Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 125/08

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3536

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 125/08 Verkündet am: 9. September 2010 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 15. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2008 auf-gehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 8. Mai 2007 ab-geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Darmstadt. Sie gab dort ab dem 18. Mai 2006 gemäß einem Kundenprospekt "Sammeln Sie E. -TALER für 1 - 3 - tolle Prämien!" sogenannte E. -Taler aus. Diese können bei der Beklagten oder bei Partnerunternehmen gegen Prämien eingetauscht werden. 2 Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Sie sieht in der Ausgabe der "E. -Taler" einen Verstoß gegen die Preisbin- dungsvorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverord-nung. Mit ihrer deshalb nach erfolgloser Abmahnung der Beklagten erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verur-teilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wett-bewerbs "E. -Taler", die wie aus der Anlage K 1 ersichtlich gegen Prämien eingelöst werden können, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen preisgebundenen Arzneimitteln zu gewähren; 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 189 • nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, dass ein einzelner E. -Taler lediglich einen Wert von 0,40 • habe. Wegen der Ausge- staltung des Prämiensystems liege ein Preisnachlass tatsächlich nicht vor. Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung stellten im Übrigen keine Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. 3 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5. Juni 2008 - 6 U 118/07, juris). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, de-ren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: 5 I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten als gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG, §§ 1, 3 AMPreisV wettbe-werbswidrig beurteilt und hierzu ausgeführt: Die Bestimmungen des § 78 AMG und der Arzneimittelpreisverordnung seien neben § 7 HWG anwendbar, weil diese Vorschrift die Fälle unsachlich beeinflussender und eine mittelbare Gesundheitsgefährdung auslösender Wert-reklame regele, während § 78 AMG bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf der letzten Handelsstufe einen Preiswettbewerb ausschließen solle. 6 Die Arzneimittelpreisverordnung werde auch dann verletzt, wenn für ein preisgebundenes Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt werde, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Mittels Vorteile gewährt würden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erschienen ließen. Dies sei beim Prämiensystem der Beklagten der Fall. Die in Aussicht gestellten Vorteile seien nicht mit einer im Rahmen des § 7 HWG erlaubten geringwertigen Sachbeigabe vergleichbar. Maßgeblich sei insoweit nicht allein der Wert eines einzelnen E.

-Talers, sondern der Wert, den die gesammelten Taler beim Einlösen der jeweiligen Prämie hätten, weil der von der Arzneimittelpreisverordnung nicht gewünschte Preiswettbewerb bei einem Absatz preisgebundener Arzneimittel gerade durch die in Aussicht gestellten Prämien beeinflusst werde. Diese seien für die Entscheidung des Kunden maßgeblich, die Apotheke der Beklagten oder eine andere Apotheke aufzusuchen. Ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreis-verordnung liege ferner auch dann vor, wenn eine Gutschrift bzw. die Einlösung eines durch den Erwerb preisgebundener Medikamente erlangten Gutscheins 7 - 5 - erst beim Kauf nicht preisgebundener anderer Produkte aus der Apotheke ge-währt werde. 8 II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Er-folg. Der Klägerin stehen die streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche nicht zu. 1. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützt und dazu von der Beklagten ab dem 18. Mai 2006 begangene Zuwiderhandlungen vorgetragen. Da der Unterlas-sungsanspruch auf die Abwehr künftiger Verletzungshandlungen gerichtet ist, ist die Klage nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr gelten-den Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es an-dernfalls an der für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderlichen Wie-derholungsgefahr fehlt. Das im Jahr 2006 geltende Gesetz gegen den unlaute-ren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) ist nach Verkündung des Beru-fungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 22. Dezember 2008 geändert worden (UWG 2008). Diese Gesetzesänderung erfordert jedoch keine Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Streitfalls. 9 Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt sowohl eine Wettbe-werbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftli-che Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2008 dar. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 UWG ist gleich geblieben. Der Anwendung der zuletzt genannten Vor-schrift steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Un-lauterkeitstatbestand kennt. Die Richtlinie 2005/29/EG bezweckt gemäß ihrem 10 - 6 - Art. 4 allerdings die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitglied-staaten über unlautere Geschäftspraktiken, soweit sie die wirtschaftlichen Inter-essen der Verbraucher beeinträchtigen. Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte jedoch unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht daher mit der Richtlinie 2005/29/EG im Einklang, soweit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicher-heit von Verbrauchern dienen (BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Rn. 16 = WRP 2009, 1089 - Überregionaler Krankentrans-port). 2. Der von der Klägerin aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs.1 und 4, § 3 AMPreisV geltend ge-machte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet. 11 a) Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten verstößt allerdings gegen die vorstehend genannten Bestimmungen des Arzneimittelge-setzes und der Arzneimittelpreisverordnung. 12 aa) Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG ist für die verschreibungspflich-tigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apotheken-pflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversi-cherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu ge-währleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wie-derverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stellt die 13 - 7 - Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abga-bepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewähr-leisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbin-dung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothe-kenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Ver-sorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 Anl. 2 S. 27; BSGE 101, 161 Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 1 KR 7/09 R, juris Rn. 13-15; Schmid in Festschrift Ullmann, 2006, S. 875, 876; Dettling, A&R 2008, 118, 120; zu weiteren mit der Regelung des § 78 AMG verfolgten Zwecken vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 67. Erg.-Lief., § 78 AMG, Anm. 1 und Münch-Komm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326). bb) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arznei-mittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2006, 233; KG, GRUR-RR 2008, 450, 451; OVG Lüneburg, GRUR-RR 2008, 452, 453; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176, 177; OLG Köln, GRUR 2006, 88 = WRP 2006, 130; OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916; Wille/Harney, A&R 2006, 34; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 11.138; Gerstberger/Reinhart in 14 - 8 - Gröning, Heilmittelwerberecht, 3. Aktualisierungslieferung 2009, § 7 HWG Rn. 40; Riegger, Heilmittelwerberecht, Kap. 7 Rn. 29; a.A. OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 391; Peter, GRUR 2006, 910, 912; Kappes, WRP 2009, 250, 253; im Hinblick auf § 7 HWG a.F. bejahend, im Hinblick auf § 78 AMG, § 3 AMPreisV dagegen verneinend OLG Naumburg, GRUR-RR 2006, 336, 338; GRUR-RR 2007, 159 = WRP 2006, 1393; vgl. ferner Mand in Prütting, Medizin-recht, § 7 HWG Rn. 48). Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar (OLG Köln, GRUR 2006, 88 = WRP 2006, 130; OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916; Wille/Harney, A&R 2006, 34; differenzierend OLG Naumburg, GRUR-RR 2006, 336, 338; GRUR-RR 2007, 159 = WRP 2006, 1393). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenste-hen (OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebunden Arzneimittels, sondern auch aus anderem An-lass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 403, 404; Dembowski, jurisPR-WettbR 9/2007 Anm. 3). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. 15 Die vorstehend beschriebenen Merkmale eines Verstoßes gegen diese arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen liegen im Streitfall vor. Die in der Apotheke der Beklagten oder bei ihren Partnerunternehmen gegen Prämien einzulösenden "E. -Taler" lauten zwar nicht auf einen bestimmten Geldbe- trag. Die Beklagte hat jedoch selbst vorgetragen, dass sie (immerhin) einen Wert von 0,40 • haben. Ihrer Einlösung stehen auch keine wesentlichen Hin-dernisse entgegen. Angesichts des bekannten breiten Angebots von in Apothe-ken frei verkäuflichen Produkten befinden sich darunter nicht wenige, die jeder 16 - 9 - Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2006, 88 = WRP 2006, 130). Dass dies bei der Apotheke der Beklagten anders wäre, ist weder festgestellt noch ersichtlich. Zudem verbliebe die Möglichkeit, die "E. - Taler" gegebenenfalls bei den Partnerunternehmen der Beklagten gegen Prä-mien einzutauschen. b) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 HWG anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969; KG, GRUR-RR 2008, 450, 452; OVG Lüneburg, GRUR-RR 2008, 452, 453; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176; OLG Hamburg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09, juris Rn. 101; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 45; Dembowski, jurisPR-WettbR 9/2007 Anm. 3; a.A. Kappes, WRP 2009, 250, 253). Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst wer-den sollen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Rn. 24 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden; BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 99/07, GRUR 2009, 1082 Rn. 16 = WRP 2009, 1385 - DeguSmiles & more; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 11 f.). Er unterschei-det sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtli-chen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter II 2 a aa). 17 c) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (vgl. BVerfG, Kammerbe-schluss vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, NJW 2002, 3693, 3695). Sie stellen daher Marktverhaltensregeln i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar (KG, 18 - 10 - GRUR-RR 2008, 450, 452; OLG München, GRUR-RR 2010, 53, 55; OLG Ham-burg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09, juris Rn. 97; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 198; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 63; Ebert-Weidenfeller in Götting/Nordemann, UWG, § 4 Rn. 11.66; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-11 Rn. 147, jeweils m.w.N.). d) Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmer i.S. des § 3 UWG 2004 nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie die Inte-ressen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 UWG 2008 spürbar zu beeinträchtigen. 19 aa) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG lässt in dem durch § 1 HWG bestimmten Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes und damit insbesondere bei produktbezogener Werbung für Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG) Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) unter den dort in den Nummern 1 bis 5 im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen zu. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 HWG, der den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 HWG für Rabatte eröffneten Bereich einschränkt, sind Zuwendungen oder Werbegaben, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag bestehen (Barrabatte), unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arznei-mittelgesetzes gelten. Eine entsprechende Beschränkung, die der Abstimmung des Heilmittelwerberechts mit dem Arzneimittelpreisrecht dient, ist für die ande-ren Fälle des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht vorgesehen, in denen das grund-sätzliche Verbot der Wertreklame im Heilmittelwerberecht nicht gilt. Dement-sprechend ist davon auszugehen, dass Zuwendungen und sonstige Werbega-20 - 11 - ben, die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 HWG für zulässige Wertre-klame vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, auch dann heilmittelwerbe-rechtlich zulässig sind, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt wer-den, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Arzneimittelrechtlich liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt (vgl. dazu nachstehend unter II 2 d bb), lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist (vgl. dazu BGH, GRUR 2009, 1082 Rn. 15 f. - DeguSmiles & more; BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, BGHZ 180, 355 Rn. 12 ff. - Festbetragsfestsetzung). Denn eine - wie im Streitfall - auf sämtliche verschreibungspflichtigen Arzneimittel bezogene Imagewerbung ei-nes Apothekers stellt sich im Blick auf die Zwecke, die mit der Preisbindung für die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG genannten Arzneimittel verfolgt werden (vgl. oben unter II 2 a aa), nicht als bedenklicher dar als eine entsprechende Werbung, die auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder Vielzahl bestimm-ter Mittel bezogen ist. Ebenso wenig kommt im Hinblick auf diese Zwecke dem Umstand Bedeutung zu, dass eine Publikumswerbung für verschreibungspflich-tige Arzneimittel heilmittelwerberechtlich gemäß § 10 Abs. 1 HWG stets unzu-lässig ist. bb) Die im Streitfall in Rede stehende Werbung des Beklagten wäre im Falle ihrer Produktbezogenheit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG zuläs-sig. Die E. -Taler der Beklagten haben, soweit sie in einen bei der Beklagten einzulösenden Einkaufsgutschein umgetauscht werden, einen Wert von 0,40 •. Soweit sie zur Bezahlung von Esswaren oder Getränke verwendet werden kön-21 - 12 - nen, kommt ihnen in etwa derselbe Wert zu. Der Durchschnittsverbraucher wird daher annehmen, dass sie auch insoweit, als sie in sonstige Sachprämien um-getauscht werden können, deren Wert aufgrund der Abbildungen und Beschrei-bungen in dem entsprechenden Prospekt der Beklagten nicht genauer einge-schätzt werden kann, einen vergleichbaren Wert haben. Danach handelt es sich bei den E. -Talern um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 915; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 42). Als geringwerti-ge Kleinigkeiten sind daher kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (vgl. Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 43). Auch wenn bei einer Publikumswerbung im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbar-keit der Werbeadressaten von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet in diesem Bereich eine Werbegabe mit einem Wert von rund 0,40 • oder auch 0,50 • die Wertgrenze nicht (BGH, Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 98/08 Rn. 22 - Bonuspunkte; vgl. ferner Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 43). - 13 - III. Nach alledem ist auf die Revision der Beklagten die Klage unter Auf-hebung des Berufungsurteils und Abänderung des Urteils des Landgerichts ab-zuweisen. 22 23 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff Vorinstanzen: LG Darmstadt, Entscheidung vom 08.05.2007 - 12 O 403/06 - OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 05.06.2008 - 6 U 118/07 -

Meta

I ZR 125/08

09.09.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 125/08 (REWIS RS 2010, 3536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3536

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