Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 125/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3529

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Verletzung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung; Publikumswerbung mit einer Werbegabe im Wert von 5 Euro


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juni 2008 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 8. Mai 2007 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte betreibt eine Apotheke in [X.]. Sie gab dort ab dem 18. Mai 2006 gemäß einem Kundenprospekt "Sammeln Sie E.-TALER für tolle Prämien!" sogenannte E.-Taler aus. Diese können bei der [X.] oder bei Partnerunternehmen gegen Prämien eingetauscht werden.

2

Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.] e.V. Sie sieht in der Ausgabe der "E.-Taler" einen Verstoß gegen die [X.] und der Arzneimittelpreisverordnung. Mit ihrer deshalb nach erfolgloser Abmahnung der [X.] erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] "E.-Taler", die wie aus der Anlage [X.] ersichtlich gegen Prämien eingelöst werden können, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen preisgebundenen Arzneimitteln zu gewähren;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 189 € nebst Zinsen zu zahlen.

3

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, dass ein einzelner E.-Taler lediglich einen Wert von 0,40 € habe. Wegen der Ausgestaltung des Prämiensystems liege ein Preisnachlass tatsächlich nicht vor. Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung stellten im Übrigen keine Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar.

4

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Urteil vom 5. Juni 2008 - 6 U 118/07, juris). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der [X.] als gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 [X.] i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 [X.], §§ 1, 3 AMPreisV wettbewerbswidrig beurteilt und hierzu ausgeführt:

6

Die Bestimmungen des § 78 [X.] und der Arzneimittelpreisverordnung seien neben § 7 [X.] anwendbar, weil diese Vorschrift die Fälle unsachlich beeinflussender und eine mittelbare Gesundheitsgefährdung auslösender Wertreklame regele, während § 78 [X.] bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf der letzten Handelsstufe einen Preiswettbewerb ausschließen solle.

7

Die Arzneimittelpreisverordnung werde auch dann verletzt, wenn für ein preisgebundenes Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt werde, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Mittels Vorteile gewährt würden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erschienen ließen. Dies sei beim Prämiensystem der [X.] der Fall. Die in Aussicht gestellten Vorteile seien nicht mit einer im Rahmen des § 7 [X.] erlaubten geringwertigen Sachbeigabe vergleichbar. Maßgeblich sei insoweit nicht allein der Wert eines einzelnen E.-Talers, sondern der Wert, den die gesammelten Taler beim Einlösen der jeweiligen Prämie hätten, weil der von der Arzneimittelpreisverordnung nicht gewünschte Preiswettbewerb bei einem Absatz preisgebundener Arzneimittel gerade durch die in Aussicht gestellten Prämien beeinflusst werde. Diese seien für die Entscheidung des Kunden maßgeblich, die Apotheke der [X.] oder eine andere Apotheke aufzusuchen. Ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung liege ferner auch dann vor, wenn eine Gutschrift bzw. die Einlösung eines durch den Erwerb preisgebundener Medikamente erlangten Gutscheins erst beim Kauf nicht preisgebundener anderer Produkte aus der Apotheke gewährt werde.

8

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat Erfolg. Der Klägerin stehen die streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche nicht zu.

9

1. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestützt und dazu von der [X.] ab dem 18. Mai 2006 begangene Zuwiderhandlungen vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Verletzungshandlungen gerichtet ist, ist die Klage nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt. Das im Jahr 2006 geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.] 2004) ist nach Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des [X.] mit Wirkung vom 22. Dezember 2008 geändert worden ([X.] 2008). Diese Gesetzesänderung erfordert jedoch keine Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Streitfalls.

Das beanstandete Verhalten der [X.] stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 [X.] 2008 dar. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 [X.] ist gleich geblieben. Der Anwendung der zuletzt genannten Vorschrift steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die Richtlinie 2005/29/[X.] bezweckt gemäß ihrem Art. 4 allerdings die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, soweit sie die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte jedoch unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 [X.] steht daher mit der Richtlinie 2005/29/[X.] im Einklang, soweit [X.] - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen ([X.], Urteil vom 15. Januar 2009 - [X.], [X.], 881 Rn. 16 = [X.], 1089 - Überregionaler Krankentransport).

2. Der von der Klägerin aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 [X.] i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs.1 und 4, § 3 AMPreisV geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.

a) Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der [X.] verstößt allerdings gegen die vorstehend genannten Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung.

aa) Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] ist für die verschreibungspflichtigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 [X.] ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 [X.] stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines [X.] zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 [X.]. 2 S. 27; [X.], 161 Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - [X.] KR 7/09 R, juris Rn. 13-15; [X.] in Festschrift [X.], 2006, S. 875, 876; [X.], A&R 2008, 118, 120; zu weiteren mit der Regelung des § 78 [X.] verfolgten Zwecken vgl. [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, 67. [X.]., § 78 [X.], [X.]. 1 und [X.].[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326).

bb) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen ([X.], [X.], 233; KG, [X.], 450, 451; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176, 177; [X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 28. Aufl., § 4 Rn. 11.138; Gerstberger/[X.], [X.], [X.] 2009, § 7 [X.] Rn. 40; Riegger, [X.], [X.]. 7 Rn. 29; a.A. [X.], [X.], 391; [X.], [X.], 910, 912; [X.]pes, [X.], 250, 253; im Hinblick auf § 7 [X.] a.F. bejahend, im Hinblick auf § 78 [X.], § 3 AMPreisV dagegen verneinend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393; vgl. ferner [X.] in Prütting, Medizinrecht, § 7 [X.] Rn. 48).

Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar ([X.], [X.], 88 = [X.], 130; [X.], [X.], 913, 916; Wille/Harney, [X.], 34; differenzierend [X.], [X.], 336, 338; [X.], 159 = [X.], 1393). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen ([X.], [X.], 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebunden Arzneimittels, sondern auch aus anderem [X.]ass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss ([X.], [X.], 403, 404; [X.], [X.] 9/2007 [X.]. 3). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.

Die vorstehend beschriebenen Merkmale eines Verstoßes gegen diese arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen liegen im Streitfall vor. Die in der Apotheke der [X.] oder bei ihren Partnerunternehmen gegen Prämien einzulösenden "E.-Taler" lauten zwar nicht auf einen bestimmten Geldbetrag. Die Beklagte hat jedoch selbst vorgetragen, dass sie (immerhin) einen Wert von 0,40 € haben. Ihrer Einlösung stehen auch keine wesentlichen Hindernisse entgegen. Angesichts des bekannten breiten Angebots von in Apotheken frei verkäuflichen Produkten befinden sich darunter nicht wenige, die jeder Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. [X.], [X.], 88 = [X.], 130). Dass dies bei der Apotheke der [X.] anders wäre, ist weder festgestellt noch ersichtlich. Zudem verbliebe die Möglichkeit, die "E.-Taler" gegebenenfalls bei den Partnerunternehmen der [X.] gegen Prämien einzutauschen.

b) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 [X.] anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf ([X.], [X.], 306 = [X.], 969; KG, [X.], 450, 452; [X.], [X.], 452, 453; [X.], [X.], 176; [X.], Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 101; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 45; [X.], [X.] 9/2007 [X.]. 3; a.A. [X.]pes, [X.], 250, 253). Der Zweck der in § 7 [X.] enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und [X.] unsachlich beeinflusst werden sollen ([X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 24 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden; [X.], Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.], 1082 Rn. 16 = [X.], 1385 - [X.]; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 11 f.). Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter [X.]).

c) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den ([X.] unter den Apotheken zu regeln (vgl. [X.], [X.] vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, [X.], 3693, 3695). Sie stellen daher Marktverhaltensregeln i.S. des § 4 Nr. 11 [X.] dar (KG, [X.], 450, 452; [X.], [X.], 53, 55; [X.], Urteil vom 25. März 2010 - 3 [X.]/09, juris Rn. 97; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 4 Rn. 11.138; [X.].[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326; [X.] in [X.], jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 198; Harte/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 63; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 Rn. 11.66; Fezer/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4-11 Rn. 147, jeweils m.w.N.).

d) Das beanstandete Verhalten der [X.] ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmer i.S. des § 3 [X.] 2004 nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 [X.] 2008 spürbar zu beeinträchtigen.

aa) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] lässt in dem durch § 1 [X.] bestimmten Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes und damit insbesondere bei produktbezogener Werbung für Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) Zuwendungen und sonstige [X.] (Waren oder Leistungen) unter den dort in den Nummern 1 bis 5 im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen zu. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.], der den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.] für Rabatte eröffneten Bereich einschränkt, sind Zuwendungen oder [X.], die in einem bestimmten oder auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag bestehen (Barrabatte), unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Eine entsprechende Beschränkung, die der Abstimmung des [X.]s mit dem Arzneimittelpreisrecht dient, ist für die anderen Fälle des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vorgesehen, in denen das grundsätzliche Verbot der Wertreklame im [X.] nicht gilt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Zuwendungen und sonstige [X.], die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 [X.] für zulässige Wertreklame vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, auch dann heilmittelwerberechtlich zulässig sind, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. [X.] liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder [X.] um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] handelt (vgl. dazu nachstehend unter [X.]), lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist (vgl. dazu [X.], [X.], 1082 Rn. 15 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, [X.]Z 180, 355 Rn. 12 ff. - Festbetragsfestsetzung). Denn eine - wie im Streitfall - auf sämtliche verschreibungspflichtigen Arzneimittel bezogene Imagewerbung eines Apothekers stellt sich im Blick auf die Zwecke, die mit der Preisbindung für die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] genannten Arzneimittel verfolgt werden (vgl. oben unter [X.]), nicht als bedenklicher dar als eine entsprechende Werbung, die auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder Vielzahl bestimmter Mittel bezogen ist. Ebenso wenig kommt im Hinblick auf diese Zwecke dem Umstand Bedeutung zu, dass eine Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel heilmittelwerberechtlich gemäß § 10 Abs. 1 [X.] stets unzulässig ist.

bb) Die im Streitfall in Rede stehende Werbung des [X.] wäre im Falle ihrer Produktbezogenheit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] zulässig. Die E.-Taler der [X.] haben, soweit sie in einen bei der [X.] einzulösenden Einkaufsgutschein umgetauscht werden, einen Wert von 0,40 €. Soweit sie zur Bezahlung von Esswaren oder Getränke verwendet werden können, kommt ihnen in etwa derselbe Wert zu. Der Durchschnittsverbraucher wird daher annehmen, dass sie auch insoweit, als sie in sonstige Sachprämien umgetauscht werden können, deren Wert aufgrund der Abbildungen und Beschreibungen in dem entsprechenden Prospekt der [X.] nicht genauer eingeschätzt werden kann, einen vergleichbaren Wert haben. Danach handelt es sich bei den E.-Talern um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.]. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. [X.], [X.], 913, 915; Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 42). Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (vgl. Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 43). Auch wenn bei einer Publikumswerbung im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet in diesem Bereich eine Werbegabe mit einem Wert von rund 0,40 € oder auch 0,50 € die Wertgrenze nicht ([X.], Urteil vom 9. September 2010 - [X.]/08 Rn. 22 - Bonuspunkte; vgl. ferner Gerstberger/[X.] aaO § 7 [X.] Rn. 32; [X.] in Prütting aaO § 7 [X.] Rn. 43).

III. Nach alledem ist auf die Revision der [X.] die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des Urteils des Landgerichts abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

[X.]                                  Büscher                                   Schaffert

                        Bergmann                                  [X.]

Meta

I ZR 125/08

09.09.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 5. Juni 2008, Az: 6 U 118/07, Urteil

§ 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 78 Abs 2 S 2 AMG, § 78 Abs 2 S 3 AMG, § 78 Abs 3 S 1 AMG, § 1 Abs 1 AMPreisV, § 1 Abs 4 AMPreisV, § 3 AMPreisV, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 2 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 Nr 2 HeilMWerbG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 125/08 (REWIS RS 2010, 3529)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3529


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 125/08

Bundesgerichtshof, I ZR 125/08, 09.09.2010.


Az. 6 U 118/07

Oberlandesgericht Köln, 6 U 118/07, 07.12.2007.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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