Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2008, Az. NotZ 13/08

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2008, 821

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[X.] [X.] vom 17. November 2008 in dem Verfahren wegen Feststellung der Voraussetzungen für eine Amtsenthebung Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 54d; [X.] § 50 Abs. 1 Nr. 8 a) Der Notar ist auch dann gemäß § 54d [X.] verpflichtet, trotz Vorlie-gens der formalen Voraussetzungen für die Abwicklung des [X.] von der Auszahlung bei ihm hinterlegter Gelder abzusehen, wenn er nicht erst nach Annahme des [X.], sondern be-reits bei [X.]eurkundung des zu Grunde liegenden Vertrages wusste, dass mit dem Geschäft unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. b) Auch in diesen Fällen kommt neben der Verhängung von disziplinar-rechtli[X.] Maßnahmen die Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] in [X.]etracht. [X.], [X.]eschluss vom 17. November 2008 - [X.] 13/08 - [X.] - 2 - Der [X.], Senat für Notarsa[X.], hat am 17. November 2008 durch [X.], [X.] und [X.], die Notarin Dr. Doyé und den Notar Eule beschlossen: Auf die sofortige [X.]eschwerde des Antragsgegners wird der [X.]e-schluss des 2. Senats für Notarsa[X.] des Hanseatis[X.] Ober-landesgerichts in [X.] vom 10. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Gegenstandswert für das [X.]eschwerdeverfahren: 50.000 •. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit dem 1. August 1979 als Notar im [X.]bestellt. 1 Mit [X.]escheid vom 20. Juli 2007 eröffnete ihm der Antragsgegner, dass er seine Enthebung vom Amt des Notars in Aussicht nehme, da die Art, in der der Antragsteller [X.] durchführe, die Interessen der Rechtssu-[X.]den gefährde (§ 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.]). Der Antragsgegner wirft dem [X.] - 3 - tragsteller insoweit unter [X.]ezugnahme auf eine entspre[X.]de Anklage der Staatsanwaltschaft [X.]vor, er habe in den Jahren 2004 bis 2006 in [X.] 13 Fällen als Notar bewusst an betrügeris[X.] Grundstücksgeschäften zum Nachteil mehrerer Kreditinstitute mitgewirkt. Der Antragsteller habe [X.] den Ankauf vergleichsweise geringwertiger Grundstücke zu niedrigen Preisen durch ein Immobilienunternehmen beurkundet. Dieses habe jeweils nur kurze Zeit später die Grundstücke zu erheblich höheren Preisen weiterveräu-ßert, ohne dass zuvor wertsteigernde Maßnahmen getroffen worden seien. Die den Zweitkauf finanzierenden [X.]anken seien über den Wert der Grundstücke getäuscht worden. Die zugunsten der Kreditinstitute bestellten [X.] hätten dementspre[X.]d keine genügenden Sicherheiten geboten. Der [X.] habe in Kenntnis dieser Umstände nicht nur die Zweitverkäufe und die Grundschuldbestellungen beurkundet, sondern auch die von den [X.]anken zur Verfügung gestellten [X.] verwahrt und nach formaler Erfül-lung der [X.] an den Verkäufer ausgekehrt. Der Antragsteller bestreitet insbesondere, davon Kenntnis gehabt zu ha-ben, dass die bei den [X.] vereinbarten Preise weit über den wirkli-[X.] Grundstückswerten gelegen hätten. Er hat gegen den [X.]escheid des An-tragsgegners Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das [X.] hat diesen für begründet erachtet und festgestellt, die Voraussetzungen für die in Aussicht genommene Amtsenthebung des Antragstellers lägen nicht vor. Mit seiner gegen den [X.]eschluss des [X.] gerichteten sofortigen [X.]eschwerde verfolgt der Antragsgegner die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung weiter. 3 - 4 - I[X.] Die zulässige (§ 111 Abs. 4 Satz 1 [X.] i.V.m. § 42 Abs. 2 und 4 Satz 1 [X.]) sofortige [X.]eschwerde hat auch in der Sache Erfolg. 4 1. Das [X.] hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung ausge-führt, die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe würden vom Anwen-dungsbereich des § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] nicht erfasst. Vielmehr stütze der Antragsgegner die von ihm angestrebte Amtsenthebung auf Pflichtverletzun-gen, die der Annahme und der Durchführung eines [X.] nach § 54a [X.] vorgelagert seien. Die Verpflichtungen, gegen die der [X.] nach Ansicht des Antragsgegners verstoßen habe, zielten nicht auf die [X.] Abwicklung der Verwahrungen ab, sondern darauf, die [X.] [X.]anken schon von der Darlehensgewährung abzuhalten, wodurch es zu den von § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] erfassten [X.]n erst gar nicht gekommen wäre. 5 2. Dies hält der Nachprüfung im [X.]eschwerdeverfahren nicht stand. Entge-gen der Ansicht des [X.] kommt eine Amtsenthebung des [X.]s gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] in [X.]etracht, sofern sich die gegen ihn erhobenen [X.]eschuldigungen bewahrheiten. 6 a) Die [X.], die der Antragsgegner dem Antragsteller zur Last legt, betreffen nicht nur den den Verwahrungen vorgelagerten Tätigkeitskreis des Notars, sondern auch die Durchführung der [X.]. Der Antragsteller hätte - die Richtigkeit der Vorwürfe des Antragsgegners unter-stellt - die von den [X.]anken hinterlegten [X.] unabhängig davon, ob die [X.] formal erfüllt waren, nicht auskehren dürfen. Gemäß 7 - 5 - § 14 Abs. 2 [X.] hat der Notar seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Diese Pflicht erstreckt sich auf die gesamte Amtstätigkeit des Notars ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 14 Rn. 61; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch der Notar-haftung, Rn. 392), insbesondere auch auf die [X.] nach §§ 23, 24 [X.] ([X.] aaO; vgl. auch [X.] 134, 100, 106 f; [X.], Urteile vom 29. März 2001 - [X.] - [X.], 1204, 1205 und vom 4. Juni 1992 - [X.] - [X.], 1497, 1500) und sonstige Maßnahmen zum Vollzug von Urkunden (z.[X.].: [X.], Urteil vom 16. Februar 1987 - [X.] ([X.]) 1/86 - D[X.] 1987, 558 f; LG Mün[X.] II, [X.]eschluss vom 3. Januar 2008 - 8 T 5671/07 - juris Rn. 36 f). Dementspre[X.]d bestimmt § 54d [X.] in Konkretisierung dieser Pflicht ([X.], [X.], 16. Aufl., § 54d Rn. 2), dass der Notar von der Auszahlung bei ihm hinterlegter Gelder abzusehen hat, wenn hinrei-[X.]de Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei [X.]efolgung der ihm erteilten Weisungen an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde (Nummer 1) oder einem Auftraggeber durch die Auszahlung des ver-wahrten Geldes ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar droht (Nummer 2). Der Notar hat deshalb nach der Rechtsprechung des [X.]s die Auszahlung hinterlegter [X.] trotz Vorliegens der formalen Voraussetzungen für die Abwicklung des [X.] zu unterlassen, wenn er wegen des nach Annahme des [X.] verdichteten Verdachts eines [X.]etru-ges zulasten des Einzahlers Anlass hat, dessen [X.]elange für gefährdet zu halten ([X.], Urteil vom 22. November 1977 - [X.] - D[X.] 1978, 373, 374 f noch zur Rechtslage vor Einführung des § 54d [X.]; vgl. ferner [X.] OLGR 2004, 671, 672; KG D[X.] 1985, 51, 52, 54). Die [X.] - 6 - pflicht des Notars (§ 18 Abs. 1 [X.]) tritt in diesen Fällen zurück ([X.] aaO; [X.] aaO Rn. 8). Gleiches muss gelten, wenn der Notar - wie es hier dem Antragsteller vorgeworfen wird - bereits bei der der Verwahrung zugrunde liegenden [X.]eurkundung davon Kenntnis hatte, dass die [X.]eteiligten einen [X.]etrug zum Nachteil des (künftigen) [X.] planen. Die pflichtwidrige Mitwirkung eines Notars an der [X.]eurkundung eines Vertrags, mit dem erkennbar [X.] oder unredliche Zwecke verfolgt werden, enthebt ihn nicht der weiteren Pflicht zur [X.]eachtung von § 14 Abs. 2 [X.] und § 54d [X.] bei dem sich anschließenden Vollzug des Geschäfts. b) Unbeschadet dessen vermag der Senat auch nicht die Einschätzung des [X.] zu teilen, wonach die im "Vorfeld" der [X.] liegenden und den eigentli[X.] Schwerpunkt darstellenden Pflichtver-stöße mit den bei Durchführung von [X.]n zu beachtenden Pflichten in keinem inneren Zusammenhang stehen. Mit dieser [X.]etrachtungs-weise wird verkannt, dass - was hier im Raum steht - gerade bei betrügeris[X.] Grundstücksgeschäften größeren Stils die Auszahlung der Darlehensvaluta und die anschließende Auskehrung des Kaufpreises über [X.] häufig Teil des [X.] ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 20. März 2006 - [X.] ([X.]) 4/05 - Nds.[X.]. 2006, 206 ff und vom 28. Juli 2008 - [X.] ([X.]) 1/08 - [X.], 416, 417 Rn. 7). 9 c) Die Anwendung von § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die gegen den Antragsteller erhobenen [X.]eschuldigungen zugleich den Vorwurf schuldhafter Amtspflichtverletzungen beinhalten, die zu Disziplinarmaßnahmen (§ 47 Nr. 6, § 97 Abs. 1 [X.]) bis hin zur Entfernung aus dem Amt berechtigen würden. Die in § 50 [X.] geregelte Amtsenthebung ist eine Verwaltungsmaßnahme, die im Gegensatz zu den Disziplinarsanktionen 10 - 7 - keinen Strafcharakter hat, sondern lediglich eine geordnete Rechtspflege si-cherstellen soll ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO, § 50 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]racker, [X.], 8. Aufl., § 50 Rn. 1; speziell zu § 50 Abs. 1 Nr. 5 [X.]: [X.]egründung der [X.]undesregierung zu dem Entwurf eines [X.] zur Änderung der [X.]undesnotarordnung und anderer Gesetze, [X.]R-Drucks. 890/95, [X.]). Aufgrund der unterschiedli[X.] Zielrichtung der Amtsenthebung im [X.] und der disziplinaris[X.] Ahndung von Amtspflichtverlet-zungen stehen die Voraussetzungen des § 50 [X.] unabhängig neben denen für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen (vgl. [X.]undesregierung aaO). Insbesondere hat die Entfernung aus dem Amt gemäß § 47 Nr. 6, § 97 Abs. 1 [X.] keinen Vorrang vor der Amtsenthebung nach § 50 [X.]. 3. Dem Senat erscheint es angezeigt, die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung kommt nicht nur in [X.]etracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentli[X.] Mangel leidet (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22. November 2004 - [X.] 23/04 - NJW-RR 2005, 1151, 1152; [X.], [X.]eschluss vom 18. Juni 2001 - [X.] ([X.]) 10/00 - NJW-RR 2001, 1642, 1643), sondern auch dann, wenn - wie hier - der entscheidungserhebliche Sachverhalt in der ersten Instanz völlig unaufgeklärt geblieben ist (so [X.], [X.]e-schluss vom 4. November 1981 - IVb Z[X.] 517/80 - NJW 1982, 520; [X.]ayObLG NJW-RR 2002, 679, 680, vgl. zum Ganzen auch Sternal in [X.]/[X.]/Wink-ler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 25 Rn. 21; [X.]umiller/[X.], Freiwilli-ge Gerichtsbarkeit, 8. Aufl., § 25 Rn. 8; Feurich/[X.], [X.], 7. Aufl., § 42 Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO, § 111 Rn. 176; [X.], [X.]/[X.], 2. Aufl., § 111 [X.] Rn. 231). Das Ober-landesgericht hat sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht damit befasst, ob die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe zutreffen. Dabei geht es ganz wesentlich um den für die Entscheidungsreife [X.] - 8 - [X.] tatsächli[X.] Verfahrensstoff, so dass es sachdienlich ist, dem Oberlan-desgericht die erste [X.]eurteilung vorzubehalten. [X.] [X.] Herrmann

Doyé Eule Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 10.07.2008 - 2 Not 3/07 -

Meta

NotZ 13/08

17.11.2008

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2008, Az. NotZ 13/08 (REWIS RS 2008, 821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 821

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