Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.07.2017, Az. XII ZB 509/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8521

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Gegenstand

Haushaltsverfahren: Gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Ausgleichszahlung bei vertraglicher Modifizierung; nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde im Wege der Berichtigung


Leitsatz

1. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach § 1568b Abs. 3 BGB ist auch dann im Haushaltsverfahren nach § 200 Abs. 2 FamFG geltend zu machen, wenn er von den Ehegatten vertraglich modifiziert worden ist.

2. Eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde im Wege des Berichtigungsbeschlusses ist nur bei offenbarer Unrichtigkeit möglich, wenn sich aus den Umständen auch für Dritte eindeutig ergibt, dass die Rechtsbeschwerde schon im ursprünglichen Beschluss zugelassen werden sollte. Allein der Umstand, dass der ursprüngliche Beschluss mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden ist, reicht hierfür nicht aus (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Juli 2014, XII ZB 7/14, FamRZ 2014, 1620).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. [X.] des [X.] vom 6. August 2015 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.

Wert: 79.540 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner, ihrem geschiedenen Ehemann, eine in einem Ehevertrag vereinbarte Abfindungszahlung für die beim Antragsgegner verbliebenen Haushaltsgegenstände.

2

Das Amtsgericht hat den Antrag wegen Verjährung des Ausgleichsanspruchs abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] mit Beschluss vom 6. August 2015 zurückgewiesen. Es hat weder in der [X.] noch in den Gründen dieses Beschlusses zur Zulassung der Rechtsbeschwerde Stellung genommen, den Beschluss jedoch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach die Rechtsbeschwerde statthaft ist. Mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 hat das [X.] den Ausgangsbeschluss dahingehend "berichtigt und ergänzt", dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wird. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, die ihr Zahlungsbegehren weiter verfolgt.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 74 Abs. 1 FamFG zu verwerfen, weil sie mangels wirksamer Zulassung nach § 70 Abs. 1 FamFG nicht statthaft ist.

4

1. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, schon weil es sich vorliegend abweichend von der Behandlung in den Vorinstanzen nicht um eine Familienstreitsache in Form einer sonstigen Familiensache gemäß §§ 111 Nr. 10, 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 FamFG handelt, sondern um eine Haushaltssache gemäß §§ 111 Nr. 5, 200 Abs. 2 Nr. 2 FamFG als Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

5

Haushaltssachen sind nach der Legaldefinition des § 200 Abs. 2 FamFG die Verfahren nach §§ 1361 a und 1568 [X.]. Vorliegend macht die Antragstellerin in der Sache den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 1568 b Abs. 3 BGB geltend. Dass dieser vertraglich modifiziert worden ist, ändert seine Rechtsnatur nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2008 - [X.]/07 - FamRZ 2009, 219 Rn. 11 f. zu [X.]; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 200 FamFG Rn. 18).

6

Soweit der [X.] dies zum früheren Recht ausgeschlossen hatte (vgl. [X.] Beschluss vom 4. Juli 1979 - [X.] - FamRZ 1979, 789, 790), lag dies darin begründet, dass nach dem damaligen Gesetzeswortlaut ein Hausratsverfahren und damit auch ein Ausgleichsanspruch nur im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Aufteilung der Hausratsgegenstände in Betracht kam. Nach § 1568 [X.] ist jedoch ein Ausgleichsanspruch - und mithin dessen gerichtliche Geltendmachung im Haushaltsverfahren nach § 200 Abs. 2 FamFG - auch dann möglich, wenn die Ehegatten die Aufteilung der Haushaltsgegenstände einvernehmlich geregelt haben und es einer gerichtlichen Regelung nicht mehr bedarf. Dass die Vereinbarung noch unter der Geltung des früheren Rechts getroffen wurde, hindert die Qualifikation als Haushaltssache nicht, zumal die neue Regelung in § 1568 b Abs. 3 BGB Anwendung findet.

7

2. Die Rechtsbeschwerde ist vom [X.] nicht wirksam zugelassen worden.

8

Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten statthaft, wenn sie das Rechtsbeschwerdegericht oder das [X.] im ersten Rechtszug zugelassen hat. Ausnahmen hiervon, also zulassungsfreie Rechtsbeschwerden, sieht das [X.] nicht vor.

9

a) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat nach § 70 Abs. 1 FamFG in dem Beschluss zu erfolgen, mit dem das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung oder das [X.] in erster Instanz entschieden hat. Dabei kann die Zulassung in der Entscheidungsformel oder in den Gründen ausgesprochen werden (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2011 - [X.] 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 15).

Eine unzutreffend erteilte Rechtsbehelfsbelehrung kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ersetzen. Sie dient nicht der Ergänzung oder Interpretation der Entscheidung, sondern allein der Information der Beteiligten über bestehende Rechtsmittel. Durch eine insofern unrichtige Angabe wird deshalb ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft. Dabei gilt diese Bewertung auch dann, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung als Bestandteil des Beschlusses durch die Unterschriften der erkennenden [X.] gedeckt ist. Hierdurch ändert sich der Charakter als bloße Belehrung über das für statthaft gehaltene Rechtsmittel nicht. Eine Willensentschließung im Sinne einer Zulassungsentscheidung kann daraus nicht entnommen werden (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2011 - [X.] 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16 mwN).

Im vorliegenden Fall enthielt der Beschluss vom 6. August 2015 in seiner ursprünglichen Fassung somit keine Zulassung der Rechtsbeschwerde.

b) Die Zulassung ist auch durch den [X.] des [X.]s vom 12. Oktober 2015 nicht in wirksamer Form erfolgt.

Bei dem Beschluss handelt es sich der Sache nach um eine unzulässige Ergänzung des Beschlusses vom 6. August 2015, die den Senat nicht bindet (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 2014 - [X.] 7/14 - FamRZ 2014, 1620 Rn. 8, 12; [X.] Beschluss vom 12. März 2009 - [X.] 193/08 - NJW-RR 2009, 1349 Rn. 7; [X.] Urteil vom 25. Februar 2000 - [X.] - NJW-RR 2001, 61; [X.]Z 20, 188 = NJW 1956, 830).

Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann zwar eine Berichtigung des Beschlusses, in den eine beschlossene Zulassung versehentlich nicht aufgenommen wurde, nach § 319 ZPO (im vorliegenden Fall: § 42FamFG) erfolgen. Dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde beschlossen und nur versehentlich nicht im Beschluss ausgesprochen war, muss sich dann aber aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergeben, weil nur dann eine "offenbare" Unrichtigkeit vorliegen kann ([X.] Beschluss vom 12. März 2009 - [X.] 193/08 - NJW-RR 2009, 1349 Rn. 8 mwN). Eine offenbare Unrichtigkeit muss selbst für Dritte ohne weiteres erkennbar sein, da auch [X.], die an der fraglichen Entscheidung nicht mitgewirkt haben, über eine Urteilsberichtigung entscheiden dürfen ([X.] Urteil vom 25. Februar 2000 - [X.] - NJW-RR 2001, 61).

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde reicht es mithin nicht aus, dass das [X.] erst in dem [X.] ausgeführt hat, es habe die Rechtsbeschwerde zulassen wollen und der entsprechende Ausspruch sei lediglich versehentlich unterblieben. Denn daraus ergibt sich noch keine Unrichtigkeit des ursprünglichen Beschlusses, welche auch für Dritte ersichtlich wäre. Auch aus der Rechtsbehelfsbelehrung ergibt sich insoweit kein ausreichender Anhalt für eine offenbare Unrichtigkeit. Diese rechtfertigt allenfalls den Schluss, dass das [X.] von der Statthaftigkeit der Beschwerde ausgegangen ist. Die Gründe hierfür bleiben allerdings offen. Dass die Rechtsbeschwerde in [X.] ist, reicht für sich genommen noch nicht aus (vgl. [X.] Beschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.]/10 - juris Rn. 2 ebenfalls für eine zulassungsgebundene Rechtsbeschwerde).

Überdies verbleibt die Möglichkeit, dass die Rechtsbehelfsbelehrung lediglich versehentlich erfolgt ist. Die weiteren Umstände sprechen im Übrigen eher gegen als für die ursprüngliche Absicht des [X.]s, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Denn die Begründung des angefochtenen Beschlusses beschränkt sich auf eine Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung und einen vorangegangenen Hinweisbeschluss des [X.]s. Aus diesem ergibt sich wiederum kein Hinweis auf einen Zulassungsgrund nach § 70 Abs. 2 FamFG. Darin wird weder etwa abweichende Rechtsprechung genannt noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage oder ein bestehender [X.] aufgezeigt.

Dose     

       

Klinkhammer     

       

Botur 

       

Guhling     

       

Krüger     

       

Meta

XII ZB 509/15

05.07.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Hamm, 6. August 2015, Az: II-4 UF 81/15

§ 42 FamFG, § 70 Abs 1 FamFG, § 200 Abs 2 FamFG, § 1568b Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.07.2017, Az. XII ZB 509/15 (REWIS RS 2017, 8521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8521


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 509/15

Bundesgerichtshof, XII ZB 509/15, 05.07.2017.


Az. 4 UF 81/15

Oberlandesgericht Hamm, 4 UF 81/15, 12.10.2015.

Oberlandesgericht Hamm, 4 UF 81/15, 06.08.2015.

Oberlandesgericht Hamm, 4 UF 81/15, 11.06.2015.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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