Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.06.2023, Az. 2 B 35/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 4753

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Gegenstand

Ablehnung von in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen; Ruhestandseintritt des vom Berufungsgericht aus dem Dienst entfernten Beamten während des Revisionsverfahrens


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 5. April 2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

1. Der [X.] wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

2

Der 1956 geborene [X.] wurde im Jahr 1972 bei der [X.] eingestellt. Später ist er verbeamtet und im Jahr 1992 zum [X.] befördert worden. Mit der Neuordnung der Bahn wurde er im Jahr 1994 kraft Gesetzes der [X.] zur Dienstleistung zugewiesen. In der Folgezeit war er mehreren Tochterunternehmen - zuletzt seit 2008 der [X.] - zugewiesen und an unterschiedlichen Orten mit verschiedenen Tätigkeiten betraut. [X.] wurde er zum [X.]bahnhauptsekretär befördert. Seit dem [X.] war er in E. als [X.] Lagerlogistik und von Mitte 2012 in [X.] als Fachkraft Beschaffung tätig.

3

Im September 2013 erhielt der Kläger konzernintern die Mitteilung, dass der [X.] im Zeitraum von 2010 bis 2013 [X.] in erheblichem Umfang für Privatfahrten genutzt und damit der ihn beschäftigenden GmbH einen Schaden von über 20 000 € zugefügt habe. Darauf leitete der Kläger ein Disziplinarverfahren ein und setzte den [X.]n hiervon in Kenntnis. Im Dezember 2018 erhob der Kläger [X.] mit dem Vorwurf, der [X.] habe zwischen Januar 2010 und August 2013 in 269 Fällen unberechtigt [X.] für Privatfahrten genutzt und damit einen Schaden von rund 23 800 € verursacht. Das Verwaltungsgericht hat einen Teil der vorgeworfenen Fahrten aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden und den [X.]n aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.]n zurückgewiesen. Der [X.] habe zwischen September 2011 und August 2013 unberechtigterweise 140 Fahrten unter Verwendung von [X.] durchgeführt. Bei 125 dieser Fahrten habe es sich um Fahrten zwischen dem Wohnort - oder einem anderen Aufenthaltsort - des [X.]n und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte gehandelt. Bei den anderen 15 Fahrten von oder zum Wohnort seiner Eltern handele es sich nicht um Firmenreisen, weil sie nicht an der regelmäßigen Arbeitsstätte oder seiner Wohnung begonnen oder beendet worden seien. Damit habe er vorsätzlich gegen seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung, gegen seine Wohlverhaltenspflicht und gegen seine Folgepflicht verstoßen. Angesichts der hohen Zahl der festgestellten Fälle, der erheblichen Dauer des pflichtwidrigen Verhaltens und der Höhe des entstandenen Schadens sei die [X.] die gebotene Disziplinarmaßnahme.

5

Während des Beschwerdeverfahrens ist der [X.] aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten.

6

2. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

7

a) Das gilt zunächst für die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe die [X.] des [X.]n zu den Zeugenvernehmungen im behördlichen Disziplinarverfahren rechtsfehlerhaft nicht als wesentlichen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens gewertet.

8

Der Begriff des [X.] i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfasst Verstöße des Gerichts gegen verwaltungsprozessrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des gerichtlichen Verfahrens - d. h. den Weg zur abschließenden Sachentscheidung und die Art und Weise ihres Erlasses - betreffen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juni 1994 - 6 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO Nr. 3 und vom 2. November 1995 - 9 [X.] - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Ein davon prinzipiell zu unterscheidender Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift zieht einen Verfahrensmangel i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nach sich, wenn das Verwaltungsgericht die sich aus § 55 [X.] ergebende Verpflichtung verletzt hat, auf die Beseitigung eines solchen Mangels durch den Dienstherrn hinzuwirken. Diese Verpflichtung gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch für das Berufungsgericht. Im Hinblick auf das behördliche Disziplinarverfahren und die Klageschrift kann Verfahrensmangel i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur der Verstoß gegen §§ 55 und 65 [X.] sein, nicht aber der Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der [X.]schrift selbst (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 Rn. 18 f.; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 - [X.] 235.1 § 55 [X.] Nr. 2 Rn. 3, vom 20. Dezember 2016 - 2 B 127.15 - [X.] 310 Nr. 96 VwGO Nr. 64 Rn. 6 und vom 14. Dezember 2021 - 2 B 43.21 - NVwZ 2022, 1203 Rn. 22).

9

Die Annahme des [X.], es handele sich bei der [X.] des [X.]n zu den Zeugenvernehmungen im behördlichen Disziplinarverfahren jedenfalls nicht um einen wesentlichen Mangel i. S. v. § 55 [X.], ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat folglich nicht gegen seine aus § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 3 Satz 1 [X.] resultierende Pflicht verstoßen.

Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich i. S. v. § 55 [X.], wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist noch darauf, ob und ggf. wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Maßgeblich ist - wegen der Funktion des Disziplinarverfahrensrechts, bei der Prüfung und ggf. Ahndung von Dienstvergehen gesetzmäßige Ergebnisse zu erzielen - vielmehr die Ergebnisrelevanz (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 Rn. 19; Beschluss vom 14. Dezember 2021 - 2 B 43.21 - NVwZ 2022, 1203 Rn. 25).

Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass das Unterbleiben der Ladung zu den im behördlichen Disziplinarverfahren durchgeführten Zeugenvernehmungen sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens auswirken könnte. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hätte der [X.] sich zum einen noch im behördlichen Disziplinarverfahren, nämlich bei der Anhörung zum Ermittlungsergebnis, zu den Ergebnissen der Zeugenvernehmungen äußern und ggf. Beweisanträge zur ergänzenden Vernehmung von Zeugen stellen können. Außerdem hätte ein etwaiger Aufklärungsmangel auch noch im gerichtlichen Disziplinarverfahren behoben werden können; entsprechende Anträge hat der [X.] nicht gestellt. Unabhängig hiervon hat sich das Oberverwaltungsgericht bei seinen Feststellungen und der Maßnahmebemessung nicht auf Zeugenaussagen im behördlichen Disziplinarverfahren gestützt; soweit diese Zeugenaussagen für einen bestimmten Zeitraum und damit für einen Teil der vorgeworfenen Fälle von Bedeutung waren, sind die entsprechenden Fälle bereits erstinstanzlich ausgeschieden worden.

b) Nicht durchgreifend ist auch die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht hätte die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten "von sich aus beachten müssen", weil der [X.] diese Nichtbeteiligung mangels [X.] nicht selbst habe fristgerecht geltend machen können.

[X.] vom 24. April 2015 ([X.] I S. 642, 643) - [X.] - beansprucht - worauf die Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen hat - für das privatrechtlich organisierte Unternehmen, dem der [X.] im Zeitpunkt der Beendigung des behördlichen Disziplinarverfahrens zugewiesen war, keine Geltung. Gemäß § 2 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 5 [X.] gilt das [X.]gleichstellungsgesetz - nur - für [X.]gerichte, für Behörden und Verwaltungsstellen der unmittelbaren [X.]verwaltung sowie für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts des [X.]. Zwar können gemäß § 2 Abs. 2 [X.] juristische Personen, an denen der [X.] beteiligt ist, das [X.]gleichstellungsgesetz durch einstimmigen Beschluss zur Satzungsänderung ganz oder teilweise für verbindlich erklären. Die Beschwerde trägt jedoch weder vor noch legt sie es dar, dass diese Voraussetzungen bei der GmbH, der der [X.] zugewiesen war, vorlagen.

Abgesehen davon hätte ein etwaiger Mangel gemäß § 55 Abs. 2, § 65 Abs. 2 [X.] unberücksichtigt bleiben können, weil er trotz entsprechender Belehrung nicht fristgerecht geltend gemacht worden ist. Dass eine fristgerechte Geltendmachung binnen zwei Monaten nach Erhebung der [X.] nicht möglich gewesen sei, wie die Beschwerde vorträgt, ist nicht nachvollziehbar, zumal der [X.] bereits Jahre zuvor im behördlichen Disziplinarverfahren anwaltlich - wenn auch durch einen anderen Rechtsanwalt - vertreten war. Dass - worauf die Beschwerde abstellt - der [X.] über seinen jetzigen Bevollmächtigten erst nach Ablauf der gesetzlichen Zweimonatsfrist für die Rüge eines behördlichen [X.] einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hat, ist kein zwingender Grund für die Verspätung i. S. v. § 55 Abs. 2 [X.].

c) Auch die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge war nicht verfahrensfehlerhaft.

aa) Das gilt zunächst für den ersten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass der Dienstherr des [X.]n Kenntnis von dessen Anträgen auf Erteilung eines [X.] hatte, die diese Anträge bearbeitenden, nicht namentlich genannten, Mitarbeiter als Zeugen zu vernehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag aus mehreren Gründen abgelehnt. Es hat ihn zum einen als unzulässig angesehen, weil er mangels der Angabe eines Antragszeitraums, der Benennung der Zeugen und der Bezeichnung ihrer Dienststelle nicht hinreichend bestimmt sei. Zum anderen hat es darauf abgestellt, dass es auf die beantragte Beweiserhebung auch nicht ankomme. Der Online-Antrag des [X.]n vom 19. August 2013 habe sich vielmehr auf einen von der [X.] nicht erfassten, späteren Zeitraum bezogen und auch die behaupteten weiteren Anträge auf Ausstellung eines [X.] könnten als wahr unterstellt werden. Selbst wenn es diese Anträge gegeben habe und sie nicht bearbeitet worden seien, habe dies den [X.]n nicht berechtigt, die Fahrten zwischen [X.] und [X.] unter Verwendung von Firmenreisefahrkarten durchzuführen, und sei dies auch kein [X.] und keine sich auf die Maßnahmebemessung auswirkende Minderung seines Verschuldens.

Die Beschwerde greift nur die erste Begründung des [X.] für die Ablehnung des Beweisantrags - mangelnde Bestimmtheit - an, nicht aber die zweite Begründung - Wahrunterstellung - und muss schon deshalb erfolglos bleiben. Abgesehen davon lässt die Ablehnung des Beweisantrags Rechtsfehler nicht erkennen.

bb) [X.] war auch die Ablehnung des - zweiten - Beweisantrags, zum Beweis der Tatsache, dass es bei den Führungskräften des [X.]n bekannt war, dass dieser regelmäßig auch in [X.] übernachtete, Frau [X.] und [X.] als Zeuginnen zu vernehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag wegen Unerheblichkeit des [X.] abgelehnt: Ob den Dienstvorgesetzten des [X.]n bekannt gewesen sei, dass er regelmäßig zum Wohnsitz seiner Lebensgefährtin bei [X.] pendelte, sei unerheblich für die Frage, ob er für solche Fahrten Firmenreisefahrkarten habe einsetzen dürfen; dass sie gewusst hätten, dass er diese Fahrten mit Firmenreisefahrkarten durchgeführt habe, habe er selbst nicht geltend gemacht.

Die Beschwerde führt hiergegen an, dass bei Kenntnis der Vorgesetzten von einer rechtswidrigen Handhabung des Mitarbeiters den Vorgesetzten eine Fürsorgepflicht treffe, den Mitarbeiter auf die falsche Handhabung hinzuweisen; [X.] das, sei dies bei der Maßnahmebemessung gegenüber dem Mitarbeiter zu berücksichtigen. Diese Beschwerdebegründung geht an den Ausführungen des [X.] vorbei. Das Oberverwaltungsgericht hat gerade darauf abgestellt, dass der [X.] selbst nicht geltend gemacht habe, dass die Vorgesetzten gewusst hätten, dass er für die betreffenden Fahrten Firmenreisefahrkarten eingesetzt habe; mangels Kenntnis konnte sie deshalb auch keine Hinweispflicht treffen. Und eine - im Übrigen von der Beschwerde auch gar nicht geltend gemachte - an die bloße Kenntnis der Fahrten (unabhängig von der Verwendung von Firmenreisefahrkarten) als solche anknüpfende Hinweispflicht besteht ersichtlich nicht.

cc) Außerdem ist auch die Ablehnung des - dritten - Beweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft, Frau [X.] als Zeugin zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass die Handhabung des [X.]n, für seine "dienstlich veranlassten" Reisen auch von bzw. zu seinem Nebenwohnort bei [X.] Firmenreisetickets zu lösen, im August/September 2012 mit seiner Führungskraft [X.] abgesprochen war oder es sich möglicherweise um ein Missverständnis zwischen ihr und dem [X.]n handeln könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.] als unerheblich angesehen. Das Verwaltungsgericht habe den vom [X.]n in der mündlichen Verhandlung mit drei bis vier Wochen angegebenen Übergangszeitraum, für den er gegenüber der Vorgesetzten erklärt habe, mit Firmenreisefahrkarten pendeln zu wollen, aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden; für den Zeitraum seit November 2012 hingegen mache er ein Einverständnis seiner Dienstvorgesetzten mit der Nutzung von Firmenreisefahrkarten von vornherein nicht geltend. Im Übrigen sei das - unterstellte - Nicken der Vorgesetzten nicht eindeutig genug gewesen, dass der [X.] hieraus trotz der des für Fahrten vom Wohnort zur regelmäßigen Arbeitsstätte angebotenen [X.] auf die Zulässigkeit oder Hinnehmbarkeit der Verwendung von Firmenreisefahrkarten für solche Fahrten hätte schließen können, zumal die grundsätzliche Notwendigkeit der Beantragung eines [X.] für diese Fahrten bei diesem Gespräch nicht in Frage gestellt worden sei. Da der [X.] selbst nicht ausschließe, seine Vorgesetzte missverstanden zu haben, hätte er nicht ohne ausdrückliche Auskunft seiner Dienstvorgesetzten von der Zulässigkeit oder Hinnehmbarkeit der Verwendung von Firmenreisefahrkarten ausgehen dürfen.

Die Beschwerde führt hiergegen an, dass die Zeugin [X.] hätte bestätigen können, dass sie von der Handhabung der Abrechnungsmodalitäten des [X.]n Kenntnis gehabt und sie gebilligt habe; die Erwägung des [X.], ein Nicken der Zeugin habe vom [X.]n nicht als Billigung verstanden werden können, greife dem Ergebnis der Beweisaufnahme unzulässig vorweg. Damit kann die Beschwerde nicht durchdringen. Dies gilt in Bezug auf den Aspekt des "Nickens" schon deshalb, weil es sich hierbei lediglich um hilfsweise Ausführungen des Berufungsgerichts handelt. Der Zeitraum, für den der [X.] die Billigung seiner Handhabung geltend macht, ist nicht Gegenstand des [X.], nachdem die entsprechenden Vorwürfe aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden worden waren. Abgesehen davon war die [X.] auch insoweit unbestimmt, als das alternativ ("oder") zur Absprache als [X.] genannte "möglicherweise" entstandene Missverständnis zwischen der Zeugin und dem [X.]n nicht selbst Gegenstand, sondern nur Ergebnis einer Beweiserhebung sein konnte; Gegenstand einer Beweiserhebung und damit Beweisthema hätte nur sein können, dass die Zeugin auf eine Äußerung des [X.]n, für einen Übergangszeitraum für bestimmte Fahrten Firmenreisefahrkarten zu verwenden, mit einer ausdrücklich erklärten Billigung oder mit einem Kopfnicken reagiert habe.

dd) Schließlich ist auch die Ablehnung des - fünften - Beweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft, zum Beweis der Tatsache, dass sämtliche Reisen des [X.]n "mit einem dienstlichen Zweck unterlegt" waren, den Kläger aufzufordern, sämtliche Daten zu den Fahrten des Klägers bei der [X.] als ehemaligem Arbeitgeber einzuholen und vorzulegen. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag aus mehreren Gründen abgelehnt. Der Antrag sei nach § 65 Abs. 3 [X.] zurückzuweisen, weil er nicht vor dem Verwaltungsgericht innerhalb der Frist des § 58 Abs. 2 [X.] gestellt worden sei und seine Berücksichtigung die Erledigung des Verfahrens verzögern würde. Unabhängig davon sei der Antrag nicht hinreichend bestimmt, da nicht angegeben werde, welche Unterlagen vorgelegt werden sollten und die Angabe, die Fahrten seien durch einen dienstlichen Zweck unterlegt gewesen, zu unbestimmt und ins Blaue hinein abgegeben sei. Unabhängig auch davon sei die Beweiserhebung entbehrlich, weil von einer dienstlichen Veranlassung aller Fahrten auszugehen sei oder eine solche unterstellt werden könne. Das gelte auch für Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte, die mangels einer beruflichen Auswärtstätigkeit, d. h. eines auswärtigen [X.], keine Firmenreisen seien.

Die Beschwerde wendet sich hiergegen mit dem Vorbringen, der Beweisantrag sei nicht verspätet, denn er habe bereits mit Schriftsatz vom 27. Februar 2019 darauf hingewiesen, dass er die Namen der Mitarbeiter nicht benennen könne, die Klägerin zur Auskunftserteilung verpflichtet sei und er sich in [X.] befinde, ohne dass der Hinweis gerichtlich beachtet worden sei. Auch sei der Beweisantrag hinreichend bestimmt, denn er könne nicht präziser bestimmt werden. Damit kann sie nicht durchdringen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beweisantrag zu Recht gemäß § 65 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 [X.] zurückgewiesen; hiernach kann ein Beweisantrag, der nach entsprechender Belehrung vor dem Verwaltungsgericht nicht innerhalb der Frist des § 58 Abs. 2 [X.] gestellt worden ist, abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde. Die Beschwerde trägt selbst nicht vor, dass ein entsprechender Beweisantrag erstinstanzlich fristgerecht gestellt worden ist, sondern bezieht sich lediglich auf Hinweise im Zusammenhang mit einem gänzlich anderen Beweisthema; diese stehen einem - fristgerecht gestellten - Beweisantrag nicht gleich. Abgesehen davon setzt sich die Beschwerde auch nicht mit einer weiteren tragenden Begründung zur Ablehnung des Beweisantrags auseinander, nämlich der Entbehrlichkeit der Beweiserhebung wegen Wahrunterstellung des [X.]. Ob der Beweisantrag darüber hinaus auch zu unbestimmt war - worauf das Oberverwaltungsgericht ergänzend abstellt und wogegen sich die Beschwerde wendet -, kann deshalb dahinstehen.

3. Die Beschwerde ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass statt der bereits erstinstanzlich ausgesprochenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dem [X.]n das Ruhegehalt abzuerkennen ist. Das ergibt sich daraus, dass der [X.] während des Beschwerdeverfahrens aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 [X.] wird dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Da der Ausspruch zur Entfernung des [X.]n aus dem Beamtenverhältnis im Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze noch nicht rechtskräftig war, bedarf es nunmehr des Maßgabeausspruchs.

4. [X.] folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühren gesetzlich festgelegt sind (§ 78 Satz 1 [X.] i. V. m. Nr. 62 der Anlage zu § 78 [X.]).

Meta

2 B 35/22

27.06.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 5. April 2022, Az: OVG 82 D 2.21, Urteil

§ 13 Abs 2 S 2 BDG, § 55 Abs 2 BDG, § 65 Abs 1 S 1 BDG, § 55 Abs 3 S 1 BDG, § 2 BGleiG 2015, § 3 Nr 5 BGleiG 2015

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.06.2023, Az. 2 B 35/22 (REWIS RS 2023, 4753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4753

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