Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2010, Az. III ZR 74/09

III. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8306

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]4/09 Verkündet am: 18. März 2010 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2010 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 22. Januar 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin macht gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer [X.] im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der [X.] geltend, die sie am 14. Dezember 2003 zeichnete. 1 Die Anlage wurde anhand eines von der [X.] vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag 2 - 3 - ein im Prospekt abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der [X.] GbR und dem Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag ent-hielt insbesondere folgende Regelungen: "§ 1 Sonderkonto (1) Die [X.] richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem [X.] verfügen kann ("Sonderkonto"). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der [X.] ausgereichten Darlehen zu tilgen. – (3) Zahlungen aus dem Sonderkonto dürfen nur entweder zur [X.] der [X.] oder zur Ausrei-chung von Darlehen geleistet werden. Zahlungen zur Ausreichung eines Darlehens dürfen nur ge-leistet werden, [X.] – § 4 Haftung (1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die [X.] können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten. (2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die [X.] oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu er-langen vermögen. (3) – (4) Ein Schadensersatzanspruch kann nur innerhalb einer Aus-schlussfrist von einem Jahr geltend gemacht werden, nachdem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und von dem [X.] 4 - spruchsbegründenden Ereignis Kenntnis erlangt hat, [X.] aber innerhalb von fünf Jahren nach dem [X.] Ereignis. Der Anspruch erlischt, wenn nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit der schriftlichen Ablehnung der Ersatzleis-tung Klage erhoben wird, worauf ausdrücklich hingewiesen wird. Das Recht, die Einrede der Verjährung geltend zu machen, bleibt unberührt. –" Die [X.] sollte nach dem Prospekt von einem un-abhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, der "aus standesrechtlichen Gründen" nicht genannt wurde. 3 Der [X.] wurde im März 2003 als [X.]ur ge-wonnen. Er erstellte zudem ein Prospektprüfungsgutachten. Für das Sonder-konto, auf das die Anleger ihre Gesellschaftereinlagen einzahlten, war er [X.]. Drei der geschäftsführenden Gesellschafter waren demgegenüber einzeln zeichnungsbefugt. Erst nach dem 1. Dezember 2004 wurden deren Zeichnungsrechte dahingehend geändert, dass sie nur [X.] mit dem [X.]n über das Konto verfügen konnten. 4 Nachdem Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der [X.] offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des [X.] 2005 in Liquidation. Die Klägerin begehrt von dem [X.]n im Wege des Schadensersatzes die Rückzahlung der von ihr geleisteten Einlage Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung. 5 - 5 - Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. 6 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. 7 [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheiden Ansprüche der Kläge-rin aus Prospekthaftung aus. Der [X.] sei nicht prospektverantwortlich ge-wesen und habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Aus einer etwaigen Verletzung seiner Pflichten bei der Durchführung der [X.] könne die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch [X.], der auf Ausgleich des [X.] gerichtet sei. 8 Die Klägerin habe gegen den [X.]n auch keinen Schadensersatzan-spruch gemäß § 311 Abs. 2, 3 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklä-rungspflichten. Eine Aufklärungspflicht habe insbesondere nicht bezüglich der Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto bestanden. Es sei nicht ersichtlich, dass der [X.], der nicht zugleich Treuhandkommanditist gewesen sei, die Möglichkeit gehabt habe, an die ihm unbekannten [X.] heranzutreten. Ebenfalls sei nicht ersichtlich, aus welchem Rechtsgrund er von der [X.] eine Aktualisierung des Emissionsprospekts hätte ver-9 - 6 - langen können, in der auf die für das Sonderkonto tatsächlich bestehenden Zeichnungsbefugnisse hingewiesen worden wäre. Schließlich kämen auch Ansprüche auf deliktsrechtlicher Grundlage nicht in Betracht. 10 I[X.] Diese Begründung trägt die Klageabweisung nicht. Der Senat hat mit seinem Urteil vom 19. November 2009 ([X.]/08 - [X.], 2449, siehe ferner Urteile vom 11. Februar 2010 - [X.]/09 - BeckRS 2010 04915, [X.]/09 - BeckRS 2010 04797, [X.]/09 - BeckRS 2010 04913, [X.]/09 - BeckRS 2010 04794 und [X.] - BeckRS 2010 04914), das denselben [X.]n, denselben Fonds, denselben Mittelverwendungskontrollvertrag und einen auch ansonsten im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalt betraf, die Pflichten des [X.]n in entscheidenden Punkten abweichend beurteilt. Danach gilt zusammengefasst Folgendes: 11 1. a) Den [X.]n traf nach dem [X.] ([X.]) gegenüber den Anlegern unter anderem die Verpflichtung zu überprüfen, ob die Konditionen des [X.] mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Kriterien übereinstimmten. Der [X.] hatte die Pflicht, sich zu vergewissern, dass sämtliche Verfügungsberechtigten nur gemeinsam mit ihm zeichnungsbefugt waren (Senat aaO S. 2450 Rn. 17 ff). Dies folgt aus dem Zweck des [X.]. 12 - 7 - Die vom [X.]n übernommene Funktion bestand darin, die Anleger davor zu schützen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter Zahlungen von dem Sonderkonto vornehmen, ohne dass die in § 1 Abs. 3 [X.] genannten Voraussetzungen vorliegen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, musste er sicherstellen, dass er die ihm obliegende Kontrolle über den Mittelabfluss auch tatsächlich ausüben konnte. Da ein Konto, über das nur unter Mitwirkung des [X.]n verfügt werden konnte, eine zentrale Bedingung des Mittelverwen-dungskontrollvertrags darstellte und Voraussetzung für die effektive Verwirkli-chung seines Schutzzwecks war, durfte er nicht ohne eigene Vergewisserung darauf vertrauen, dass die für das Sonderkonto bestehenden [X.] den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsprachen. Der [X.] musste, wenn nicht schon Manipulationen der [X.], so doch aber jedenfalls gewärtigen, dass es bei der Einrichtung des [X.] infolge von Unachtsamkeiten oder Irrtümern auf Seiten der Bank oder der [X.] zu Fehlern bei der Einräumung der Zeichnungsrechte kom-men konnte. 13 Hiernach oblag dem [X.]n die Überprüfung, ob die geschäftsführen-den Gesellschafter nur mit ihm gemeinschaftlich für das Sonderkonto verfü-gungsberechtigt waren. Diese Prüfungspflicht bestand zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anlage "einsatzbereit" war (Senat aaO S. 2451 Rn. 26). Die [X.] musste naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten. 14 b) Allerdings beschränkten sich die Pflichten des [X.]n nicht auf [X.] Überprüfung und darauf, der [X.] gegenüber auf die Beseiti-gung der Mängel hinzuwirken. Gegenüber Anlegern, die dem Fonds nach [X.] seiner Tätigkeit beitraten, war der [X.] darüber hinaus verpflichtet, 15 - 8 - in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass die im Prospekt werbend her-ausgestellte [X.] bislang nicht stattgefunden hatte (vgl. Senat aaO S. 2451 f Rn. 29 f). Er konnte nicht ausschließen, dass es bereits vor dem Beitritt § 1 Abs. 3 [X.] widersprechende Auszahlungen von dem Sonderkonto gegeben hatte, durch die das Gesellschaftsvermögen - auch zum Nachteil der künftig beitretenden Gesellschafter - fortwirkend vermindert worden war. In dieser Situation hätte der [X.] seinen vorvertraglichen Verpflichtun-gen gegenüber den [X.] nicht allein dadurch genügt, für eine ordnungsgemäße [X.] in der Zukunft Sorge zu tragen. Da eine zweckwidrige Minderung des Gesellschaftsvermögens bereits eingetre-ten sein konnte, hätte er nach Aufnahme der Tätigkeit des Fonds vielmehr un-verzüglich zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die Mittelverwendungs-kontrolle bislang nicht erfolgt war. Er hätte deshalb auf eine Änderung des Prospekts drängen müssen und Anleger, die vor einer derartigen Prospektän-derung ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten, in geeigneter anderer Weise unterrichten müssen. Der Senat verkennt nicht, dass es für den [X.]n - anders als in den Fällen, in denen ein Treuhandkommanditist zum [X.]ur bestimmt ist und daher zwangsläufig in unmittelbaren Kontakt zu den beitritts-willigen Anlegern tritt - durchaus mit Mühen verbunden gewesen wäre, die [X.] rechtzeitig vor Tätigung der Anlage zu informieren. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass dem [X.] zumutbare und hinreichend erfolgversprechende Mittel zur Verfügung standen. So hätte er insbesondere den Vertrieb und notfalls die Fachpresse über die unterbliebene [X.] informieren können. Es wird Sache des [X.]n sein, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm die Erfüllung dieser Informationspflichten nicht möglich war. 16 - 9 - Die dem widersprechende Beurteilung des Berufungsgerichts, es sei nicht ersichtlich, wie der [X.] an die ihm unbekannten [X.] hätte herantreten können, um seiner Aufklärungspflicht zu genügen, ist rechts-fehlerhaft. Zwar darf das Revisionsgericht die tatrichterliche Sachverhaltswürdi-gung lediglich daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht die Vorausset-zungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozess-stoff und etwaigen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei aus-einander gesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (z.B.: Senatsurteile vom 5. November 2009 - [X.]/09 - [X.] 2010, 30, 31, Rn. 8 und vom 19. Juni 2008 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 1484, 1485, Rn. 22 jeweils m.w.N.). Die vorliegende Würdigung des Berufungsgerichts ist, aber zumindest solange sie nicht auf weitere Feststellungen gestützt werden kann, lückenhaft, da es nahe liegende Handlungsmöglichkeiten des [X.]n nicht bedacht hat. 17 c) Ein sich aus der Verletzung dieser Pflicht ergebender Anspruch der Anleger gegen den [X.]n ist auf Ersatz des so genannten [X.] gerichtet (Senat aaO S. 2452 Rn. 33 ff). 18 d) Seine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz scheitert nicht an der [X.] des § 4 Abs. 2 [X.]. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. [X.] unwirksam (Senatsurteile vom 19. November 2009 - [X.]8/08 - [X.], 2446, 2447 f Rn. 11 ff und vom 11. Februar 2010 - [X.]/09 - BeckRS 2010 04795 - und [X.]/09 - BeckRS 2010 04796 - jeweils Rn. 11 ff). Weiterhin kann sich der [X.] nicht auf die in § 4 Abs. 4 [X.] bestimmte Ausschlussfrist berufen, da sie ent-19 - 10 - gegen § 309 Nr. 7 Buchst. [X.] auf eine Verkürzung der gesetzlichen [X.] auch für Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen hinausläuft (vgl. [X.], 31, 37 f, 45 Rn. 19 f, 38; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - [X.]/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1134 Rn. 35; [X.], Urteil vom 26. Februar 2009 - [X.]/07 - NJW 2009, 1486, 1487 Rn. 17, 20). 2. Da noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO). 20 [X.] [X.] Herrmann [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.10.2007 - 15 O 5228/07 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 6 U 1530/08 -

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III ZR 74/09

18.03.2010

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2010, Az. III ZR 74/09 (REWIS RS 2010, 8306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8306

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