Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2014, Az. 1 StR 209/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3341

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 209/14

vom
21. August
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Steuerhinterziehung u.a.

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 21. August
2014
beschlos-sen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2013 aufgehoben
a) hinsichtlich der Einzelstrafen im [X.] der Ur-teilsgründe,
b) im Gesamtstrafausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen, davon in neun Fällen jeweils in Tateinheit mit mehreren Fällen der Ur-kundenfälschung, sowie wegen falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit der Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Die Revision hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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I. Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung stand.
Dies gilt auch, soweit das [X.] den Angeklagten im [X.] der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen in Tateinheit mit jeweils mehreren tateinheitlich begangenen Fällen der Urkundenfälschung verurteilt hat. Die anhand der Urteilsfeststellungen nicht nachvollziehbare An-nahme des [X.]s, die Steuerhinterziehungen stünden auch, soweit das [X.] Hinterziehungstaten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu Grunde gelegt hat, in natürlicher Handlungseinheit mit den Urkundenfälschungen, beschwert den Angeklagten jedenfalls nicht.
II. In den Tatkomplexen B.I und [X.] der Urteilsgründe sind die Einzelstra-fen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Demgegenüber haben die Einzel-strafen im [X.] keinen Bestand; dies zieht die Aufhebung des [X.] nach sich.
1. Der Erörterung bedürfen lediglich die [X.] und [X.]I der Ur-teilsgründe. Diesen liegt im [X.] zu Grunde, dass der Angeklagte zunächst im eigenen Namen ([X.] der Urteilsgründe) und nachfolgend im Namen und auf Rechnung von

K.

([X.] der Urteilsgründe) mit Branntwein handelte. Die Geschäfte wurden
im sog. Gutschriftverfahren (§
14 Abs. 2 Satz 2 UStG) abgewickelt, d.h.
die [X.] wurden von dem Leistungsempfänger unter [X.] gegenüber dem leis-tenden Unternehmer abgerechnet. Im Rahmen des Branntweinhandels im Tat-komplex [X.]I der Urteilsgründe wurden auch Scheinrechnungen und Schein-gutschriften über tatsächlich nicht erfolgte [X.] und -verkäufe des Unternehmens der

K.

.

e-stellt und verwendet.
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Nach den Feststellungen und Wertungen des [X.]s hinterzog der Angeklagte in diesem Zusammenhang durch die nicht rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen in insgesamt zehn Fällen und durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen in weiteren fünf Fällen Steuern in einer Gesamthöhe von 4.780.373,51 Euro.
2. Soweit der [X.] in seiner Antragsschrift bei den Steuerschadensberechnungen für die Jahre 2003 und 2004 im [X.] der Urteilsgründe auf einzelne Unstimmigkeiten innerhalb der Umsatzsteuerbe-rechnungen hingewiesen hat, wird hiermit kein Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten aufgezeigt:
Das [X.] hat ausweislich der Urteilsgründe die im jeweiligen Jahr verkürzte Umsatzsteuer bestimmt, indem es zunächst die [X.], wie sie sich aus den Gutschriften der Kunden über [X.] beim Angeklagten ergaben, addiert und sodann mit dem zutreffenden Steuersatz multipliziert hat. Die vom [X.] daneben rechtsfehlerhaft vorgenommene Zuordnung der [X.] zu den einzelnen Käufern beschwert den Angeklagten nicht. Der Strafzumessung wurden allein die rechtsfehlerfrei be-stimmten [X.] zugrunde gelegt.
3. Die Strafzumessung im [X.] der Urteilsgründe begegnet demgegenüber durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie lässt besorgen, dass
das [X.] außer Acht gelassen
hat, dass der vom Angeklagten in Steuererklärungen unrichtig geltend gemachte Vorsteuerabzug sich teilweise aus solchen [X.] ergab, für die der Angeklagte zugleich [X.] hätte anmelden müssen.
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a) Das [X.] ist der Auffassung, die von ihm als strafschärfend be-rücksichtigte große Höhe der Umsatzsteuerschäden ergäbe sich unter anderem daraus, dass der Angeklagte in den Umsatzsteuererklärungen für das Unter-nehmen der

K.

uern aus [X.] 158 von ihm gefertigten Gutschriften geltend gemacht habe. Diese Gutschriften seien [X.], weil sie über in Wahrheit nicht erfolgte .

jeweils als Verkäufer genannten Firmen abrechneten. Der Gesamtbetrag der sich aus diesen Gutschriften ergebenden Vorsteuerbeträge belief sich nach den Feststellungen auf 1.112.796,93 Euro. Weitere Steuerverkürzungen in identischer Gesamthöhe erblickt das [X.] darin, dass der Angeklagte seiner sich aus § 14c Abs. 2 Satz 2 i.V.m. §
13 Abs. 1 Nr.
4 UStG, § 35 [X.] er-gebenden Verpflichtung, die in diesen 158 [X.] ausgewiesenen [X.] in Steuererklärungen für das Unternehmen der

K.

anzumelden, nicht nachgekommen sei. Im Ergebnis fand damit die in den 158 Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer bei der Strafzumessung des [X.]s zum Nachteil des Angeklagten in zweifacher Hinsicht Berücksich-tigung.
b) Dies wird dem Unrechtsgehalt der von dem Angeklagten begangenen Taten nicht gerecht und ist daher rechtsfehlerhaft.
Das [X.] hat zwar ohne Rechtsfehler den Vorsteuerabzug aus den 158 Gutschriften, die es rechtsfehlerfrei als [X.] bewertet hat, bei der Bestimmung des [X.] berücksichtigt ([X.], Ur-teil vom 30. April 2009

1 [X.], [X.]St 53, 311; Beschluss vom 20.
März 2002

5 [X.],
NJW 2002, 1963).
Es hätte jedoch bei der Strafzumessung in den Blick nehmen müssen, dass die gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG geschuldete
Steuer lediglich das 10
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Steueraufkommen vor den Folgen eines unberechtigten Vorsteuerabzugs schützen sollte. Letztlich hat sich hier nämlich lediglich die mit der Ausstellung der [X.] entstehende Gefahr für das Steueraufkommen, der der Gesetzgeber mit Schaffung des § 14 Abs. 3 UStG aF (§ 14c UStG nF) entge-genwirken wollte (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002

5 [X.], [X.]St 47, 343),
mit der tatsächlichen Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus [X.] Gutschriften realisiert (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2009

1 [X.], [X.]St 53, 311). Der dem Fiskus durch die Erstellung und Verwendung von [X.] entstandene Steuerschaden geht damit in seiner Be-deutung für die Strafzumessung über
die Höhe des unberechtigten [X.] nicht hinaus; der für die Strafzumessung maßgebliche Steuerschaden ist nicht etwa deshalb doppelt so hoch, weil der gemäß §
14c UStG geschulde-te Steuerbetrag, der der Möglichkeit eines unberechtigten Vorsteuerabzugs Rechnung tragen sollte, ebenfalls verkürzt wurde. Diesen Zusammenhang zwi-schen Steuerentstehung gemäß §
14c Abs. 2 Satz
2 UStG und unberechtigtem Vorsteuerabzug hat das [X.] bei der Strafzumessung nicht erkennbar zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Dies führt zur Aufhebung der hier-von betroffenen Einzelstrafen
(vgl. auch [X.], Beschluss vom 11.
Dezember 2002

5 [X.], [X.], 140; [X.], Beschluss vom 20. März 2002

5 [X.], [X.]R [X.] §
370 Abs. 1 Strafzumessung 14).
4. Da das [X.] in diesen Fällen die Höhe der hinterzogenen Steuern als maßgeblichen Strafzumessungsgrund herangezogen hat, können die entsprechenden Einzelstrafen keinen Bestand haben. Dies zieht die Aufhe-bung des [X.] nach sich.
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Demgegenüber haben die von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Ur-teilsfeststellungen Bestand. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzen-de Feststellungen zu treffen, sofern diese nicht in Widerspruch zu den [X.] stehen.
5. Der Senat schließt aus, dass der Rechtsfehler die für die sechs
Taten der Steuerhinterziehung im [X.] der Urteilsgründe verhängten [X.] beeinflusst hat.
Raum Graf

Jäger

Cirener Mosbacher
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Meta

1 StR 209/14

21.08.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.08.2014, Az. 1 StR 209/14 (REWIS RS 2014, 3341)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3341

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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