Bundessozialgericht, Urteil vom 04.07.2013, Az. B 2 U 3/13 R

2. Senat | REWIS RS 2013, 4422

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - sachlicher Zusammenhang - Unterbrechung: Abbiegevorgang - Abbremsen bzw zum Halten bringen - Handlungstendenz - subjektive Motivation - objektive Indizien - Erdbeerkauf - private Motive - Nahrungsaufnahme - öffentlicher Verkehrsraum


Leitsatz

Bringt der Versicherte sein Kraftfahrzeug auf dem Weg zur Arbeit zum Stehen, um nach links zum Einkauf von Erdbeeren abzubiegen, so dokumentiert sich in diesem nach außen beobachtbaren Verhalten die privatwirtschaftliche Handlungsmotivation und der versicherte Weg wird unterbrochen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. September 2012 aufgehoben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 15. September 2011 zurückgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Ereignisses vom [X.] als Arbeitsunfall streitig.

2

Der Kläger wollte auf dem direkten Heimweg von der Arbeit in [X.] auf einem übersichtlichen Stück einer Ortsdurchfahrt links in ein Privatgrundstück einbiegen, um dort an einem Verkaufsstand Erdbeeren einzukaufen. Aufgrund des Gegenverkehrs musste er bis zum Stillstand abbremsen. Nach wenigen Sekunden fuhr die Unfallverursacherin ungebremst hinten auf seinen Pkw auf. Diese gab an, das klägerische Auto habe plötzlich angehalten, um nach links abzubiegen. Sie habe noch versucht zu bremsen, die Kollision aber nicht mehr vermeiden können. Das Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen die Unfallverursacherin wurde eingestellt. Bei dem Auffahrunfall erlitt der Kläger eine Stauchung und Zerrung der Halswirbelsäule ohne Zeichen einer Commotio. Er war bis 24.7.2010 arbeitsunfähig erkrankt.

3

Die Beklagte lehnte im Bescheid vom 16.11.2010 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Sie führte zur Begründung aus, der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Zurücklegung des Wegs setze voraus, dass die Zurücklegung des Wegs wesentlich dazu diene, die Wohnung zu erreichen. Beim Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls die Handlungstendenz darauf ausgerichtet gewesen, an dem Straßenstand Erdbeeren zu kaufen, weshalb er eigenwirtschaftliche Ziele verfolgt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.4.2011).

4

Hiergegen hat der Kläger Klage zum [X.] erhoben, das mit Urteil vom 15.9.2011 die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Zeitpunkt des Unfalls sei die Handlungstendenz des [X.] nicht mehr auf das Zurücklegen des unmittelbaren Wegs von der versicherten Beschäftigung, sondern von privatwirtschaftlichen Interessen getragen gewesen. Dies habe sich auch objektiv im Anhalten niedergeschlagen. Die Fahrt auf ein an der gegenüberliegenden Straßenseite liegendes Grundstück, um dort Erdbeeren zu kaufen, könne nicht als lediglich geringfügige Unterbrechung des Wegs betrachtet werden, weil dieser Vorgang eine klare Zäsur im Zurücklegen des Wegs von der versicherten Beschäftigung darstelle. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls zwar noch geographisch auf dem Heimweg befunden, juristisch jedoch nicht mehr, weil er die Zurücklegung dieses Wegs zugunsten einer nicht mit seiner Beschäftigung zusammenhängenden Tätigkeit in nicht nur geringfügiger Weise zumindest vorübergehend aufgegeben habe.

5

Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] durch Urteil vom 20.9.2012 das Urteil des [X.] und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass das Unfallereignis vom [X.] ein Arbeitsunfall gewesen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei während des Unfalls versichert gewesen. Er habe auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zur Wohnung grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 [X.]B VII gestanden. Der Weg zur Arbeit sei nicht durch das bloße Anhalten, auch wenn dieses einem Lebensmitteleinkauf dienen sollte, unterbrochen worden. Zwar wäre der Einkauf selbst mit der Einfahrt auf ein Privatgrundstück diesem Weg nicht zuzurechnen, denn es fehle am inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung. Eine Unterbrechung sei aber dann als geringfügig anzusehen, wenn - wie hier - der öffentliche Verkehrsraum der zur Arbeitsstätte führenden Straße nicht verlassen werde. Die räumliche Unterbrechung beginne erst dann, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum seines Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit verlasse und ende mit dem Erreichen dieses [X.] sowie der Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Ziels. Der Unfall habe sich indessen noch bevor der Kläger überhaupt die Fahrrichtung geändert hatte und damit im öffentlichen Verkehrsraum der genutzten Straße in einem Bereich ereignet, den der Kläger auch ohne den Einkauf der Erdbeeren auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zur Wohnung befahren hätte. Dass der Kläger bereits angehalten und damit die Fortbewegung unterbrochen gehabt habe, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Das Anhalten des Autos, um einen Abbiegevorgang durchzuführen, sei zunächst ein neutraler Vorgang. Nach Ansicht der Beklagten und des [X.] wäre der Weg bereits dann unterbrochen und der Versicherungsschutz würde enden, wenn der Versicherte lediglich anhalte, es sei denn, er könnte seinerseits nachweisen, dass er aus versicherten Gründen angehalten habe. Diese Feststellung allein aufgrund der Absichten des Versicherten zu treffen - ohne dass es objektiv zu einem Verlassen des [X.] gekommen sei - würde zu nicht mehr justitiablen Ergebnissen gerade in den Fällen führen, in denen nicht mehr eindeutig geklärt werden könne, aus welchem Grund es zu einem Anhalten des Versicherten gekommen sei.

6

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 8 Abs 2 Nr 1 [X.]B VII. Das Anhalten auf dem versicherten Weg vor dem Abbiegen zu privaten Zwecken sei nach der neueren Rechtsprechung des B[X.] nicht mehr vom Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung umfasst. Hiernach komme es nicht mehr darauf an, ob sich der Versicherte im öffentlichen Verkehrsraum befunden habe, sondern auf die Handlungstendenz. Es habe sich auch um keine lediglich geringfügige Unterbrechung gehandelt, weil der Erdbeerkauf nicht gleichsam nebenher habe erledigt werden können.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des L[X.] Baden-Württemberg vom 20.9.2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des [X.] vom 15.9.2011 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des [X.] beruht auf einer Verletzung des § 8 Abs 2 [X.]. Deshalb war das Urteil des [X.] aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das zutreffende Urteil des [X.] zurückzuweisen. Der Kläger hat am 20.7.2010 keinen Arbeitsunfall erlitten.

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 [X.] auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 [X.]B VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl B[X.] vom [X.] - B[X.]E 111, 52 = [X.]-2700 § 2 [X.], vom [X.] - [X.]-2700 § 8 [X.], vom 13.11.2012 - [X.] U 19/11 R - [X.] Aktuell 2013, 251, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen; zuletzt B[X.] vom 18.6.2013 - [X.] U 10/12 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Der Kläger befand sich nach den Feststellungen des [X.] am 20.7.2010 auf dem direkten Heimweg von seiner Arbeitsstätte. Die durch den Auffahrunfall verursachten gesundheitlichen Einwirkungen auf den Körper des [X.] begründeten jedoch keinen Arbeitsunfall, weil sie nicht iS von § 8 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII "infolge" des Zurücklegens des versicherten Wegs auftraten und damit nach dem Schutzzweck der Norm nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen waren. Der Kläger selbst hat, indem er sein Fahrzeug zum Stehen brachte, die maßgebliche und unmittelbare Wirkursache für den Unfall - das Auffahren der Unfallverursacherin von hinten auf sein Fahrzeug - gesetzt. Er handelte dabei ausschließlich aus dem privatwirtschaftlichen Beweggrund, die Fahrt in anderer Richtung fortzusetzen, um dort Erdbeeren zu kaufen. Diese subjektive Handlungstendenz schlug sich unmittelbar in dem objektiv beobachtbaren Verhalten - dem vollständigen Abbremsen des Fahrzeugs - nieder (hierzu unter 1.) Entgegen der Rechtsansicht des [X.] handelte es sich dabei auch nicht um eine geringfügige, zu vernachlässigende Unterbrechung (vgl unter 2.).

1. Die konkrete Verrichtung des [X.] im Zeitpunkt des Unfalls - das vollständige Abbremsen des Pkw - stand nicht unter Versicherungsschutz. Wie das B[X.] seit seiner Entscheidung vom 9.12.2003 ([X.] U 23/03 R - B[X.]E 91, 293 = [X.]-2700 § 8 [X.]) in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl nur Urteil vom 30.10.2007 - [X.] U 29/06 R - [X.]-2700 § 8 [X.], vom 2.12.2008 - [X.] U 17/07 R - [X.]-2700 § 8 [X.] und - [X.] U 26/06 R - B[X.]E 102, 111 = [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 22 f sowie vom 17.2.2009 - [X.] U 26/07 R - [X.]-2700 § 8 [X.]2) ist maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung noch der Fortbewegung auf das ursprüngliche Ziel hin (hier Wohnung des [X.]) dient, die Handlungstendenz des Versicherten. Diesen Grundsatz hatte das B[X.] bis zu der Entscheidung vom 9.12.2003 (aaO) freilich mit der Einschränkung versehen, dass der Versicherungsschutz trotz der vorübergehenden Lösung vom betrieblichen Zweck des Wegs solange erhalten bleibt, wie sich der Versicherte noch innerhalb des öffentlichen [X.] der für den Weg zu oder von der Arbeitsstätte benutzten Straße aufhält. Die nicht mehr versicherte Unterbrechung des Wegs begann nach dieser überholten Rechtsprechung danach erst, wenn der öffentliche Verkehrsraum, beispielsweise durch Betreten eines Geschäfts oder durch Einbiegen in eine Seitenstraße, verlassen wurde. Sie endete, sobald der Versicherte nach Erledigung der eigenwirtschaftlichen Verrichtung zur Fortsetzung des Wegs in den Bereich der Straße zurückkehrte (s etwa B[X.] vom 2.7.1996 - 2 RU 16/95 - [X.] 3-2200 § 550 [X.] mwN). An dieser einschränkenden Rechtsprechung, die in der Vergangenheit aus Gründen der Rechtsklarheit und Verwaltungspraktikabilität die Einbeziehung bestimmter im privaten Bereich wurzelnder Unfallrisiken in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung in Kauf genommen hatte, hat der Senat seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr festgehalten. Wird der Weg zu oder von der Arbeitsstätte durch eine private Besorgung mehr als nur geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung kein Versicherungsschutz. Dieser setzt erst wieder ein, wenn die eigenwirtschaftliche Tätigkeit beendet ist und die Handlungstendenz auch nach außen erkennbar wieder darauf gerichtet ist, den ursprünglichen, versicherten Weg wieder aufzunehmen (vgl das Urteil des Senats vom heutigen Tage - [X.] - [X.] U 12/12 R - Fortsetzung der Fahrt auf der Straße nach Beendigung eines Tankvorgangs).

Der Kläger hat hier sein Fahrzeug bis zum Stand abgebremst, um über die Gegenfahrbahn auf ein privates Gelände zu fahren, wo er Erdbeeren kaufen wollte. Das Kaufen der Erdbeeren stand als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht mehr unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung. Gründe dafür, nach denen die Nahrungsaufnahme in Form von Erdbeeren hier ausnahmsweise versichert gewesen sein könnte (vgl hierzu zuletzt das Urteil des Senats vom 18.6.2013 - [X.] U 7/12 R - mwN) sind weder festgestellt noch erkennbar. Begonnen hat der Kläger mit der Unterbrechung des versicherten Wegs mit dem Ziel des [X.] objektiv erkennbar in dem Moment, in dem er nach außen hin sichtbar seine subjektive Handlungstendenz in ein für Dritte beobachtbares "objektives" Handeln umgesetzt hat. Zutreffend hat das [X.] erkannt (vgl auch [X.] Berlin-Brandenburg vom 3.11.2011 - L 3 U 7/09 - Ende des Versicherungsschutzes der Wegeunfallversicherung bei objektiv erkennbarer Verlangsamung des Fahrzeugs und Setzen eines Blinkers auch auf eigener [X.]), dass damit die private Handlung in Gang gesetzt war. Denkt man sich die durch das Abbremsen verobjektivierte subjektive Handlungstendenz des [X.] hinweg, so findet sich schon auf der ersten Stufe der Kausalitätsprüfung kein naturwissenschaftlicher Grund mehr für das Auffahren der Unfallverursacherin. Einzige objektive Wirkursache für den Unfall war das Abbremsen aus privatwirtschaftlicher Motivation.

Wie der [X.] (aaO, RdNr 26) ausgeführt hat, steht es dem Versicherten frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wenn die Fortbewegung nach seiner Handlungstendenz der Zurücklegung des Wegs von oder zum Ort der Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Insofern mag der Autofahrer bei einer doppelspurigen Straße entscheiden, ob er die rechte oder die linke Fahrspur befährt. Sobald indes der Versicherte allein eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, die mit der versicherten Fortbewegung nicht übereinstimmen, wird der Versicherungsschutz unterbrochen, und zwar so lange, bis er die Fortbewegung auf sein ursprüngliches Ziel hin wieder aufnimmt (vgl hierzu das Urteil von heutigen Tage - [X.] - [X.] U 12/12 R). Bei Benutzung eines Fahrzeugs (Pkw, Motorrad, Fahrrad) wird die eigenwirtschaftliche Handlungstendenz dabei nicht erst mit dem Verlassen des öffentlichen [X.] ersichtlich. Sie prägt das Verhalten des Versicherten, sobald er [X.] mit dem Ziel des [X.] durch das vollständige Abbremsen desselben nach außen dokumentiert, dass er sich auf dem versicherten Weg nicht weiter fortbewegen will. Die konkrete Verrichtung - das Abbremsen bis zum Stillstand - war allein dem eigenwirtschaftlich geprägten Wunsch zuzurechnen, einen Einkauf durchzuführen. Erst dieser Wunsch führte überhaupt dazu, dass der Versicherte abbremste.

2. Entgegen der Rechtsansicht des [X.] handelte es sich auch nicht um eine lediglich geringfügige, unbeachtliche Unterbrechung des [X.]. Wie der Senat in seinem Urteil vom 17.2.2009 ([X.] U 26/07 R - [X.]-2700 § 8 [X.]2 RdNr 15) klargestellt hat, ist eine Unterbrechung als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (B[X.] vom 9.12.2003, aaO, RdNr 7; B[X.] vom 12.4.2005 - [X.] U 11/04 R - B[X.]E 94, 262 = [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 12). Nach dieser Rechtsprechung bewirkte etwa ein Richtungswechsel mit einem Pkw auf einem grundsätzlich versicherten Heimweg, mit dem sich der Versicherte wieder in entgegengesetzter Richtung von seiner Wohnung wegbewegt, eine deutliche Zäsur, weil sich die Umkehr sowohl nach ihrer Zielrichtung als auch ihrer Zweckbestimmung von dem zunächst zurückgelegten Heimweg unterscheidet (so auch B[X.] vom 19.3.1991 - 2 RU 45/90 - [X.] 3-2200 § 548 [X.] mwN; vgl auch für den 100 m längeren Weg zum Bankautomaten B[X.] vom 24.6.2003 - [X.] U 40/02 R).

Hier handelte der Kläger mit dem Ziel, über die Gegenfahrbahn hinweg ein privates Grundstück zu erreichen, um dort Erdbeeren einzukaufen. Die Gesamtheit dieses geplanten Handelns kann nicht mehr als geringfügig angesehen werden, weil sie eben gerade nicht "nur nebenbei" erledigt werden kann. Vielmehr setzt der subjektive Wunsch des [X.] eine neue objektive Handlungssequenz in Gang, die sich deutlich von dem bloßen "nach [X.] fahren" abgrenzen lässt. Die konkrete Verrichtung des Abbremsens steht ihrerseits in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit diesem Erdbeerkauf, der durch das zum Stand kommen des Pkw nach außen hin erkennbar in Gang gesetzt ist. Soweit das [X.] rügt, damit werde einzig die geäußerte Motivation des jeweiligen Versicherten zum Maßstab des Versicherungsschutzes, so ist dies die Konsequenz der mit dem 9.12.2003 (aaO) begonnenen Rechtsprechung des Senats, die in der Praxis allerdings zu berechenbaren Ergebnissen führt (vgl insofern etwa nur [X.] Berlin-Brandenburg vom 3.11.2011 - L 3 U 7/09 - sowie vom 16.5.2013 - L 3 U 268/11 -; vgl weiterhin Bayerisches [X.] vom 25.10.2011 - L 3 U 52/11 - sowie vom [X.] - Einkauf von Pilzen; [X.] Niedersachen-Bremen vom [X.] -; [X.] Nordrhein-Westfalen vom [X.] - L 15 U 298/08).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 2 U 3/13 R

04.07.2013

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Reutlingen, 15. September 2011, Az: S 8 U 1338/11, Urteil

§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 04.07.2013, Az. B 2 U 3/13 R (REWIS RS 2013, 4422)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4422

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 2 U 11/16 R (Bundessozialgericht)

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - Autofahrt - Unterbrechung des versicherten Weges - sachlicher Zusammenhang - …


B 2 U 12/12 R (Bundessozialgericht)

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - sachlicher Zusammenhang - Dauer der Unterbrechung: Tanken bzw Tankvorgang - …


B 2 U 1/16 R (Bundessozialgericht)


B 2 U 31/17 R (Bundessozialgericht)

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - Unterbrechung des versicherten Weges - sachlicher Zusammenhang - Vorbereitungshandlung - …


B 2 U 16/20 R (Bundessozialgericht)

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - Umweg - sachlicher Zusammenhang - keine geringfügige Unterbrechung - gemischte …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.