Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 98/08

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3501

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[X.] DES VOLKES TEILVERSÄUMNISURTEIL UND URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 9. September 2010 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Bonuspunkte [X.] §§ 3, 4 Nr. 11; [X.] § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 Bei einer Publikumswerbung stellt eine Werbegabe im Wert von einem Euro eine [X.]ingwertige Kleinigkeit i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] dar. [X.], [X.] und Urteil vom 9. September 2010 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des Bundes[X.]ichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 15. April 2010 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Klä[X.]s wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammer[X.]ichts vom 11. April 2008 unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-ben, als hinsichtlich des Klageantrags zu 1 zum Nachteil des Klä-[X.]s entschieden worden ist. Auf die Berufung des Klä[X.]s wird das Urteil der Kammer für [X.] des Land[X.]ichts Berlin vom 14. November 2006 teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch darauf hat, dass es der Klä[X.] unterlässt, a) bei Einlösung von Rezepten Bonuspunkte für jedes gekaufte rezeptpflichtige Medikament zu gewähren und/oder gewähren zu lassen, b) dem Verbraucher/Kunden bei Vorlage einer vollständig ausge-füllten Bonuskarte einen Preisnachlass in Höhe von 10 • beim Einkauf nicht verordnungspflichti[X.] Arzneimittel und/oder [X.] zu gewähren und/oder die vom Verbraucher gezahlte Praxisgebühr zu erstatten, c) eine solche Aktion zu bewerben und/oder bewerben zu lassen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Klä[X.] 1/4 und die [X.] 3/4 zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, soweit die Beklagte zur Tra-gung von Kosten verurteilt worden ist. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Der Klä[X.], der ebenso wie die Beklagte in [X.]eine Apotheke betreibt, verteilte am 15. Mai 2006 in seiner Apotheke und durch Hauswurfsendungen Karten zum Sammeln von Bonuspunkten, die der Kunde unter anderem für die Einlösung eines Rezepts erhalten sollte. Bei Vorlage einer Karte mit zehn [X.] sollte der Kunde von ihm entrichtete Praxisgebühren in Höhe von 10 • erstattet oder diesen Betrag auf den Kaufpreis für ein nicht verschrei-bungspflichtiges Produkt aus dem Angebot der Apotheke des Klä[X.]s ange-rechnet bekommen. Die Beklagte forderte den Klä[X.] auf, diese Werbeaktion zu unterlassen und eine dementsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Nach ihrer Ansicht wird ein Preisvorteil auf preisgebundene Arzneimittel bereits dadurch gewährt, dass mit der Ausgabe eines Bonuspunktes eine Anwartschaft auf die Auszahlung von einem Euro begründet wird. Da die Kosten für ver-schreibungspflichtige Medikamente in der Regel von der Krankenkasse über-nommen würden, stelle ein Bonuspunkt, der einen Nachlass von einem Euro verkörpere, für den Kunden der Sache nach ein Geschenk dar. Die damit [X.] Sogwirkung des Kundenbindungssystems des Klä[X.]s gefährde letzt-lich die Sicherheit der Arzneimittelversorgung, da es alle Wettbewerber zwinge, derartige Rabattsysteme einzuführen. Das Bonussystem des Klä[X.]s führe zu-dem zu einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der Verbraucher. 2 Der Klä[X.] ist demgegenüber der Ansicht, dass sein Bonussystem nicht gegen § 78 [X.], § 3 AMPreisV verstößt. Der Kunde habe den durch diese Vorschriften festgelegten Arzneimittelpreis zu zahlen. Die Ausgabe und die Ein-lösung der Bonuspunkte stellten keine wirtschaftliche Einheit dar, da noch neun weitere [X.] nötig seien. Es werde auch kein Preisnachlass gewährt, 3 - 4 - sondern die Sammelleistung belohnt. Zudem sei ungewiss, ob der Kunde die Bonuskarte überhaupt einlöse, zumal es sich lediglich um eine [X.]ingwertige Zugabe handele. Schließlich sei die durch das Bonussystem erreichte [X.] für den Kunden vorteilhaft, da sie seine bessere Beratung und [X.] ermögliche. 4 Der Klä[X.] hat zuletzt beantragt, 1. festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung [X.] hat, a) dass der Klä[X.] bei Einlösung von Rezepten Bonuspunkte für jedes ge-kaufte rezeptpflichtige Medikament gewähre und/oder gewähren lasse, b) dass der Klä[X.] dem Verbraucher/Kunden bei Vorlage einer vollständig ausgefüllten Bonuskarte einen Preisnachlass in Höhe von 10 • beim [X.] nicht verordnungspflichti[X.] Arzneimittel und/oder Produkte gewähre und/oder die vom Verbraucher gezahlte Praxisgebühr erstatte, c) dass der Klä[X.] eine solche Aktion bewerbe und/oder bewerben lasse, 2. die Beklagte zu verurteilen, dem Klä[X.] entstandenen bzw. noch [X.] Schaden zu ersetzen. 5 Das Land[X.]icht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klä[X.]s ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.], 450). Mit seiner vom Berufungs-[X.]icht zugelassenen Revision verfolgt der Klä[X.] seine Klageanträge weiter. Die ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Ver-handlung vor dem Revisions[X.]icht nicht vertreten. Der Klä[X.] beantragt, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungs[X.]icht hat die vom Klä[X.] geltend gemachten [X.] für nicht begründet erachtet, weil der Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 [X.] i.V. mit § 78 [X.] und § 1 Abs. 1, § 3 AMPreisV zustehe. Hierzu hat es ausgeführt: 6 - 5 - Der Klä[X.] verstoße mit der Durchführung seines Bonuspunktesystems gegen die in den genannten Vorschriften [X.]egelte Preisbindung. Ein Verstoß gegen die Preisbindung liege nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preis-gebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der [X.] zu berechnenden Preis abgebe, sondern auch dann, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt werde, der Kunde aber beim Erwerb des Mittels geldähnliche Vorteile erhalte, die ihm den Erwerb wirtschaftlich günsti[X.] erscheinen ließen. Der Preisvorteil verwirkliche sich bereits in dem Erstgeschäft über das rezeptpflichtige Arzneimittel, weil das Bonussystem des Klä[X.]s den Kunden bei der Auswahl der Apotheke zu einer Abwägung unter rein wirtschaftlichen Aspekten veranlasse. Der einzelne Bo-nuspunkt erscheine dem Kunden als Gegenleistung des Klä[X.]s für den Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Das Bonussystem des Klä[X.]s ziele auf eine Umsatzverla[X.]ung durch finanziellen Anreiz und laufe damit dem Sinn und Zweck der Arzneimittelpreisbindung zuwider, da es die Gefahr einer Verdrängung wirtschaftlich unterlegener Apotheken erhöhe. 7 I[X.] Da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhand-lungstermin nicht vertreten war, ist über die Revision auf Antrag des Klä[X.]s durch [X.] zu entscheiden, soweit dieser sich gegen die Abwei-sung der Klage mit dem Antrag zu 1 wendet. Das Urteil beruht allerdings auch insoweit auf einer Sachprüfung (vgl. unten unter [X.]). Dagegen hat das Beru-fungs[X.]icht dem Klä[X.] den begehrten Schadensersatz zu Recht versagt. In-soweit ist über die Revision daher in entsprechender Anwendung des § 539 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO durch unechtes Versäumnisurteil zu [X.] (dazu unten unter [X.]). 8 1. Der Beklagten steht der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsan-spruch, dessen sie sich dem Klä[X.] gegenüber berühmt hat, nicht zu. Der [X.] - 6 - [X.] kann daher die Feststellung verlangen, dass ein solcher Anspruch nicht [X.]. 10 a) Die Beklagte hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestützt und dazu vom Beklagten im Mai 2006 begangene Zuwiderhandlungen vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künfti[X.] Verletzungshandlungen [X.]ichtet ist, ist das Unterlas-sungsbegehren nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr gel-tenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es [X.] an der für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderlichen Wie-derholungsgefahr fehlt. Das im Jahr 2006 geltende Gesetz gegen den [X.] Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.] 2004) ist nach Verkündung des Beru-fungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des [X.] mit Wirkung vom 22. Dezember 2008 geändert worden ([X.] 2008). Diese Gesetzesänderung erfordert jedoch keine Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Streitfalls. Das beanstandete Verhalten des Klä[X.]s stellt sowohl eine Wettbe-werbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2004 als auch eine geschäftli-che Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2008 dar. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 [X.] ist gleich geblieben. Der Anwendung der zuletzt genannten [X.] steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Un-lauterkeitstatbestand kennt. Die Richtlinie 2005/29/[X.] bezweckt gemäß ihrem Art. 4 allerdings die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitglied-st[X.]ten über unlautere Geschäftspraktiken, soweit sie die wirtschaftlichen Inte-ressen der Verbraucher beeinträchtigen. Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 3 sowie ih-rem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf 11 - 7 - die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte jedoch unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 [X.] steht daher mit der Richtlinie 2005/29/[X.] im Einklang, so-weit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen ([X.], Urteil vom 15. Januar 2009 - [X.], [X.], 881 Rn. 16 = [X.], 1089 - Überregionaler Krankentransport). b) Der von der Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist weder aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 [X.] i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV noch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 1 [X.] begründet. 12 [X.]) Das von der Beklagten beanstandete Verhalten des Klä[X.]s verstößt allerdings gegen die vorstehend genannten Bestimmungen des Arzneimittelge-setzes und der Arzneimittelpreisverordnung. 13 (1) Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] ist für die verschreibungspflichti-gen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apotheken-pflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversi-cherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu ge-währleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 [X.] ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im [X.] an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 [X.] stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher [X.] des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu [X.] ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die 14 - 8 - Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbin-dung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothe-kenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Ver-sorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines [X.] zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 [X.]. 2 S. 27; [X.], 161 Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - [X.] KR 7/09 R, juris Rn. 13-15; [X.] in Festschrift [X.], 2006, S. 875, 876; [X.], A&R 2008, 118, 120; zu weiteren mit der Regelung des § 78 [X.] verfolgten Zwecken vgl. [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, 67. [X.]., § 78 [X.] [X.]. 1 und Münch-Komm.[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326). (2) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arznei-mittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günsti[X.] erscheinen lassen ([X.], [X.], 233; [X.], [X.], 450, 451; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176, 177; [X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 28. Aufl., § 4 Rn. 11.138; Gerstber[X.]/[X.], [X.], [X.] 2009, § 7 [X.] Rn. 40; Rieg[X.], [X.], [X.]. 7 Rn. 29; a.A. [X.], [X.], 391; [X.], [X.], 910, 912; [X.]pes, [X.], 250, 15 - 9 - 253; im Hinblick auf § 7 [X.] a.F. bejahend, im Hinblick auf § 78 [X.], § 3 AMPreisV dagegen verneinend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393; vgl. ferner [X.] in Prütting, Medizin-recht, § 7 [X.] Rn. 48). 16 Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender [X.] stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar ([X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; differenzierend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entge-genstehen ([X.], [X.], 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem [X.]ass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss ([X.], [X.], 403, 404; [X.], [X.] 9/2007 [X.]). Die vorstehend beschriebenen Merkmale eines Verstoßes gegen diese arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen liegen im Streitfall vor. Die in der Apotheke des Klä[X.]s einzulösenden Bonuspunkte sind jeweils einen Euro wert. Ihrer Einlösung stehen auch keine wesentlichen Hindernisse entgegen. Angesichts des bekannten breiten Angebots von in Apotheken frei verkäuflichen Produkten befinden sich darunter nicht wenige, die jeder Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. [X.], [X.], 88 = [X.], 130). Dass dies bei der Apotheke des Klä[X.]s anders wäre, ist weder festgestellt noch er-sichtlich. Im Übrigen verbliebe für den Kunden immer noch die Möglichkeit, sich eine Praxisgebühr in Höhe von 10 • erstatten zu lassen. Eine Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitgeschäft spaltet das einheitliche Geschäft des [X.]s eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels gegen Gewährung des [X.] - 10 - scheins demgegenüber künstlich auf (vgl. [X.], [X.], 452, 453 f.; [X.], [X.], 176; Auerbach/[X.], [X.] 2006, 52, 54). 18 bb) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 [X.] anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf ([X.], [X.], 306 = [X.], 969; [X.], [X.], 450, 452; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176; [X.], Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 101; Gerstber[X.]/[X.] [X.]O § 7 [X.] Rn. 45; [X.], [X.] 9/2007 [X.]; a.A. [X.]pes, [X.], 250, 253). Der Zweck der in § 7 [X.] enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und [X.] unsachlich beeinflusst wer-den sollen ([X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 24 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden; [X.], Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.], 1082 Rn. 16 = [X.], 1385 - [X.]; Gerstber[X.]/[X.] [X.]O § 7 [X.] Rn. 11 f.). Er unterschei-det sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtli-chen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter [X.] b [X.] (1)). [X.]) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den ([X.] unter den Apotheken zu regeln (vgl. [X.], [X.] vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, [X.], 3693, 3695). Sie stellen damit Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 [X.] dar ([X.], [X.], 450, 452; [X.], [X.], 53, 55; OLG Ham-burg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 97; [X.] in [X.]/19 - 11 - [X.] [X.]O § 4 Rn. 11.138; [X.].[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326; [X.] in [X.], jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 198; Harte/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 63; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 Rn. 11.66; Fezer/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4-11 Rn. 147, jeweils m.w.[X.]). 20 [X.]) Das beanstandete Verhalten des Klä[X.]s ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmer i.S. des § 3 [X.] 2004 nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie die Inter-essen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 [X.] 2008 spürbar zu beeinträchtigen. (1) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] lässt in dem durch § 1 [X.] bestimmten Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes und damit insbesondere bei produktbezogener Werbung für Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) Zuwendungen und sonstige [X.] (Waren oder Leistungen) unter den dort in den Nummern 1 bis 5 im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen zu. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.], der den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.] für Rabatte eröffneten Bereich einschränkt, sind Zuwendungen oder [X.], die in einem bestimmten oder auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag bestehen (Barrabatte), unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des [X.] gelten. Eine entsprechende Beschränkung, die der Abstimmung des [X.]s mit dem Arzneimittelpreisrecht dient, ist für die ande-ren Fälle des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vorgesehen, in denen das grund-sätzliche Verbot der Wertreklame im [X.] nicht gilt. [X.] ist davon auszugehen, dass Zuwendungen und sonstige Werbega-ben, die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 [X.] für zulässige [X.] vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, auch dann [X.] - 12 - rechtlich zulässig sind, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt wer-den, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. [X.] liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder [X.] um [X.]ingwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] handelt (vgl. dazu nachstehend unter [X.] d bb), lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist (vgl. dazu [X.], [X.], 1082 Rn. 15 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, [X.] 180, 355 Rn. 12 ff. - Festbetragsfestsetzung). Denn eine - wie im Streitfall - auf sämtliche verschreibungspflichtige Arzneimittel bezogene Imagewerbung eines Apothekers stellt sich im Blick auf die Zwecke, die mit der Preisbindung für die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] genannten Arzneimittel verfolgt werden (vgl. oben unter [X.] a [X.]), nicht als bedenklicher dar als eine entsprechende Wer-bung, die auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder Vielzahl bestimmter Mittel bezogen ist. Ebenso wenig kommt im Hinblick auf diese Zwecke dem Umstand Bedeutung zu, dass eine Publikumswerbung für verschreibungspflich-tige Arzneimittel heilmittelwerberechtlich gemäß § 10 Abs. 1 [X.] stets unzu-lässig ist. (2) Die im Streitfall in Rede stehende Werbung des Klä[X.]s wäre im Falle ihrer Produktbezogenheit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] zulässig. Bei den Bonuspunkten des Klä[X.]s im Wert von einem Euro handelt es sich um eine [X.]ingwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.]. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff allein [X.] von so [X.]ingem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflus-sung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. [X.], 22 - 13 - [X.], 913, 915; Gerstber[X.]/[X.] [X.]O § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting [X.]O § 7 [X.] Rn. 42). Als [X.]ingwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (vgl. Gerstber[X.]/[X.] [X.]O § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting [X.]O § 7 [X.] Rn. 43). Auch wenn bei einer Publikumswerbung im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbe-adressaten von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet in diesem Bereich eine Werbegabe im Wert von einem Euro die Wertgrenze noch nicht (vgl. [X.], [X.] 2008, 404, 408; Gerstber[X.]/[X.] [X.]O § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting [X.]O § 7 [X.] Rn. 43). ee) Aus den vorstehend unter [X.] b [X.] genannten Gründen fehlt es bei der beanstandeten Werbung des Klä[X.]s auch an der Eignung zur unangemes-senen unsachlichen Einflussnahme auf die Werbeadressaten i.S. des § 4 Nr. 1 [X.]. 23 2. Der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Schadensersatzan-spruch steht dem Klä[X.] ungeachtet dessen nicht zu, dass das Bonussystem des Klä[X.]s nach den Ausführungen zu vorstehend [X.] wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Eine un[X.]echtfertigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung löst nur dann Ansprüche aus § 4 Nr. 10 [X.] aus, wenn der Abmahnende von der feh-lenden Berechtigung der Abmahnung Kenntnis hat oder sich dieser Kenntnis bewusst verschließt ([X.], Urteil vom 3. Dezember 2009 - 4 U 149/09, juris Rn. 12; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 4 Rn. 10.167 m.w.[X.]). Hiervon kann im Streitfall nach den getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen wer-den. Dasselbe gilt für andere an sich denkbare wettbewerbsrechtliche und au-ßerwettbewerbsrechtliche Ansprüche (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 12 Rn. 1.71 bis 1.73 m.w.[X.]). Zumindest aber liegt bei einer unberechtigten Abmahnung der Eintritt eines Schadens nach der allgemeinen 24 - 14 - Lebenserfahrung eher fern. Es wäre daher Sache des Klä[X.]s gewesen darzu-legen, aufgrund welcher besonderen Umstände im Streitfall ein Schaden einge-treten ist (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 1995 - [X.], [X.] 130, 205, 220 f. Feuer, Eis & Dynamit I; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 12 Rn. 2.55 m.w.[X.]). Auch insoweit ist vom Klä[X.] nichts geltend gemacht worden. 25 II[X.] Die [X.] folgen aus § 92 Abs. 1, § 708 Nr. 2 ZPO. [X.] Büscher Schaffert
Bergmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.11.2006 - 102 O 91/06 - [X.] Berlin, Entscheidung vom 11.04.2008 - 5 U 189/06 -

Meta

I ZR 98/08

09.09.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 98/08 (REWIS RS 2010, 3501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3501

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