Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2000, Az. 3 StR 71/00

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1571

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[X.]/00vom21. Juli 2000in der [X.] schweren Bandendiebstahls u.a.; hier: Revision des Angeklagten [X.]- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 21. Juli 2000 gemäß §§ 349Abs. 4, 357 StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Mai 1999, auch soweit es den [X.] betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendieb-stahls in 57 Fällen und Bandendiebstahls in 30 Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Mit der Rüge der Verletzung formellenund sachlichen Rechts wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine Verur-teilung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, so daß es auf die erho-benen Verfahrensrügen nicht ankommt.I.Nach den getroffenen Feststellungen wurden in dem [X.] zwischen 1988 und 1997 fortlaufend Edelstahlprodukte in einer [X.] 3 -menge von über 4.000 Tonnen entwendet, auf das Betriebsgelände des [X.] verfolgten [X.]. verbracht und von diesem für über 14 [X.] verkauft. Dabei handelte es sich um Material, das in den betrieblichenKontrollsystemen nicht oder nicht in der üblichen Form erfaßt war. Die [X.] wurden von mitbeteiligten Betriebsangehörigen der Firma [X.]mit ge-fälschten Etiketten und Kennzeichnungen versehen. Parallel dazu wurden ent-sprechende Lieferscheine und Transportpapiere ausgefertigt. Nachdem deranderweitig verfolgte [X.]. zuvor entsprechend informiert worden war,holte in seinem Auftrag eine - nicht in den [X.] eingeweihte - Spedition un-ter Verwendung der ihr mitgegebenen Ladepapiere jeweils [X.] imBereich von bis zu etwa 25 Tonnen aus dem Stahlwerk ab und brachte sie zudem nur wenige Kilometer entfernten Betrieb des [X.]. .Der Angeklagte [X.] war in der [X.] von Januar 1988 bis zum 10. März1997 in 87 Fällen, der Mitangeklagte [X.] in 79 Fällen an den bandenmä-ßig organisierten Diebstählen beteiligt. Der seit vielen Jahren mit [X.]. befreundete Angeklagte [X.]sorgte als Leiter der Werksicherheit, dem auchder Werkschutz unterstand, und als Leiter des [X.] dafür, daß die [X.] - unter Beteiligung weiterer Werkschutzangehöriger - un-auffällig die Firma verlassen konnten. Auf Nachfrage von [X.]. ließ er die-sen wissen, wann ein bestimmter tatbeteiligter [X.] an der [X.] hatte, der dann von dem Angeklagten [X.]angewiesen worden war,den Lastzug nur pro forma zu verwiegen und die [X.] nicht wei-terzumelden.Der Mitangeklagte [X.]war als Industriemeister an verantwortlicherStelle im Verladebereich der Firma tätig. Unter seiner Mitwirkung wurden [X.] mit den gefälschten Etiketten und Kennzeichnungen versehen. [X.] wurden in Absprache mit [X.]. so festgelegt, daß [X.]oder andere in seinem Umkreis beteiligte Personen zur [X.] der Abholung ihreSchicht im Werk versahen und die Verladung vornahmen und wieder anderePersonen für das unbemerkte Herausfahren der beladenen Lkws sorgenkonnten. Von den Erlösen aus den Stahldiebstählen erhielt der Angeklagte[X.]rund 2 Millionen DM, der Mitangeklagte M. ca. 700.000 DM.Das [X.] hat festgestellt, daß zahlreiche weitere Personen [X.] des Angeklagten [X.]und des Mitangeklagten [X.]an [X.] mit unterschiedlichen Tatbeiträgen im Betrieb [X.] waren. Diese hat die Kammer aber nur als Gehilfen angesehen. [X.] die Angeklagten [X.], den Mitangeklagten [X.]sowie den ander-weitig verfolgten [X.]. haben nach Auffassung der [X.] als [X.] einer Diebesbande gehandelt.II.Die Verurteilung des Angeklagten hat keinen Bestand. Die [X.] belegen in keinem der 87 Einzelfälle, daß der Angeklagte einen Diebstahlals Mitglied einer Bande gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. bzw. § 244 aAbs. 1 StGB begangen hat.1. Rechtsfehlerfrei hat das [X.] allerdings die täterschaftlicheBeteiligung des Angeklagten an den [X.] festgestellt.Bezüglich der Anzahl der begangenen Taten stützt es sich auf die An-gaben einer von Abnehmerbetrieben der Firma [X.]. zusammengestelltenListe, die neben dem jeweiligen Stahlgewicht, dem Rechnungsbetrag und dem- 5 -Empfänger auch das Rechnungsdatum jeder einzelnen Stahlfuhre enthält. Das[X.] hat dabei mehrere Fuhren an einem Tag zu einer Tat zusammen-gefaßt, wenn es sich um die Abholung einer zuvor zusammengestellten Liefe-rung handelte, die die Ladekapazität eines [X.] überschritt. Es hat auf-grund von Zeugenaussagen geschlossen, daß die Stahlfuhren an dem [X.] oder zeitlich ganz kurz zuvor erfolgten. An einer noch ge-naueren Festlegung hat es sich gehindert gesehen, weil weitere Aufzeichnun-gen über die Verladung der Stahlbleche von den Beteiligten später vernichtetoder erst gar nicht gemacht worden waren.Die Feststellungen belegen auch mit hinreichender Sicherheit, daß [X.] an allen [X.] täterschaftlich beteiligt war. Das gilt auch fürdie Taten, die in Abwesenheitszeiten des Angeklagten begangen wurden.Denn insoweit hat die Kammer festgestellt, daß der Angeklagte den Gang [X.] so gut organisiert hatte, daß die übrigen Tatbeteiligten auch ohne seinunmittelbares Eingreifen einen Diebstahl ausführen konnten und er sich auchin diesen Fällen vor Durchführung der [X.] mit anderen Tatbeteiligtenabstimmte sowie nachher auch in diesen Fällen am Gewinn beteiligt wurde.2. Das [X.] hat den Angeklagten [X.]nach den bisher getroffe-nen Feststellungen aber zu Unrecht wegen bandenmäßiger Begehung verur-teilt.Der Tatrichter ist bei diesem Angeklagten davon ausgegangen, daß erseinen Tatbeitrag "vor Ort" geleistet hat. Deshalb kommt es auf die Frage, obein Angeklagter auch dann Bandenmitglied sein kann, wenn er zwar nicht [X.] an der Ausführung des Diebstahls unmittelbar beteiligt ist, aber auf eineandere als täterschaftlichen Tatbeitrag zu wertenden Weise daran mitwirkt, undder Diebstahl von mindestens zwei weiteren Bandenmitgliedern in zeitlichem- 6 -und örtlichem Zusammenhang begangen wird ([X.], Anfragebeschluß des3. Strafsenats, [X.], 255 ff.), nach den bisherigen Feststellungen [X.].Die Feststellungen belegen in keinem einzigen Fall, daß der Angeklagte"unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" gestohlen hat. Nach ständi-ger Rechtsprechung erfordert dieses Tatbestandsmerkmal des § 244 Abs. 1Nr. 2 StGB, daß mindestens zwei Bandenmitglieder während der Tatausfüh-rung zeitlich und örtlich, wenn auch nicht notwendig körperlich, zusammenwir-ken ([X.]St 8, 205, 206 ff.; 33, 50, 52). Das bedeutet, daß der Angeklagte zu-sammen mit einem anderen Bandenmitglied, möglicherweise mit dem hierfür [X.] kommenden Mitangeklagten [X.], bei der Begehung der [X.], nämlich dem Abtransport der mit den Stahlpaketen beladenen Lastzü-ge, am [X.] gewesen sein und mit diesem beim Diebstahl zusammengewirkthaben müßte. Zwar stellt die [X.] fest, daß der Angeklagte als [X.] und des [X.] dafür sorgte, daß die einzelnen Stahl-fuhren - unter Beteiligung weiterer Werkschutzangehöriger - unauffällig [X.] verlassen konnten. Der Angeklagte ließ auf Nachfrage [X.]. sdiesen in jedem Einzelfall wissen, wann ein bestimmter [X.] an der [X.] hatte. Anhand von [X.] hat das[X.] teilweise überprüft, ob der Angeklagte [X.] oder der Mitange-klagte [X.] zu den [X.] im Werk gearbeitet haben und anwesendwaren. Nach dem Ergebnis der Überprüfung war dies "in aller Regel" der Fall,d. h. aber zugleich, daß dies nicht ausschließbar bei einzelnen Diebestatennicht der Fall war. Soweit in den [X.] Urlaube, Krank-heitstage und Feierschichten vermerkt sein sollen, blieben nach Auffassungdes [X.] "immer noch Anwesenheitszeiten, in denen eine Beteiligungan dem jeweiligen Diebstahl möglich" war. Für welche konkreten Taten [X.] 7 -[X.] Urlaube, Krankheitstage und Feierschichten für den Angeklagten[X.], aber auch für den Mitangeklagten [X.] und den früheren [X.]vermerkt waren, ist dem Urteil nicht zu entnehmen; ebensowenig, worauf das [X.] seine Schlußfolgerung stützt, daß für den An-geklagten [X.] stets noch Anwesenheitszeiten belegt sind, die seine Teilnah-me an den einzelnen [X.] nicht als ausgeschlossen, sondern alsmöglich erscheinen lassen. Zwar geht die Kammer davon aus, daß der Ange-klagte bei zahlreichen Taten auf dem Firmengelände bei den [X.] war, sie unterläßt es aber, seine Anwesenheitszeiten den zeitlichfestliegenden und in einer Liste aufgeführten Daten zuzuordnen, so daß [X.] für keinen Einzelfall die Anwesenheit des Angeklagten am [X.] [X.] festgestellt ist. Ein Zusammenwirken des Angeklagten [X.] mit dem Mit-angeklagten [X.] und dem ohnehin nur als Gehilfen angesehenen früherenMitangeklagten [X.]wird entgegen der Auffassung des [X.] durch die Ausführungen des Urteils ([X.]) nicht belegt. Lediglich fürdie [X.] einer konkret benannten und dargelegten längeren Urlaubsabwesen-heit des Angeklagten [X.] führt das [X.] aus, daß "die organisatori-schen Maßnahmen durchaus schon vorher zwischen [X.] und [X.]. abge-sprochen gewesen seien, wobei letzterer sich ohnehin stets noch unmittelbarvor Durchführung der [X.] mit (dem Gehilfen an der Waage) L. abzustimmen pflegte". Dies, sowie die Urteilsdarlegungen innerhalb der rechtli-chen Würdigung, daß ohne den Angeklagten [X.] das Herausschaffen [X.] aus dem Werk nicht möglich gewesen wäre, er mithin eine maß-gebliche Schlüsselposition bei dem Tatgeschehen innegehabt habe, belegen,daß das [X.] das Tatbestandsmerkmal "unter Mitwirkung eines [X.]" verkannt hat. Das Innehaben einer Schlüsselposition, [X.] von generellen Anweisungen und die Vorbereitung der Taten durch- 8 -umfangreiche organisatorische Maßnahmen reichen dazu entgegen der Auf-fassung des [X.] unter den gegebenen Umständen nicht aus.3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Senat auchnicht im Hinblick auf den Anfragebeschluß des 4. Strafsenats des [X.] vom 14. März 2000 (4 [X.] - [X.], 628) an einer [X.] gehindert. Der 4. Senat will unter Aufgabe seiner bisherigen Recht-sprechung es ausreichen lassen, daß nur ein Bandenmitglied am [X.] [X.], er verlangt als Voraussetzung für die Annahme einer Bande allerdings [X.], daß sie aus mindestens drei Bandenmitgliedern besteht. [X.] dann, wenn die Anwesenheit nur eines Bandenmitglieds am [X.] aus-reichen würde, würden die bisherigen Feststellungen die Annahme einer ban-denmäßigen Begehung hier nicht tragen. Das Urteil enthält bisher zu keinerder angeklagten und abgeurteilten Taten die sichere Feststellung der [X.] es Angeklagten [X.] am [X.]. Da das anderweitig verfolgte Ban-denmitglied [X.]. sich jeweils mehrere Kilometer vom [X.] entfernt in sei-nem Betrieb aufhielt, müßte wenigstens das dritte Bandenmitglied, der Mitan-geklagte [X.] , nach den Feststellungen zu den einzelnen Taten bei der Tatausfüh-rung örtlich und zeitlich zugegen gewesen sein. Aber auch das ergeben diegetroffenen Feststellungen - wie bereits dargelegt - für keinen einzigen der [X.] zum Nachteil des Angeklagten [X.] und des Mitangeklagten [X.] abgeurteilten 87 bzw. 79 Fälle.- 9 -III.Die Aufhebung des Urteils zugunsten des Angeklagten [X.] war gemäߧ 357 StPO auf den Mitangeklagten [X.] zu erstrecken. Denn diesachlich-rechtlichen Fehler, die zur Aufhebung des gegen den [X.] ergangenen Urteils geführt haben, betreffen in gleicher Weise den Schuld-und Strafausspruch gegen den Nichtrevidenten [X.] . Auch seine Verur-teilung bezüglich derselben 79 von 87 Taten beruht auf den dem Urteil [X.] anhaftenden [X.].[X.]

Meta

3 StR 71/00

21.07.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2000, Az. 3 StR 71/00 (REWIS RS 2000, 1571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1571

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