Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.11.2019, Az. 27 W (pat) 503/18

27. Senat | REWIS RS 2019, 964

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "N 46°N 46 DEGRÉS NORD (Wort-Bild-Marke)/66°N (IR-Bildmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke [X.] 2012 026 005

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] sowie der Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 29. März 2012 angemeldete Zeichen

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2

ist am 5. Juni 2012 unter der Nummer [X.] 2012 026 005 als Wort-/Bildmarke für diverse Waren der Klassen 9, 18, 20, 22, 24, 25, 27 und 28 sowie Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 in das Markenregister des [X.] eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 6. Juli 2012. Die Marke [X.] 2012 026 005 wurde in der Folgezeit von der ursprünglichen Anmelderin auf die Beschwerdegegnerin umgeschrieben. Diese Umschreibung wurde am 14. November 2012 in das Register des [X.] eingetragen.

3

Am 25. September 2012 hat die Beschwerdeführerin aus ihrer seit 15. Juli 1998 international registrierten [X.] 360

Abbildung

4

Widerspruch erhoben, der sich gegen die Eintragung der Marke [X.] 2012 026 005 für folgende Waren und Dienstleistungen richtet:

5

[X.]: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

6

Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen betreffend Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; [X.] und Katalogversandhandelsdienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten, betreffend Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Textilwaren; Zusammenstellen und Ausstellen von Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Textilwaren für Dritte, um den Kunden bequemes Betrachten und Einkaufen solcher Waren zu ermöglichen;

7

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

8

Die Widerspruchsmarke [X.] genießt ihrerseits Schutz für das Gebiet der [X.] für die nachfolgend genannten Waren der [X.] sowie Dienstleistungen der Klasse 39:

9

[X.]: [X.], especially outdoor and sport clothes;

Klasse 39: [X.].

Die Beschwerdegegnerin hat im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 2. Januar 2013 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung hat die Beschwerdeführerin diverse Unterlagen vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2017 hat das [X.], Markenstelle für [X.] in der Besetzung mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, den Widerspruch zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, zwischen den Vergleichsmarken bestehe keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die beiden Marken könnten sich des Weiteren im Zusammenhang mit mindestens durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen. So bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Waren der [X.] („Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ einerseits und „clothes“ andererseits) höchste [X.] bis hin zur Identität. Zwischen den Dienstleistungen „tourism agency and tourist services“ der Widerspruchsmarke und den Dienstleistungen „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der jüngeren Marke sei eine mittlere Ähnlichkeit gegeben. Schließlich sei von einer zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit zwischen den Waren der [X.] der älteren Marke und den Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Bekleidung der jüngeren Marke auszugehen. Der vor diesem Hintergrund erforderliche Abstand werde von der angegriffenen Marke eingehalten. In schriftbildlicher bzw. visueller Hinsicht bestehe im Hinblick auf die deutlichen Unterschiede der Vergleichsmarken keinerlei Ähnlichkeit. Die wuchtige einzeilige Gestaltung der Widerspruchsmarke weiche erheblich von dem dreiteiligen Aufbau der angegriffenen Marke ab, deren Schrift schmal und „sachlich“ gehalten sei. Auch seien die in der Mitte der jüngeren Marke stehende Zeichenfolge „46°N“ und die Zeichenfolge „66°N“ der Widerspruchsmarke ganz unterschiedlich gestaltet. Bei der älteren Marke sei die Darstellung der Zahl „66“ durch die Verschmelzung der beiden Ziffern in der Mitte sehr markant. Auch in klanglicher Hinsicht sei keine Verwechslung zu befürchten. Selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke nicht mit „N sechsundvierzig Grad Nord“, sondern nur mit „sechsundvierzig Grad Nord“ bezeichnen sollten, so würden die Zahlen „sechsundvierzig“ und „sechsundsechzig“ doch deutlich verschieden ausgesprochen. Auch hier wirke sich die markante und einprägsame Doppelung der Zahl 6 der Widerspruchsmarke verwechslungsmindernd aus. Noch deutlicher seien die klanglichen Unterschiede bei einer [X.] Aussprache der angegriffenen Marke, die durch das Wort „[X.]“ in der unteren Zeile der jüngeren Marke nahegelegt werde. Die Tatsache, dass die Vergleichsmarken völlig verschiedene Angaben bezüglich des Grades nördlicher Breite enthalten würden, sei ebenfalls verwechslungsmindernd. Schließlich fehle es an einer begrifflichen Ähnlichkeit. Die Zahlen „sechsundvierzig“ sowie „sechsundsechzig“ würden zum einen den Polarkreis und zum anderen einen Breitengrad bezeichnen, der beispielsweise durch [X.], [X.] und die [X.] verlaufe, so dass sie keine übereinstimmenden Begriffsinhalte vermittelten. Zudem würden die angesprochenen Verkehrskreise mit der Zahl „66“ der Widerspruchsmarke anders als mit der Zahl „46“ diverse Assoziationen verknüpfen, wie beispielsweise mit der legendären „Route 66“ in [X.] oder mit dem bekannten [X.] „mit 66 Jahren...“.

Gegen den ihr am 23. Oktober 2017 zugestellten Beschluss wendet sich die Widersprechende mit ihrer beim [X.] am 23. November 2017 eingegangenen Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde nicht begründet. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie zur Begründung ihres Widerspruchs vorgetragen, hinsichtlich der Waren „Bekleidungsstücke“ bzw. „clothes" in [X.] liege [X.] vor, im Übrigen seien die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen einander hochgradig ähnlich. Zwischen den Waren „clothes" (Bekleidungsstücke) der Widerspruchsmarke und den von der angegriffenen Marke beanspruchten „Schuhwaren und Kopfbedeckungen" bestehe eine enge Ähnlichkeit. Ebenso sei eine enge Ähnlichkeit zwischen den Waren der [X.] der Widerspruchsmarke und den auf Waren der Klassen 18, 24 und 25 bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke anzunehmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Hersteller im [X.] ihre Waren direkt an den Endkunden verkaufen würden. Zudem bestehe zwischen den Dienstleistungen der Klasse 41 der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen der Klasse 39 der Widerspruchsmarke eine enge Ähnlichkeit, da touristische Angebote häufig auch Unterhaltung oder sportliche und kulturelle Aktivitäten umfassen würden. Die Widerspruchsmarke besitze eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die jüngere Marke halte den vor diesem Hintergrund erforderlichen großen Abstand nicht ein, vielmehr liege eine hochgradige Markenähnlichkeit vor. Im Gesamteindruck der angegriffenen Marke komme dem Bestandteil „46°N" eine prägende Stellung zu. Der Bestandteil „46°N" sei deutlich größer als die darunter befindliche Wortfolge „46 [X.] NORD" und der oben angeordnete und mit einem schwarzen Kreis hinterlegte Buchstabe „N“. Zudem sehe der angesprochene Verkehr in diesem oberen Element eher einen dekorativen graphischen Bestandteil als den Buchstaben „N“. Vor diesem Hintergrund würden die angesprochenen Verkehrskreise ihre Hauptaufmerksamkeit auf die [X.] „46°N" richten und allein diese in ihr Erinnerungsbild aufnehmen. Damit seien die [X.] „46°N" und „66°N" gegenüberzustellen. Da die angesprochenen Verkehrskreise beide unmittelbar als Angabe eines Breitengrads erkennen würden, würden die Marken „sechsundvierzig Grad Nord" und „sechsundsechzig Grad Nord" ausgesprochen. Diese Wortfolgen wiesen die gleiche Anzahl von Silben und die gleiche Silbengliederung auf. Auch die Vokalfolge stimme fast vollständig überein. Schließlich seien die stärker beachteten Wortanfänge „sechsund…“ identisch. Es läge somit eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit vor. Auch in schriftbildlicher Hinsicht kämen sich die Bestandteile „46°N“ und „66°N“ sehr nahe, da sie in drei von vier Schriftzeichen („6°N") übereinstimmen würden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlen „46“ und „66“ einen unterschiedlichen Zahlenwert aufweisen würden, da diesen beiden Zahlen keine Bedeutung im Zusammenhang beispielsweise mit Bekleidungsstücken zukomme. Vielmehr sei auch eine begriffliche Ähnlichkeit anzunehmen, da in beiden Fällen der nördliche Breitengrad bezeichnet werde. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten die Breitengrade 46 bzw. 66 Grad Nord keiner bestimmten Region zuordnen und würden daher lediglich in Erinnerung behalten, dass es sich um die Angabe eines Breitengrads auf der nördlichen Halbkugel handele. Zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung hat die Beschwerdeführerin in großem Umfang Unterlagen vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke [X.] 2012 026 005 aufgrund des Widerspruchs anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass es bereits an einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form fehle. Selbst bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung der Widerspruchsmarke für sämtliche Waren und Dienstleistungen sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Trotz [X.] im Bereich „Bekleidungsstücke“ und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den erforderlichen vergleichsweisen großen Abstand in jedem Fall ein. Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken, die beide mit „°N“ einen nördlichen Breitengrad bezeichnen und in der Ziffer „6“ der zweistelligen Zahl übereinstimmen würden, seien für die Annahme einer die Verwechslungsgefahr begründenden Ähnlichkeit nicht ausreichend, da ihnen erhebliche Unterschiede gegenüberträten, die sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht besonders markant seien. Die unterschiedlichen Werte der in den Vergleichsmarken enthaltenen Zahlen zögen bereits für sich genommen deutliche Unterschiede in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht nach sich. Auch wenn bei zweistelligen Zahlen die zweite Ziffer an erster Stelle genannt werde, so sei der Verbraucher doch gewohnt, seine Aufmerksamkeit nicht auf diese erste (gehörte) Ziffer, sondern auf die für den Zahlenwert wichtigere zweite (gehörte) Ziffer, die schriftbildlich an erster Stelle stehe, zu richten. Daher werde der Unterschied zwischen „sechsundvierzig“ und „sechsundsechzig“ trotz des phonetisch übereinstimmenden [X.] keinesfalls überhört. Erst recht falle der Unterschied bei [X.] oder – hier naheliegender – [X.] Aussprache deutlich ins Gewicht („quarante-six“ bzw. „soixante-six“). Visuell ließen sich die an erster Stelle stehenden Ziffern „4“ und „6“ besonders leicht auseinanderhalten. Bei der Zahl 66, die sich durch ein rundes, weiches Erscheinungsbild auszeichne, sei zudem die [X.] besonders markant. Eine derartige „Schnapszahl“ bleibe dem Durchschnittsverbraucher besonders in der Erinnerung haften. Die Unterschiede zwischen den Zahlen „46“ und „66“ der Vergleichsmarken würden schließlich durch die typographische Gestaltung noch betont. Während die angegriffene Marke durch feine Linien, spitze Enden und eine elegante Erscheinung geprägt sei, vermittle das ältere Zeichen aufgrund seiner breit angelegten [X.] und des blockartigen Charakters einen wuchtigen Eindruck, der durch die Verschmelzung der beiden Ziffern verstärkt werde. Eine weitere Unterscheidungshilfe erhalte der Verkehr schließlich durch die auffällige Verschiedenheit der geographischen Breiten, da auf 66 Grad nördlicher Breite der nördliche Polarkreis und der 46. Grad nördlicher Breite durch das südliche Mitteleuropa verlaufe. Der Bedeutungsunterschied erleichtere es dem angesprochenen Verkehr, die Marken auseinanderzuhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] statthafte und gemäß § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache erfolglos. Der Widerspruch aus der Marke [X.] wurde zu Recht zurückgewiesen gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 119 Abs. 1 [X.], so dass die Beschwerde ebenfalls zurückzuweisen war.

1. Gegenstand der Beschwerde ist dabei lediglich die Zurückweisung des beschränkt erhobenen Widerspruchs der Beschwerdeführerin. Hieran ändert auch ihr im Beschwerdeverfahren schriftsätzlich gestellter Antrag nichts, mit dem sie die vollständige Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke begehrt. Der mit Beschluss des [X.] vom 18. Oktober 2017 zurückgewiesene Widerspruch richtet sich nur gegen die Eintragung der jüngeren Marke für folgende Waren und Dienstleistungen:

[X.]: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen betreffend Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; [X.] und Katalogversandhandelsdienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten, betreffend Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Textilwaren; Zusammenstellen und Ausstellen von Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Textilwaren für Dritte, um den Kunden bequemes Betrachten und Einkaufen solcher Waren zu ermöglichen;

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Demzufolge ist auch die Beschwerdeinstanz nur in diesem Umfang zur Entscheidung berufen.

2. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. § 119 Abs. 1 [X.]. Die mit Wirkung ab dem 14. Januar 2019 in [X.] getretenen Änderungen der §§ 9 und 42 [X.] sind gemäß § 158 Abs. 3 und 4 [X.] für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu [X.], [X.], 933, Rn. 32 – [X.]; [X.], [X.], 1098, Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], [X.], 833, Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 19 – [X.]; [X.], [X.], 283, Rn. 7 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu [X.], [X.], 343, Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], [X.], 283, Rn. 7 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]; siehe auch [X.] in: [X.]/ [X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage 2018, § 9, Rn. 41 ff m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], [X.], 700, Rn. 35 – [X.]/ [X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 37 – [X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 14 – [X.]; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]).

Nach diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr vorliegend zu verneinen.

a) Auf [X.] kommt es vorliegend nicht an, da eine Verwechslungsgefahr auch bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung der Widerspruchsmarke nicht anzunehmen ist.

b) Die Vergleichsmarken können sich nach der [X.] jedenfalls teilweise in Verbindung mit ähnlichen, teilweise sogar mit identischen Waren und Dienstleistungen begegnen. So stehen den beschwerdegegenständlichen Waren „Bekleidungsstücke“ der angegriffenen Marke die identischen Waren „[X.]“ der Widerspruchsmarke gegenüber. Zu diesen weisen die weiteren mit dem Widerspruch angegriffenen „Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ und „Einzelhandelsdienstleistungen betreffend Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ der jüngeren Marke Ähnlichkeit auf. Einer genaueren Bestimmung des [X.] bedarf es jedoch vorliegend nicht, da eine Verwechslungsgefahr selbst bei Waren- oder Dienstleistungsidentität zu verneinen ist. Insofern kommt es auch nicht darauf an, inwieweit zwischen den Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der jüngeren Marke und den für die ältere Marke geschützten Dienstleistungen „[X.]“, für die eine rechtserhaltende Benutzung – anders als für die Waren „[X.]“ – nicht konkret geltend gemacht wurde, Ähnlichkeit besteht.

c) Angesprochene Abnehmer der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen sind die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, sowie der im Handel tätige Fachverkehr.

d) Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.], [X.], 228, Rn. 33 – [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], [X.], 1127, Rn. 10 – [X.]/ [X.]solar; [X.], [X.], 1040, [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. [X.], [X.], 283, Rn. 10 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]; [X.], [X.], 64, Rn. 12 – Maalox/[X.]). Bei der Bestimmung der originären Kennzeichnungskraft ist auf den Gesamteindruck der Marke abzustellen, da der Verkehr in der Regel nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung neigt. Dies schließt nicht aus, dass zunächst die einzelnen Elemente einer Marke nacheinander geprüft werden, um anschließend den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu untersuchen ([X.], [X.], 914, Rn. 19 – [X.]/[X.]). Marken kommt bereits dann nur eine geringe und keine normale Kennzeichnungskraft zu, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind (vgl. [X.], [X.], 729, Rn. 27 – [X.]; [X.], [X.], 833, Rn. 34 – Culinaria/[X.]).

Vorliegend ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke originär durchschnittlich. Insbesondere ist nicht von einer nur geringen Kennzeichnungskraft im Hinblick darauf auszugehen, dass die Bezeichnung des 66. Grades nördlicher Breite und damit des [X.] eine geographische Ortsangabe darstellt. Es ist bereits fraglich, inwieweit die angesprochenen Verkehrskreise in der Widerspruchsmarke überhaupt die Angabe eines Breitengrades erkennen bzw. ob sie mit der Angabe „66 Grad nördlicher Breite“ den Polarkreis verbinden. Selbst wenn dem so wäre, so handelt es sich nicht um einen konkreten geographischen Ort, aus dem die zugunsten der Widerspruchsmarke geschützten Bekleidungsstücke stammen könnten. Auch als Hinweis auf den [X.] der Waren bietet sich die Widerspruchsmarke nicht an. Um ihr die Aussage entnehmen zu können, dass die Kleidung besonders warm oder winddicht und damit für den Polarkreis geeignet ist, bedarf es mehrerer gedanklicher Schritte. Für die Annahme einer nur geringen Kennzeichnungskraft ist der beschreibende Anklang nicht ausgeprägt genug. Zudem handelt es sich um eine Wort-/Bildmarke, bei der die Zahl „66“ durch die Verschmelzung der Ziffern eine graphische Besonderheit aufweist. Vor diesem Hintergrund ist von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch Benutzung wurde nicht dargelegt.

e) Die zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderliche Gesamtabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die jüngere Marke auch unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und selbst in Verbindung mit identischen oder hochgradig ähnlichen Waren bzw. Dienstleistungen den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einhält.

aa) Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen kann, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (vgl. [X.], [X.], 413, Rn. 47 – [X.]/SIR; [X.], [X.], 1004, Rn. 22 – [X.]/ISP; [X.], [X.], 382, Rn. 25 – [X.]; [X.], [X.], 824, Rn. 25 f. – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/ Thiering, [X.], 12. Auflage, § 9, Rn. 268 m. w. N.). Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 9, Rn. 248 m. w. N.).

Dies schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke den durch sie im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägen (vgl. [X.], [X.], 1042 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 859, Rn. 18 – [X.]). Des Weiteren kann ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung im vorgenannten Sinne dominiert oder prägt (vgl. [X.], [X.], 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/ [X.]; [X.], [X.], 772, Rn. 57 – [X.] Puppenkiste m. w. N.). Bei Identität oder relevanter Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.], [X.], 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 772, Rn. 57 – [X.] Puppenkiste m. w. N.).

bb) Vorliegend ist mangels ausreichender Markenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht gegeben.

(1) Bildlich weichen die beiden Marken in vielfacher Hinsicht voneinander ab, so dass die jüngere Marke insoweit den gebotenen Abstand einhält.

(a) Der Gesamteindruck der jüngeren Marke

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zeichnet sich durch seine Aufteilung in drei Zeilen aus, die der älteren Marke

Abbildung

fehlt. Die angegriffene Marke weist trotz der runden emblemartigen Gestaltung des oberen Elements die äußere Kontur eines Dreiecks auf, da die nachfolgenden Zeilen jeweils breiter sind als die vorhergehende. Sowohl das auffällige emblemartige Element in der ersten Zeile, in dem der Buchstabe „N“ auf dunklem kreisrunden Hintergrund erkennbar ist, als auch die Dreiecksform der jüngeren Marke finden sich nicht bei der älteren Marke. Schließlich wirkt das Erscheinungsbild der angegriffenen Marke durch [X.] hinterlegte runde Element und die schwarzen Zeichen „46°N“ in der zweiten Zeile insgesamt deutlich dunkler als das der älteren Marke, die in [X.] gehalten ist und deren Zeichen helle Innenflächen aufweisen. In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die beiderseitigen Marken unter graphischen Gesichtspunkten daher ausreichend voneinander.

(b) Der bildliche Gesamteindruck der jüngeren Marke wird entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht durch die Zeichenfolge „46°N“ in der mittleren Zeile geprägt.

Damit einzelne Bestandteile eines Zeichens dessen Gesamteindruck prägen, müssen die anderen Bestandteile des [X.] weitgehend in den Hintergrund treten und dürfen den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. [X.], [X.], 80, Rn. 37 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 283, Rn. 13 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]; [X.], [X.], 828, Rn. 45 – [X.]; [X.], [X.], 719, Rn. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft).

Dies kann vorliegend nicht angenommen werden. Zwar ist die mittlere Zeile „46°N“ größer gestaltet als das darunter befindliche Element „46 [X.] NORD“. Zudem wirkt [X.] aufgrund seiner kleineren Schrift wie ein Untertitel oder eine Erläuterung, zumal es in [X.] Sprache inhaltlich dieselbe Aussage trifft wie die Zeichenfolge „46°N“. Allerdings wird sich der Verkehr visuell zumindest auch an dem auffälligen kreisrunden emblemartigen Element in der obersten Zeile orientieren. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke wird daher bildlich nicht allein durch den mittleren Bestandteil „46°N“ geprägt.

(c) Selbst wenn aber eine derartige Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke angenommen werden sollte, so weisen die Vergleichsmarken dennoch ausreichende Unterschiede auf. Zwar stimmen die Zeichenfolgen „46°N“ und „66°N“ in drei von vier Zeichen (der zweiten Ziffer „6“, dem Sonderzeichen „°“ und dem Buchstaben „N“) überein, doch unterscheiden sich die jeweils ersten Ziffern „4“ und „6“ bereits aufgrund ihrer deutlich abweichenden Kontur auffällig. So weist die Ziffer „4“ eine kantige bzw. spitze, die Ziffer „6“ demgegenüber eine runde Umrisscharakteristik auf. Vor allem ist die konkrete graphische Gestaltung der Elemente „46°N“ und „66°N“ völlig unterschiedlich. So zeichnet sich die Widerspruchsmarke durch einen auf der Verwendung der [X.] mit hellen Flächen beruhenden hellen und zugleich breiten, wuchtigen Eindruck aus, während der Bestandteil „46°N“ der jüngeren Marke aufgrund der gewählten Schriftart dunkle und feinere Linien aufweist. Zudem ist die Verschmelzung der beiden gleichen Ziffern innerhalb der Zahl „66“ der Widerspruchsmarke auffällig, während ein derartiges Element in der jüngeren Marke fehlt.

(2) Ebenso fehlt es an einer die Verwechslungsgefahr begründenden begrifflichen Ähnlichkeit. Zwar handelt es sich bei dem Buchstaben „N“ u. a. um die Abkürzung der Himmelsrichtung „Nord“. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in den sich gegenüberstehenden Marken jeweils eine Bezeichnung nördlicher Breitengrade sehen. Unabhängig davon, ob sie diese beiden Breitengrade konkret zuordnen können und damit erkennen, dass die Widerspruchsmarke den Polarkreis, die angegriffene Marke demgegenüber einen u. a. durch das südliche Mitteleuropa verlaufenden Breitengrad bezeichnet, drängt sich bereits aufgrund der großen Differenz der Zahlenwerte (66 bzw. 46) der Gedanke auf, dass es sich um weit voneinander entfernte Breitengrade handelt, die unterschiedliche Orte bezeichnen. Vor diesem Hintergrund fehlt es an einer ausreichenden begrifflichen Ähnlichkeit der Vergleichsmarken.

(3) Schließlich sind auch die klanglichen Ähnlichkeiten zu gering, um die Annahme einer Verwechslungsgefahr der beiden Marken zu begründen.

(a) Da die in Rede stehenden Marken zunächst in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen sind, ist auch unter phonetischen Gesichtspunkten als Erstes der Gesamteindruck der angegriffenen Wort-/Bildmarke zu bestimmen. Dabei ist von dem anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass eine Wort-/Bildmarke in der Regel durch ihren Wortbestandteil geprägt wird, da dieser die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.], [X.], 378, Rn. 30 – [X.]; [X.], [X.], 1055, Rn. [X.]). Für den phonetischen Vergleich ist weiter maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie diese in ihrer registrierten Form vor sich haben; dabei kann die klangliche Wiedergabe auch durch die graphische Gestaltung der Marke beeinflusst werden (vgl. [X.], 29 W (pat) 64/14 – [X.]; [X.], 24 W (pat) 82/08 – pn print-net/PRINECT, abrufbar jeweils über juris.de).

(b) Vorliegend ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das in der obersten Zeile befindliche Element der angegriffenen Marke bei der mündlichen Wiedergabe vernachlässigen werden. Es ist zum einen nicht klar, wie es insgesamt phonetisch wiederzugeben ist, selbst wenn darin der Buchstabe „N“ erkannt werden sollte. Das Element könnte nämlich ausschließlich mit dem Buchstaben „N“ (also „en“) oder zusammen mit einer Beschreibung (beispielsweise „en im Kreis“ oder „en vor dunklem kreisförmigem Hintergrund“) benannt werden. Zum anderen kann das oberste Element der jüngeren Marke aufgrund der unterbrochenen Linien nicht nur mit dem Buchstaben „N“ in Verbindung gebracht werden. Vielmehr erinnert es beispielsweise an Streichhölzer und kann durch seine emblemartige Gestaltung vor einem dunklen kreisrunden Hintergrund als graphische Ausschmückung der angegriffenen Marke angesehen werden. Diese Unsicherheiten werden die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf andere, einfacher auszusprechende Bestandteile lenken (vgl. [X.], 24 W (pat) 82/08 – pn print-net/PRINECT, abrufbar über juris.de).

(c) Aufgrund der Gestaltung der jüngeren Marke werden die angesprochenen Verkehrsteilnehmer erkennen, dass die unterste Zeile mit dem im Verhältnis kleiner gehaltenen Schriftzug „46 [X.] NORD“ die darüber befindliche Zeile „46°N“ erläutert und damit beide Zeilen dieselbe Aussage vermitteln. Dies dürfte regelmäßig auch für nicht der [X.] Sprache mächtige Abnehmer der Waren und Dienstleistungen gelten, denen die Bedeutung des [X.] Wortes „[X.]“ nicht geläufig ist. Ihnen wird sich wegen der Übereinstimmung der Zahl „46“, der angefügten Gradangabe und der im [X.] üblichen Verwendung des Buchstabens „N“ als Abkürzung für die Himmelsrichtung „Nord“ die Bedeutung der untersten Zeile erschließen.

Bei Vergleich der maßgeblichen Wortbestandteile „46°N 46 [X.] NORD“ der jüngeren Marke mit der älteren Marke überwiegen die klanglichen Unterschiede. Da die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, dass die unterste Zeile „46 [X.] NORD“ eine Erläuterung der mittleren Zeile „46°N“ darstellt, liegt es nahe, dass sie auch diese „[X.]“ aussprechen. Demgegenüber besteht prima facie keine Veranlassung für das Publikum, die ältere Marke ebenfalls [X.] auszusprechen. Sofern daher dem Markenvergleich die [X.] Aussprache „sechsundsechzig en“ oder „sechsundsechzig Grad Nord“ der Widerspruchsmarke zugrunde zu legen ist, bestehen keine relevanten Übereinstimmungen mit der klanglichen Wiedergabe des maßgeblichen [X.] „[X.]“ der jüngeren Marke. Selbst wenn die ältere Marke – nicht naheliegend – ebenfalls [X.] „[X.]“ ausgesprochen werden sollte, unterscheiden sich die verfahrensgegenständlichen Marken durch ihre deutlichen Abweichungen am Beginn („quarante-“ bzw. „soixante-“) ausreichend.

(d) Eine Verwechslungsgefahr unter klanglichen Gesichtspunkten ist schließlich auch dann nicht gegeben, wenn von einer Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke durch ihren mittleren Bestandteil „46°N“ ausgegangen wird.

Dabei führt die Tatsache alleine, dass es sich bei der untersten Zeile „46 [X.] NORD“ um die Erläuterung der mittleren Zeichenfolge „46°N“ und damit bei Letzterer um eine erkennbare Abkürzung handelt, nicht per se dazu, dass diese den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägt. Vielmehr ist für die Frage der Prägung des Gesamteindrucks einer aus einer Wortfolge und einem hierauf bezogenen Akronym bestehenden Marke zunächst maßgeblich, inwieweit der Verkehr beispielsweise aufgrund von Schwierigkeiten bei der Einprägung der Wortbestandteile dazu neigt, die Wortfolge in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise auf das Akronym zu verkürzen (vgl. [X.], [X.], 283, Rn. 16 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]).

Vorliegend ist für die Beurteilung der Frage der Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke unter klanglichen Gesichtspunkten durch die in der mittleren Zeile befindliche Abkürzung „46°N“ von Bedeutung, inwieweit die angesprochenen Verkehrskreise die [X.]e Wortfolge „46 [X.] NORD“ verstehen, sie aussprechen und sich merken können. Sofern dies nicht der Fall sein sollte, ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke auf die ersichtliche Abkürzung „46°N“ verkürzt und beispielsweise mit „sechsundvierzig Grad Nord“ bzw. „sechsundvierzig Grad en“ benannt wird.

Unabhängig von der Frage der [X.] der angesprochenen Verkehrskreise sowie des Verständnisses der Wortfolge „46 [X.] NORD“ und ihrer Merkfähigkeit kommt allerdings eine klangliche Prägung des Gesamteindrucks durch den Bestandteil „46°N“ aufgrund der graphischen Gestaltung der jüngeren Marke in Betracht. Bei diesem handelt es sich - wie ausgeführt - aufgrund des darunter befindlichen Zusatzes „46 [X.] NORD“ um ein Akronym. Ein solches kann innerhalb der jüngeren Marke auch dann eine prägende Stellung einnehmen, wenn es der Verkehr wegen der graphischen Ausgestaltung als das dominierende Element innerhalb der Gesamtmarke wahrnimmt (vgl. [X.], [X.], 283, Rn. 17 ff. – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Vorliegend erscheint der Bestandteil „46°N“ deutlich größer als die darunter befindliche Wortfolge „46 [X.] NORD“. Die beiden Komponenten sind durch die Aufteilung auf verschiedene Zeilen des Weiteren deutlich voneinander abgesetzt. Zudem nimmt der Bestandteil „46°N“ in der angegriffenen Marke eine zentrale und insgesamt herausgehobene Position ein.

Auch wenn somit die angesprochenen Verkehrskreise „46°N“ als das prägende Element der jüngeren Marke ansehen und dementsprechend die Vergleichsmarken mit „sechsundvierzig Grad Nord" (bzw. „sechsundvierzig Grad en“) und „sechsundsechzig Grad Nord" (bzw. „sechsundsechzig Grad en“) aussprechen, so scheidet eine Verwechslungsgefahr selbst in Verbindung mit den identischen Waren der [X.] aus.

Zwar stimmen die beiderseitigen Marken bei dieser mündlichen Wiedergabe sowohl in ihren Enden „…Grad Nord“ (bzw. „… Grad en“) als auch in dem regelmäßig besonders beachteten Anfang „sechsund…“ vollständig überein und unterscheiden sich klanglich nur in der Mitte „…vier(zig)…“ bzw. „…sech(zig)…“. Da es sich bei den Vergleichsmarken nicht um Phantasiewörter handelt und die angesprochenen Verkehrskreise daran gewöhnt sind, bei der mündlichen Wiedergabe von Zahlen genau hinzuhören, werden sie jedoch den Unterschied zwischen „sechsundvierzig“ sowie „sechsundsechzig“ unmittelbar erfassen und auch in ihrem im Übrigen möglicherweise undeutlichen Erinnerungsbild bewahren. Der klangliche Unterschied zwischen einer mündlichen Wiedergabe der jüngeren Marke mit „sechsundvierzig Grad Nord" (bzw. „sechsundvierzig Grad en“) und der älteren Marke mit „sechsundsechzig Grad Nord" (bzw. „sechsundsechzig Grad en“) wird von den angesprochenen Verkehrskreisen, die Zahlenwerten erfahrungsgemäß eine besondere Bedeutung beimessen, daher nicht überhört werden.

(e)Selbst wenn man im Hinblick auf die phonetische Übereinstimmung der Vergleichsmarken in fünf von sechs Silben eine nicht unerhebliche klangliche Ähnlichkeit annehmen wollte, die im Zusammenhang insbesondere mit identischen Waren und unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für sich genommen eine Verwechslungsgefahr begründen könnte, so steht der Annahme einer klanglichen Verwechslungsgefahr vorliegend jedoch der unterschiedliche Sinngehalt der beiderseitigen Marken entgegen.

Eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen kann ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn zumindest einem der Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt ([X.], [X.], 356, Rn. 98 – [X.]/MOBILIX; [X.], [X.], 343, Rn. 34, 37 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 413, Rn. 35 – [X.]/SIR; [X.], [X.], 914, Rn. 27 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 235, Rn. 19 – [X.]/[X.]). Dies setzt einen die Zeichen unterscheidenden, ohne Weiteres erkennbaren konkreten Begriffsinhalt voraus. Ein Sinngehalt, der sich erst nach analytischer Betrachtung ergibt, reicht nicht aus ([X.], [X.], 914, Rn. 27 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 240 – [X.]/medAS).

Vorliegend steht der unmittelbar erfassbare abweichende Zahlenwert der zu vergleichenden Bestandteile „sechsundvierzig Grad Nord“ und „sechsundsechzig Grad Nord“ der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter phonetischen Gesichtspunkten entgegen. Wie bereits dargelegt, werden die angesprochenen Verkehrskreise, die bei Rezeption von Zahlenwerten eine besondere Aufmerksamkeit walten lassen und denen bewusst ist, dass bei der mündlichen Wiedergabe zweistelliger Zahlen gerade der zuletzt genannten Ziffer eine größere Bedeutung zukommt als der zunächst genannten Ziffer, die unterschiedlichen Zahlen nicht überhören, sondern bewusst wahrnehmen und die beiden Zahlenwerte unmittelbar erfassen. Bei der Bewertung des begrifflichen Gehalts der Vergleichsmarken kommt es wiederum nicht darauf an, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Angaben „sechsundvierzig Grad Nord“ oder „sechsundsechzig Grad Nord“ konkret auf einer Weltkarte verorten können. Sie werden die unterschiedlichen Zahlenwerte (46 bzw. 66) und deren erhebliche Abweichung (um 20) eindeutig und unmittelbar erfassen und demnach erkennen, dass ganz unterschiedliche Breitengrade benannt werden. Die von den angesprochenen Verkehrskreisen wahrgenommenen erheblich unterschiedlichen Zahlenwerte führen daher im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aus einer Verwechslungsgefahr heraus.

(f) Auf die weitere Frage, ob auch die deutlichen graphischen Unterschiede trotz erheblicher klanglicher Ähnlichkeit der Annahme einer Verwechslungsgefahr entgegenstehen könnten bzw. inwieweit dies bei Waren der Fall ist, die regelmäßig nur auf Sicht gekauft werden, kommt es daher nicht mehr an (vgl. zu dieser Problematik [X.], [X.], 824, Rn. 31 – [X.]; [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 9, Rn. 268 ff., 273).

cc) Für eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens der Vergleichsmarken bestehen keine Anhaltspunkte. Die Beschwerdeführerin hat nicht vorgetragen, Inhaberin einer Zeichenserie zu sein, aufgrund derer eine mittelbare Verwechslungsgefahr anzunehmen sein könnte. Auch für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sprechende Gesichtspunkte liegen nicht vor.

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 [X.] besteht keine Veranlassung.

Meta

27 W (pat) 503/18

29.11.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 119 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.11.2019, Az. 27 W (pat) 503/18 (REWIS RS 2019, 964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 964

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