Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2010, Az. XII ZR 7/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4289

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 4. August 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 1571, 1578 [X.]) Bei der Frage, ob ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB vorliegen, ist der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unter-haltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (im [X.] an [X.]surteile vom 16. April 2008 - [X.]/06 - [X.], 1325 und vom 25. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 1508). Das gilt nicht, wenn die vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlit-tene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Unterhaltspflichtige nur für einen gerin-gen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat. b) Auch im Rahmen des [X.] bestimmt sich der Maßstab des ange-messenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 [X.] regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Ein-kommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kinderer-ziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die [X.] Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Aus dem [X.] folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 [X.] herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unter-haltsberechtigten erreichen muss (im [X.] an [X.]surteil vom 17. Februar 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 629). [X.], Urteil vom 4. August 2010 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] [X.], Schilling und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revisionen beider Parteien wird das Urteil des 7. Zivilse-nats - 4. [X.] - des [X.] vom 18. Dezember 2008 aufgehoben, soweit der [X.] zu höherem Unterhalt als monatlich 100 • verurteilt worden ist und soweit die Unterhaltsklage der Antragsgegnerin ab dem 1. Oktober 2010 in Höhe von 275 • (718 • - 443 •) abgewiesen worden ist. Die weitergehende Revision der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen. Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten [X.] und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um nachehelichen Altersunterhalt. Sie heirateten im März 1995. Für den seinerzeit 58jährigen Antragsteller war es die zweite, für die 1 - 3 - 54jährige Antragsgegnerin die dritte Ehe. Die Parteien vereinbarten den [X.]. 2 Der Antragsteller ist seit August 1996 Rentner. Die Antragsgegnerin war während der Ehe nicht berufstätig und bezieht seit September 2000 Altersrente. 3 Die Parteien trennten sich im Juni 2006. Auf den im Oktober 2007 zuge-stellten Scheidungsantrag sind sie im vorliegenden Verfahren durch Verbundur-teil des Amtsgerichts geschieden worden, das hinsichtlich der Scheidung seit dem 7. Oktober 2008 rechtskräftig ist. Gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich durchgeführt worden, durch den zu Lasten der vom Antragsteller bezogenen Versorgungen Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin von insgesamt 43,20 • begründet worden sind. Das Amtsgericht hat den Antragsteller zu nachehelichem Unterhalt von 542,80 • verurteilt und hat den Unterhalt von Beginn an gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzt. Auf die Berufung des Antragstellers und die [X.]beru-fung der Antragsgegnerin hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis zum 30. September 2010 auf 718 • festgesetzt und ab Oktober 2010 auf 443 • her-abgesetzt. 4 Dagegen wenden sich die Revisionen beider Parteien. Der Antragsteller begehrt wie in der Vorinstanz die Abweisung der über monatlich 100 • [X.] Klage, die Antragsgegnerin verfolgt ihren Unterhaltsanspruch in [X.] von monatlich 818 • weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: 6 Die Revisionen der Parteien führen zur teilweisen Aufhebung des Beru-fungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. [X.] 7 Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 1750 veröffentlicht ist, hat bei der Einkommensermittlung unter anderem Raten für ein Darlehen (Zins und Tilgung) anerkannt, das der Antragsteller als Nießbraucher für eine Dachsanierung aufgenommen hat. Das Berufungsgericht hat ferner die [X.] vertreten, dass der Unterhalt nach § 1578 b Abs. 1 BGB zu begrenzen sei, hat aber an Stelle der sofortigen Herabsetzung hierfür eine Übergangsfrist von zwei Jahren für angemessen gehalten. Aus der Fassung der Vorschrift ergebe sich, dass ein nach § 1578 Abs. 1 BGB bestimmter Unterhaltsanspruch stets zu begrenzen sei, wenn dem nicht einer der in § 1578 b Abs. 1 BGB genannten [X.] entgegenstehe. Mit der [X.] verringere sich der Bezug zu den gemeinsamen Leistungen der Ehegatten. Maßgebend sei, ob ehebedingte Nachteile vorlägen. Die bei der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile seien aber nicht so schwerwiegend, dass eine Begrenzung aus [X.]n ausgeschlossen werden müsste, auch wenn aufgrund der frühen Verrentung des Antragstellers ein voller Ausgleich der Nachteile durch den Versorgungs-ausgleich nicht habe erfolgen können. Für die Begrenzung auf den angemes-senen Lebensbedarf hat das Berufungsgericht ferner auf die Dauer der Ehe abgestellt. Den angemessenen Lebensbedarf hat es weder mit dem notwendi-gen Selbstbehalt noch mit dem Maß des Billigkeitsunterhalts nach § 1581 BGB gleichgesetzt, sondern mit dem angemessenen Selbstbehalt von derzeit 1.100 •. - 5 - I[X.] 8 Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. 9 1. Die für den Unterhaltsbedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB durchgeführte Einkommensermittlung des Berufungsgerichts hält den von der Revision der Antragsgegnerin geführten Angriffen stand. 10 Der Einwand der Antragsgegnerin, die Darlehensraten hinsichtlich des [X.] dienten mit ihrem Tilgungsanteil der Vermögensbildung des Antragstellers, verfängt nicht. Nach der Rechtsprechung des [X.]s sind von dem Vorteil mietfreien Wohnens grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der [X.] günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten [X.], wie es im gesetzlichen Güterstand ab Zustellung des Scheidungsantrags der Fall ist ([X.]surteil vom 5. März 2008 - [X.] ZR 22/06 - [X.], 963 [X.], 19 m.w.N.) und bei der vorliegenden Gütertrennung schlechthin gilt. An einer solchen einseitigen Vermögensbildung mangelt es hier schon deswegen, weil dem Antragsteller an der von ihm bewohnten Wohnung nicht das Eigentum, sondern lediglich ein Nießbrauch zusteht. Die Darlehensraten stellen sich für ihn daher in vollem Umfang als Erhaltungsaufwand dar, mit dem eine Vermögensmehrung nicht einhergeht. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf eine mögliche Rückforderung des verschenkten Wohneigentums nach § 528 BGB ergibt nichts anderes, weil der Antragsteller auch nach der [X.] sowohl seinen eigenen angemessenen Unterhalt bestreiten als auch seine Unterhaltspflicht erfüllen kann. Dass der Antragsteller - wie die Revision der 11 - 6 - Antragsgegnerin meint - eine Rückforderung sogar geltend machen müsse, um der Antragsgegnerin (wegen der dann nicht mehr abziehbaren Tilgungsanteile) einen höheren Unterhalt zahlen zu können, findet zum einen in den [X.] Gegebenheiten keine Grundlage und lässt außer acht, dass die Grund-stücksübertragung im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin vorgenommen wurde. Zum anderen wäre ein Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des [X.] ersichtlich nicht gegeben. Der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe für die vom Berufungsgericht anerkannte Haushaltshilfe die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG berücksichtigen müssen, greift bereits deshalb nicht, weil zu den tatsäch-lichen Voraussetzungen der Norm nichts festgestellt worden ist und insofern ein Verfahrensfehler im Rahmen der Tatsachenfeststellungen weder gerügt noch ersichtlich ist. 12 2. Auf die Befristung und Begrenzung des Unterhalts ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechts-änderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und [X.]surteil [X.] 179, 43 = [X.], 406 - [X.]. 27 f.). Seit dem 1. Januar 2008 ist neben der hier vor-genommenen Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB für den nacheheli-chen Altersunterhalt nach § 1571 BGB auch eine Befristung zulässig. 13 a) Die Regelung in § 1578 [X.] ist entgegen der Auffassung der An-tragsgegnerin nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Der [X.] hat bereits zur Befristung des [X.] entschieden, dass es der mit dem [X.] vom 21. Dezember 2007 verfolgten [X.] entspricht, sich in weiten Teilen auf konkretisierungs-bedürftige Grundaussagen und Generalklauseln zu beschränken und damit den Gerichten einen relativ breiten Spielraum zu geben, um dem konkreten Einzel-14 - 7 - fall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Dadurch verstößt der Gesetzgeber nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der [X.] (vgl. Herzog/Grzeszick in: [X.]/[X.] Grundgesetz 57. Aufl. Art. 20 Rdn. 90). Zwar wird bei der Befristung des [X.] das nach der gesetzlichen Konzeption vorrangige Kriterium der ehebedingten Nachteile [X.] nicht einschlägig sein. Die Befristung des [X.] ist aber auch ohne ehebedingte Nachteile nicht der gesetzliche Regelfall (vgl. - zum Krankheitsunterhalt - Se-natsurteil [X.] 179, 43 = [X.], 406 - [X.]. 36 f.). Zudem stellt das [X.] für die Beurteilung der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltspflicht in § 1578 b Abs. 1 BGB mit der Ehedauer und der Gestaltung von Haushalts-führung und Erwerbstätigkeit sowie der Kindererziehung Kriterien zur Verfü-gung, die auch für die generelle Bemessung der nachehelichen Solidarität he-ranzuziehen sind (vgl. BT-Drucks. 16/1830, [X.]). 15 Dem Gesetzgeber stand es demnach frei, die Entscheidung über die [X.] der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls zu überlassen ([X.]sur-teil vom 30. Juni 2010 - [X.] ZR 9/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch [X.] NJW 2010, 1657). Im Übrigen hat das Berufungsgericht wie das [X.] nur eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB vorgenommen, [X.] schon nach der früheren Rechtslage gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. möglich war. 16 b) Bei der Billigkeitsprüfung für die Begrenzung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ist das Berufungsgericht zu Recht vom Vorliegen ehebe-dingter Nachteile aufgrund der Rollenverteilung während der Ehe ausgegangen. 17 - 8 - Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist für die Unbilligkeit einer [X.] Unterhaltszahlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Mög-lichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemein-schaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstä-tigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. 18 aa) Der Antragsteller rügt mit seiner Revision, dass die Antragsgegnerin gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber den Wunsch geäußert habe, "gehen zu dürfen", woraufhin sie eine Kündigung erhalten habe. Ursache seien gesund-heitliche Probleme gewesen und nicht - wie von der Antragsgegnerin [X.] - der Umstand, dass sie die Ferienpensionen des (schwerbehinderten) [X.] habe führen sollen. 19 Das steht dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten ehebedingten Nachteil jedoch nicht entgegen. 20 Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen ([X.]surteil vom 24. März 2010 - [X.] ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 [X.]. 18). Den Unterhaltsberechtigten trifft allerdings hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darle-gungslast. Dazu genügt es indessen, wenn dieser die Behauptung des [X.], es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanti-iert bestreitet und seinerseits darlegt, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen ([X.]surteil vom 24. März 2010 - [X.] ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 [X.]. 20 ff.). 21 - 9 - Gemessen an diesen Anforderungen genügt zur Darlegung eines ehe-bedingten Nachteils, dass die Antragsgegnerin während der Ehe auf eine [X.] verzichtete und infolgedessen keine Beiträge für ihre Altersvor-sorge geleistet wurden. Die Widerlegung dieses ehebedingten Nachteils obliegt dem Antragsteller. Hierzu genügt es nicht, dass er, wie er behauptet hat, zur Führung seiner Ferienpensionen der Hilfe der Antragsgegnerin nicht bedurft habe. Denn dieser Umstand steht der Tatsache, dass die Antragsgegnerin [X.] der Ehe von einer eigenen Erwerbstätigkeit absah, nicht entgegen. Dass die Antragsgegnerin für die von ihr angeregte Auflösung ihres Arbeitsverhältnis-ses auch gesundheitliche Gründe angeführt hat, schließt einen ehebedingten Nachteil als solchen ebenfalls nicht aus. Das wäre nur der Fall, wenn die An-tragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gänzlich gehindert gewesen wäre. Auch das von der Revision des Antragstellers ange-führte Risiko der Arbeitslosigkeit steht einem ehebedingten Nachteil nur entge-gen, wenn feststeht, dass der Unterhaltsberechtigte während der Ehe einen Arbeitsplatz nicht hätte erlangen können. Für beide Umstände hat der [X.] bereits nichts vorgetragen, so dass der Annahme eines ehebeding-ten Nachteils nichts entgegensteht. 22 [X.]) In der Regel werden allerdings die aus der ehebedingten Erwerbsun-terbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden ([X.]surteile vom 16. April 2008 - [X.]/06 - [X.], 1325 [X.]. 42 und vom 25. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 1508 [X.]. 25). 23 Nach der Rechtsprechung des [X.]s können daher ehebedingte Nach-teile im Sinne von § 1578 [X.] unabhängig von der Höhe der im [X.] - 10 - gungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese [X.] der [X.] vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versor-gungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhalts-rechtlichen Ausgleich ausschließt ([X.]surteil vom 16. April 2008 - [X.]/06 - [X.], 1325 [X.]. 43). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der [X.] nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erwor-ben hat. Er war bereits seit August 1996 ([X.], während die Ehezeit im Sinne des Versorgungsausgleichs vom 1. März 1995 bis zum 30. September 2007 dauerte. Damit ist deutlich, dass durch den Versorgungsausgleich die von der Antragsgegnerin aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei ihrer Altersvorsorge nicht vollständig, sondern nur zu einem geringen Teil ausgeglichen worden ist und der Antragsgegnerin darüber hinaus erhebliche ehebedingte Nachteile verblieben sind. 25 c) Das Berufungsgericht hat auch die weiteren Billigkeitsgesichtspunkte wie die Dauer der Ehe, die vorausgegangene Biografie der Ehegatten und ihre Vermögensverhältnisse zutreffend in seine Betrachtung einbezogen. Die Wür-digung des Berufungsgerichts bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Spielraums und ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 26 d) Hinsichtlich der Rechtsfolgen nach § 1578 [X.], die das Berufungs-gericht aus den von ihm herangezogenen Gesichtspunkten abgeleitet hat, bleibt das Berufungsurteil allerdings nicht frei von Beanstandungen. 27 - 11 - aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Unterhalts-anspruch stets zu begrenzen sei, wenn keiner der in der Vorschrift angeführten [X.] entgegensteht. Diese Auffassung lässt sich mit der in § 1578 [X.] getroffenen gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren. 28 29 Denn zum einen ist die Aufzählung der [X.] in § 1578 b Abs. 1 BGB nicht abschließend, sondern es werden dort die - freilich [X.] - Gesichtspunkte für die anzustellende Würdigung nur exemplarisch ge-nannt. In die [X.] sind also auch vom Gesetz nicht ausdrück-lich aufgeführte Einzelfallumstände für oder gegen eine Herabsetzung oder [X.] einzubeziehen. Zum anderen hat das Berufungsgericht das in § 1578 [X.] zum Ausdruck kommende Regel-/Ausnahmeverhältnis verkannt. Die [X.] oder Befristung ist nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB vom Familien-gericht auszusprechen, wenn ein zeitlich oder der Höhe nach unbeschränkter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wä-re. Aus § 1578 [X.] ergibt sich, dass die Herabsetzung wie auch die Befris-tung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Fami-liengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde unbeschränkte Unter-haltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung oder Herabsetzung Billig-keitsgründe entgegenstehen (vgl. - zur Befristung - [X.]surteil vom 24. März 2010 - [X.] ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 [X.]. 22). [X.]) Nicht zu beanstanden ist es hingegen, dass das Berufungsgericht den Unterhalt nicht bereits mit Rechtskraft der Scheidung herabgesetzt hat. Entgegen der Revision des Antragstellers folgt aus der Möglichkeit einer sofort mit Rechtskraft der Scheidung eingreifenden Herabsetzung nicht, dass der [X.] regelmäßig bereits mit der Scheidung herabzusetzen wäre. Dies wider-spräche jedenfalls in dieser Allgemeinheit bereits dem vorstehend ausgeführten 30 - 12 - Regel-/Ausnahmeverhältnis. Statt dessen hält sich die vom Berufungsgericht gewählte Übergangszeit von zwei Jahren für sich genommen im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung und ist daher nicht zu beanstanden. 31 cc) [X.] begegnet allerdings der vom Berufungs-gericht für die Herabsetzung des Unterhalts gewählte Maßstab für den ange-messenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB. Das Berufungsge-richt hat den Bedarf am sogenannten angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB orientiert, der zur [X.] in der [X.] Tabelle (Anmerkung A.5., Stand 1. Januar 2010) und in den Leitlinien der meisten [X.]e mit 1.100 • ausgewiesen ist (vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 418). Das widerspricht der - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung des [X.]s. Danach besteht der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 [X.] regelmäßig die Grenze für die Herab-setzung des nachehelichen Unterhalts bildet, in dem Einkommen, das der un-terhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen ([X.]surteil vom 17. Februar 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 629 [X.]. 28 f. m.w.N.). Diese vom [X.] für den Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB aufgestellten Grundsätze finden auch auf den Altersunterhalt nach § 1571 BGB Anwendung. Beim Altersunterhalt kann wie beim Krankheitsunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Verfügung hätte. 32 Ist der Unterhaltsberechtigte bereits Rentner, kann demnach im Regelfall lediglich auf das Renteneinkommen aufgrund seiner hypothetischen [X.] - 13 - tigkeit abgestellt werden, wobei nur von der tatsächlichen Rente nach durchge-führtem Versorgungsausgleich auszugehen ist ([X.]surteil vom 17. Februar 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 629 [X.]. 29). Allerdings ist eine Ausnahme angebracht, wenn - wie im vorliegenden Fall - die dem Unterhaltsberechtigten entstandenen Versorgungsnachteile durch den Versorgungsausgleich nur unzu-reichend ausgeglichen worden sind. Dann stellt die Untergrenze einer Herab-setzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB das hypothetische Renteneinkommen ohne ehebedingte und nicht vom Versorgungsausgleich erfasste [X.] dar. Demnach durfte das Berufungsgericht die für den zum Verwandtenunter-halt Verpflichteten geltende Grenze des angemessenen Selbstbehalts gemäß § 1603 Abs. 1 BGB nicht für den angemessenen Lebensbedarf des [X.] heranziehen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 [X.] herabgesetzte Unterhaltsbedarf [X.] das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten, das nach der neueren Rechtsprechung des [X.]s dem notwendigen Selbstbehalt eines nichter-werbstätigen Unterhaltspflichtigen von zur [X.] 770 • monatlich (vgl. Anmerkung A.5. der [X.] Tabelle Stand 1. Januar 2010) entspricht, erreichen muss ([X.]surteile vom 17. Februar 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 629 [X.]. 31 ff. und vom 14. April 2010 - [X.] ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 [X.]. 46). 34 [X.]) Die Revision rügt schließlich im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Berufungsgericht neben der Herabsetzung nicht zusätzlich eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB geprüft hat. Diese ist - unter umfassender Würdigung aller Umstände - auch bei verbliebenen ehebedingten Nachteilen nicht generell aus-geschlossen. 35 - 14 - II[X.] 36 Das Berufungsurteil ist demnach teilweise aufzuheben. Die Revision des Antragstellers hat in vollem Umfang Erfolg, die der Antragsgegnerin nur, soweit sie ab Oktober 2010 über den vom Berufungsgericht zugesprochenen Unterhalt von monatlich 443 • hinaus weitere 275 •, insgesamt also einen Unterhalt von monatlich 718 • geltend macht. Ob das Berufungsurteil von dem unzutreffend vorangestellten Regel-/Ausnahmeverhältnis im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 BGB beein- flusst ist (vgl. etwa [X.]surteil vom 26. Mai 2010 - [X.] ZR 143/08 - zur [X.] bestimmt [X.]. 32 ff.), bedarf keiner näheren Prüfung. Denn das an-gefochtene Urteil kann bereits wegen des unzutreffenden Maßstabs des ange-messenen Lebensbedarfs nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht aufrechterhalten bleiben. Dem [X.] ist eine eigene abschließende Sachentscheidung nicht möglich, weil es zur Festlegung des angemessenen Lebensbedarfs ergänzen-der Feststellungen und sodann einer erneuten tatrichterlichen Würdigung der für die Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 [X.] maßgeblichen Gesichtspunk-te bedarf. 37 IV. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf Folgendes hin: 38 Bei einer Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB hat das Berufungs-gericht den angemessenen Lebensbedarf im Sinne der oben genannten nähe-ren Bestimmung zu ermitteln. Allerdings ist bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des [X.] nicht notwendig, vielmehr können sich die Tatsachengerichte [X.] - 15 - soweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO [X.]. Für die [X.] wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht. 40 Auch bei feststehender Untergrenze einer Herabsetzung ist allerdings ei-ne Ausschöpfung des Spielraums bis zum angemessenen Lebensbedarf nicht zwingend, sondern unterliegt ebenso der tatrichterlichen Beurteilung des Einzel-falls wie eine im Einzelfall etwa hinzukommende Befristung nach § 1578 b Abs. 2, Abs. 3 BGB. Bei seiner erneuten Beurteilung hat das Berufungsgericht zudem Gelegenheit zu überprüfen, ob die Rechtsfolge mit dem Regel-/Ausnahmeverhältnis von Unterhalt und Begrenzung im Einklang steht. [X.] [X.] [X.] Schiling Günter Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.05.2008 - 9 F 390/07 - [X.], Entscheidung vom 18.12.2008 - 7 UF 377/08 -

Meta

XII ZR 7/09

04.08.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2010, Az. XII ZR 7/09 (REWIS RS 2010, 4289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4289

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Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts: Kompensation ehebedingter Nachteile und nacheheliche Solidarität; Maßstab des …


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