Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2004, Az. VIII ZR 78/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4485

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/03Verkündet am:18. Februar 2004P o t s c h ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: ja[X.] § 434 a.F.; [X.] § 111 [X.] auf der Grundlage von § 111 b [X.] rechtmäßig durchgeführte Beschlagnahmeder [X.] in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren begründet einenRechtsmangel, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, sofern derSachverhalt, aufgrund dessen die Beschlagnahme erfolgte, bereits bei [X.] bestand.[X.], Urteil vom 18. Februar 2004 - [X.]/03 -OLG [X.] [X.] 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 18. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Leimert und [X.]für Recht erkannt:Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Februar 2003 wird [X.].Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.Von Rechts [X.]:Der Kläger kaufte von dem Beklagten mit Vertrag vom 2. Mai 2000 einenPKW M. zum Preis von 98.000 DM. Den Kaufpreis zahlteder Kläger noch am selben Tag in bar und erhielt das Fahrzeug. Das [X.] am 7. Februar 2000 bei einem [X.] Kommissariat als gestohlen gemel-det worden. Am 18. Mai 2000 wurde das Fahrzeug im Rahmen eines [X.] der Staatsanwaltschaft [X.] wegen des Verdachts [X.] von der Polizei in [X.] bei einer vom Kläger [X.] sichergestellt. Diese Maßnahme wurde durch Beschluß des Amtsge-richts [X.] vom 15. August 2000 richterlich bestätigt. Zur [X.] 3 -dung heißt es, die Beschuldigten, zu denen neben beiden Parteien weitere Per-sonen gehörten, ständen im Verdacht, das Fahrzeug im Inland verschoben zuhaben. Der sichergestellte PKW könne als Beweismittel von Bedeutung sein,auch die Voraussetzungen des Verfalls lägen vor. Eine dagegen gerichtete [X.] wurde durch Beschluß des Landgerichts [X.] vom9. September 2000 zurückgewiesen.Bereits am 25. August 2000 hatte die Polizei das Fahrzeug an eine [X.] GmbH, M. , im Auftrag der mutmaßlichen Eigentümerinherausgegeben.Der Kläger hat den Beklagten unter Anrechnung einer vorprozessualenZahlung von 10.000 DM auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises in [X.] 88.000 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat in beiden Instan-zen obsiegt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zu-rückweisung der Kläger beantragt, erstrebt der Beklagte die Abweisung [X.].Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt:Der Kläger sei zu Recht nach §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 [X.] vomKaufvertrag zurückgetreten und könne deshalb Rückzahlung des Kaufpreisesverlangen. Eine rechtmäßige Sicherstellung der [X.] in einem Ermitt-lungsverfahren begründe einen Rechtsmangel, wenn diese Maßnahme auchauf die §§ 111 b, 111 c [X.] gestützt werde. Die Rechtsstellung des Käufers- 4 -sei durch die staatliche Befugnis, einzelne Gegenstände ihrem Besitzer [X.] zu entziehen, beeinträchtigt. Eine Beschlagnahme des Fahrzeugs ledig-lich zu Beweiszwecken nach § 94 [X.], die keinen Rechtsmangel darstelle,liege nicht vor. Es könne dahinstehen, ob das Fahrzeug tatsächlich gestohlensei und der Beklagte deshalb dem Kläger das Eigentum daran nicht habe [X.] können.I[X.]Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfungstand, so daß die Revision zurückzuweisen ist.1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Sicher-stellung des Fahrzeugs durch polizeiliche Beschlagnahme am 18. Mai 2000,bestätigt durch Beschluß des Amtsgerichts [X.] vom 15. [X.], einen Rechtsmangel darstelle.Eine auf der Grundlage von § 111 b [X.] durchgeführte Beschlagnahmeder [X.] in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren begründet einenRechtsmangel, der den Käufer nach Maßgabe der §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1Satz 1, 327 Satz 1, 346 ff. [X.] zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.Nach § 434 [X.] a.F., der hier noch anwendbar ist (Art. 229 § 5 Satz 1EG[X.]), ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den verkauften Gegenstandfrei von Rechten zu verschaffen, die von [X.] gegen den Käufer geltend ge-macht werden können. Unerheblich ist dabei, ob der Dritte sein Recht erst nachGefahrübergang ausübt. Der Verkäufer ist verpflichtet, schon die bloße Gefahrder Inanspruchnahme zu beseitigen ([X.], 86, 89; [X.]/[X.], [X.],13. Bearb., § 434 Rdnr. 5; Soegel/[X.], [X.], 12. Aufl., § 434 Rdnr. 81;- 5 -MünchKomm/Westermann, [X.], 3. Aufl., § 434 Rdnr. 10; [X.]/Grunewald,[X.], 10. Aufl., § 434 Rdnr. 1). Maßgebend ist allein, daß der Sachverhalt, [X.] Dritter entstehen ließ, bereits bei Gefahrübergang bestand.Unter die Rechte Dritter im Sinne des § 434 [X.] a.F. fallen öffentlich-rechtliche Befugnisse wie eine staatliche Beschlagnahme, sofern diese tatsäch-lich ausgeübt wird, zu Recht erfolgt und den Verfall oder die Einziehung [X.] zur Folge haben kann ([X.] aaO, [X.]/[X.], aaO, § 434Rdnr. 26; [X.]/[X.], aaO, § 434 Rdnr. 69; [X.],aaO, § 434 Rdnr. 10; [X.]/Grunewald, aaO, § 434 Rdnr. 5). Darunter ist aucheine Beschlagnahme in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach§§ 111 b, 111 c [X.] zu verstehen. Diese ist nach § 111 b Abs. 1 [X.] zuläs-sig, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß die Voraussetzungenfür den Verfall oder die Einziehung des sicherzustellenden Gegenstandes nach§§ 73, 74 StGB vorliegen. Für den Käufer besteht die Gefahr, daß ihm die[X.] durch den staatlichen Eingriff entzogen wird und das Eigentum ander Sache auf den Staat nach § 73 e Abs. 1 Satz 1 StGB übergeht. Gleiches [X.] § 111 b Abs. 5 [X.], wenn die Beschlagnahme der Sicherung der zivil-rechtlichen Ansprüche des durch die Tat Verletzten dienen soll. Auch in [X.] läuft der Käufer Gefahr, seine Rechtsstellung zu verlieren. Es ist daher ge-rechtfertigt, eine staatliche Beschlagnahme der Sache nach § 111 b [X.] alsAusübung des Rechts eines [X.] im Sinne des § 434 [X.] a. F. anzusehen.Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall der Käufer durchdie Beschlagnahme seine Rechte an der Sache nicht nur vorübergehend, son-dern endgültig verliert. Zwar wurde das Fahrzeug durch die Polizei in [X.] bereits am 25. August 2000 ohne Absprache mit der Staatsanwalt-schaft oder dem Ermittlungsrichter freigegeben. Die Aufhebung erfolgte jedochnicht zu Gunsten des [X.], sondern einer Firma [X.] [X.] 6 -M. , die das Fahrzeug auch unverzüglich im Auftrag einer französischenVersicherung abholte und nach [X.] verbrachte. Es kann dahinstehen, obdie Freigabe zu Recht erfolgte. Jedenfalls ist dem Kläger durch die Beschlag-nahme der PKW entzogen worden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte da-für, daß es dem Kläger im weiteren Verlauf des Verfahrens tatsächlich [X.] wäre, das Fahrzeug wieder in Besitz zu nehmen.2. Ohne Erfolg rügt die Revision, daß die Beschlagnahme tatsächlichnicht auf § 111 b Abs. 5 [X.] gestützt worden, sondern die Maßnahme nur [X.] von Beweismitteln nach § 94 [X.] erfolgt sei. Vorliegend ist die Si-cherstellung jedenfalls auch aus § 111 b [X.] begründet worden, so daß da-hinstehen kann, ob eine lediglich nach § 94 [X.] durchgeführte [X.] verkauften Sache als Beweismittel einen Rechtsmangel darstellen kann(verneinend [X.], [X.] 2002, 169; [X.], [X.], 67, 68; [X.], NJW 1977, 1822, 1823; [X.]/[X.], § 434Rdnr. 26; [X.]/[X.], § 434 Rdnr. 69; anderer Ansicht [X.]/Grunewald,§ 434 Rdnr. [X.] hat zutreffend ausgeführt, daß die maßgeblicheBeschlagnahmeanordnung, die durch den Beschluß des Amtsgerichts [X.] vom 18. Mai 2000 und den Beschluß des [X.] amMain vom 9. September 2000 bestätigt wurde, eine Sicherstellung nach § 111 b[X.] umfaßte. Die Beschlagnahme am 18. Mai 2000 und der dabei ausgefüllte"Nachweis über sichergestellte/beschlagnahmte Gegenstände" läßt unmittelbarkeinen sicheren Schluß auf die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme zu. Ausdem Stand des Ermittlungsverfahrens ergibt sich jedoch eindeutig, daß wegendes Verdachts der Hehlerei unter anderem an dem verkauften Fahrzeug ermit-telt wurde. Insofern lag es auf der Hand, daß eine Beschlagnahme des [X.] nicht nur zu Beweiszwecken erfolgte, sondern auch, um den [X.] 7 -für den Staat oder den Verletzten zu sichern. Ist der Zweck der Maßnahme [X.] offensichtlich, so ist eine nähere Bezeichnung entbehrlich ([X.], [X.] 25. Februar 1985 - 1 StE 4/85, [X.], 262 unter [X.]; [X.],[X.], 5. Aufl., § 111 [X.]. 14).Darüber hinaus wird der Sicherungscharakter der Beschlagnahme nach§ 111 b Abs. 1 [X.] im Beschluß des Amtsgerichts [X.] vom15. August 2000 ausdrücklich genannt. Die richterliche Bestätigung erwähnt [X.] der §§ 111 b, 111 c, 111 e [X.] in Verbindung mit § 73 StGB undführt aus, die Voraussetzungen des Verfalls lägen vor. [X.] ist, daß zu-sätzlich auch die Voraussetzungen einer Sicherstellung nach § 94 Abs. 1 [X.]zu Beweiszwecken als erfüllt angesehen werden ([X.]/[X.],[X.], 46. Aufl., § 94 Rdnr. 2). Gleiches gilt für den bestätigenden Beschluß desLandgerichts [X.] vom 9. September 2000.Weiterhin ist unerheblich, daß die Beschlagnahme nicht ausdrücklich§ 111 b Abs. 5 [X.] benennt. Diese Vorschrift enthält eine Erweiterung [X.] lediglich für den Fall, daß aufgrund § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Si-cherung der Interessen möglicher Verletzter Vorrang vor dem möglichen Verfalldes Gegenstandes zu Gunsten des Staates genießt. Ist aufgrund der Ver-dachtslage noch offen, ob der Verfall nach § 73 StGB zu sichern ist oder ob essich um eine Sicherstellung nach § 111 b Abs. 5 [X.] handelt, so kann die [X.] wahlweise auf beide Vorschriften gestützt werden ([X.], [X.],7. Aufl., § 111 [X.]. 28; SK-[X.]-Rudolphi, § 111 [X.]. 11; [X.],§ 111 [X.]. 20; weitergehend [X.]/[X.], aaO, § 111 [X.]. 7). Die ausdrückliche Angabe der Normen ist entbehrlich, da in beidengerichtlichen Beschlüssen [X.] und [X.] angegeben sind, daß für die von der Beschlagnahme Betroffenen Anlaßund Zielrichtung der Sicherstellung klar erkennbar [X.] 8 -3. Zum Zeitpunkt der Übergabe am 2. Mai 2000 war das Fahrzeug be-reits in [X.] als gestohlen gemeldet, so daß ein entsprechender Diebstahlsver-dacht und die Voraussetzungen einer Sicherstellung nach § 111 b [X.] bereitsbei Gefahrübergang vorlagen.Nach diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob sich das Rück-trittsrecht des [X.] auch aus dem von ihm behaupteten Diebstahl des [X.] im Februar 2000 und einem deshalb möglicherweise gescheiterten Ei-gentumsübergang ergibt.[X.] [X.] [X.]Dr. Leimert [X.]

Meta

VIII ZR 78/03

18.02.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2004, Az. VIII ZR 78/03 (REWIS RS 2004, 4485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4485

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