Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2017, Az. I ZR 113/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11504

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Gegenstand

Beginn der Verjährung eines Anspruchs auf Einlösung eines Reisewertguthabens - Reisewerte


Leitsatz

Reisewerte

Spart ein Kunde durch regelmäßige Zahlungen ein Reisewertguthaben an und kann er die erworbenen Reisewerte bei der späteren Buchung von Reiseleistungen dazu einsetzen, sich in einem dem Wert der Reisewerte entsprechenden Umfang von der Verpflichtung zur Zahlung des Reiseentgelts zu entlasten, handelt es sich bei dem Anspruch auf Einlösung von Reisewerten um einen aufschiebend bedingten Anspruch, der erst mit Eintritt der Bedingung - dem auf eine konkrete Reise bezogenen Einlösungsbegehren - entsteht. Die Verjährung für diesen Anspruch beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem er entstanden ist. 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 5. April 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die [X.] Die [X.] ist persönlich haftende Gesellschafterin der [X.]. Die [X.] mit Sitz in [X.] hat die [X.] durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag ab 28. Februar 2006 mit "Service- bzw. Verwaltungsdienstleistungen" betraut und mit einem "Betriebspachtvertrag" vom 20. Dezember 2007 ihren Kundenstamm an die [X.] "verpachtet".

2

Eine in [X.] wohnhafte Verbraucherin schloss am 2. Mai 2006 telefonisch über ein Call-Center einen von der [X.]n als "Servicevertrag" bezeichneten Vertrag ab. Vertragspartner der Verbraucherin war dabei entweder die [X.] oder die [X.] Nach dem Vortrag der [X.]n entrichten die Verbraucher aufgrund des "[X.]" monatliche Serviceentgelte, mit denen die Serviceleistungen im Rahmen des Vertrags pauschal abgegolten werden. Dazu gehöre ein [X.]bonusprogramm zur Berücksichtigung erworbener [X.]. Mit den über das Serviceentgelt erworbenen [X.]n könne der Kunde ausschließlich über das Reisebüro D.    R.        GmbH bei einer späteren Reisevermittlung Serviceleistungen und Sonderkonditionen in Anspruch nehmen. Voraussetzung dafür sei, dass das Reisebüro für die Reise eine Vermittlungsprovision vom Reiseveranstalter erhalte, was bei Pauschalreisen immer der Fall sei.

3

Im Streitfall vereinbarte die Kundin bei Vertragsabschluss ein monatliches Serviceentgelt in Höhe von 75 €, wofür sie unter Berücksichtigung der "[X.]" monatlich 69,75 € entrichten musste. Für diese monatlichen Zahlungen wurden der Kundin jeweils 75 [X.] gutgeschrieben. In den Jahren 2008, 2009 und 2013 buchte die Kundin Reiseleistungen über das Reisebüro D.    R.        GmbH, wobei sie zur Bezahlung der gebuchten Leistungen erworbene [X.] einsetzen konnte und jeweils ein [X.] einem Euro entsprach. Dabei wurde zwischen "[X.]" und "[X.]" unterschieden. Beim [X.] entrichtete das Reisebüro das Entgelt an den jeweiligen Leistungserbringer und erhielt den aus [X.]n zu verrechnenden Betrag von der Vertragspartnerin des [X.]. Im Fall des [X.]s zahlte die Kundin den Reisepreis an den Leistungserbringer und erhielt unter Abschreibung vom [X.]bestand einen entsprechenden Betrag von der Vertragspartnerin des [X.].

4

Jedenfalls von September 2009 bis Juni 2010 erhielt die Kundin auf Briefpapier der [X.]n mehrere mit "Ihre Salden" überschriebene Aufstellungen, aus denen ihre Einzahlungen und die Bestandsentwicklung ihrer [X.] hervorgingen. Die Fußzeilen der Vorderseite dieser Schreiben trugen den Vermerk "handelnd für: [X.]". Außerdem enthielten sie unter anderem den Hinweis:

Wir verweisen insbesondere auf die [X.] gemäß Nr. 15.5.

5

Die auf der Rückseite der Schreiben abgedruckten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] (Stand: 01/2008)" lauteten unter Nr. 15.5:

Die nach Maßgabe dieser Bestimmungen entstandenen [X.] verfallen jeweils nach Ablauf von 36 Monaten seit ihrer jeweiligen Gutschrift.

6

Unter dem 18. Juni 2013 erhielt die Kundin von der [X.]n eine Aufstellung über Serviceentgelte und [X.]. Das mehrseitige Schreiben enthielt auf jeder Vorderseite in der Fußzeile wiederum den Vermerk "handelnd für: [X.]." Zudem enthielten alle Vorderseiten den Hinweis:

Wir weisen höflich darauf hin, dass Ihr im [X.]konto dokumentierter Anspruch auf Anrechnung der erworbenen [X.] auf den Reisepreis einer über die D.    R.       GmbH gebuchten Reise der gesetzlichen dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB unterliegt. Die Verjährung beginnt am Schluss des Jahres, in dem der jeweilige [X.] erworben wurde.

7

Auf Nachfrage nach der Bedeutung des Hinweises zur Verjährung erhielt die Kundin von der [X.]n unter dem 18. Juli 2013 ein Schreiben, in dem es heißt:

(...) namens und im Auftrag Ihrer Vertragspartnerin, [X.] (...) [X.], nehmen wir Bezug auf Ihre letzte E-Mail vom 2. Juli 2013.

Auf dem für Sie geführten [X.]konto stehen Ihnen gegenwärtig 2.471 [X.] zur Verfügung.

Hinsichtlich sämtlicher erworbener [X.] haben Sie grundsätzlich im Rahmen der §§ 195, 199 BGB (Verjährung) einen Anspruch auf Anrechnung auf den Reisepreis einer über das Reisebüro D.    R.       GmbH (...) gebuchten und angetretenen Reiseleistung.

Als Anspruch verjähren Ihre [X.] nach §§ 195, 199 BGB in drei Jahren seit dem Schluss des Jahres, in dem sie von Ihnen erworben wurden. Eine etwaige vereinbarte Aussetzung des Leistungsbezuges verhindert eine Verjährung Ihrer [X.] nicht. Mit Ablauf des Jahres 2013 könnten daher generell alle Ansprüche auf Anrechnung von [X.]n, die bis Ablauf des Jahres 2010 erworben wurden und keine Anrechnung auf eine zumindest gebuchte Reiseleistung finden, gemäß §§ 195, 199 BGB verjähren. Dies betrifft im konkreten Fall 146 [X.]. (...)

Mit freundlichen Grüßen

D.              GmbH

(handelnd für [X.])

8

Die Klägerin ist der Ansicht, die Angaben in dem Schreiben vom 18. Juli 2013 zur Verjährung der [X.] seien irreführend. Sie hat beantragt,

der [X.]n zu untersagen, gegenüber einem Verbraucher im Zusammenhang mit der Führung eines "[X.]kontos", bei dem der Verbraucher durch monatliche Beiträge ein Guthaben anhäuft ("[X.]"), zu behaupten, dass mit Ablauf des Jahres Ansprüche auf eine Anrechnung von "[X.]n", die bis zum Ablauf des vorvorletzten Jahres erworben wurden, gemäß §§ 195, 199 BGB verjähren würden, wie geschehen im Schreiben vom 18. Juli 2013 an die [namentlich bezeichnete] Verbraucherin.

9

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.]n mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils nach den Worten "im Schreiben vom 18. Juli 2013" die Worte "(Anlage K2)" eingefügt werden ([X.], Urteil vom 5. April 2016 - 4 U 36/15, juris).

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG begründet. Dazu hat es ausgeführt:

Das Schreiben vom 18. Juli 2013, das eine eigene geschäftliche Handlung der Beklagten darstelle, enthalte irreführende Angaben zum Beginn der Verjährung des Anspruchs der Kundin aus erworbenen [X.]n und damit zu einem wesentlichen Merkmal der von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen. Vertragliche Vereinbarungen zur Verjährung hätten die Parteien nicht getroffen. Nach den danach anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen beginne die Verjährung der Ansprüche auf Anrechnung von [X.]n auf das Entgelt gebuchter Reiseleistungen nicht, wie im Schreiben der Beklagten behauptet, mit dem Schluss des Jahres, in dem die jeweiligen [X.] erworben würden, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch aus den [X.]n von der Kundin geltend gemacht werde. Bei dem Anspruch auf Anrechnung von [X.]n handele es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch, bei dem der Schuldner die Leistung nicht erbringen dürfe, bevor sie der Gläubiger verlange.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag der Klägerin zu Recht aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG als begründet erachtet.

1. Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist ihre Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum [X.]punkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum [X.]punkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, [X.], 1193 Rn. 13 = [X.], 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 28. April 2016 - [X.], [X.], 1073 Rn. 16 = [X.], 1228 - Geo-Targeting; Urteil vom 12. Januar 2017 - I ZR 258/15, [X.], 409 Rn. 12 = [X.], 418 - Motivkontaktlinsen). In der [X.] zwischen dem beanstandeten Schreiben der Beklagten vom 18. Juli 2013 und der vorliegenden Entscheidung ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das [X.] zur Änderung des [X.] mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 novelliert worden. Am Ende des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist mit Bezug auf die irreführende geschäftliche Handlung der Relativsatz angefügt worden "die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte." Diese Änderung beinhaltet im Hinblick darauf, dass schon im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG aF die Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung zu prüfen war, keine inhaltliche Änderung (vgl. [X.], Urteil vom 3. März 2016 - [X.], [X.], 961 Rn. 25 = [X.], 1102 - Herstellerpreisempfehlung bei [X.]). Die Änderungen im Wortlaut des § 3 UWG führten zu einer weitgehenden redaktionellen Angleichung an Art. 5 der Richtlinie 2005/29/[X.] (vgl. [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3 Rn. 1.8). Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus ebenfalls nicht.

2. Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht das Schreiben vom 18. Juli 2013 als eigene geschäftliche Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG angesehen. Diese Beurteilung trifft auch dann zu, wenn die Beklagte mit dem Schreiben zugunsten eines fremden Unternehmens, etwa der [X.], gehandelt haben sollte.

3. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht das beanstandete Schreiben als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG angesehen, weil es unrichtige Angaben zur Verjährung der Ansprüche der Kundin aus erworbenen [X.]n enthält.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, auf den Servicevertrag sei [X.] Recht anwendbar, selbst wenn die spanische Gesellschaft [X.] Vertragspartnerin der Kundin geworden sei. Dies folgt für den [X.] abgeschlossenen Vertrag entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 ([X.]), sondern aus Art. 29 Abs. 2 [X.]BGB aF. Die [X.] gilt nach ihrem Art. 28 nur für nach dem 17. Dezember 2009 abgeschlossene Verträge.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien des [X.] hätten keine vertraglichen Vereinbarungen zur Verjährung der Ansprüche aus den [X.]n getroffen. Allgemeine Geschäftsbedingungen der [X.] oder der [X.] seien nicht Vertragsinhalt geworden. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht beanstandet und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das beanstandete Schreiben der Beklagten enthalte irreführende Angaben zur Verjährung der Ansprüche aus den [X.]n und damit über wesentliche Merkmale der Dienstleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis ebenfalls stand.

Die Ansprüche aus den [X.]n verjähren nicht - wie in dem Schreiben angegeben - in drei Jahren seit dem Schluss des Jahres, in dem der Kunde die [X.] erworben hat. Die dreijährige Verjährungsfrist für diese Ansprüche beginnt vielmehr erst mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Kunde erklärt hat, dass die [X.] auf die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für eine gebuchte Reiseleistung angerechnet werden sollen. Das folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht daraus, dass es sich bei dem Anspruch auf Einlösung von [X.]n für eine gebuchte Reiseleistung um einen verhaltenen Anspruch handelt, sondern aus seiner Rechtsnatur als bedingter Anspruch.

aa) Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem (1.) der Anspruch entstanden ist und (2.) der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

bb) Abweichend von der allgemeinen Regelung des § 199 Abs. 1 BGB kommt es zwar bei verhaltenen Ansprüchen für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht auf den [X.]punkt der Entstehung des Anspruchs, sondern auf den [X.]punkt seiner Geltendmachung durch den Gläubiger an. Bei dem hier in Rede stehenden Anspruch handelt es sich aber nicht um einen verhaltenen Anspruch.

(1) Ein verhaltener Anspruch ist dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner die Leistung nicht erbringen darf, bevor der Gläubiger sie verlangt. Auf solche Ansprüche sind nach der Rechtsprechung des [X.] seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die für die Leihe, die Hinterlegung und die Verwahrung geltenden besonderen Verjährungsregelungen der § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB entsprechend anwendbar. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt für derartige Ansprüche daher erst mit ihrer Geltendmachung durch den Gläubiger (vgl. [X.], Urteil vom 3. November 2011 - [X.]/11, [X.], 58 Rn. 29; Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.], [X.]Z 192, 1 Rn. 11 bis 13 mwN). Dadurch soll eine als unbillig empfundene frühere Verjährung solcher Ansprüche verhindert werden.

(2) Der hier in Rede stehende Anspruch des Kunden auf Einlösung von [X.]n bei der Buchung von Reiseleistungen ist kein verhaltener Anspruch, weil er erst mit seiner Geltendmachung durch den Kunden entsteht. Anders als bei einem verhaltenen Anspruch, bei dem das Entstehen des Anspruchs und seine Geltendmachung durch den Gläubiger auseinanderfallen, besteht daher nicht die Gefahr, dass der Anspruch zum [X.]punkt seiner Geltendmachung bereits verjährt ist. Es gibt daher keine Veranlassung, den Beginn der Verjährungsfrist für diesen Anspruch nicht nach der allgemeinen Regelung des § 199 Abs. 1 BGB zu bestimmen.

Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts spart der Kunde durch monatliche Zahlungen ein Reisewertguthaben an. Der Erwerb von [X.]n ist weder zeitlich noch betragsmäßig begrenzt. Die [X.] kann der Kunde bei der späteren Buchung von Reiseleistungen dazu einsetzen, sich in einem dem Wert der [X.] entsprechenden Umfang wirtschaftlich von der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für diese Reiseleistungen zu entlasten. Dabei ist unerheblich, ob die Entlastung im Rahmen des "[X.]" oder des "[X.]" erfolgt, also ob der den [X.]n entsprechende Betrag von der Vertragspartnerin des [X.] direkt an das Reisebüro gezahlt wird und dessen Forderung gegen den Kunden verringert, oder ob der Kunde den vollen Reisepreis an das Reisebüro zahlt und dann selbst die den [X.]n entsprechende Erstattung aus dem Servicevertrag erhält. Der Kunde kann sein Reisewertguthaben nach seinen Wünschen für mehr oder weniger teure Reisen verwenden. Wann er welche Reise für welche [X.] bucht und in welchem Umfang er dafür [X.] einlöst, ist allein dem Kunden überlassen.

Danach handelt es sich bei dem Anspruch auf Einlösung der [X.] um einen Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit in entsprechender Höhe aus dem Abschluss eines bestimmten Reisevertrags. Dieser Anspruch kann nicht bereits mit dem Erwerb von [X.]n für das Reisewertkonto entstehen, sondern erst durch das auf eine konkrete Reise bezogene spätere Einlösungsbegehren des Kunden. Damit fehlt es an dem für einen verhaltenen Anspruch erforderlichen Auseinanderfallen von Entstehung des Anspruchs und Leistungsbegehren.

cc) Bei dem Anspruch auf Einlösung von [X.]n handelt es sich vielmehr um einen aufschiebend bedingten Anspruch, der erst mit Eintritt der Bedingung - dem auf eine konkrete Reise bezogenen Einlösungsbegehren - entsteht. Die gemäß § 195 BGB dreijährige Verjährung für diesen Anspruch kann nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres beginnen, in dem er entstanden ist.

Dafür ist unerheblich, dass der Eintritt der Bedingung vom Wollen des Kunden abhängt. Auch für Potestativbedingungen gilt nach der Rechtsprechung des [X.], dass der Beginn der Verjährung bis zum Eintritt der Bedingung aufgeschoben ist ([X.], Urteil vom 21. April 1967 - [X.], [X.]Z 47, 387, 389 f.; Urteil vom 22. Januar 1987 - [X.], NJW 1987, 2743, 2744 f.; Urteil vom 19. September 1995 - VI ZR 377/94, [X.], 1860, 1864; Urteil vom 4. Juni 2002 - [X.], [X.]Z 151, 47, 51 f.).

dd) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus der Bestimmung des § 257 Satz 1 BGB im Streitfall kein früherer Verjährungsbeginn.

(1) Nach § 257 Satz 1 BGB kann derjenige, der berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, Befreiung von einer für diesen Zweck eingegangenen Verbindlichkeit verlangen. Dieser gesetzliche Befreiungsanspruch wird sofort mit der Eingehung der Verbindlichkeit fällig, von der freizustellen ist, unabhängig davon, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 333 Rn. 11, mwN).

(2) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, danach beginne im Streitfall die Verjährungsfrist eines Anspruchs des Kunden aus den [X.]n, bei dem es sich um einen Anspruch auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für eine gebuchte Reiseleistung in Höhe der verfügbaren [X.] handele, sofort mit der Fälligkeit des [X.].

Es kann dahinstehen, ob einer Anwendung des § 257 BGB im Streitfall bereits entgegensteht, dass der vom Kunden dem Reisebüro geschuldete Reisepreis, der mit [X.]n bezahlt werden soll, keine Aufwendung im Sinne von § 257 Satz 1 BGB darstellt, weil es an einem freiwilligen Vermögensopfer im Interesse eines anderen fehlt (vgl. [X.], Urteil vom 12. Oktober 1972 - [X.], [X.]Z 59, 328, 329 f.; Urteil vom 26. April 1989 - [X.], NJW 1989, 2816, 2818; MünchKomm.BGB/[X.], 7. Aufl., § 256 Rn. 2; [X.]/[X.], BGB [2014], § 256 Rn. 5; einschränkend auf "in der Regel [X.] in [X.]/[X.], [X.], 42. Edition, Stand 1. Februar 2017, § 256 Rn. 5).

Selbst wenn § 257 Satz 1 BGB im Streitfall (entsprechend) anwendbar wäre, würde die dreijährige Verjährungsfrist eines Anspruchs des Kunden aus den [X.]n erst mit dem Ablauf des Jahres beginnen, in dem der Kunde erklärt hat, dass verfügbare [X.] auf eine Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für eine gebuchte Reiseleistung angerechnet werden sollen.

Die Verbindlichkeit, von der freizustellen ist - die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für eine gebuchte Reiseleistung -, entsteht erst mit der konkreten Reisebuchung und der darauf bezogenen Geltendmachung des Anspruchs auf Einlösung von [X.]n durch den Kunden. Der Anspruch auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit - der Anspruch aus den [X.]n - kann daher erst mit der Eingehung dieser Verbindlichkeit fällig werden. Selbst wenn der Freistellungsanspruch früher als die Verbindlichkeit entstünde, wäre der Beginn der Verjährung des [X.] auf den Schluss des Jahres hinausgeschoben, in dem die Verbindlichkeit fällig wird. Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre zwar der [X.]punkt, zu dem der Freistellungsanspruch entsteht und fällig wird, maßgeblich dafür, zu welchem [X.]punkt seine Verjährungsfrist beginnt (§ 199 BGB). Da es jedoch unbillig wäre, wenn ein Gläubiger seinen Freistellungsanspruch schon zu einem [X.]punkt verlöre, zu dem die Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, noch nicht fällig ist, wird nach der Rechtsprechung des [X.] der Beginn der Verjährung des [X.] auf den Schluss des Jahres hinausgeschoben, in dem diese Verbindlichkeit fällig wird (vgl. [X.], NJW-RR 2010, 333 Rn. 11 bis 13; Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], [X.]Z 185, 310 Rn. 21 bis 23; Urteil vom 22. März 2011 - [X.], [X.], 1807 Rn. 23).

ee) Entgegen der Ansicht der Revision verstößt es nicht gegen das Gebot interessengerechter Auslegung, die Verjährung der Ansprüche auf Einlösung von [X.]n erst mit ihrer Geltendmachung beginnen zu lassen.

Dieses Ergebnis hat nicht zur Folge, dass der Vertragspartner des Verbrauchers gegebenenfalls jahrelang Leistungen aus dem Servicevertrag zu erbringen und vorzuhalten hätte, ohne seinerseits Einnahmen erzielen zu können. [X.] können ausschließlich für Buchungen über das Reisebüro [X.] eingelöst werden. Voraussetzung ist weiter, dass dieses Reisebüro für die erbrachte Vermittlungsleistung eine Provision vom Reiseveranstalter erhält. Die Vermittlungsleistung des Reisebüros wird durch diese Provision abgegolten. Der teilweisen oder vollständigen Begleichung oder Erstattung des Reisepreises durch [X.] stehen entsprechende vorherige Einzahlungen von Serviceentgelt durch die Kunden gegenüber. Das durch den Servicevertrag umgesetzte Geschäftsmodell zielt allein darauf ab, den Absatz des Reisebüros [X.] zu fördern. Ob und gegebenenfalls inwieweit Serviceleistungen für die Kunden von anderen Unternehmen als diesem Reisebüro erbracht werden, ist weder konkret festgestellt noch vorgetragen. Selbst wenn solche Leistungen von dem Vertragspartner des Verbrauchers und nicht von dem Reisebüro erbracht würden, könnten dieser Vertragspartner und das Reisebüro durch geeignete Vereinbarungen untereinander den Ersatz von Aufwendungen regeln, die der Vertragspartner im alleinigen Absatzinteresse des Reisebüros erbringt. Ist das Geschäftsmodell auf die Erzielung von Vermittlungsprovisionen durch das Reisebüro ausgerichtet, so sind damit auch die Leistungen aus dem Servicevertrag zu finanzieren, durch den der Absatz des Reisebüros gefördert werden soll.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch   

       

Schaffert   

       

Kirchhoff

       

Schwonke   

       

Feddersen   

       

Meta

I ZR 113/16

04.05.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 5. April 2016, Az: I-4 U 36/15, Urteil

§ 158 Abs 1 BGB, § 199 Abs 1 Nr 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2017, Az. I ZR 113/16 (REWIS RS 2017, 11504)

Papier­fundstellen: MDR 2017, 1314-1315 WM2018,915 REWIS RS 2017, 11504


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 113/16

Bundesgerichtshof, I ZR 113/16, 04.05.2017.


Az. B 2 U 7/18 R

Bundessozialgericht, B 2 U 7/18 R, 20.08.2019.


Az. 4 U 36/15

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 36/15, 05.04.2016.

OLG Nürnberg, 4 U 36/15, 22.07.2015.


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