Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. 5 StR 334/02

5. Strafsenat | REWIS RS 2002, 473

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5 [X.]/02BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 28. November 2002in der Strafsachegegenwegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28. No-vember 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],Richter Dr. Raum,Richter Dr. Brause,Richter [X.] beisitzende Richter,Oberstaatsanwalt beim [X.] Vertreter der [X.],Rechtsanwalt [X.] Verteidiger,Rechtsanwältin [X.] Vertreterin des [X.],[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht [X.] Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil [X.] vom 29. Januar 2002 wird [X.].Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zutragen.2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das ge-nannte Urteil mit den Feststellungen aufgehobena) soweit das [X.] von der Anordnung der Siche-rungsverwahrung abgesehen hat,b) im Ausspruch der Gesamtstrafe.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.] der Staatsanwaltschaft, an eine andere Straf-kammer des [X.]s zurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchsvon Kindern in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren undsechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf den Strafausspruch- 4 -beschränkte Revision des Angeklagten erweist sich als unbegründet. [X.] der Staatsanwaltschaft ist, wie die Auslegung der Revisionsbegrün-dung erweist, zum Nachteil des Angeklagten auf die Überprüfung des Unter-lassens der Anordnung der Sicherungsverwahrung beschränkt. Das [X.], das vom [X.] vertreten wird, hat Erfolg.I.Nach den Feststellungen begab sich der 56 Jahre alte Angeklagte [X.] in sechs Fällen zu einer Kiesgrube, sprach dort spielende [X.], manipulierte schließlich an deren Geschlechtsteilen und gab ihnen [X.] in Höhe von überwiegend 10,00 DM. In weiteren elf Fällen ludder Angeklagte Jungen in seine Wohnung ein, zeigte ihnen [X.], manipulierte an deren Geschlechtsteilen sowie vor ihren Augen anseinem eigenen Penis bis zum Samenerguß, wobei er ihnen wiederum [X.] meist 10,00 DM gab. Teilweise manipulierte er gleichzeitig anseinem Penis und den [X.]. Auch kam es vor, daßer den Kindern Kondome gab und sie anwies, diese über ihr Geschlechtsteilzu ziehen. In jedem der Fälle betrug die Dauer der Tathandlung jeweils zehnbis fünfzehn Minuten. Das [X.] hat die Taten als Vergehen nach§ 176 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 3, §§ 52, 53 StGB abgeurteilt. Bei der Strafzu-messung hat es nach einer Gesamtbetrachtung und insbesondere unter Be-rücksichtigung dessen, daß der Angeklagte bereits mehrfach einschlägigvorbestraft ist und eine erhebliche Zeit seines Lebens im Straf- und Maßre-gelvollzug verbracht hat, minderschwere Fälle des sexuellen Mißbrauchs vonKindern verneint und den Regelstrafrahmen zugrunde gelegt. Es hat [X.] von sechs Monaten (zweimal), einem Jahr (achtmal), einemJahr und vier Monaten (fünfmal) sowie zwei Jahren und sechs Monaten(zweimal) verhängt und daraus die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren undsechs Monaten gebildet.- 5 -II.Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten bleibt er-folglos. Die [X.] sind nicht zu beanstanden. Bei der Bemessungder Einzelstrafen hat der Tatrichter ausdrücklich erwogen, daß die —geschä-digten Kinder freiwillig zum Angeklagten gegangen sindfi. Schon deshalb istnicht zu besorgen, die [X.] könne nicht bedacht haben, daß die [X.] —jederzeit den [X.] hätten verlassen könnenfi. [X.] enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des [X.].[X.] auf die [X.] der Sicherungsverwahrung beschränkteRevision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.Das [X.] hat [X.] ohne nähere Ausführungen zu § 66 StGB zumachen [X.] die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten inder Sicherungsverwahrung verneint. Beim Angeklagten bestehe zwar einHang zur Begehung einschlägiger Straftaten, es sei aber nicht sicher fest-stellbar, daß es sich hierbei um erhebliche Straftaten im Sinne des § 66Abs. 1 Nr. 3 StGB handele ([X.]). Diese Darlegungen halten rechtlicherPrüfung nicht stand.Die [X.] hat dazu ausgeführt, es sei auszuschließen, daßdurch die Taten die Opfer gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB seelisch oder kör-perlich schwer geschädigt worden seien. Der polizeiliche Vernehmungsbe-amte habe sämtliche geschädigten Kinder vernommen und konnte bei kei-nem Kind seelische Schäden feststellen. Eine den Geschädigten angebotenepsychologische Betreuung sei nicht angenommen worden. Die Kinder hättensich lediglich geschämt, Geld vom Angeklagten angenommen zu haben. [X.] hätten zwar ein belästigendes Moment aufgewiesen, bei der [X.] -genden Sachlage seien aber keine schweren seelischen Schäden zu be-fürchten. Damit werden überhöhte, mit den gesetzlichen Voraussetzungennicht zu vereinbarende Anforderungen gestellt.Es kann dahingestellt bleiben, ob entgegen der Ansicht des Landge-richts die Taten des Angeklagten das ausdrücklich genannte Merkmal derseelischen oder körperlichen Schädigung erfüllen. Der Hang muß sich auf—erhebliche [X.] beziehen. Was darunter zu verstehen ist, hat das [X.] in § 66 Abs. 1 Nr. 3 beispielhaft, doch nicht abschließend aufgezählt.Auch vorsätzliche Straftaten, die an sich in den Bereich mittlerer Kriminalitätfallen, können bei einem genügenden Schweregrad als Grundlage der [X.] ausreichen. Als erheblich erfaßt werden alle Taten, die geeignet sind,den Rechtsfrieden in empfindlicher oder besonders schwerwiegender Weisezu stören (vgl. BGHSt 24, 153, 154; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Erheblich-keit 3).Ein gewisser Anhaltspunkt für die Erheblichkeit ergibt sich aus demUmstand, daß § 66 StGB als formelle Voraussetzung eine Vorverurteilungdes Täters zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erfordert,wenngleich sich nicht generell annehmen läßt, daß bei einer solchen Verur-teilung eine Tat von erheblichem Gewicht vorliegt (vgl. Stree in [X.][X.], StGB 26. Aufl. § 66 Rdn. 39; [X.] in [X.]. § 66Rdn. 109). Hier sind in 15 Fällen Einzelstrafen von mindestens einem [X.] verhängt worden. Die Erheblichkeit kann sich aber auch auseiner Vielzahl von [X.] ergeben, wobei auch eine besonders hoheRückfallgeschwindigkeit von Bedeutung sein kann (vgl. BGHSt 24, 153, 155;BGHR StGB § 66 Abs. 1 Erheblichkeit 2). Der Angeklagte ist seit 1973mehrfach wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern zu mehrjährigen Frei-heitsentzügen verurteilt worden und hat nun eine Vielzahl von Straftaten be-gangen, nachdem er erst kurze Zeit zuvor aus der Unterbringung in einempsychiatrischen Krankenhaus entlassen worden war. Zudem setzt sich das[X.] in Widerspruch zu der bei der Strafzumessung und der [X.] -einer Unterbringung nach § 63 StGB vorgenommenen Wertung, wonach [X.] der jeweiligen Mißbrauchshandlungen ... erheblichfi war und vom [X.] —auch in Zukunft erhebliche gleichgelagerte Straftaten zu erwartenfisind.IV.Über die Anordnung von Sicherungsverwahrung muß nach [X.] befunden werden. Gegebenenfalls müssen die Urteilsgründe auch er-kennen lassen, ob die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1und 2 StGB gegeben sind. Hierzu werden die abgeurteilten Taten einschließ-lich der Begehungszeiten und die verhängten Einzelstrafen mitzuteilen sein(vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Vorverurteilungen 5; [X.]/[X.] 50.Aufl. § 66 Rdn. 3 ff.).Angesichts der vom [X.] angestellten Strafzumessungserwä-gungen kann der Senat nicht ausschließen, daß die [X.], hätte sie- 8 -die Sicherungsverwahrung angeordnet, eine geringere Gesamtstrafe [X.] hätte (vgl. [X.], 1055, 1056; [X.], 480). [X.] der Senat die Gesamtstrafe auf.[X.] Häger [X.]

Meta

5 StR 334/02

28.11.2002

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. 5 StR 334/02 (REWIS RS 2002, 473)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 473

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