Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. 4 StR 645/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11903

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:260417B4STR645.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 645/16

vom
26. April
2017
in der Strafsache
gegen

wegen Mordes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin
am 26.
April
2017
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Bielefeld vom 8.
Juli 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
[X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Ihre Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
1.
Nach dem durch das Protokoll
belegten Vortrag der Revision wurde dem mit Beschluss des [X.] vom 15.
April 2016 zum Vormund der noch jugendlichen Angeklagten bestellten und am Schluss der Beweisaufnahme anwesenden

H.

nicht von Amts wegen das letzte
Wort erteilt. Darin liegt ein Verstoß gegen §
258 Abs.
2 und 3 StPO i.V.m. §
67 Abs.
1 [X.]. Danach ist den Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertre-tern in allen Fällen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, in denen der noch nicht volljährige Angeklagte ein Recht darauf hat.

H.

war als für die
Angeklagte bestellter Vormund nach §
1793 Abs.
1 Satz
1 BGB auch deren [X.] Vertreter (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März 2003

3
StR
434/02, StraFo 1
2
-
3
-
2003, 277; Urteil vom 8.
August 1967

1
StR
279/67, NJW 1967, 2070; Eisen-berg, [X.],
19.
Aufl.,
§
67 Rn.
5).
2.
Das angefochtene Urteil war aufgrund dieses Verfahrensfehlers mit den Feststellungen aufzuheben, weil der [X.] nicht auszuschließen
vermag, dass die Erteilung des letzten Wortes an den Vormund einen Einfluss auf die gesamte Urteilsfindung gehabt hätte.
Ein Verstoß gegen §
258 Abs.
2, 3 StPO (i.V.m. §
67 Abs.
1 [X.]) ist nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet. Er führt deshalb nur insoweit zur Aufhebung eines Urteils, als dieses
auf dem Fehler beruht (§
337 Abs.
1 StPO). Dabei reicht die bloße Möglichkeit eines Beruhens aus (st. Rspr.;
vgl. [X.], Urteil vom 23.
Juli 2015

3
StR
470/14, [X.], 221, 223; Urteil vom 20.
Juni 1996

5
StR
602/95, [X.], 612; weitere Nachweise bei [X.], [X.], 489 Fn.
20 und 21). An einer solchen Möglichkeit fehlt es, wenn nach den Umständen des Einzelfalls mit Sicherheit ausgeschlossen wer-den kann, dass sich die Entscheidungsgrundlage bei einer dem Gesetz ent-sprechenden Verfahrensweise verändert hätte und das Urteil deshalb anders ausgefallen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 15.
November 1968

4
StR
190/68, [X.]St 22, 278, 281; Urteil vom 3.
Mai 1960

1
StR
155/60, [X.]St 14, 265, 268; Urteil vom 2.
Oktober 1951

1
StR
434/51, [X.]St
1, 346, 350
f.; weitere Nachweise bei [X.], [X.], 2004, S.
609
ff.).
Danach konnte das Urteil insgesamt keinen Bestand haben. Der Ange-klagten liegt
zur Last, nach einem weitgehend unauffälligen Tagesverlauf ihren Stiefvater im elterlichen Schlafzimmer getötet und die Nebenklägerin (ihre Mut-ter) durch eine Vielzahl von Messerstichen schwer verletzt zu haben. Ein Tat-motiv hat die [X.] nicht festzustellen
vermocht. Die Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass die Nebenkläge-3
4
5
-
4
-
rin auf ihren Stiefvater eingestochen habe und es anschließend zu einem Kampf zwischen ihr und der Nebenklägerin gekommen sei. Die [X.] hat ihre Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten neben anderen In-

(UA
27), die diese im Zwischenverfahren bei einer richterlichen Vernehmung gemacht hatte. Motive für eine Falschbelastung der Angeklagten hat sie dabei nicht zu erken-nen vermocht (UA
30). Der Vormund der Angeklagten ist ihr Onkel. Der
Be-schluss des [X.]
vom 15.
April 2016, mit dem

H.

gegen den Willen der Nebenklägerin zum Vormund für die Angeklagte
bestellt worden ist, deutet darauf hin, dass die familiären Verhältnisse schon vor der Tat konfliktbehaftet waren. Der [X.] vermag danach nicht auszuschließen, dass

H.

,
der mit einer Ausnahme an allen Hauptverhandlungstagen
anwesend war,
wäre ihm das letzte Wort erteilt worden, die [X.] verändernde Gesichtspunkte

etwa in Bezug auf mögliche Falsch-belastungsmotive
der Nebenklägerin

angeführt hätte.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei-dung.
Sost-Scheible
Franke
Bender

Quentin
Feilcke
6

Meta

4 StR 645/16

26.04.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. 4 StR 645/16 (REWIS RS 2017, 11903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11903

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4 StR 645/16

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