Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2005, Az. I ZR 196/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4326

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 196/02 Verkündet am: 24. März 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] 1929 Art. 29

Die Vorschrift des Art. 29 [X.] verdrängt als lex specialis die [X.] des allgemeinen Frachtrechts über die Verjährung (hier: §§ 439, 414 HGB a.[X.]).

[X.], [X.]. v. 24. März 2005 - [X.] [X.] a.M.
LG Frankfurt a.M.

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24. März 2005 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und [X.] für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 11. Juni 2002 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verlustes von Transportgut nach den Bestimmungen des [X.] ([X.]) auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte am 1. Oktober 1997 mit der Beför-derung von auf sechs Paletten verpackten Teilen für Automatikgetriebe, die ein Gesamtgewicht von 942 kg hatten, per Luftfracht von [X.] nach - 3 - [X.]. Die Sendung traf am 4. Oktober 1997 in [X.] ein, wo sie von der Streithelferin auf deren Lager im [X.] genommen wurde.
Im September 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß die sechs Packstücke beim Zoll in [X.] "gestrandet" seien. Daraufhin forderte die Kläge-rin die Beklagte mit Schreiben vom 22. September 1998 auf, unverzüglich die Auslieferung des [X.] an die im "Speditionsauftrag" angegebene Adresse in [X.] zu veranlassen, wo es jedoch nicht eingetroffen ist.

Die Klägerin hat behauptet, die Empfängerin [X.] habe ihre Warenrech- nung über 30.366 DM nicht ausgeglichen. Die Sendung sei als verlorengegan-gen zu betrachten, weil die versendeten Teile - unstreitig - nach so langer [X.] nicht mehr hätten verwendet werden können. Mahnbescheid und Anspruchsbe-gründung sind der Beklagten vor Ablauf der Frist des Art. 29 [X.] zugestellt worden.
Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.366 DM nebst Zinsen zu [X.].
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat unter anderem die [X.] erhoben.
Das [X.] hat der Klage bis auf einen Teil der Nebenforderung stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos ge-blieben. - 4 - Mit der vom Berufungsgericht beschränkt auf die Frage, ob neben der Ausschlußfrist nach Art. 29 [X.] eine kürzere nationale Verjährungsregelung eingreifen könne, zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision [X.].

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gemäß Art. 18 Abs. 1 [X.] 1929 (im folgenden: [X.]) ein Anspruch auf Ersatz des durch den Verlust von Gütern entstandenen Schadens zu, da das schadensursächli-che Ereignis während der Luftbeförderung eingetreten sei. Dazu hat es ausge-führt:
Die sechs Paletten seien i.S. von Art. 18 Abs. 1 [X.] in Verlust geraten, da die Beklagte sie an einen falschen Empfänger ausgehändigt habe und nicht in der Lage gewesen sei, [X.] wiederzuerlangen. Die Höhe des [X.] sei nicht im Streit.
Die zweijährige Ausschlußfrist des Art. 29 [X.] sei gewahrt. Sie habe mit der Ankunft des Luftfahrzeugs am Bestimmungsort [X.], mithin am 4. Okto-ber 1997, begonnen. Der Mahnbescheid und die Anspruchsbegründung seien der [X.] lange vor Fristablauf zugestellt worden. Eine kürze-re Verjährungsfrist nach dem insoweit anwendbaren [X.] Recht (Art. 28 Abs. 4 EGBGB) greife nicht ein, weil Art. 29 [X.] eine diese ausschließende - 5 - [X.] darstelle, welche die Anwendbarkeit der nationalen [X.] des Handelsgesetzbuches (§§ 439, 414 a.[X.]) ausschließe.
I[X.] Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht da-von ausgegangen, daß Art. 29 [X.] als lex specialis die nationalen Verjährungs-vorschriften (hier: §§ 439, 414 HGB a.[X.]) verdrängt.
Die Vorschrift des Art. 29 [X.] enthält eine Ausschlußfrist (vgl. [X.] 27, 101, 106; 84, 101, 108). Mit [X.] befaßt sich das [X.] nicht. Gleichwohl ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht gerechtfertigt, nationale Verjährungsvorschriften neben der Ausschlußfrist des Art. 29 [X.] anzuwenden.
Das [X.] ist als völkerrechtlicher Vertrag autonom auszulegen. Dem Abkommen ist hinsichtlich der fristgerechten Wahrnehmung der Rechte keine Lücke zu entnehmen, die es rechtfertigt, neben der [X.] des Art. 29 [X.] eine nationale Verjährungsregelung anzuwenden. Die Vorschrift des Art. 29 [X.] verdrängt vielmehr als besondere Regelung die nationalen Vorschriften des allgemeinen Frachtrechts über die Verjährung, da die Ausschlußfrist des Art. 29 [X.] funktional dasselbe Problem der Verfristung regelt wie die nationalen Verjährungsvorschriften [X.], Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 [X.] 1955 [X.] 1; [X.] in: Giemulla/[X.], [X.] und Zusatzabkommen von [X.], Art. 29 [X.] 21, Loseblatt: Stand 2004). Die Verhandlungen zur Schaffung der Ausschlußfrist des Art. 29 [X.] belegen, daß es den beteiligten Vertragsstaaten, die ursprünglich noch ei-ne detaillierte Verjährungsregelung teilweise unter Anwendung der Bestimmun-gen der lex fori erwogen hatten, mit der Schaffung der Ausschlußfrist darum ging, die Frist zur Wahrung des Rechts des Geschädigten zu vereinheitlichen - 6 - und einer Zersplitterung über unterschiedliche nationale Verjährungsvorschrif-ten entgegenzuwirken (vgl. [X.].HGB/Kronke, [X.] Art. 29 [X.] 1, m.w.N.). Mit der alleinigen Geltung der Frist des Art. 29 [X.] ist für den geschä-digten Anspruchsteller ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der nicht über die Anwendung nationaler kürzerer Verjährungsvorschriften in Frage ge-stellt werden darf (vgl. [X.], [X.] 2001, 35, 37). Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß eine erhebliche Rechtsunsicherheit ent-stünde, wenn die Anspruchsteller mit kürzeren nationalen Verjährungsfristen rechnen müßten und sich nicht auf die Ausschöpfung der Ausschlußfrist des Art. 29 [X.] verlassen könnten.
II[X.] Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.] v. Ungern-Sternberg Bornkamm

Pokrant Büscher

Meta

I ZR 196/02

24.03.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2005, Az. I ZR 196/02 (REWIS RS 2005, 4326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4326

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.