Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2009, Az. III ZR 106/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4425

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[X.] [X.] vom 19. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 613a Abs. 2 Satz 1 a) Sind vom früheren Betriebsinhaber betriebliche Versorgungsanwart-schaften für Arbeitnehmer begründet worden, so haftet dieser im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB nur für die in-nerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werdenden Be-triebsrentenansprüche (im [X.] an [X.], Urteile vom 25. April 2006 - 3 [X.], 310 und vom 21. Februar 2006 - 3 [X.] - [X.], 931). b) Dies gilt auch, wenn der (Teil-)Betriebsübergang (hier: Neubereederung eines Forschungsschiffes) auf der Grundlage eines vergaberechtlichen Ausschreibungsverfahrens erfolgt ist (im [X.] an [X.], Urteil vom 2. März 2006 - 8 [X.] - [X.], 1105). [X.], Beschluss vom 19. März 2009 - [X.]/08 - OLG [X.]

LG [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 19. März 2009 durch [X.] sowie [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlan-desgerichts in [X.] vom 27. März 2008 - 2 U 106/07 - wird [X.]. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Streitwert: 777.868 • Gründe: [X.] Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ausgleichsansprüche wegen der Folgen eines Betriebsüberganges geltend. 1 Die Klägerin, eine Reederei, übernahm ab 1. Januar 2006 im Auftrag der [X.]die Bereederung eines Forschungsschiffes, die zuvor die Beklagte durchgeführt hatte. In dem der Neubereederung vorausgegangenen, europaweit durchgeführten Ausschreibungsverfahren, an der sich beide [X.] - 3 - en beteiligt hatten, hatte die [X.] darauf hingewiesen, dass im Wechsel des Bereederers ein Betriebsübergang nach § 613a BGB gesehen werden kön-ne. Sie forderte die Bieter auf, bei ihrem Angebot alternativ zwei Angebote zu machen, wobei bei einem die Anwendung des § 613a BGB in der Kalkulation zu berücksichtigen sei. Die Klägerin verlangt von der [X.], sie (die Klägerin) von den [X.] aus den Altersversorgungszusagen für die Zeit ab Begründung der Versorgungsanwartschaften bis zum 31. Dezember 2005 freizustellen. Mit ih-rem Hilfsantrag begehrt sie die Zahlung von 777.868 •. Sie beruft sich auf eine teleologische Reduktion des § 613a BGB sowie auf bereicherungsrechtliche Ansprüche. 3 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. 4 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer [X.], die sie allein darauf stützt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. 5 I[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. 6 - 4 - Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt ([X.] 154, 288, 291). 7 Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Frage, wer für Versor-gungsanwartschaften im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB haftet, wenn dieser im Wege der [X.] nach Ausschreibung erfolgt, nicht klärungsbedürftig. 8 1. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass der frühere Betriebsinhaber, wenn vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs für Arbeitnehmer Versorgungsanwartschaften begründet worden sind, nach § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB nur für die innerhalb eines Jahres nach dem [X.] fällig werdenden Betriebsrentenansprüche haftet (vgl. nur [X.], Urteile vom 25. April 2006 - 3 [X.], 310, 314 Rn. 40 und vom 21. Februar 2006 - 3 [X.] - [X.], 931, 933 Rn. 32). Um derartige Ansprüche geht es nicht. Eine weiter gehende Haftung des früheren Betriebsin-habers für die - hier im Streit stehenden - Versorgungsanwartschaften wird we-der von der Rechtsprechung noch von der Literatur in Betracht gezogen. Für eine von der Beschwerde geforderte Gesetzeskorrektur in Form einer teleologi-schen Reduktion besteht kein Anlass. 9 Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit § 613a Abs. 2 BGB Ansprüche des Arbeitnehmers absichern wollte, nicht aber etwaige Belange des neuen Betriebsinhabers im Blick hatte. Vielmehr [X.] - 5 - te der Gesetzgeber eine "unangemessene Erweiterung der Haftung des bishe-rigen Arbeitgebers" vermeiden (vgl. dazu BT-Drucks. VI/1786, [X.]). Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil vorliegend dem (Teil-)Betriebsübergang eine Ausschreibung aufgrund öffentli-chen Vergaberechts zugrunde lag und nach der jüngeren Rechtsprechung des [X.] (die ebenfalls zur Neubereederung eines [X.] ergangen ist) § 613a BGB auch auf eine derartige Konstellation An-wendung findet ([X.], Urteil vom 2. März 2006 - 8 [X.] - [X.], 1105). Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der [X.] den ihn treffenden nachteiligen Folgen in einem solchen Fall nicht schutzlos ausgeliefert. Zwar können der [X.] und der alte Betriebsinhaber die zu erwartenden Versorgungslasten nicht - wie bei einem direkten Erwerb - bei der Gestaltung des Kaufpreises berücksichtigen. Jedoch bleibt es dem Ü-bernehmer im Rahmen des Vergabeverfahrens unbenommen, die mit dem Be-triebsübergang einhergehenden Belastungen bei seinem Angebot zu berück-sichtigen, wozu die Auftraggeberin vorliegend auch ausdrücklich aufgefordert hatte. Der Einwand der Klägerin, sie sei dann aber bei der Kalkulierung ihres Angebots gegenüber der [X.], die bereits entsprechende Rückstellungen getroffen habe, im Nachteil, hätte, wenn überhaupt (vgl. [X.], [X.], 2. Aufl., § 97 GWB Rn. 256), allenfalls im Vergabeverfah-ren von Bedeutung sein können. 11 Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der vom Bundesarbeitsge-richts mit Urteil vom 17. Januar 1980 ([X.]E 32, 326) entschiedene Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Vor allem kann aus der Entscheidung nicht auf eine Erweiterung der in § 613a Abs. 2 BGB angeordneten Haftung zu Lasten des früheren Betriebsinhabers geschlossen werden. Das Bundesar-12 - 6 - beitsgericht hat lediglich die Haftung des [X.] im Wege der teleo-logischen Reduktion eingeschränkt. Die Arbeitnehmer seien durch konkurs-rechtliche Vorschriften auch hinsichtlich ihrer betrieblichen Altersversorgung hinreichend geschützt, während die übrigen Gläubiger bei einer uneinge-schränkten Geltung des § 613a BGB die zusätzliche Absicherung der [X.] insoweit finanzieren müssten, als der Betriebserwerber den Kaufpreis mit Rücksicht auf die übernommene Haftung mindern könnte. Dies sei mit dem geltenden Konkursrecht nicht vereinbar ([X.]E 32, 326, 334). 2. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache ebenso wenig zu, soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf eine ungerechtfertigte Bereicherung stützt. 13 Auch insoweit wirft die Beschwerde keine klärungsbedürftigen Fragen auf. Die Beklagte hat die Befreiung von den Versorgungslasten jedenfalls nicht ohne Rechtsgrund im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB erlangt. Entgegen der [X.] der Beschwerde bezieht sich § 613a BGB nicht ausschließlich auf das Verhältnis des Betriebsinhabers zu seinen Arbeitnehmern. Die Norm ordnet vielmehr einen Wechsel der Vertragspartner an ([X.], Urteil vom 18. August 1976 - 5 [X.] - NJW 1977, 1168) und betrifft damit auch die Rechts-sphäre des bisherigen Inhabers. Zudem hat der Gesetzgeber in § 613a Abs. 2 BGB ausdrücklich geregelt, in welcher Form dessen Haftung fortbesteht. Durch die Anordnung einer Gesamtschuldnerschaft (§ 613a Abs. 2 Satz 1 BGB) und durch die konkrete Bestimmung des Umfangs der Haftung hat der Gesetzgeber letztlich auch das haftungsrechtliche Verhältnis des bisherigen zu dem neuen Betriebsinhaber geregelt und sich - wie oben bereits erwähnt - ausdrücklich ge-gen eine "unangemessene Erweiterung der Haftung des bisherigen [X.]" ausgesprochen. Dem ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die 14 - 7 - Einstandspflicht des früheren Betriebsinhabers mit der Norm abschließend [X.] wollte, dieser also in Fällen der vorliegenden Art nicht [X.] ist. 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ab. 15 [X.] [X.] [X.] [X.] Schilling Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom [X.]OLG [X.], Entscheidung vom 27.03.2008 - 2 U 106/07 -

Meta

III ZR 106/08

19.03.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2009, Az. III ZR 106/08 (REWIS RS 2009, 4425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4425

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2 U 106/07

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