Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 27 W (pat) 21/15

27. Senat | REWIS RS 2017, 13125

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Gracia No 1 (Wort-Bild-Marke)/G GARCIA' (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 042 821

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2017 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] sowie die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Der Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 25, vom 6. Februar 2015 wird auf die Beschwerde der Widersprechenden aufgehoben.

Auf den Widerspruch aus der Marke [X.] 947 352 wird die Löschung der Marke 30 2011 042 821 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 1. August 2011 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 13. September 2011 unter der Nr. 30 2011 042 821 für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 18 und 25 in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden:

3

Klasse 18: Waren aus Leder und Lederimitationen, insbesondere Taschen; Handtaschen;

4

Klasse 25: Bekleidungsstücke, insbesondere Damenoberbekleidungsstücke; Kopf-bedeckungen.

5

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 14. Oktober 2011.

6

[X.]egen diese Marke hat die Inhaberin der am 25. Oktober 2007 eingetragenen Wort-/Bildmarke [X.] 947 352

Abbildung

7

am 12. Januar 2012 Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt in [X.] unter anderem Schutz für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 18 und 25:

8

Klasse 18. Leather and imitations of leather, and goods made of these materials and not included in other classes; animal skins, [X.]; bags not included in other classes, handbags, trunks and travelling bags; [X.], [X.]; whips, harness and saddlery,

9

Klasse 25. Clothing, [X.] [clothing], footwear, headgear.

Mit Beschluss vom 13. März 2013 hat das [X.], Markenstelle für Klasse 25, auf den Widerspruch zunächst die Löschung der angegriffenen Marke 30 2011 042 821 ausgesprochen. Der [X.] ist der Ansicht, es bestehe klangliche Verwechslungsgefahr. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Warenidentität sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die jüngere Marke den erforderlichen Abstand nicht ein. Sie werde im [X.]esamteindruck von dem vorangestellten Wort „[X.]“ geprägt, das mit dem die Widerspruchsmarke prägenden Begriff „[X.]´“ klanglich nahezu vollständig übereinstimme. Das nachgestellte Element „N°1“ der angegriffenen Marke sei deutlich kennzeichnungsschwächer als der Begriff „[X.]´“. Soweit es [X.] als Verweis auf ein Premium-Produkt aufgefasst werde, müsse mit seiner Vernachlässigung bei der Benennung der Marke gerechnet werden. Soweit es als Sortimentsbezeichnung (N° 1, N° 2, N° 3 etc.) aufgefasst werde, könne es bei der Benennung zwar nicht weggelassen werden, eine solche auf die „eigentliche“ Marke folgende Sortiments-, Serien- oder Bestellnummer sei aber derart [X.], dass der markenmäßige Schwerpunkt innerhalb des [X.] bei dem voranstehenden, nicht unmittelbar warenbeschreibenden Begriff „[X.]“ liege. Dieser sei daher in jedem Fall für sich selbständig kollisionsbegründend.

Auf die Erinnerung vom 10. April 2013 hin hat das [X.], Markenstelle für Klasse 25, mit Beschluss vom 6. Februar 2015, der Widersprechenden und Beschwerdeführerin zugestellt am 17. Februar 2015, den [X.] aufgehoben und den Widerspruch aus der Marke [X.] 947 352 zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, die angegriffene Marke werde den angesichts einer möglichen Verwendung der [X.] für identische Waren sowie eines durchschnittlichen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke geltenden strengen Anforderungen an den einzuhaltenden Abstand gerecht. Die [X.] würden sich in ihrem [X.]esamteindruck begrifflich, klanglich und schriftbildlich ausreichend unterscheiden.

In klanglicher Hinsicht sei eine Prägung der Vergleichsmarken durch ihre Wortbestandteile „[X.] N°1“ und „[X.] [X.]“ anzunehmen. Diese Wortbestandteile würden sich aufgrund der unterschiedlichen Endungen „Nummer 1“ und „[X.]e“ sowie auch aufgrund des schnell erfassbaren Sinngehalts des in der jüngeren Marke enthaltenen [X.] Wortes „[X.]“ im Sinne von „[X.]razie“ (Anmut) hinreichen unterscheiden. Die jeweils graphisch herausgestellten Bestandteile „N°1“ und „[X.]“ träten nicht derart in den Hintergrund, dass sie nicht zum [X.]esamteindruck der Zeichen beitragen würden. Dies gelte auch für den Fall, dass der angesprochene Verkehr den Wortbestandteil „N°1“ [X.] im Sinne von „Premiumprodukt“ oder als Sortimentsbezeichnung verstehe, da dieser Bestandteil aufgrund seiner Schriftgröße, seiner Stellung und Hervorhebung bei einer Benennung des [X.] nicht weggelassen werde, sondern vielmehr die angegriffene Marke mitpräge.

Hiergegen richtet sich die Widersprechende mit ihrer am 16. März 2015 erhobenen Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin verweist zur Begründung ihrer Beschwerde auf die Entscheidung des [X.]/PRINECT ([X.], [X.], 441). Sie ist der Ansicht, der angesprochene Verkehr werde den räumlich und gestalterisch von dem weiteren Bestandteil der Widerspruchsmarke abgesetzten Einzelbuchstaben „[X.]“ als Abkürzung von „[X.]“ wahrnehmen und ihm keine eigenständige Bedeutung zumessen. Ebenso setze sich der Bestandteil „N°1“ der angegriffenen Marke gestalterisch, räumlich und größenmäßig von dem Wort „[X.]“ ab und habe eine beschreibende Bedeutung, so dass der Verkehr diesem die Aussage „[X.] der Marke [X.]“ oder „[X.] ist die Nummer 1“ entnehmen werde und ihn nicht als ein den [X.]esamteindruck prägendes Element auffassen werde. Aus diesem [X.]runde seien die Worte „[X.]arcia“ und „[X.]RACIA“ gegenüberzustellen. Zur Verwechslungsgefahr könne auf die zutreffenden Ausführungen im [X.] verwiesen werden.

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 25, vom 6. Februar 2015 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke [X.] 947 352 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2011 042 821 anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags verweist sie auf ihre im Verfahren vor dem [X.] eingereichten Schriftsätze. Zur mündlichen Verhandlung ist sie nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des [X.], die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 Marken[X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 Marken[X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zwischen den Vergleichsmarken besteht Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Marken[X.] i. V. m. § 119 Marken[X.]. Daher war der Erinnerungsbeschluss aufzuheben und zudem war – aus [X.]ründen der besseren Verständlichkeit des Tenors der Entscheidung (vgl. zu den unterschiedlichen Tenorierungen [X.] in: [X.]/[X.], Marken[X.], 11. Aufl. 2015, § 70, Rn. 16) – gem. §§ 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1 Marken[X.] die Löschung der angegriffenen Marke 30 2011 042 821 anzuordnen.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen [X.]erichtshofes als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. Eu[X.]H, [X.], 933, Rn. 32 – [X.]; Eu[X.]H, [X.], 1098, Rn. 44 – [X.]/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 64, Rn. 9 – [X.]/Melox–[X.]RY; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2016, 382, Rn. 19 – Bio[X.]ourmet; B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, Rn. 7, [X.]/[X.] DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu Eu[X.]H, [X.]RUR 2008, 343, Rn. 48 – [X.]/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 64, Rn. 9 – [X.]/Melox–[X.]RY; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; siehe auch [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen [X.]esamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (B[X.]H, [X.]RUR 2016, 382, Rn. 37 – Bio[X.]ourmet; B[X.]H, [X.]RUR 2014, 382, Rn. 14 – [X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]).

1. Die [X.] können sich vorliegend auf identischen Waren der Klassen 18 und 25 begegnen. Bei der Beurteilung der [X.] ist von der [X.] auszugehen, da [X.] nicht aufgeworfen wurden.

2. Die Widerspruchsmarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Eu[X.]H, [X.], 228, Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, [X.]. 10 – [X.]/[X.] DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE; B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1127, Rn. 10 – [X.]/[X.]solar; B[X.]H, [X.]RUR 2014, 382, Rn. 18 – [X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 1040, [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, Rn. 10 – [X.]/DAS DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE; B[X.]H, [X.]RUR 2012, 64, Rn. 12 – [X.]/Melox-[X.]RY).

Vorliegend weist die Widerspruchsmarke keinen beschreibenden [X.]ehalt in Bezug auf die von ihr beanspruchten Waren auf und verfügt dementsprechend über eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund Benutzung sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

3. Die hier relevanten Vergleichswaren der Klassen 18 und 25 richten sich insbesondere an den Endverbraucher. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es daher auf die Auffassung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der in Rede stehenden Waren an (B[X.]H, [X.]RUR 2013, 631, 1. Leitsatz - [X.]/Marulablu).

Bei preislich gehobenen Produkten dieser Klassen, bei denen die Verbraucher oftmals ein besonderes Markenbewusstsein an den Tag legen, ist die Aufmerksamkeit und Sorgfalt des angesprochenen Verkehrs beim Kauf etwas erhöht, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Waren dieser Klassen ist demgegenüber von einem geringeren Aufmerksamkeitsgrad auszugehen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 1.6.2016 – 29 W (pat) 64/14 – [X.]). Zugunsten der Beschwerdeführerin wird vorliegend bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine leicht erhöhte Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs zugrunde gelegt.

4. Im Rahmen der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen [X.]esamtabwägung hält die jüngere Marke den vor dem Hintergrund der Identität der Vergleichswaren und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gebotenen deutlichen Abstand (vgl. B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1004, Rn. 51 – [X.]/ISP) nicht ein.

a) Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1004, Rn. 22 – [X.]/ISP; B[X.]H, [X.]RUR 2014, 382, Rn. 25 – [X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2011, 824, Rn. 25 f. – Kappa; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 254 m. w. N.).

Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als [X.]anzes gegenüberzustellen und in ihrem [X.]esamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 237 m. w. N.).

Dies schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im [X.]edächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen [X.]esamteindruck prägend sein können (vgl. Eu[X.]H, [X.]RUR 2005, 1042 – [X.] LIFE; B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2006, 859, Rn. 18 – Malteserkreuz I).

Des Weiteren kann ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung im vorgenannten Sinne dominiert oder prägt (vgl. Eu[X.]H, [X.]RUR 2005, 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2009, 772, Rn. 57 – [X.] Puppenkiste m. w. N.). Bei Identität oder relevanter Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Eu[X.]H, [X.]RUR 2005, 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; B[X.]H, [X.]RUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2009, 772, Rn. 57 – [X.] Puppenkiste m. w. N.).

Bei der Feststellung des [X.]esamteindrucks können auch für sich genommen schutzunfähige Bestandteile mit zu berücksichtigen sein (vgl. Eu[X.]H, [X.]RUR 2016, 80 – B[X.]W/[X.]; B[X.]H, [X.]RUR 2016, 382, Rn. 37 – Bio[X.]ourmet; B[X.]H, [X.]RUR 2004, 783 – [X.]/[X.]). Jedoch kann eine zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit allein im Hinblick auf eine Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen nicht angenommen werden (vgl. B[X.]H, [X.]RUR 2016, 382, Rn. 37 – Bio[X.]ourmet; B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, Rn. 18 – [X.]/[X.] DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE).

c) Die angegriffene Marke wird klanglich durch den Bestandteil „[X.]“, die Widerspruchsmarke durch das Wort „[X.]“ geprägt.

Damit einzelne Bestandteile eines Zeichens dessen [X.]esamteindruck prägen, müssen die anderen Bestandteile des [X.] weitgehend in den Hintergrund treten und dürfen den [X.]esamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, Rn. 13 – [X.]/DAS DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE; Büscher / [X.] / [X.]: [X.]ewerblicher Rechtsschutz, 3. Aufl. 2014, § 14, Rn. 324).

Dies ist zunächst im Hinblick auf den Bestandteil „[X.]RACIA´“ der Widerspruchsmarke anzunehmen.

In Bezug auf den klanglichen [X.]esamteindruck einer Wort-/Bildmarke gilt der Erfahrungssatz, dass der Verkehr in der Regel dem Wortbestandteil als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (B[X.]H, [X.]RUR 2014, 378 Rn. 30 – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.], Marken[X.], 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 433).

Zudem ist für den [X.] in klanglicher Hinsicht maßgeblich, wie die angesprochenen Verkehrskreise die Marke, wenn sie diese in ihrer registrierten Form vor sich haben, mündlich wiedergeben werden, wobei die klangliche Widergabe auch durch die graphische [X.]estaltung der Marke beeinflusst werden kann ([X.], [X.], 441 – [X.]; [X.], Beschluss vom 1.6.2016 – 29 W (pat) 64/14 – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.], Marken[X.], 11.Aufl. 2015, § 9 Rn. 280).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden sich bei der Benennung der Widerspruchsmarke auf den Bestandteil „[X.]“ beschränken und die ältere Marke demgegenüber nicht als „[X.] [X.]e“ oder „[X.]e [X.]“ mündlich wiedergeben. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr zur vereinfachenden Aussprache eines Zeichens neigt (B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1004, Rn. 33 – [X.]/ISP; B[X.]H, [X.]RUR 2002, 613 – [X.]ERRI/[X.]). Zwar ist der Buchstabe „[X.]“ in der älteren Marke durch die rote [X.]estaltung farblich und auch von seiner Position her hervorgehoben. Allerdings spricht gegen die mündliche Wiedergabe unter Einbeziehung dieses Buchstabens bereits, dass für den angesprochenen Verkehr nicht eindeutig ist, wie eine solche Benennung zu erfolgen hätte (vgl. [X.], [X.], 441 – [X.]). Insoweit wäre eine Wiedergabe als „[X.] [X.]e“ oder – da der Buchstabe „[X.]“ oberhalb des Wortes „[X.]“ angeordnet ist – auch als „[X.]e [X.]arcia“ denkbar. Zudem handelt es sich bei dem Buchstaben „[X.]“ zugleich um den Anfangsbuchstaben des Wortes „[X.]“, so dass der Verbraucher hierin lediglich eine – mündlich nicht notwendigerweise wiederzugebende – Akzentuierung bzw. eine Wiederholung des Anfangsbuchstabens sehen wird.

Schließlich handelt es sich bei dem Zeichenelement „[X.]“ auch um ein normal kennzeichnungskräftiges Wort, einen Namen, so dass dieser Bestandteil auch aus Rechtsgründen zur Prägung geeignet ist.

Die angegriffene Marke wird ihrerseits in phonetischer Hinsicht durch das Wort bzw. den Namen „[X.]“ geprägt. Die angesprochenen Verkehrskreise werden den weiteren Bestandteil „N°1“ demgegenüber bei der mündlichen Wiedergabe des prioritätsjüngeren Zeichens vernachlässigen.

Der Name [X.] ist im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als normal kennzeichnungskräftig anzusehen und damit zur Prägung der angegriffenen Marke geeignet. Zwar ist der weitere Bestandteil „N°1“ graphisch durch seinen Fettdruck hervorgehoben und ist – wie oben ausgeführt – auch die graphische [X.]estaltung bei der Beurteilung der mündlichen Wiedergabe einer Marke zu berücksichtigen. Andererseits sind die Bestandteile „[X.]“ und „N°1“ in deutlich unterschiedlichen Schrifttypen gehalten, was zwar im Hinblick auf die Anordnung der Bestandteile „in einer Linie“ und ihren inhaltlichen Bezug zueinander nicht zu einer Annahme zweier getrennter Kennzeichen führt (s. o. Ziff. 4 b)), diese Bestandteile aber sehr wohl als eigenständig erkennen lässt. Der Name „[X.]“ ist zudem in einer an eine Handschrift erinnernden, „individuellen“ Schrift gestaltet. Hierdurch wird der herkunftshinweisende [X.]ehalt dieses Bestandteils im Verhältnis zu dem in Druckschrift gehaltenen Bestandteil „N°1° verstärkt. Vor allem aber ist der Bestandteil „N°1“ allenfalls [X.], sofern ihm nicht sogar jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist. Wie bereits im [X.] zutreffend ausgeführt, wird der Bestandteil „N°1“ [X.] als Verweis auf ein Premium-Produkt – bzw. auf einen Premium-Hersteller – oder als eine Sortiments- oder Serienbezeichnung bzw. Bestellnummer (N° 1, N° 2, N° 3 etc.) aufgefasst werden. Er ist vor diesem Hintergrund als nicht unterscheidungskräftig bzw. äußerst [X.] anzusehen.

Zwar können auch schutzunfähige Bestandteile den [X.]esamteindruck des angegriffenen Zeichens mitprägen, insbesondere wenn sie auf [X.]rund der besonderen graphischen [X.]estaltung als das dominierende Element wahrgenommen werden (B[X.]H, [X.]RUR 2016, 283, Rn. 19 – [X.]/DAS DEUTSCHE SPORTMANA[X.]EMENTAKADEMIE). Vorliegend tritt der allenfalls [X.]e Bestandteil „N°1“ jedoch neben das normal kennzeichnungskräftige Wort „[X.]“, so dass der Bestandteil „N°1“ den [X.]esamteindruck des jüngeren Zeichens nicht mitbestimmt und die angesprochenen Verkehrskreise alleine in dem Namen „[X.]“ einen Herkunftshinweis sehen werden.

Dies gilt auch deshalb, weil der Verkehr – wie oben bereits ausgeführt – zur vereinfachenden bzw. verkürzenden Benennung von Mehrwortzeichen neigt, sofern es sich nicht um einen [X.]esamtbegriff handelt ([X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rn. 410). Von Letzterem ist vorliegend aber gerade nicht auszugehen; das Weglassen der nachgestellten Angabe „N°1“ führt nicht zu einer Änderung im Sinngehalt der jüngeren Marke.

d) Da der angesprochene Verkehr sich gerade an die unterscheidungskräftigen Bestandteile eines Zeichens erinnert, so dass ihre Übereinstimmung mit den prägenden Bestandteilen eines anderen Zeichens eine Zeichenähnlichkeit und im Zusammenwirken mit den übrigen Parametern die Verwechslungsgefahr begründen kann (Büscher / [X.] / [X.]: [X.]ewerblicher Rechtsschutz, 3. Aufl. 2014, § 14, Rn. 410), sind somit der die Widerspruchsmarke prägenden Bestandteil „[X.]“ sowie das die angegriffene Marke prägende Wort „[X.]“ miteinander zu vergleichen. Bei dieser [X.]egenüberstellung sind Verwechslungen im relevanten Umfang nicht auszuschließen.

Die beiden Worte bzw. Namen „[X.]“ und „[X.]arcia“ unterscheiden sich lediglich in der Reihenfolge des zweiten und des dritten Buchstabens. Diese Buchstabenrotation in der [X.] kann die Verwechslungsgefahr nicht verhindern, da sie im [X.]esamtklangbild der [X.] nicht hinreichend zur [X.]eltung kommt. Auch wenn man die Möglichkeit mit einbezieht, dass beide Vergleichswörter auf der Anfangs- oder der Mittelsilbe betont werden könnten, bleiben die Zeichen verwechselbar ähnlich. Denn bei der Ähnlichkeitsprüfung von Marken in klanglicher Hinsicht sind sämtliche dem Sprachgefühl entsprechenden und im Bereich des [X.] liegenden Möglichkeiten der Aussprache und Betonung zu beachten, wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit auf dem jeweiligen [X.]ebiet der Waren und Dienstleistungen fremdsprachige Betonungen oder eine fremdsprachige Aussprache naheliegen ([X.] in: [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 274, 275). Bei Zugrundelegung der Betonung beider [X.] jeweils auf der ersten Silbe „[X.]ar“ oder aber auf dem Vokal „i“ stimmen die beiden Marken in ihrem Sprechrhythmus überein und weisen eine weit überdurchschnittliche Ähnlichkeit auf.

Aber auch bei Zugrundelegung einer Betonung der angegriffenen Marke auf der ersten Silbe und einer – möglicherweise naheliegenden – Betonung der Widerspruchsmarke auf dem Buchstaben „i“ ist von einer zumindest durchschnittlichen phonetischen Ähnlichkeit der [X.] auszugehen, da diese im vom Verkehr besonders beachteten Wortanfang (vgl. B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1004, Rn. 36 – [X.]/ISP), nämlich dem Buchstaben „[X.]“, in der [X.] und in der [X.] „[X.]“ übereinstimmen. Ein ggf. abweichender Sprechrhythmus und die Vertauschung der Buchstaben „a“ und „r“ stehen der Annahme eines klanglich ähnlichen [X.]esamteindrucks nicht entgegen (vgl. auch B[X.]H, [X.]RUR 2015, 1004, Rn. 44 – [X.]/ISP zur Vertauschung von Konsonanten).

Vor dem Hintergrund identischer Waren sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke auch bei Annahme einer möglicherweise leicht erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise und selbst unter Zugrundelegung einer unterschiedlichen Betonung der Vergleichsmarken den gebotenen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Auf den weiteren [X.] in schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht kommt es daher nicht weiter an.

4. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen auf einen der Beteiligten ist nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 Marken[X.].

Meta

27 W (pat) 21/15

30.03.2017

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 27 W (pat) 21/15 (REWIS RS 2017, 13125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13125

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29 W (pat) 64/14

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