Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2000, Az. 4 StR 246/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1641

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] StR 246/00vom13. Juli 2000in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung [X.] und des Beschwerdeführers am 13. Juli 2000 gemäߧ 349 Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 11. Februar 2000 im Ausspruchüber die Unterbringung des Angeklagten in [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere Strafkammer des[X.]s zurückverwiesen.3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in dreiFällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerer räuberischerErpressung, in einem Fall in Tateinheit mit schwerem Raub, zu [X.] von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.] es die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung [X.] nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wendetsich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzungsachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum [X.] nach§ 66 StGB Erfolg; im übrigen ist es entsprechend der Antragsschrift des- 3 -Generalbundesanwalts vom 5. Juni 2000 unbegründet im Sinne des § 349Abs. 2 StPO.Die Anordnung der Sicherungsverwahrung kann nicht bestehen bleiben.1. Zwar liegen die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB vor.Doch hält die Begründung, mit der das [X.] einen Hang [X.] im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB bejaht hat, rechtlicherNachprüfung nicht stand.a) Das Merkmal [X.] verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustanddes Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen läßt. [X.] derjenige, der dauernd zu Straftaten entschlossen ist oder der [X.] einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wennsich die Gelegenheit dazu bietet (std. Rspr.; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 8m.w.N.; näher zum Hangbegriff in der Rechtsprechung [X.], 14).Davon geht das [X.] zwar mit den gehörten Sachverständigen aus.Doch fehlt es für die Annahme, [X.] strafwürdige Art und Weise, mit sexuellenImpulsen umzugehenfl, habe sich bei dem Angeklagten [X.] einemeingeschliffenen Verhaltensmuster verfestigtfl ([X.]), an einernachvollziehbaren Begründung. Sie wird auch den Feststellungen zu [X.] des Angeklagten und den Umständen der abgeurteilten Taten [X.] weiteres gerecht.In allen drei Fällen vereinbarte der Angeklagte mit auf dem [X.] gegen Zahlung des entsprechenden Entgelts [X.] sexueller Handlungen, nach deren Durchführung an abgelegenenOrten er die Geschädigten, wie er jeweils von vornherein geplant hatte, mit- 4 -einer Gaspistole bedrohte und dadurch weitere sexuelle Handlungen und dieRückgabe des von ihm gezahlten Entgelts, in einem Fall auch die [X.] darüber hinausgehenden Betrages erzwang. Der Angeklagte verübte diedrei Taten innerhalb eines Zeitraums von nur gerade einem Monat.Schon dieser enge zeitliche und situative bzw. motivatorischeZusammenhang zwischen den Taten spricht eher gegen ein [X.] (vgl. BGHR aaO Hang 10). Zwar meint das[X.], aus den fijetzt in rascher Folge begangenen Taten aufgrund ihrerEnergie und Dichte in Verbindung mit der Persönlichkeitsstruktur [X.]fl sei ein [X.] Prozeß mit gewissen zwanghaftenElementen abzuleitenfl ([X.]). Diese Einschätzung ist aber nicht ohneweiteres mit der im Rahmen der Schuldfähigkeitsbeurteilung getroffenenFeststellung vereinbar, die [X.] ([X.]) Persönlichkeitsstörung bei [X.] weise [X.] süchtiger Entartungfl auf ([X.] 14).b) In diesem Zusammenhang hätte es auch [X.] mit dem Umstand bedurft, daß der Angeklagte nach [X.] nach den früheren, Ende 1986 und Anfang 1987 im [X.] Taten bis zu der jetzigen [X.] im Juni/Juli 1999 nicht wiederstraffällig geworden ist (vgl. BGHR aaO Hang 8 a.E.). Zwar meint das[X.], für den Angeklagten sei [X.] aggressive Durchsetzung sexuellerHandlungen ohne Rücksicht auf die Opfer ... ein erfolgreiches Mittel, seinestarken Triebe auszuleben, wobei er entsprechende Situationen jederzeitherstellen kann. Es handelt sich um Taten, die endogen und nicht durch einebesondere Gelegenheit ... ausgelöst werdenfl ([X.]). Damit ist aber der[X.] noch nicht ausreichend belegt. Dem läßt sich nämlich schon- 5 -entgegenhalten, daß der Angeklagte vor den hier abgeurteilten Taten [X.] keine fientsprechenden Situationen [X.] hat, seit er ab Mitte 1997im [X.] verkehrte ([X.] 6). Auch deutet seine [X.] insoweit nichtwiderlegte [X.] Einlassung, er habe die Taten begangen, fiweil er nicht so vielGeld gehabt und deshalb nicht so viel habe bezahlen wollenfl ([X.] 11), daraufhin, daß nicht so sehr [X.] als vielmehr äußere Umstände [X.] zu den Taten wesentlich mitbestimmt haben. Dies wiederum könnteden Schluß rechtfertigen, daß die Taten eher Ausdruck einer kriminellen Phaseals einer zeitlich überdauernden, kriminell verfestigten Täterpersönlichkeit [X.] Tatzeit erst 27 Jahre alten Angeklagten sind.2. Im übrigen begegnen auch die Erwägungen, auf die das [X.]die Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB stützt, rechtlichenBedenken. Der Tatrichter mußte bei [X.] Ausübung des ihmeingeräumten Ermessens insbesondere erwägen, welche Wirkung der [X.] langjährigen Freiheitsstrafe auf den jetzt 28jährigen Angeklagten [X.] und ob die Sicherungsverwahrung unter diesen Umständen [X.] auch [X.] des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB) [X.] unerläßlichist ([X.], 331, 332). Das hat das [X.] im Ansatz auch nichtverkannt. Seine Prognose, es sei [X.] nicht zu erwarten,daß <[X.]> aus dem Vollzug der Strafe die notwendigen Lehren ziehtfl ([X.]18), weil es ihm bisher finicht gelungen (sei), sich mit seinem Fehlverhalten undseinen Problemen kritisch auseinanderzusetzenfl, begründet es aber damit, [X.] habe sich fiden mit der Unterbringung verbundenenBehandlungsmöglichkeiten ... verschlossen. Auch der mit der Unterbringungverbundene mehrjährige Freiheitsentzug hat keine Veränderung bewirktfl ([X.]18). Damit hat es sich auf Umstände gestützt , die es nicht zu Lasten des- 6 -Angeklagten werten durfte. Denn der Unterbringung im psychiatrischenKrankenhaus, die in dem früheren Verfahren neben einer einjährigenJugendstrafe angeordnet, aber bis zu ihrer Aussetzung im Jahr 1994insgesamt sieben Jahre vollzogen wurde ([X.] 5/6), lag nach Auffassung der imvorliegenden Verfahren gehörten Sachverständigen, denen das [X.]folgt, fimit aller Wahrscheinlichkeit eine Fehldiagnosefl zugrunde ([X.] 13).Dann aber konnte von dem Angeklagten auch nicht erwartet werden, sich [X.] therapeutische Bearbeitung (seiner) [X.] zu öffnen.Ihm im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGBanzulasten, daß er fieiner Therapie nicht zugänglich warfl und [X.] zu erzielen warfl ([X.] 6), ist unter diesen Umständen [X.] auch [X.] auf die lange Dauer der seinerzeit vollzogenen, in ihren Voraussetzungennunmehr in Frage gestellten Unterbringung [X.] widersprüchlich.[X.] Athing

Meta

4 StR 246/00

13.07.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2000, Az. 4 StR 246/00 (REWIS RS 2000, 1641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1641

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.