Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 37/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3512

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Verletzung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung; Publikumswerbung mit einer Werbegabe im Wert von 5 Euro


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 13. Februar 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte, ein in [X.] ansässiger Apotheker, vertreibt sein Produktsortiment über ein Online-Versandhandelsgeschäft. Auf seiner Homepage warb er bis November 2006 unter anderem mit folgenden Angaben:

[X.] zur Begrüßung

Ihr "erstes Mal" bei ... belohnen wir mit einem Gutschein im Wert von € 5,- ...

und

€ 5,- [X.] für jedes Rezept mit zwei verschreibungspflichtigen Medikamenten

So bedanken wir uns für Ihr Vertrauen. Jedes Mal neu. Der Gutschein hat eine Gültigkeit von 6 Monaten und kann beim nächsten Einkauf rezeptfreier Artikel eingelöst werden.

2

Der Kläger, der eine Apotheke in [X.] betreibt, ist der Auffassung, die Gewährung eines Einkaufsgutscheins beim Verkauf von der Preisbindung unterliegenden Arzneimitteln stelle eine gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 [X.] unzulässige Rabattierung dar. Aus Sicht des Kunden werde die für den Kauf des preisgebundenen Arzneimittels zu erbringende Gegenleistung im wirtschaftlichen Ergebnis verringert.

3

Der Kläger hat beantragt,

es dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] einen Einkaufsgutschein zu 5 Euro für jedes Rezept mit zwei verschreibungspflichtigen preisgebundenen Medikamenten und/oder als zusätzliches Dankeschön für die erste Bestellung von verschreibungspflichtigen preisgebundenen Arzneimitteln zu versprechen und/oder auszugeben und/oder einzulösen.

4

Der Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass seine Kunden für die preisgebundenen Medikamente den vollen Preis zu zahlen hätten, weil der Gutschein erst beim anschließenden Einkauf freiverkäuflicher Artikel eingelöst werde. Aus Sicht des verständigen Verbrauchers stelle der Gutscheinbetrag daher keine beim Erstkauf erzielte Ersparnis, sondern einen ausschließlich auf das Zweitgeschäft bezogenen Vorteil dar. Wenn man den geldwerten Vorteil schon auf das Erstgeschäft beziehen würde, ergäbe sich eine doppelte Rabattierung, weil dem Kunden auch bei der Einlösung des Gutscheins ein Preisnachlass gewährt werde. Überdies sei das in § 7 [X.] geregelte, hier aber nicht verletzte heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot vorrangig anzuwenden.

5

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

6

I. Das Berufungsgericht hat den [X.] mit der Begründung für gegeben erachtet, der Beklagte verstoße mit seinem Verhalten gegen § 3 AMPreisV und handele damit auch wettbewerbswidrig. Hierzu hat es ausgeführt:

7

Die preisrechtliche Bestimmung des § 3 AMPreisV werde nicht durch das einem anderen Zweck dienende heilmittelwerberechtliche Verbot gemäß § 7 [X.] verdrängt. Ein Verstoß gegen die in § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV normierte Pflicht zur Erhebung von [X.] liege hier deshalb vor, weil bei der Bemessung der vom Kunden zu erbringenden Gegenleistung zu berücksichtigen sei, dass er neben den Arzneimitteln auch einen Einkaufsgutschein im Wert von 5 € erhalte. Der Umstand, dass er diesen Gutschein allein beim Beklagten und nur beim Kauf rezeptfreier Artikel einlösen könne, mache den Gutschein nicht wertlos. Seiner Einlösung stehe kein gravierendes Hindernis entgegen, da der Verbraucher ohnehin schon Kunde des Beklagten und dessen Sortiment breit gefächert sei. Jedenfalls ein nicht unerheblicher Anteil der Kunden werde den Gutschein deshalb später nutzen oder dies zumindest beabsichtigen. Es komme daher auch nicht zu der vom Beklagten geltend gemachten doppelten Rabattierung. Der Kunde sehe in der späteren Einlösung des Gutscheins kein erneutes Geschenk, sondern lediglich die Erfüllung des mit der Gutscheinausgabe verbundenen Versprechens.

8

Zu Recht habe das [X.] auch davon abgesehen, das vom Beklagten zum Nachweis für die Richtigkeit seiner Behauptung angebotene Sachverständigengutachten einzuholen, der Gutscheinsbetrag stelle aus Sicht des verständigen Verbrauchers keine beim Erstverkauf erzielte Ersparnis dar. Es komme nicht auf die Vorstellung der angesprochenen [X.] an, sondern auf den objektiven wirtschaftlichen Wert, den die Gutscheine für den Verbraucher typischerweise hätten.

9

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Verhalten des Beklagten wegen Verstoßes gegen die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel unzulässig ist.

1. Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestützt und dazu vom Beklagten bis November 2006 begangene Zuwiderhandlungen vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Verletzungshandlungen gerichtet ist, ist die Klage nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt. Das im Jahr 2006 geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.] 2004) ist nach Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des [X.] mit Wirkung vom 22. Dezember 2008 geändert worden ([X.] 2008). Diese Gesetzesänderung erfordert jedoch keine Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Streitfalls.

Das beanstandete Verhalten des Beklagten stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2008 dar. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 [X.] ist gleich geblieben. Der Anwendung der zuletzt genannten Vorschrift steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die Richtlinie 2005/29/[X.] bezweckt gemäß ihrem Art. 4 allerdings die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, soweit sie die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte jedoch unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 [X.] steht daher mit der Richtlinie 2005/29/[X.] im Einklang, soweit [X.] - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen ([X.], Urteil vom 15. Januar 2009 - [X.], [X.], 881 Rn. 16 = [X.], 1089 - Überregionaler Krankentransport).

2. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 [X.] i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs.1 und 4, § 3 AMPreisV begründet.

a) Das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten verstößt gegen die vorstehend genannten Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung.

aa) Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] ist für die verschreibungspflichtigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 [X.] ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 [X.] stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines [X.] zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 [X.]. 2 S. 27; [X.], 161 Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - [X.] KR 7/09 R, juris Rn. 13-15; [X.] in Festschrift [X.], 2006, S. 875, 876; [X.], A&R 2008, 118, 120; zu weiteren mit der Regelung des § 78 [X.] verfolgten Zwecken vgl. [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, 67. [X.]., § 78 [X.] [X.]. 1 und [X.].[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326).

bb) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen ([X.], [X.], 233; KG, [X.], 450, 451; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176, 177; [X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 28. Aufl., § 4 Rn. 11.138; Gerstberger/[X.], [X.], [X.] 2009, § 7 [X.] Rn. 40; Riegger, [X.], [X.]. 7 Rn. 29; a.A. [X.], [X.], 391; [X.], [X.], 910, 912; [X.]pes, [X.], 250, 253; im Hinblick auf § 7 [X.] a.F. bejahend, im Hinblick auf § 78 [X.], § 3 AMPreisV dagegen verneinend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393; vgl. ferner [X.] in Prütting, Medizinrecht, § 7 [X.] Rn. 48).

Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar ([X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; differenzierend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen ([X.], [X.], 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebunden Arzneimittels, sondern auch aus anderem [X.]ass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss ([X.], [X.], 403, 404; [X.], [X.] 9/2007 [X.]). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.

Die vorstehend beschriebenen Merkmale eines Verstoßes gegen diese arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen liegen im Streitfall vor. Der in der Apotheke des Beklagten einzulösende Gutschein lautet auf einen bestimmten Geldbetrag. Der Einlösung des Gutscheins stehen auch keine wesentlichen Hindernisse entgegen. Angesichts des bekannten breiten Angebots von in Apotheken frei verkäuflichen Produkten befinden sich darunter nicht wenige, die jeder Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. [X.], [X.], 88 = [X.], 130). Dass dies bei der Apotheke des Beklagten anders wäre, ist weder festgestellt noch ersichtlich. Die von der Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgenommene Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitgeschäft spaltet das einheitliche Geschäft des Einkaufs eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels gegen Gewährung des Gutscheins demgegenüber künstlich auf (vgl. [X.], [X.], 452, 453 f.; [X.], [X.], 176; Auerbach/[X.], [X.] 2006, 52, 54).

b) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 [X.] anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf ([X.], [X.], 306 = [X.], 969; KG, [X.], 450, 452; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176; [X.], Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 101; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 45; [X.], [X.] 9/2007 [X.]; a.A. [X.]pes, [X.], 250, 253). Der Zweck der in § 7 [X.] enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und [X.] unsachlich beeinflusst werden sollen ([X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 24 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden; Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.], 1082 Rn. 16 = [X.], 1385 - [X.]; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 11 f.). Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter [X.]).

c) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den ([X.] unter den Apotheken zu regeln (vgl. [X.], [X.] vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, [X.], 3693, 3695). Sie stellen damit auch [X.] i.S. des § 4 Nr. 11 [X.] dar (KG, [X.], 450, 452; [X.], [X.], 53, 55; [X.], Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 97; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 4 Rn. 11.138; [X.].[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326; [X.] in [X.], jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 198; Harte/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 63; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 Rn. 11.66; Fezer/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4-11 Rn. 147, jeweils m.w.N.).

d) Das beanstandete Verhalten des Beklagten ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmer i.S. des § 3 [X.] 2004 nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 [X.] 2008 spürbar zu beeinträchtigen.

aa) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] lässt in dem durch § 1 [X.] bestimmten Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes und damit insbesondere bei produktbezogener Werbung für Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) Zuwendungen und sonstige [X.] (Waren oder Leistungen) unter den dort in den Nummern 1 bis 5 im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen zu. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.], der den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.] für Rabatte eröffneten Bereich einschränkt, sind Zuwendungen oder [X.], die in einem bestimmten oder auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag bestehen (Barrabatte), unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Eine entsprechende Beschränkung, die der Abstimmung des [X.]s mit dem Arzneimittelpreisrecht dient, ist für die anderen Fälle des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vorgesehen, in denen das grundsätzliche Verbot der Wertreklame im [X.] nicht gilt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Zuwendungen und sonstige [X.], die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 [X.] für zulässige Wertreklame vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, auch dann heilmittelwerberechtlich zulässig sind, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. [X.] liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder [X.] um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] handelt (vgl. dazu nachstehend unter [X.]), lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist (vgl. dazu [X.], [X.], 1082 Rn. 15 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, [X.]Z 180, 355 Rn. 12 ff. - Festbetragsfestsetzung). Denn eine - wie im Streitfall - auf sämtliche verschreibungspflichtige Arzneimittel bezogene Imagewerbung eines Apothekers stellt sich im Blick auf die Zwecke, die mit der Preisbindung für die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] genannten Arzneimittel verfolgt werden (vgl. oben unter [X.]), nicht als bedenklicher dar als eine entsprechende Werbung, die auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder Vielzahl bestimmter Mittel bezogen ist. Ebenso wenig kommt im Hinblick auf diese Zwecke dem Umstand Bedeutung zu, dass eine Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel heilmittelwerberechtlich gemäß § 10 Abs. 1 [X.] stets unzulässig ist.

bb) Die im Streitfall in Rede stehende Werbung des Beklagten wäre im Falle ihrer Produktbezogenheit nach keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 [X.] enthaltenen Regelungen zulässig. Insbesondere handelt es sich bei einem Einkaufsgutschein im Wert von 5 € für jedes eingelöste Rezept mit zwei verschreibungspflichtigen Medikamenten nicht um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.]. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. [X.], [X.], 913, 915; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 42). Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (vgl. Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 43). Da bei einer Publikumswerbung zudem - im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten - von einer niedrigeren Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet in diesem Bereich eine Werbegabe im Wert von 5 € die Wertgrenze ([X.], Urteil vom 9. September 2010 - [X.], Rn. 22 - Bonuspunkte; vgl. ferner Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 44, jeweils m.w.N.).

III. Nach alledem ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]                                     Büscher                                    Schaffert

                           Bergmann                                 [X.]

Meta

I ZR 37/08

09.09.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 13. Februar 2008, Az: 6 U 141/07, Urteil

§ 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 78 Abs 2 S 2 AMG, § 78 Abs 2 S 3 AMG, § 78 Abs 3 S 1 AMG, § 1 Abs 1 AMPreisV, § 1 Abs 4 AMPreisV, § 3 AMPreisV, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 2 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 5 HeilMWerbG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 37/08 (REWIS RS 2010, 3512)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3512

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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