Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2019, Az. XII ZB 554/18

12. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 10870

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unterbringungssache: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ohne Zulassung; Rechtsmittelbelehrung mit falschem Hinweis auf das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde


Leitsatz

1. In Unterbringungssachen ist eine Rechtsbeschwerde nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet (§ 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG).

2. Eine Rechtsmittelbelehrung, die fälschlicherweise darauf hinweist, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde stattfinde, stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Juli 2017 - XII ZB 509/15, FamRZ 2017, 1608).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 26. Oktober 2018 wird verworfen.

Gründe

I.

1

Die Betroffene befindet sich aufgrund eines strafrechtlichen Urteils im Maßregelvollzug in einer forensischen Klinik, die von der Beteiligten betrieben wird.

2

Am 17. September 2018 musste die Betroffene nach einer vorangegangenen Suiziddrohung wegen akuter Selbstgefährdung in der Unterbringungseinrichtung fixiert werden. Mit Schreiben vom 20. September 2018 hat die Beteiligte beim Amtsgericht - Betreuungsgericht - die Genehmigung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung der Betroffenen beantragt, nachdem ein gleichlautender Antrag zuvor von der als Strafvollstreckungskammer zuständigen Jugendkammer des [X.] als unzulässig zurückgewiesen worden und über die Rechtsbeschwerde vom [X.] noch nicht entschieden ist.

3

Das Amtsgericht - Betreuungsgericht - hat den Antrag der Beteiligten auf Genehmigung der Fixierung der Betroffenen mit Beschluss vom 11. Oktober 2018 zurückgewiesen, weil seine Zuständigkeit für die Erteilung der beantragten Genehmigung nicht bestehe. Vielmehr sei die Strafvollstreckungskammer zuständig, weil es sich bei der Fixierung der Betroffenen um eine Maßnahme im Rahmen des [X.] handele. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Der Beschluss enthält am Ende eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig ist. Mit ihrer Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung erreichen, dass das Amtsgericht die beantragte Genehmigung erteilt.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da sie nach § 70 FamFG nicht statthaft ist. Es liegen weder die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG vor noch hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 70 Abs. 1 FamFG).

5

1. Die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG liegen nicht vor.

6

Nach § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist in [X.] eine Rechtsbeschwerde nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen einen Beschluss des [X.] richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn die Beteiligte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde dagegen, dass die von ihr beim Amtsgericht beantragte Genehmigung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung der Betroffenen versagt worden ist.

7

2. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde auch nicht zugelassen.

8

Zwar wird in der Rechtsbehelfsbelehrung ausgeführt, dass gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig ist. Darin liegt jedoch keine wirksame Zulassung der Rechtsbeschwerde.

9

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat nach § 70 Abs. 1 FamFG in dem Beschluss zu erfolgen, mit dem das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung oder das [X.] in erster Instanz entschieden hat. Dabei kann die Zulassung in der Entscheidungsformel oder in den Gründen ausgesprochen werden (Senatsbeschlüsse vom 5. Juli 2017 - [X.] 509/15 - FamRZ 2017, 1608 Rn. 9 und vom 20. Juli 2011 - [X.] 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 15).

Eine unzutreffend erteilte Rechtsbehelfsbelehrung kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ersetzen. Sie dient nicht der Ergänzung oder Interpretation der Entscheidung, sondern allein der Information der Beteiligten über bestehende Rechtsmittel. Durch eine insofern unrichtige Angabe wird deshalb ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft. Dabei gilt diese Bewertung auch dann, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung als Bestandteil des Beschlusses durch die Unterschriften [X.] gedeckt ist. Hierdurch ändert sich der Charakter als bloße Belehrung über das für statthaft gehaltene Rechtsmittel nicht. Eine Willensentschließung im Sinne einer Zulassungsentscheidung kann daraus nicht entnommen werden (Senatsbeschlüsse vom 5. Juli 2017 - [X.] 509/15 - FamRZ 2017, 1608 Rn. 10 und vom 20. Juli 2011 - [X.] 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16 mwN).

Dose     

      

[X.]     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 554/18

30.01.2019

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

§ 70 Abs 1 FamFG, § 70 Abs 3 S 2 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2019, Az. XII ZB 554/18 (REWIS RS 2019, 10870)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 826-827 REWIS RS 2019, 10870

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 144/15 (Bundesgerichtshof)

Unterbringungssache: Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen einen die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisenden Beschluss des …


XII ZB 540/13 (Bundesgerichtshof)

Unterbringungssache: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde des Betreuers eines psychisch kranken Betroffenen gegen die Ablehnung der Unterbringung …


XII ZB 588/20 (Bundesgerichtshof)

Familienstreitsache: Statthaftigkeit einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung des Antrags eines Beteiligten auf Terminierung wegen …


XII ZB 540/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 509/15 (Bundesgerichtshof)

Haushaltsverfahren: Gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Ausgleichszahlung bei vertraglicher Modifizierung; nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde im …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.