Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2020, Az. 9 B 66/19

9. Senat | REWIS RS 2020, 3880

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Gegenstand

Verspätetes Vorbringen im Sinne des § 6 UmwRG


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27. August 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde, die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützt ist, hat keinen Erfolg.

2

1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von [X.]edeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der [X.]eschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

4

a) Die Klärung der Frage,

ob die Klagebegründung hinsichtlich eines verspäteten Tatsachenvortrages auch dann an den Maßstäben des § 6 UmwRG n.F. gemessen werden darf, wenn diese Vorschrift erst in [X.] getreten ist, nachdem die bis dahin geltende sechswöchige Klagebegründungfrist von § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. bereits abgelaufen war,

wäre im Revisionsverfahren nicht zu erwarten, denn sie war für das Oberverwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Es hat die vom Kläger beanstandete Zurückweisung seines Vorbringens zur fehlenden Leistungsfähigkeit der Ortsumgehung und des sich anschließenden Straßennetzes nicht nur mit § 6 UmwRG in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018 (§ 6 UmwRG n.F.) begründet, den es gestützt auf die Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG für anwendbar hält, obwohl die Klage am 12. April 2017 erhoben wurde und die Neufassung des § 6 UmwRG erst nach Rechtshängigkeit der Klage und nach Ablauf der zuvor geltenden 6-Wochen-Frist zur Klagebegründung in [X.] trat, nämlich am 29. Juli 2017 (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2019 - 7 KS 24.17 - juris Rn. 451 und 154 ff. m.w.N.).

5

Vielmehr hat es selbst Zweifel an dieser Auffassung geäußert ([X.], a.a.[X.] Rn. 163 unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 6. September 2018 - 3 A 15.15 - [X.] 442.09 § 18 [X.] Nr. 86 = juris Rn. 15) und die Zurückweisung des Vorbringens hilfsweise auch damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. bzw. des insoweit gleichlautenden § 17e Abs. 5 [X.] a.F. i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO erfüllt seien (vgl. [X.], a.a.[X.] Rn. 457). [X.]ei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser [X.]egründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 23. Mai 2013 - 9 [X.] 46.12 - juris Rn. 2).

6

An dieser Voraussetzung fehlt es. Zur [X.]egründung der Zurückweisung auf der Grundlage von § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. und § 17e Abs. 5 [X.] a.F. hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, der Kläger sei im Planfeststellungsbeschluss über die Frist belehrt worden, das in Rede stehende Vorbringen sei unentschuldigt deutlich außerhalb der 6-Wochen-Frist erfolgt und hierdurch habe sich der Rechtsstreit verzögert (Rn. 457). Gegen diese einzelnen [X.]egründungselemente hat die [X.]eschwerde keine durchgreifenden Grundsatzrügen (s. hierzu aa) bis [X.])) oder Verfahrensrügen (s. hierzu unter 2 a)) geltend gemacht:

7

aa) Der Umstand der Fristbelehrung im Planfeststellungsbeschluss ist unstreitig.

8

bb) Ob ein klägerisches Vorbringen neu ist oder lediglich eine Präzisierung (Vertiefung) des innerhalb der Klagefrist Vorgebrachten darstellt, ist in erster Linie eine Frage der Einzelfallwürdigung durch das Gericht. Soweit es hierzu Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung gibt, sind diese in der Rechtsprechung geklärt (vgl. [X.], Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - [X.]E 163, 380 Rn. 14 ); weitere Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung werden in der [X.]eschwerde nicht aufgeworfen.

9

cc) Auch für die Frage der genügenden Entschuldigung kommt es auf den Einzelfall an. Die von der [X.]eschwerde hierzu aufgeworfene Frage,

ob aus § 6 UmwRG n.F. bzw. § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. folgt, dass Tatsachen, die der Kläger erst nach Ablauf der [X.] erfährt, so dass er bezüglich des [X.] bis zu diesem Zeitpunkt entschuldigt war, alsbald nach Kenntniserlangung dem Gericht übermitteln muss und zwar auch dann, wenn diesbezüglich keine Ausschlussandrohung oder [X.]elehrung erfolgt oder ersichtlich ist,

bedarf schon deshalb keiner revisionsrechtlichen Klärung, weil sie von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht: Nicht jede Tatsache, die ein Kläger erst nach Ablauf der [X.] erfährt, führt dazu, dass der Nichtvortrag dieser Tatsache (automatisch) entschuldigt ist. Ob neue Tatsachen vorliegen, die der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht vortragen konnte, so dass der Nichtvortrag entschuldigt ist, muss das Gericht vielmehr - wie oben bereits ausgeführt - im jeweiligen Einzelfall prüfen und bewerten.

Zudem geht die Fragestellung zu Unrecht davon aus, dass es hier an einer "Ausschlussandrohung oder [X.]elehrung" fehlte. Die Fristsetzung erfolgte hier nicht nach § 87b Abs. 1 oder 2 VwGO durch den Vorsitzenden oder den [X.]erichterstatter, sondern unmittelbar durch Gesetz, das für den Fall der Fristversäumnis § 87b Abs. 3 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt; darüber wurden die Kläger durch den Planfeststellungsbeschluss belehrt (s.o.). Für die Annahme der [X.]eschwerde, das Gericht müsse vor der Zurückweisung verspäteten Vorbringens stets eine "Androhung" aussprechen, fehlt jede Stütze im Gesetz. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens hat vielmehr zusammen mit der Sachentscheidung zu ergehen. Einer besonderen Zwischenentscheidung bedarf es nicht, weil diese dem [X.]eschleunigungszweck der Präklusionsfrist zuwiderliefe (ebenso [X.]/Riese, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand Juli 2019, § 87b Rn. 35). Soweit der Kläger meint, der gerichtliche Hinweis sei erforderlich, damit Entschuldigungsgründe vorgetragen werden könnten (vgl. [X.]eschwerdebegründung S. 8), ist zu beachten, dass der [X.]etroffene Entschuldigungsgründe von sich aus vortragen muss (ebenso [X.]/Riese, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, a.a.[X.] Rn. 41); er braucht sie gem. § 87b Abs. 3 Satz 2 VwGO allerdings nur auf Verlangen glaubhaft zu machen.

[X.]) Auch bezüglich des letzten [X.]egründungselements besteht kein Klärungsbedarf. Zur Verzögerung des Rechtsstreits genügt das Herbeiführen einer nicht unerheblichen absoluten Verfahrensverzögerung; auf die Frage, ob der Rechtsstreit ebenso lange gedauert hätte, kommt es nicht an, es sei denn, dies wäre offenkundig ([X.], [X.]eschluss vom 27. Mai 2010 - 8 [X.] 112.09 - juris Rn. 8 m.w.N.).

b) Die Frage,

ob die Rechtsfolgen von § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. mit den Rechtsfolgen von § 6 UmwRG n.F. hinsichtlich einer Verspätungspräklusion identisch sind oder ob die Ausschlusskriterien nach § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. weniger streng sind,

ist nach dem Vorstehenden ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Unabhängig davon ergibt sich die Antwort aber auch unmittelbar aus dem Gesetz. Danach verlängert die Neufassung des § 6 UmwRG einerseits die [X.] auf zehn Wochen ab Klageerhebung; andererseits werden die Rechtsfolgen verschärft. Nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und [X.]eweismittel sind - gemäß § 6 Satz 2 UmwRG - ungeachtet einer Verzögerung nur noch zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (vgl. [X.], Urteil vom 6. September 2018 - 3 A 15.15 - [X.] 442.09 § 18 [X.] Nr. 86 = juris Rn. 15).

c) Die Frage,

ob der Tatsachenvortrag im Rahmen des § 6 UmwRG n.F. bzw. § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. eine rechtliche Zuordnung dieses Tatsachenvortrages verlangt,

lässt sich ebenfalls ohne Weiteres anhand des Wortlauts (verneinend) beantworten. Es ist im Übrigen weder dargelegt noch erkennbar, dass das Oberverwaltungsgericht von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, insbesondere ergibt sich dies nicht aus der Verwendung des [X.]egriffs "Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung" in Rn. 452 des Urteils. Damit greift das Urteil lediglich die Überschrift auf, unter der die Kläger im Schriftsatz vom 12. August 2019 erstmals den angeblich unzureichenden Querschnitt der Trasse beanstanden (GA [X.]l. 1041 ff.).

2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Das angegriffene Urteil verletzt nicht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. Entgegen dem [X.]eschwerdevorbringen (vgl. [X.]eschwerdebegründung S. 19 f.) war das Oberverwaltungsgericht nicht verpflichtet, das Vorbringen zur Leistungsfähigkeit der Ortsumgehung und des sich anschließenden Straßennetzes - auf diesen Gesichtspunkt beschränkt sich die [X.]eschwerde ausdrücklich (vgl. S. 5) - zu berücksichtigen. Vielmehr durfte es dieses Vorbringen, gestützt auf § 87b Abs. 3 VwGO (in Verbindung mit der gesetzlich angeordneten [X.]) zurückweisen, und zwar ohne die vorhergehende Erteilung eines Hinweises.

[X.]ei der Zurückweisung von Vorbringen oder [X.]eweismitteln nach § 87b VwGO handelt sich um eine Ermessensentscheidung, die einer [X.]egründung bedarf (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 27. März 2000 - 9 [X.] 518.99 - [X.] 310 § 98 VwGO Nr. 60 = juris Rn. 20 und vom 6. April 2000 - 9 [X.] 50.00 - juris Rn. 6). Die Ermessensentscheidung und die Gründe dafür können sich allerdings auch aus der Darlegung ergeben, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Zurückweisung vorliegen ([X.], [X.]eschluss vom 27. Mai 2010 - 8 [X.] 112.09 - juris Rn. 10). Wie bereits oben unter 1 a) im Zusammenhang mit den Grundsatzrügen ausgeführt wurde, schreibt das Gesetz nicht vor, dass das Gericht vor der Zurückweisung verspäteten Vorbringens einen Hinweis erteilen muss.

Hiervon ausgehend ist ein Verfahrensfehler nicht erkennbar.

aa) Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorbringen der Kläger zur Leistungsfähigkeit außerhalb der [X.] lag; insbesondere habe es sich hierbei um keine Vertiefung des bisherigen Vorbringens in der Klagebegründung gehandelt (Rn. 452).

Zwar wendet der Kläger dagegen in der [X.]eschwerdebegründung ein, er habe bereits in der Klagebegründung vom 24. Mai 2007 (S. 22) darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der [X.] keine Untersuchung gebe; auch habe er schon damals die Kapazitätsprobleme an der Autobahnabfahrt [X.] erwähnt. Er hat aber zugleich eingeräumt, "mehr (habe er) zu diesem Zeitpunkt nicht vortragen (können), da die zur Verfügung stehenden Unterlagen keine darüberhinausgehende Anstoßfunktion erfüllten" (vgl. [X.]eschwerdebegründung S. 3). Dies entspricht auch der Klagebegründung selbst, in der ausdrücklich angemerkt wird, dass die ergänzende [X.] dem Kläger nicht bekannt sei und auch nicht ausgelegen habe (Klagebegründung S. 21).

Vor diesem Hintergrund durfte das Oberverwaltungsgericht den Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten gutachterlichen Stellungnahmen als neuen, nicht vertiefenden Vortrag werten (vgl. Rn. 453 f.), denn erst dieses spätere Vorbringen bezog sich auf die zum Zeitpunkt der Klagebegründung noch nicht vorliegenden Unterlagen; von diesen haben sich die Kläger erst nach Akteneinsicht Kenntnis verschafft.

Das Oberverwaltungsgericht hat den bereits in der Klagebegründung enthaltenen Vortrag auch nicht übergangen, sondern sich hiermit näher auseinandergesetzt (Rn. 454 am Ende).

bb) Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass das Vorbringen unentschuldigt erst 2019 - also sehr lange nach Klageeinreichung (April 2017) - vorgebracht worden sei; die Kläger hätten "die Verspätung offenkundig selbst verschuldet" (Rn. 455). So hätten sie nicht gleich mit Klageeinreichung am 12. April 2017, sondern erst mit Schriftsatz vom 18. Mai 2017 Akteneinsicht beantragt. Auch nach erfolgter Akteneinsicht - die Vorlage der Akten fand am 26. Mai 2017 statt - hätten sie nicht zeitnah reagiert, sondern den Gutachter erst am 6. März 2018, d.h. ein knappes Jahr nach Klageerhebung und zehn Monate nach Vorlage der Verwaltungsvorgänge, mit der [X.]ewertung der Unterlagen zur Variantenbewertung und zur Verkehrsuntersuchung beauftragt. Zudem hätten sie dem Gericht die "Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen" vom Juli 2018 nicht unmittelbar vorgelegt, sondern weitere Monate verstreichen lassen.

Der Kläger setzt dem in seiner [X.]eschwerdebegründung nichts [X.] entgegen. Den zeitlichen Ablauf bestätigt er, indem er selbst ausführt, man habe sich "erst deutlich nach Ablauf der [X.] dazu entschieden, ein Fachgutachten zur [X.]eurteilung der [X.] (...) einzuholen"; wegen des mit der Gutachtenerstellung verbundenen finanziellen Aufwands habe man sich nicht kurzfristig, sondern erst "nach reiflicher Überlegung" dazu entschließen können.

Soweit der Kläger darauf hinweist, bis zum Ablauf der sechswöchigen [X.] könne man kein Sachverständigengutachten einholen und vorlegen ([X.]eschwerdebegründung S. 6), geht er von einem unzutreffenden Verständnis der [X.] aus. Innerhalb der Frist sind die zur [X.]egründung der Klage dienenden Tatsachen und [X.]eweismittel anzugeben. Geht es - wie hier - um einen [X.], so ist die zu beweisende Tatsache sowie das [X.]eweismittel zu benennen; das Sachverständigengutachten selbst kann dann durchaus noch außerhalb der Frist vorgelegt werden.

Die [X.] werden hierdurch auch nicht überspannt. Der fristgerechte Vortrag setzt zunächst voraus, dass sich der Rechtsanwalt umgehend Akteneinsicht verschafft, wenn er - was in Planfeststellungsverfahren der Regelfall ist - auch zu [X.] Stellung nehmen will, die nicht zu den ausgelegten Planfeststellungsunterlagen gehören. Derartige Unterlagen finden sich häufig in [X.] oder in den Verwaltungsvorgängen der Planfeststellungsbehörde. Es ist sodann Aufgabe des Rechtsanwaltes, diese Unterlagen noch innerhalb der [X.] zu sichten und rechtlich zu durchdringen. Dies erfordert bereits der [X.] nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - juris Rn. 134 und [X.]eschluss vom 30. Oktober 2009 - 9 A 24.09 - juris Rn. 5). Zwar kann sich der Rechtsanwalt auch schon hierbei der Hilfe eines Sachverständigen bedienen; insbesondere kann er diesen damit beauftragen, ein Sachverständigengutachten zu einzelnen Fragen zu erstellen. Voraussetzung ist aber immer, dass schon innerhalb der [X.] die Tatsachen und [X.]eweismittel (hier: Sachverständigengutachten) benannt werden.

Der Kläger geht von falschen Voraussetzungen aus, wenn er meint, er könne die Sichtung bestimmter Unterlagen in der Weise vollständig auf einen Sachverständigen delegieren, dass dessen Vorbringen auch noch außerhalb der [X.] berücksichtigt werden müsse. Die Darlegungslast des [X.] wird durch die Regelung des § 87b VwGO verschärft; sein Vorbringen wird zügiger angefordert. Er kann die Zurückweisung verspäteten Vorbringens und damit eine Sachentscheidung aufgrund des nicht vollständig ermittelten Sachverhalts dadurch verhindern, dass er fristgemäß reagiert. Damit nimmt die Regelung in Kauf, dass das öffentliche Interesse an der sachlichen Richtigkeit der Entscheidung hinter dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung zurücktritt ([X.]/Riese, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand Juli 2019, § 87b Rn. 16).

cc) Schließlich führt das Oberverwaltungsgericht aus, dass die Zulassung des Vorbringens "nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern" würde (Rn. 456 f.). Soweit der Kläger dem in der [X.]eschwerde widerspricht und meint, das Gericht habe ohne Weiteres zu seinen Gunsten durchentscheiden können, setzt er lediglich seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts. Damit wird ein Verfahrensfehler nicht dargelegt.

b) Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Gericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten förmlichen [X.]eweisantrag zur Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes [X.]. / [X.] 441 neu, zur Leistungsfähigkeit für den Streckenabschnitt [X.]aße / [X.] 441 neu sowie zur Leistungsfähigkeit für die weitere Streckenführung verfahrensfehlerfrei wegen Verspätung ablehnen durfte (vgl. hierzu im Einzelnen [X.], a.a.[X.] Rn. 458 ff. sowie Protokoll der mündlichen Verhandlung GA [X.]l. 1355). Auf die [X.] Erwägungen im Urteil (Rn. 464 ff.) kommt es daher nicht an.

c) Soweit der Kläger rügt, es liege eine Überraschungsentscheidung vor ([X.]eschwerdebegründung S. 12), werden schon die prozessualen Darlegungserfordernisse nicht erfüllt, da nicht hinreichend erläutert wird, worin die Überraschungsentscheidung liegen soll. Sollte die Ablehnung des [X.]eweisantrages gemeint sein, scheidet eine Überraschungsentscheidung schon deshalb aus, weil die Ablehnung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich mit der Verspätung begründet wurde. Hierzu konnte der Kläger Stellung nehmen und hat dies ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung auch getan (GA [X.]l. 1355).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwG[X.] Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

9 B 66/19

16.04.2020

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 27. August 2019, Az: 7 KS 24/17, Urteil

§ 6 UmwRG, § 8 Abs 1 S 2 UmwRG, § 4a Abs 1 UmwRG vom 07.12.2016, § 87b Abs 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2020, Az. 9 B 66/19 (REWIS RS 2020, 3880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3880

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