Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 27 W (pat) 505/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 8525

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "BRACHIAL Styled by H.D. (Wort-Bildmarke)/BRACHIAL THE LIFESTYLE COMPANY (Wort-Bildmarke)" - klangliche Verwechslungsgefahr -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 076 348

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2012 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde des Inhabers des angegriffenen Zeichens wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 5. Dezember 2008 für die Waren

2

"Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

3

angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

4

ist am 16. März 2009 unter der Nr. 302 008 076 348 in das Markenregister eingetragen und am 17. April 2009 veröffentlicht worden.

5

Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden aus der am 3. März 2007 angemeldeten und am 18. April 2007 für die Waren

6

"Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren"

7

eingetragenen Wort-/Bildmarke 307 14 382

Abbildung

8

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] hat das angegriffene Zeichen mit Beschluss vom 17. November 2010 wegen Verwechslungsgefahr gelöscht. Zur Begründung ist ausgeführt, ausgehend von teilweiser Warenidentität und im Übrigen nicht ferner Ähnlichkeit sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte das angegriffene Zeichen den danach erforderlichen Abstand nicht ein. Die einander gegenüberstehenden Marken seien nicht nur klanglich hochgradig ähnlich.

9

In visueller Hinsicht unterschieden sich die beiden Marken nur bei einer ganz genauen Betrachtung. Die Überschrift laute bei beiden Marken "[X.]" und beide verfügten über einen deutlich kleiner geschriebenen Untertitel, bei dem auch noch der Teil "[X.]" von "LIFE[X.]" in "Styled" auf Seiten der angegriffenen Marke gleich sei. Entgegen den Ausführungen des Inhabers des angegriffenen Zeichens, "[X.]" müsse als beschreibende Angabe vernachlässigt werden, stelle dieser Begriff die Hauptaussage und die [X.] dar. Eine unmittelbare Warenbeschreibung könne diesem Begriff nicht entnommen werden. Selbst wenn man nur durchschnittliche Anforderungen an den [X.] stelle, sei aus optischer und schriftbildlicher Sicht eine Verwechslungsgefahr gegeben.

Dies gelte auch in klanglicher Hinsicht. Die einander gegenüberstehenden Marken wiesen eine klangliche Ähnlichkeit im Sprachrhythmus auf. Die Hauptaussage beider Marken sei sogar identisch. Die Untertitel "[X.]" und "[X.] LIFE[X.] COMPANY" hätten durch den gleichen Wortstamm "Style" auch noch eine gewisse Ähnlichkeit und seien zudem als werbeübliche Zusatzbezeichnungen nur von untergeordneter Bedeutung. Die Aussprache der Wörter "[X.]" und "[X.] LIFE[X.] COMPANY" sei nicht in solchem Maße unterschiedlich, dass dies ein deutliches [X.] der beiden Marken rechtfertigen könne.

Die vorhandenen Ähnlichkeiten in visueller und klanglicher Hinsicht ließen Verwechslungen erwarten, denn gerade bei den vorliegenden Waren finde Kauf auf Sicht mitunter sehr spontan statt und zudem verschwämmen beim schnellerem Hören und Sehen, wie es gerade im Modebereich üblich sei, im undeutlichen Erinnerungsbild die Klang- und Wahrnehmungsbilder von "[X.] [X.]" und "[X.] [X.] LIFE[X.] COMPANY". Die hier vorliegenden Abweichungen "[X.] LIFE ... COMPANY" und "by H. D." seien nicht geeignet, ein Füreinanderlesen zu verhindern.

Nach alledem bestehe ein hochgradig ähnlicher Gesamteindruck der Vergleichsmarken.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er hält die Marken für nicht verwechselbar. Sie unterschieden sich durch die Wörter "[X.]" und "[X.] LIFE[X.] COMPANY" visuell, phonetisch und inhaltlich deutlich voneinander. Der gemeinsame Bestandteil "[X.]" sei als lediglich beschreibende Angabe nicht prägend für den Gesamteindruck der Marken und zu vernachlässigen.

Mit am 20. Februar 2012 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz hat der Markeninhaber die Nichtbenutzungseinrede gegen die Widerspruchsmarke erhoben.

Der Markeninhaber beantragt,

den Beschluss des [X.] vom 17. November 2010 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Der Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Nichtbenutzungseinrede für unzulässig. Im Übrigen verteidigt er den angegriffenen Beschluss und hält die Marken klanglich sowie schriftlich für verwechselbar.

Der jeweils größenmäßig herausgestellte Bestandteil "[X.]" beschreibe die Waren nicht und präge beide Marken. Die weiteren Bestandteile träten bereits durch ihre verkleinerte Darstellung in den Hintergrund und seien als nicht unterscheidungskräftig zu betrachten.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Marken auch nach der Auffassung des [X.]s einer Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unterliegen.

1. Die mit Schriftsatz vom 20. Februar 2012 im Beschwerdeverfahren erhobene Nichtbenutzungseinrede ist unzulässig, weil die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der am 18. April 2007 eingetragenen Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede und dem der mündlichen Verhandlung noch nicht abgelaufen war (§ 43 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

2. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach  § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu löschen, wenn unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Gefahr von Verwechslungen, einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Dabei ist von einer Wechselwirkung in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.], 883 - [X.]; [X.] GRUR 2005, 1042 - Thomson Life). Der Schutz der älteren Marke ist dabei auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere die Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren und Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2007, 318 - [X.]/Autec).

3. Nach diesen Grundsätzen hat die Markenstelle zutreffend die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken angenommen.

a) Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen sind in beiden Warenverzeichnissen identisch enthalten. Die Bekleidungsstücke der Widerspruchsmarke sind mit den weiteren zugunsten der jüngeren Marke eingetragenen Webstoffen durchschnittlich ähnlich und mit den Textilwaren entfernt ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, [X.], 15. Aufl., [X.], 322 unter Hinweis auf [X.] (pat) 154/96).

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich. Entgegen der Ansicht des Markeninhabers fehlt der Widerspruchsmarke wegen des Bestandteils "[X.]" nicht jegliche Unterscheidungskraft, da dieses [X.] Wort in seiner Bedeutung "handgreiflich, mit hoher Körpergewalt" (vgl. [X.], [X.], 6. Aufl., [X.] 2006) die hier in Rede stehenden Waren der [X.] nicht beschreibt.

c) Den danach erforderlichen weiten Abstand halten die Marken nicht ein. [X.] sind die jeweils als Wort-/Bildmarken angemeldeten Vergleichsmarken aufgrund ihrer unterschiedlichen graphischen Ausgestaltungen zwar nicht verwechselbar. Dies gilt jedoch nicht in klanglicher Hinsicht, da beide Marken von dem gemeinsamen Bestandteil "[X.]" geprägt werden und nur mit diesem Bestandteil benannt werden.

Die glatt beschreibenden weiteren Bestandteile "[X.]" bzw. "[X.] LIFE[X.] COMPANY" werden bei einer Benennung weggelassen, auch weil sie sich nicht flüssig aussprechen lassen und als Marke zusammen mit "[X.]" zu lang sind. Für eine Prägung der Marken durch den Bestandteil "[X.]" spricht insbesondere auch, dass sich dieser Bestandteil in beiden Marken von seiner Schriftgröße deutlich von den weiteren Wortbestandteilen abhebt und die Marke jeweils dominiert. Dagegen ist der Bestandteil "[X.]" geeignet, beide Marken zu prägen, da er entgegen der Auffassung des Markeninhabers die hier in Rede stehenden Waren nicht beschreibt.

4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der [X.] hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil diese Entscheidung nicht von denen anderer [X.]e des [X.]s oder anderer nationaler Gerichte abweicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die der [X.] anhand der tatsächlichen Gegebenheiten getroffen hat.

5. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 [X.]), zumal die Bewertung einer Prägung oft so unterschiedlich erfolgt, dass auch hier die Beschwerde nicht aussichtslos erscheinen musste.

Meta

27 W (pat) 505/11

06.03.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 27 W (pat) 505/11 (REWIS RS 2012, 8525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8525

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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