausal war und der Arbeitnehmer in einem wirksam zustande gekommenen Interessenausgleich benannt ist, hat der Arbeitgeber substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen ([X.] 3. April 2008 - 2 [X.] - Rn. 21, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 15; 31. Mai 2007 - 2 [X.]/06 - [X.] [X.] 1972 § 111 Nr. 65 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 12).

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 [X.] sind erfüllt.

a) In der Hauptniederlassung war eine Betriebsänderung geplant.

aa) Bezugsgröße für die Frage, ob eine Betriebsänderung durch Personalabbau iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 [X.], § 17 Abs. 1 [X.] vorliegt, ist die Anzahl der im einzelnen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Zwar kommt es nach § 111 Satz 1 [X.] bei der Feststellung, ob der Betriebsrat überhaupt ein Beteiligungsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten hat, auf die Anzahl der Arbeitnehmer in dem Unternehmen an. Die Unternehmensgröße von mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ist aber nur Voraussetzung für das Entstehen von [X.] des Betriebsrats. Für das Vorliegen einer Betriebsänderung im Sinne der Norm ist hingegen erforderlich, dass die Skalenwerte des § 17 Abs. 1 [X.] im jeweiligen Betrieb erzielt werden. Dies gilt auch dann, wenn für den Abschluss des Interessenausgleichs gem. § 50 Abs. 1 [X.] der Gesamtbetriebsrat zuständig ist ([X.] 12. Mai 2010 - 2 [X.] - Rn. 33, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 21; [X.] 26. Aufl. § 111 Rn. 24).

bb) Danach plante die [X.] in der Hauptniederlassung eine Betriebsänderung. Dort waren nach den Feststellungen des [X.]s entweder 38 oder 49 Arbeitnehmer beschäftigt. Die [X.] beabsichtigte, neun Arbeitnehmer zu entlassen. Ein solcher Personalabbau erfüllt die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 1 [X.] iVm. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme (vgl. [X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 14, [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 31. Mai 2007 - 2 [X.]/06 - Rn. 16, [X.] [X.] 1972 § 111 Nr. 65 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 12).

b) Für den Abschluss des Interessenausgleichs war der Gesamtbetriebsrat zuständig.

aa) Nach § 50 Abs. 1 iVm. § 111 Satz 1 [X.] ist eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung mit dem Gesamtbetriebsrat zu vereinbaren, wenn sich die geplante Maßnahme auf alle oder doch mehrere Betriebe auswirkt und einer einheitlichen Regelung bedarf ([X.] 11. Dezember 2001 - 1 [X.] - [X.]E 100, 60). Eine betriebsübergreifende Regelung muss zwingend erforderlich sein. Deren bloße Zweckmäßigkeit kann in den Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des [X.] nicht begründen ([X.] 11. Dezember 2001 - 1 [X.] - aaO; 11. November 1998 - 7 [X.] - [X.] [X.] 1972 § 50 Nr. 19 = EzA [X.] 1972 § 50 Nr. 17). Wird ein geplanter Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe betroffen, so dass das [X.] betriebsübergreifend gelöst werden muss, ist gem. § 50 Abs. 1 [X.] der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig ([X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 24, [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3; 19. Juni 2007 - 2 [X.] - [X.]E 123, 160; [X.] 26. Aufl. § 50 Rn. 59).

bb) So liegen die Dinge hier. Neben der Hauptniederlassung waren auch die Betriebe [X.] und [X.] von einer Betriebsänderung betroffen. Sie sollten stillgelegt werden. Dabei bestand ein betriebsübergreifendes Regelungsbedürfnis. Dem Interessenausgleich lag ein einheitliches, alle Betriebe in den Blick nehmendes Umstrukturierungskonzept zugrunde, das einer Regelung durch die einzelnen Betriebsräte nicht zugänglich war.

c) Ist der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig, folgt hieraus seine Zuständigkeit auch für die Vereinbarung der Namensliste. Diese ist Teil des Interessenausgleichs ([X.] 10. Aufl. § 1 [X.] Rn. 703f). Ihre Vereinbarung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gremiums, welches für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig ist. Eine nach § 50 Abs. 1 [X.] begründete originäre Zuständigkeit des [X.] erstreckt sich auf die gesamte „Angelegenheit“ im Sinne dieser Bestimmung, nicht nur auf bestimmte Teile oder einen allgemeinen „Rahmen“. Eine einheitliche mitbestimmungspflichtige Angelegenheit kann nicht aufgespalten werden in [X.], die in die Zuständigkeit des [X.] fallen und solche, für die die örtlichen Betriebsräte zuständig sind. Dies wäre mit den Geboten der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit nicht zu vereinbaren ([X.] 14. November 2006 - 1 [X.] - Rn. 35, [X.]E 120, 146). Das gilt auch mit Blick auf eine Namensliste in einem Interessenausgleich iSv. § 1 Abs. 5 [X.], § 111 Satz 1, Satz 3 [X.] ([X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] - Rn. 24, [X.] [X.] 1972 § 102 Nr. 165 = EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3; ebenso [X.] aaO; [X.]S/[X.] 4. Aufl. § 1 [X.] Rn. 795; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 1 [X.] Rn. 234; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 1 [X.] Rn. 360; HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 [X.] Rn. 423; [X.] 26. Aufl. § 112a Rn. 57; [X.]/[X.] NZA 2006, 131, 132; [X.] 2004, 2686, 2687; [X.][X.]/Zwanziger/[X.] 8. Aufl. § 1 [X.] Rn. 715; Fischer BB 2004, 1001, 1003).

d) Die mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte Namensliste genügt auch dem Schriftformerfordernis gem. § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm. §§ 125, 126 BGB.

aa) Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und von Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. Auf das gesetzliche Schriftformerfordernis sind die §§ 125, 126 BGB anwendbar. Nach § 126 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB muss bei einem Vertrag die Unterzeichnung der [X.]en eigenhändig durch [X.] auf derselben Urkunde erfolgen. Da § 1 Abs. 5 [X.] verlangt, dass die zu entlassenden Arbeitnehmer „in einem Interessenausgleich namentlich bezeichnet“ werden, erstreckt sich das Schriftformerfordernis auch auf die Namensliste. Ihm wird ohne Weiteres Genüge getan, wenn diese zwar nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage enthalten ist, Interessenausgleich und Namensliste aber eine einheitliche Urkunde bilden (st. Rspr., [X.] 12. Mai 2010 - 2 [X.] - [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 21; 6. Juli 2006 - 2 [X.] - Rn. 33, [X.] 1969 § 1 Nr. 80 = [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 68). Eine einheitliche Urkunde liegt jedenfalls dann vor, wenn Interessenausgleich und Namensliste von Anfang an körperlich miteinander verbunden waren.

bb) Das [X.] hat nach Durchführung der Beweisaufnahme für wahr erachtet, dass Interessenausgleich und Namensliste im Streitfall von Anfang an eine einheitliche Urkunde gebildet haben. Nach seiner Überzeugung bestanden an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der die Heftung nach eigener Aussage seinerzeit selbst durchgeführt hat, keine Zweifel. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist nicht zu beanstanden. Sie ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen Denkgesetze. Sie lässt auch keine wesentlichen Gesichtspunkte außer Acht.

e) Die Namensliste ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht deshalb ganz oder teilweise „unwirksam“ oder verliert insgesamt ihre in § 1 Abs. 5 [X.] vorgesehenen Wirkungen, weil in ihr möglicherweise auch Arbeitnehmer von Betrieben benannt sind, in denen keine Betriebsänderung stattgefunden hat.

aa) § 1 Abs. 5 [X.] sieht nicht bestimmte „[X.]“ für eine Namensliste vor. Die Vorschrift definiert vielmehr die Voraussetzungen, unter denen das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 [X.] vermutet und die gerichtliche Kontrolle der [X.] eingeschränkt wird.

bb) Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 1 Abs. 5 [X.] gebieten den vollständigen Ausschluss der dort normierten Rechtswirkungen, wenn auf der Namensliste Arbeitnehmer aufgeführt sind, deren Arbeitsverhältnisse gekündigt werden sollen, ohne dass in ihrem Betrieb eine Betriebsänderung vorläge.

(1) Der Eintritt der Wirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 [X.] beruht auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass von der übereinstimmenden Beurteilung der Betriebsparteien eine hohe Gewähr für die Richtigkeit ihrer Einschätzung ausgeht ([X.] 7. Mai 1998 - 2 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 88, 363; [X.]S/[X.] 4. Aufl. § 1 [X.] Rn. 793). Die mit der Namensliste verbundenen Rechtsfolgen verlangen grundsätzlich danach, dass in ihr ausschließlich Arbeitnehmer bezeichnet sind, deren Arbeitsverhältnisse aus der Sicht der Betriebsparteien aufgrund der fraglichen Betriebsänderung zu kündigen sind (vgl. [X.] 26. März 2009 - 2 [X.] - Rn. 37, [X.]E 130, 182). Entspricht eine Namensliste dieser Voraussetzung nicht, bietet sie regelmäßig keine geeignete Basis für den Eintritt der Rechtswirkungen nach § 1 Abs. 5 [X.].

(2) Treffen die Betriebsparteien - wie hier - bei einer mehrere Betriebe erfassenden Betriebsänderung eine Auswahlentscheidung auch bezogen auf Arbeitnehmer, in deren Betrieb keine Betriebsänderung stattfinden soll, so beeinträchtigt dies die der Namensliste beigemessene Richtigkeitsgewähr nicht. Mangelt es bezogen auf einzelne Betriebe an den Voraussetzungen einer Betriebsänderung, führt dies lediglich dazu, dass die in § 1 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 [X.] vorgesehenen Rechtsfolgen für die diesen Betrieben zugehörigen Arbeitnehmer nicht eingreifen. Ihre Nennung in der Namensliste hat dagegen nicht zur Folge, dass die Wirkungen des § 1 Abs. 5 [X.] auch für diejenigen Arbeitnehmer entfielen, die aufgrund einer Betriebsänderung in ihrem Betrieb entlassen werden sollen. Dies folgt insbesondere daraus, dass die [X.] ohnehin betriebsbezogen durchzuführen ist (st. Rspr., [X.] 7. Juli 2011 - 2 [X.] - Rn. 46). Die auf der vom Gesamtbetriebsrat erstellten Namensliste aufgeführten Mitarbeiter sind zunächst - soweit nicht schon geschehen - den einzelnen Betrieben zuzuordnen, um die Anzahl der dort weggefallenen Arbeitsplätze und den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmen zu können. Dafür wiederum ist es ohne Bedeutung, wenn auf der Liste auch Arbeitnehmer aufgeführt sind, deren Arbeitsverhältnisse zwar aufgrund derselben unternehmerischen Planung gekündigt werden sollen, dies aber, ohne dass dem auch in ihren Betrieben eine Betriebsänderung iSv. § 111 [X.] zugrunde läge.

f) Eine „Unwirksamkeit“ der Namensliste ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger behaupteten Umstand, dass die Namensliste dem Gesamtbetriebsrat von der [X.]n vorgegeben und nicht mit ihm verhandelt worden sei. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 5 [X.] erfordert den formwirksamen Abschluss eines nach § 111 [X.] gebotenen Interessenausgleichs mit Namensliste aufgrund einer Betriebsänderung. Darauf, ob und wie intensiv der ([X.] vor der Unterzeichnung über die Namensliste verhandelt hat, kommt es nicht an. Ob der ([X.] seiner hohen Mitverantwortung tatsächlich gerecht geworden ist, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle.

3. Der Kläger hat die Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht widerlegt.

a) Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 [X.] vor, wird gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 [X.] vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Die Vermutungswirkung erstreckt sich auch auf das Nichtvorliegen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit ([X.] 7. Mai 1998 - 2 [X.] - [X.]E 88, 363). Der Arbeitnehmer kann diese Vermutung zwar gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 292 ZPO widerlegen. Dazu ist jedoch ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt ([X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 17, [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 5. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 17, [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 20). Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass entweder der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder er an anderer Stelle im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Dabei sind nur Arbeitsplätze einzubeziehen, die sowohl frei als auch für ihn geeignet sind ([X.] 5. Juni 2008 - 2 [X.]/07 - Rn. 17, [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 178 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 161). Als „frei” sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind ([X.] 15. Dezember 2011 - 2 [X.] - Rn. 24, aaO; 2. Februar 2006 - 2 [X.] - Rn. 22, [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144). Geeignet sind alle Arbeitsplätze, die unter Berücksichtigung der bisher vom Arbeitnehmer verrichteten Tätigkeiten mit seinem vorherigen Arbeitsplatz im Wesentlichen vergleichbar sind ([X.] 10. November 1994 - 2 [X.] - [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Eine ggf. erforderliche angemessene Einarbeitungszeit steht der Einbeziehung des Arbeitsplatzes nicht entgegen ([X.] 5. Juni 2008 - 2 [X.]/07 - aaO).

b) Dieser Darlegungslast hat der Kläger nicht genügt.

aa) Die Behauptungen des [X.], „die Ertragslage sei gut gewesen“ und der - tatsächlich durchgeführten - Umstrukturierung habe kein „konkretes unternehmerisches Konzept“ zugrunde gelegen, vermögen die Vermutungswirkung nicht zu entkräften. Bereits unabhängig von § 1 Abs. 5 [X.] hat eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte Unternehmerentscheidung die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (vgl. [X.] 13. März 2008 - 2 [X.] 1037/06 - Rn. 29, [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; 30. April 1987 - 2 [X.] 184/86 - zu [X.] 2 c der Gründe, [X.]E 55, 262). Diese Vermutung entfällt nur, wenn die Unternehmerentscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich war ([X.] 13. März 2008 - 2 [X.] 1037/06 - aaO; 21. September 2006 - 2 [X.] 607/05 - Rn. 31 mwN, [X.] 1969 § 2 Nr. 130 = [X.] § 2 Nr. 62). Tatsachen, die eine entsprechende Annahme rechtfertigen würden, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan.

bb) Eine Weiterbeschäftigung des [X.] auf seinem bisherigen Arbeitsplatz war nicht möglich, da dieser entfallen ist. Dies wird nicht durch die Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers widerlegt. Das [X.] hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme für wahr erachtet, dass dieser den Arbeitsplatz des [X.] nicht als solchen übernommen hat. Die Haupttätigkeit des [X.] sei die Kreditanalyse, der Kläger sei dagegen Händler gewesen. Der betreffende Arbeitnehmer besitze im Gegensatz zum Kläger auch keine Befugnis zur Vertretung der Bereichsleiterin. Er übe daher eine von der des [X.] abweichende Tätigkeit aus. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen Denkgesetze. Sie lässt auch keine wesentlichen Gesichtspunkte außer Acht.

cc) Freie und geeignete andere Arbeitsplätze hat der Kläger nicht aufgezeigt. Soweit er sich auf zwei Arbeitsplätze beruft, die bei Ausspruch der Kündigung wegen des Ablaufs von Befristungen absehbar frei wurden, hat er nicht dargelegt, dass diese für ihn geeignet waren. Die befristet beschäftigten Arbeitnehmer bezogen unstreitig ein Bruttoarbeitsentgelt von ca. 1.500,00 [X.] bzw. 1.900,00 [X.]. Dies spricht gegen eine Eignung der Stellen für den Kläger als deutlich höher vergütetem Arbeitnehmer. Dieser hat für das Gegenteil keine Anhaltspunkte vorgetragen.

4. Die Kündigung ist nicht wegen einer fehlerhaften [X.] unwirksam.

a) Aufgrund der Nennung des [X.] in der Namensliste kann die [X.] Auswahl nach § 1 Abs. 5 Satz 2 [X.] nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Dieser Prüfungsmaßstab gilt nicht nur für die Auswahlkriterien und deren relative Gewichtung selbst, sondern auch für die Bildung der auswahlrelevanten Arbeitnehmergruppen (st. Rspr., [X.] 12. Mai 2010 - 2 [X.] - Rn. 15, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 21; 23. Oktober 2008 - 2 [X.] 163/07 - Rn. 60, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Die [X.] ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, massive Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 [X.] vorliegt und der Interessenausgleich jede [X.] Ausgewogenheit vermissen lässt ([X.] 12. März 2009 - 2 [X.] 418/07 - Rn. 32, [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 3. April 2008 - 2 [X.] - Rn. 16, [X.] 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 15). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches Anlass zu Beanstandungen gibt ([X.] 10. Juni 2010 - 2 [X.] 420/09 - Rn. 19, [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 22; 18. Oktober 2006 - 2 [X.] 473/05 - Rn. 22 f., [X.]E 120, 18). Dem entspricht es, dass der gekündigte Arbeitnehmer die [X.] Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger schutzwürdig als er selbst.

b) Danach hat das [X.] rechtsfehlerfrei angenommen, die [X.] habe in Ermangelung vergleichbarer Arbeitnehmer keine [X.] durchführen müssen.

aa) Der Kreis der in die [X.] Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. Dies gilt nicht nur bei einer Übereinstimmung der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. An einer Vergleichbarkeit fehlt es hingegen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitsvertrags nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz versetzen kann ([X.] 5. Juni 2008 - 2 [X.] 907/06 - [X.] 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 81; 31. Mai 2007 - 2 [X.] 306/06 - [X.] 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 93 = [X.] § 1 Soziale Auswahl Nr. 76).

bb) Die [X.] hat vorgetragen, der Kläger sei als Geld- und Devisenhändler mit niemandem vergleichbar gewesen. Der Kläger hat demgegenüber nicht substantiiert dargelegt, mit welchen Arbeitnehmern er sich für vergleichbar hielt. Damit hat er schon seiner Darlegungslast nicht genügt. Auf die der Namensliste zugrunde liegende Gewichtung der Auswahlkriterien kommt es daher nicht an.

5. Die Kündigung ist weder wegen eines Verstoßes gegen § 17 [X.] noch wegen einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung unwirksam. Über beide Gesichtspunkte hat der Senat im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits schon mit seinem Urteil vom 12. Mai 2010 entschieden.

[X.]. Als unterlegene [X.] hat der Kläger gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

Meta

2 AZR 402/11

19.07.2012

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 6. September 2005, Az: 8/9/5/22 Ca 9967/04, Teilurteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.07.2012, Az. 2 AZR 402/11 (REWIS RS 2012, 4441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4441

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 AZR 551/08

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