Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.05.2018, Az. 2 AZR 55/18

2. Senat | REWIS RS 2018, 8694

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. November 2017 - 5 Sa 1008/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die im Inland ansässige [X.]eklagte ist Teil eines international tätigen Konzerns der Öl- und Erdgasindustrie mit Hauptsitz in [X.]. Die [X.]eklagte führt einen [X.]etrieb in [X.], in dem regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.

3

Der Kläger war bei der [X.]eklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit Oktober 2004 tätig. Er war zumindest seit 2007 durchgehend im Ausland eingesetzt. Nach Nr. 1 Satz 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 4. Januar/8. Februar 2016 konnte die [X.]eklagte die Standorte für die Ausführung der Arbeiten jederzeit ändern und den Kläger einem anderen [X.]ohr- oder Arbeitsort, einer anderen Position oder einem verbundenen Unternehmen zuweisen. Nach Nr. 16, überschrieben mit „Anwendbares Recht“, wurde der Vertrag „nach den Gesetzen von [X.] ausgelegt und vollzogen“.

4

Die [X.]eklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 26. Februar 2016 ordentlich zum 31. Juli 2016, ohne zuvor den im [X.]etrieb [X.] errichteten [X.]etriebsrat zu beteiligen.

5

Der Kläger hat gegen diese Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Die Kündigung sei mangels Anhörung des [X.]etriebsrats unwirksam und außerdem sozial nicht gerechtfertigt. Er sei dem [X.]etrieb in [X.] zuzurechnen. Sein Auslandseinsatz habe diesen [X.]etrieb gefördert. Von dort aus sei auch die Leitungsmacht in wesentlichen personellen und [X.] Angelegenheiten ausgeübt worden. Er sei von der [X.]eklagten an die [X.]. ausgeliehen worden.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der [X.]eklagten vom 26. Februar 2016 nicht zum 31. Juli 2016 aufgelöst worden ist.

7

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt in ihren [X.]etrieb in [X.] eingegliedert gewesen. Das disziplinarische und fachliche Weisungsrecht habe das örtliche Konzernmanagement im jeweiligen Einsatzland ausgeübt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die [X.]eklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Mit der gegebenen [X.]egründung durfte das [X.] nicht annehmen, die ordentliche Kündigung der [X.]eklagten vom 26. Februar 2016 sei gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] unwirksam.

1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der [X.]etriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gemäß Satz 2 der [X.]estimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Nach deren Satz 3 ist eine ohne Anhörung des [X.]etriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

2. Eine [X.]eteiligungspflicht nach § 102 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht nur für Arbeitnehmer von [X.]etrieben, die unter den persönlichen Geltungsbereich des [X.]es fallen.

a) Der räumliche Geltungsbereich des [X.]es richtet sich nach dem Territorialitätsprinzip. Das Gesetz gilt für alle in der [X.] ansässigen [X.]etriebe unabhängig vom [X.] der dort beschäftigten Arbeitnehmer. Ob es auch im Ausland tätige Arbeitnehmer [X.] [X.]etriebe erfasst, ist eine Frage seines persönlichen Geltungsbereichs. Erfasst werden nur solche Mitarbeiter, bei deren Tätigkeit es sich um eine „Ausstrahlung“ des [X.]s handelt. Erforderlich ist eine [X.]eziehung zum [X.], die es rechtfertigt, die Auslandstätigkeit der im Inland entfalteten [X.]etriebstätigkeit zuzurechnen ([X.]Rspr., [X.] 21. August 2007 - 3 [X.] - Rn. 17, [X.]E 124, 22; 20. Februar 2001 - 1 A[X.]R 30/00 - zu [X.] 2 der Gründe). Dies ist bei einer ständigen [X.]eschäftigung im Ausland regelmäßig nicht der Fall. Demzufolge findet das [X.] keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die ausschließlich für eine ausländische [X.]austelle eingestellt wurden (vgl. [X.] 21. August 2007 - 3 [X.] 269/06 - aaO; 30. April 1987 - 2 [X.] 192/86 - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 55, 236). Dann ist der [X.]eschäftigte keiner inländischen [X.]etriebsorganisation zugeordnet, wobei ohne [X.]edeutung ist, ob die jeweilige [X.]etriebsstätte im Ausland die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1, § 4 [X.] erfüllt. Hingegen liegt eine Zuordnung zu einer (inländischen) Arbeitsorganisation vor, wenn der Arbeitnehmer in diese eingegliedert ist. Hierfür ist kennzeichnend, dass er hinsichtlich [X.], Dauer, Ort und Inhalt der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht von Personen unterliegt, die in der im Inland gelegenen [X.]etriebsstätte tätig sind. Dies gilt auch im Falle einer Auslandstätigkeit (vgl. [X.] 2018, 150, 151). Der inländische Arbeitgeber muss gegenüber dem im Ausland tätigen Arbeitnehmer eine betriebsverfassungsrechtlich relevante (und sei es eine partielle) Arbeitgeberstellung tatsächlich eingenommen haben ([X.] 5. Dezember 2012 - 7 [X.] - Rn. 23). Ein Inlandsbezug kann sich daher daraus ergeben, dass das Direktionsrecht gegenüber dem im Ausland tätigen Arbeitnehmer vom inländischen [X.]etrieb ausgeübt wird ([X.] 7. Dezember 1989 - 2 [X.] 228/89 - zu II 4 der Gründe). Ebenso kann eine zuvor bestehende Zugehörigkeit zu einem inländischen [X.]etrieb bei [X.]estehen eines dem Arbeitgeber vorbehaltenen Rückrufrechts erhalten bleiben, sofern es praktische [X.]edeutung hat ([X.] 20. Februar 2001 - 1 A[X.]R 30/00 - aaO). Dagegen reicht es regelmäßig nicht aus, dass dem [X.] (nur) die Personalverwaltung obliegt (vgl. [X.] 7. Dezember 1989 - 2 [X.] 228/89 - aaO; [X.] 2014, 22, 27 f.).

b) [X.]esonderheiten ergeben sich bei einer Auslandstätigkeit, wenn ein zu einem inländischen Arbeitgeber in arbeitsvertraglicher [X.]eziehung stehender Arbeitnehmer in den [X.]etrieb eines anderen Unternehmens eingegliedert und die Arbeitgeberstellung auf diese Weise „gespalten“ ist (vgl. [X.] 18. Januar 2017 - 7 [X.] - Rn. 24, [X.]E 158, 19).

aa) Nach § 14 Abs. 1 [X.] bleiben Leiharbeitnehmer auch während der [X.] ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden [X.]etriebs des Verleihers. Die Regelung stellt für [X.] klar, dass Leiharbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich grundsätzlich Teil der [X.]elegschaft des Verleiherbetriebs sind und auch während der Dauer ihrer Überlassung in die dortige [X.]etriebsorganisation eingegliedert bleiben ([X.] 24. August 2016 - 7 [X.] - Rn. 21; 7. Juni 2016 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.]E 155, 215). Handelt es sich um eine andere Form des drittbezogenen Personaleinsatzes, kommt ggf. eine entsprechende Anwendung von § 14 Abs. 1 [X.] in [X.]etracht (vgl. dazu [X.] 20. April 2005 - 7 [X.] - zu [X.] 2 d der Gründe; 22. März 2000 - 7 [X.] - zu [X.] 2 b bb der Gründe, [X.]E 94, 144). Demzufolge ist vor dem [X.] bei der gebotenen normzweckorientierten [X.]etrachtung von § 14 Abs. 1 [X.] ein beim überlassenden Arbeitgeber gebildeter [X.]etriebsrat zu beteiligen (vgl. [X.] 9. Juni 2011 - 6 [X.] 132/10 - Rn. 28, [X.]E 138, 116).

bb) Handelt es sich um einen drittbezogenen Personaleinsatz im Ausland, gilt nichts anderes. Für die nach § 14 Abs. 1 [X.] maßgebliche betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zum überlassenden „[X.]“ ist es ohne [X.]edeutung, ob der Einsatz des Leiharbeitnehmers im In- oder Ausland erfolgt. Der durch das [X.] bewirkte kollektivrechtliche Schutz darf dem Arbeitnehmer auch bei einer Tätigkeit im Ausland nicht entzogen werden ([X.] 22. März 2000 - 7 [X.] - zu [X.] 2 a ee der Gründe, [X.]E 94, 144). [X.] nach § 102 Abs. 1 [X.] ist danach der ggf. beim inländischen „[X.]“ gebildete [X.]etriebsrat.

c) [X.]ei der [X.]eurteilung, ob ein [X.]eschäftigter in einen bestimmten [X.]etrieb eingegliedert ist, steht dem [X.]erufungsgericht ein [X.]eurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer [X.] gelassen hat (vgl. [X.] 13. Dezember 2016 - 1 [X.] - Rn. 26; 8. November 2016 - 1 [X.] - Rn. 16; 13. Juni 2007 - 7 [X.] - Rn. 32).

3. Die Würdigung des [X.]s, die Kündigung der [X.]eklagten sei gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] mangels Anhörung des in ihrem [X.]etrieb in [X.] gebildeten [X.]etriebsrats unwirksam, hält selbst diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand. Das [X.]erufungsgericht ist von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen für die Zuordnung einer Auslandstätigkeit ausgegangen und hat bei seiner tatrichterlichen Würdigung die relevanten Umstände nicht vollständig berücksichtigt. Insoweit ist § 286 Abs. 1 ZPO verletzt, ohne dass es einer hierauf bezogenen Rüge der [X.]eklagten bedurft hätte.

a) Zwar hat es das [X.] als einen der maßgeblichen Gesichtspunkte erachtet, ob die Auslandstätigkeit des [X.] dem [X.]etriebszweck des im Inland gelegenen [X.]etriebs der [X.]eklagten diente. Das [X.]erufungsgericht hat jedoch verkannt, dass allein der arbeitstechnische Zweck des [X.]etriebs maßgeblich ist, nicht, ob die Tätigkeit des [X.] den wirtschaftlichen Zweck der [X.]eklagten oder einen „übergeordneten Konzernzweck“ förderte. [X.] die Auffassung des [X.]s zu, wäre das Territorialitätsprinzip weitgehend ausgehöhlt, da auch jede Auslandstätigkeit eines Arbeitnehmers typischerweise zumindest dem wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers dient (vgl. [X.] 25. April 1978 - 6 A[X.]R 2/77 - zu II 2 c der Gründe, [X.]E 30, 266). Es ist auch nicht etwa notwendig Teil des arbeitstechnischen Zwecks des [X.]etriebs eines konzernangehörigen Unternehmens, einen übergeordneten Konzernzweck zu fördern. Zudem stellte sich die Frage, ob der Arbeitnehmer mehreren [X.]etriebsstätten zuzuordnen ist, wenn seine Tätigkeit jeweils deren wirtschaftlichen Zwecken förderlich wäre.

b) Das [X.] hat seiner Entscheidung - letztlich begründungslos - ein von der bisherigen Rechtsprechung abweichendes Verständnis der Voraussetzungen für die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereichs von § 102 Abs. 1 [X.] im Falle eines im Ausland eingesetzten Arbeitnehmers zugrunde gelegt. Es hat angenommen, die Anforderungen an die Ausstrahlung eines inländischen [X.]etriebs „an einen ausländischen Arbeitnehmer“ seien „angesichts der zunehmenden internationalen Verflechtungen, der Globalisierung unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung, den zunehmenden Konzernstrukturen und Matrixstrukturen von Unternehmen“ im Interesse effektiven Arbeitnehmerschutzes herabzusetzen. Die Dauer des [X.] dürfe daher keine entscheidende Rolle spielen. Mit dem Normzweck des § 102 [X.] und den gegenteiligen Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum hat es sich nicht auseinandergesetzt.

c) Die Würdigung des [X.]erufungsgerichts, wonach der Kläger nicht in eine organisatorische Struktur der [X.]eklagten im Ausland eingegliedert war, wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Es hat zwar angenommen, die [X.]eklagte „führe … lediglich einen [X.]etrieb, nämlich den in [X.], in [X.] gelegenen“. Darüber hinausgehende tatsächliche Feststellungen fehlen jedoch. Das [X.]estehen eines [X.]etriebs im Inland schließt - für sich genommen - die Existenz von ausländischen [X.]etriebsstätten der [X.]eklagten nicht aus, von denen der Kläger Weisungen erhalten haben könnte, was einer Eingliederung in den [X.] in [X.] entgegenstünde. Das [X.] hat überdies eine lediglich „rudimentäre Weisungsgebundenheit“ des [X.] gegenüber der [X.]eklagten als ausreichend angesehen. Es hat insofern nur darauf abgestellt, dass die [X.]eklagte berechtigt gewesen sei, die Einsatzorte des [X.] zu ändern. Die rechtliche [X.]efugnis zur Änderung des [X.] rechtfertigt jedoch für sich allein genommen die Annahme einer Eingliederung nicht. Vielmehr muss die [X.]eklagte gegenüber dem Kläger eine betriebsverfassungsrechtlich relevante Arbeitgeberstellung tatsächlich eingenommen haben.

d) Soweit das [X.] im Rahmen seiner Hilfsbegründung auf eine im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbarte „Rückholmöglichkeit“ abgestellt hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Auslegung der arbeitsvertraglichen [X.]estimmungen einer revisionsrechtlichen Überprüfung standhielte. Ein dem Arbeitgeber [X.] kann zwar eine erhebliche Indizwirkung für den fortbestehenden Inlandsbezug eines Arbeitsverhältnisses bei einer Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers entfalten. Das Gewicht dieses Indizes hängt im konkreten Einzelfall aber davon ab, an welche Voraussetzungen der „Rückruf“ geknüpft ist, ob nur eine vorübergehende oder auch eine dauerhafte Inlandsverwendung zulässig sein soll und ob das Rückrufrecht praktische [X.]edeutung hatte. Danach wäre eine etwaig vereinbarte „Rückholmöglichkeit“ im Streitfall jedenfalls praktisch ohne [X.]edeutung gewesen und damit kein ausreichendes Indiz für einen Inlandsbezug des Arbeitsverhältnisses. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die [X.]eklagte gegenüber dem Kläger jemals von ihr Gebrauch gemacht hätte.

II. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht selbst entscheiden, ob die Kündigung mangels vorheriger Anhörung des im [X.]etrieb der [X.]eklagten in [X.] gebildeten [X.]etriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] unwirksam ist.

1. Es steht nicht fest, ob die Auslandstätigkeit des [X.] der im Inland entfalteten [X.]etriebstätigkeit der [X.]eklagten zuzurechnen war und es sich deshalb um eine „Ausstrahlung“ des [X.]etriebs in [X.] handelte. Das [X.] hat keine abschließenden Feststellungen zum Inhalt der Auslandstätigkeit des [X.] und zu seiner Eingliederung in eine betriebliche Struktur im In- oder im Ausland getroffen. Ebenso fehlt es an einer Tatsachengrundlage, die darauf schließen lassen könnte, der Kläger habe mit seiner Tätigkeit den arbeitstechnischen Zweck des [X.]etriebs der [X.]eklagten (welchen?) in [X.] gefördert. Das [X.]erufungsgericht hat rechtsfehlerhaft unaufgeklärt gelassen, welche Personen gegenüber dem Kläger während seiner Auslandstätigkeit das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht tatsächlich ausgeübt haben. Sollten dies nicht Mitarbeiter der [X.]eklagten, sondern [X.]eschäftigte aus einem anderen Unternehmen der [X.] gewesen sein, fehlte es auch an Feststellungen dazu, auf welcher Grundlage dieses die Auslandstätigkeit des [X.] steuerte (vgl. dazu [X.]raun/Wisskirchen/[X.]/[X.]raner Konzernarbeitsrecht Teil I Abschn. 3 Rn. 7 f., 62 f.; [X.]/[X.]öglmüller [X.] 2017, 546, 548; [X.] [X.] 2017, 1557, 1558). Das [X.] vermutet lediglich, dies könne nur „aufgrund eines abgeleiteten Weisungsrechts, welches unmittelbar in dem Arbeitsverhältnis der Parteien wurzelt“, erfolgt sein.

2. Es steht nach den bisherigen Feststellungen des [X.]s ebenso wenig fest, dass es sich bei der Auslandstätigkeit des [X.] um einen drittbezogenen Personaleinsatz handelte. Das [X.]erufungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dies nicht aufgeklärt zu haben (zu [X.] IV 2 d der Gründe). Soweit es festgestellt hat, die [X.]eklagte führe nur den [X.]etrieb in [X.], folgt auch daraus, unabhängig davon, ob die darauf bezogenen Verfahrensrügen iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uch[X.]b, § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO durchdringen, nicht im Umkehrschluss, der Kläger müsse im Ausland in eine - bezogen auf die [X.]eklagte - fremde betriebliche Struktur eingegliedert gewesen sein. Die Feststellung schließt es vielmehr weder aus, dass der Kläger in keinerlei organisatorische Struktur eingebunden, noch, dass er in einen (selbstständigen oder unselbstständigen) [X.]etriebsteil der [X.]eklagten im Ausland eingegliedert war. Deren [X.]ehauptung, der Kläger sei in den ausländischen Einrichtungen der [X.] eingegliedert gewesen, besagt für sich genommen ebenfalls nicht, dass es sich dabei nicht um ausländische Organisationseinheiten der [X.]eklagten gehandelt haben kann.

III. Die Entscheidung des [X.]s stellt sich nicht iSd. § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar.

1. Das Arbeitsverhältnis unterliegt - was zwischen den Parteien nicht im Streit steht - gem. Art. 3 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 [X.] Rom I-VO dem in Nr. 16 des Arbeitsvertrags vereinbarten [X.] Recht. Unter der Überschrift „Anwendbares Recht“ heißt es dort, der Vertrag werde „nach den Gesetzen von [X.] ausgelegt und vollzogen“. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom-I-VO führt - soweit ersichtlich - zu keinem anderen Ergebnis.

2. Es steht nicht fest, dass die Kündigung nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam ist.

a) Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht beurteilen, ob der Kläger im Kündigungszeitpunkt in einem [X.]etrieb beschäftigt war, für den nach § 23 Abs. 1 KSchG der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes galt. Die Vorschrift erfasst nur [X.]etriebe, die in der [X.] liegen ([X.]Rspr., [X.] 26. März 2009 - 2 [X.] 883/07 - Rn. 12 f.; 17. Januar 2008 - 2 [X.] 902/06 - Rn. 21 ff., [X.]E 125, 274). Ob der Kläger dem [X.]etrieb der [X.]eklagten in [X.] zuzurechnen war, steht bislang nicht fest.

b) Die Parteien haben die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes nicht unabhängig von dessen gesetzlichem Geltungsbereich vereinbart (wohl aA zu einer solchen Auslegung Heise [X.]-RR 2018, 187, 191). Sie haben unter Nr. 16 des Arbeitsvertrags lediglich die Anwendung [X.] Rechts und damit auch des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart, allerdings nicht unabhängig von seinen sonstigen Anwendungsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG (vgl. [X.] 17. Januar 2008 - 2 [X.] 902/06 - Rn. 36 ff., [X.]E 125, 274). [X.]esondere Umstände, die eine andere Auslegung der [X.] bzw. des Arbeitsvertrags insgesamt rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3. Auf eine Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen hat sich der Kläger nicht berufen.

IV. Im Rahmen der danach gebotenen Zurückverweisung wird das [X.] die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und auf dieser Grundlage neu zu bewerten haben, ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung aufgelöst worden ist. Dabei trägt der Kläger die primäre Darlegungs- und auch die [X.]eweislast für seine Eingliederung in den bzw. die Zurechnung seiner Auslandstätigkeit zum [X.]etrieb der [X.]eklagten in [X.]. Im Prozess ist es Sache des Arbeitnehmers, die für ihn günstigen Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen, aufgrund derer § 102 [X.] zur Anwendung kommt. Ist ihm dies gelungen, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und [X.]eweislast dafür, dass eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt ist ([X.] 8. Mai 2014 - 2 [X.] 1005/12 - Rn. 32; 24. Mai 2012 - 2 [X.] 62/11 - Rn. 43, [X.]E 142, 36). Das [X.] wird dem Kläger insoweit Gelegenheit zur Ergänzung bzw. Klarstellung seines Vorbringens und der [X.]eklagten Gelegenheit zur Erwiderung zu geben haben. Die [X.]eklagte trifft ggf. eine sekundäre Darlegungslast in [X.]ezug auf Umstände, über die Auskunft zu geben nach dem Prinzip der [X.] nur sie in der Lage ist (vgl. [X.] 2. März 2017 - 2 [X.] 427/16 - Rn. 22).

        

    Koch     

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Krüger     

        

    Alex    

                 

Meta

2 AZR 55/18

24.05.2018

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lingen, 11. August 2016, Az: 1 Ca 135/16, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.05.2018, Az. 2 AZR 55/18 (REWIS RS 2018, 8694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8694

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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