Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2016, Az. VII R 26/15

7. Senat | REWIS RS 2016, 9907

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Gegenstand

Bestellung zum Leiter einer Beratungsstelle setzt Bestehen einer Abschlussprüfung voraus


Leitsatz

1. NV: Eine "andere gleichwertige Vorbildung" i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG und damit die Befähigung, zum Leiter einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins bestellt zu werden, hat nur derjenige, der eine Abschlussprüfung in einem Beruf bestanden hat, der aufgrund der im Rahmen der Ausbildung vermittelten Lehrinhalte einem kaufmännischen Beruf als gleichwertig erachtet werden kann .

2. NV: Die mit dem Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung verbundene Einschränkung der Berufsausübung ist zum Schutz eines anerkannten wichtigen Gemeinschaftsguts, wie es die Hilfeleistung in Steuersachen darstellt, gerechtfertigt .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. August 2015  1 K 1004/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein von der zuständigen Finanzbehörde anerkannter und überregional tätiger Lohnsteuerhilfeverein, der im gesamten [X.] [X.]eratungsstellen unterhält, die in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine eingetragen worden sind. [X.]einen Antrag auf Eintragung einer neuen [X.]eratungsstelle in [X.] unter Leitung des hierfür vorgesehenen [X.] lehnte der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte ([X.]) mit der [X.]egründung ab, [X.] erfülle nicht die in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 des [X.]teuerberatungsgesetzes ([X.]t[X.]erG) normierten Voraussetzungen. [X.] hatte erfolgreich eine Ausbildung zum [X.]eruf des [X.]auzeichners abgeschlossen. Zusätzlich hatte er an einer Fernuniversität im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften das Vordiplom erhalten, das ihm den Zugang zum Hauptstudium mit Diplomprüfung eröffnete. Im Zeitraum von 1999 bis 2012 war er bei einer [X.]teuerberatungskanzlei beschäftigt, bei der er ausweislich der von dieser ausgestellten [X.]escheinigung insgesamt 159 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 [X.]tunden auf dem Gebiet der von den [X.]undes- und Landesfinanzbehörden verwalteten [X.]teuern tätig gewesen ist. Die gegen die Ablehnung der Eintragung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

2

Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, der Kläger habe keinen Anspruch auf Eintragung der in [X.] gelegenen [X.]eratungsstelle mit [X.] als dessen Leiter. Offensichtlich gehöre [X.] nicht dem in § 3 Nr. 1 [X.]t[X.]erG aufgeführten Personenkreis an. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 3 [X.]t[X.]erG seien nicht erfüllt, da [X.] nicht nachgewiesen habe, die dort bezeichneten Tätigkeiten über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren ausgeübt zu haben. Entgegen der Ansicht des [X.] erfülle [X.] auch nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG. In einem kaufmännischen Ausbildungsberuf habe [X.] keine Abschlussprüfung abgelegt. Eine solche Ausbildung sei die absolvierte [X.]erufsausbildung als [X.]auzeichner nicht. Hierfür sei nicht ausreichend, dass im Rahmen dieser Ausbildung auch theoretische Lerninhalte mit [X.] kaufmännischen Aspekten vermittelt würden. Das von [X.] an einer Fachhochschule erworbene Vordiplom sei ebenfalls kein Abschluss in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf. [X.] besitze auch keine "andere gleichwertige Vorbildung" i.[X.]. des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG, die nach der Gesetzessystematik und der aufgrund der Gesetzeshistorie belegten Intention des Gesetzgebers das [X.]estehen einer Abschlussprüfung erfordere, die der Abschlussprüfung im kaufmännischen oder gleichwertigen [X.]ereich gleichkomme. Die Regelung in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 3 [X.]t[X.]erG wäre nahezu entbehrlich, wenn bereits nach § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG auf eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen [X.]eruf verzichtet werden könnte, denn in diesem Fall käme es nur auf eine "prüfungsfreie" Kenntniserlangung an. Nach dem [X.]inn und Zweck der in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG getroffenen Regelung wäre es nicht sachgerecht, einen [X.]erufsabschluss in einem handwerklichen Ausbildungsberuf und die Erlangung kaufmännischer bzw. gleichwertiger Kenntnisse auf einem anderen Weg ausreichen zu lassen. Dem entspreche es, dass als vergleichbar i.[X.]. des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG etwa Gehilfenprüfungen in beratenden [X.]erufen (wie etwa Versicherungsfachangestellte) oder auch Ausbildungsabschlüsse von [X.]teuerfachangestellten und Rechtsanwalts- und Notarangestellten angesehen würden.

3

Eine danach erforderliche "gleichwertige Abschlussprüfung" habe [X.] jedoch nicht abgelegt. Wie der [X.]undesfinanzhof ([X.]FH) zur [X.]teuerberaterprüfung entschieden habe, könnten einzelne Prüfungsergebnisse im Rahmen eines rechtswissenschaftlichen [X.]tudiums einem Ausbildungsabschluss nicht gleichgestellt werden ([X.]enatsbeschluss vom 7. Oktober 2009 VII R 45/07, [X.]FHE 227, 288, [X.][X.]t[X.]l II 2010, 205). Verfassungsrechtliche [X.]edenken hinsichtlich des Auslegungsergebnisses bestünden nicht, vielmehr sei die damit verbundene [X.]eschränkung der [X.]erufsfreiheit durch wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den [X.]chutz vor unsachgemäßer, gesetzwidriger und das [X.]teueraufkommen gefährdender steuerlicher [X.]eratung gerechtfertigt.

4

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 2111 veröffentlicht.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine rechtsfehlerhafte Auslegung des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG sowie einen verfassungswidrigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte [X.]erufsfreiheit. Nach der Rechtsprechung des [X.]FH seien die einschränkenden Merkmale des § 23 Abs. 3 [X.]t[X.]erG nicht eng, sondern weit auszulegen. Das [X.] habe verkannt, dass die streitgegenständliche Regelung keine Abschlussprüfung erfordere. Eine gleichwertige Vorbildung könne sich auch aus einer Gesamtschau aus einem technischen Ausbildungsberuf und einem wirtschaftswissenschaftlichen Vordiplom und einer sich daran anschließenden jahrelangen Tätigkeit als [X.]teuerfachangestellter ergeben. Entscheidend sei, dass eine von einem künftigen [X.]eratungsstellenleiter erworbene [X.]ildung demjenigen [X.]ildungsstand entspreche, den ein Absolvent einer kaufmännischen [X.]erufsausbildung üblicherweise erreicht habe. Wie die Gesetzesmaterialien ([X.]TDrucks 12/6753) belegten, habe der Gesetzgeber bewusst von dem Erfordernis einer gleichwertigen Prüfung abgesehen und lediglich eine gleichwertige Vorbildung gefordert. Nach der Intention des Gesetzgebers liege eine gleichwertige Vorbildung vor, wenn die vermittelten [X.] und Prüfungsinhalte mit denen einer kaufmännischen Ausbildung vergleichbar seien. Dies könne auch durch ein Vordiplom oder eine vergleichbare Qualifikation in einem wirtschaftswissenschaftlichen [X.]tudiengang nachgewiesen werden, wenn die im Grundstudium vermittelten Lerninhalte denen einer Ausbildung in einem entsprechenden Ausbildungsberuf entsprächen und das Grundstudium durch entsprechende Prüfungsleistungen erfolgreich abgeschlossen worden sei. Lediglich ein abgebrochenes [X.]tudium könne nicht als ausreichend angesehen werden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich [X.]eratungsstellen von [X.] mit relativ einfach gelagerten [X.]teuerfällen befassten, die auch in einer [X.]teuerberatungskanzlei regelmäßig nicht von [X.]teuerberatern, sondern von dort tätigen [X.]teuerfach-angestellten bearbeitet würden. Aus der [X.]icht eines Praktikers könne kein Zweifel bestehen, dass [X.] aufgrund seiner nachgewiesenen Vorbildung die Voraussetzungen für die Leitung einer solchen [X.]eratungsstelle erfülle. Die Auslegung des [X.] bewirke einen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte [X.]erufsfreiheit.

6

Im Wesentlichen schließt sich das [X.] den Ausführungen des [X.] an. Der [X.]FH-Rechtsprechung könne nicht entnommen werden, dass § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG weit auszulegen sei. Zudem stütze der [X.]ericht und die [X.]eschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 17. Mai 1994 ([X.]TDrucks 12/7545) die Rechtsauffassung des [X.]. Danach sei § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG anders gefasst worden, damit [X.]ürger der ehemaligen [X.] mit einem Facharbeiterabschluss als Finanz- oder [X.] die Möglichkeit der [X.]estellung zum [X.]eratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins erhalten konnten. Aufgrund des Erfordernisses einer Abschlussprüfung verbiete sich eine Gesamtschau, bei der praktische Tätigkeiten einbezogen würden, die nach § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal bildeten.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die [X.]eteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur [X.]tellungnahme. Das Vorbringen des [X.] im [X.]chriftsatz vom 23. Mai 2016 führt zu keiner anderen [X.]eurteilung.

8

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Eintragung der [X.]eratungsstelle in [X.] mit [X.] als deren Leiter hat. § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG ist dahin auszulegen, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals einer anderen gleichwertigen Vorbildung den Nachweis des [X.]estehens einer Abschlussprüfung in einem [X.]eruf voraussetzt, der aufgrund der vermittelten Lerninhalte einem kaufmännischen [X.]eruf als gleichwertig erachtet werden kann.

9

1. Die an den Leiter einer [X.]eratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins zu stellenden Anforderungen in [X.]ezug auf dessen fachliche Qualifikation sind in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.]t[X.]erG abschließend festgelegt. Nach den Feststellungen des [X.], die mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden und daher für den erkennenden [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend sind, erfüllt [X.] die in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 1 und 3 [X.]t[X.]erG normierten Voraussetzungen nicht, so dass er zum [X.]eratungsstellenleiter nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG bestellt werden könnte. Danach darf der Lohnsteuerhilfeverein zum Leiter einer [X.]eratungsstelle nur Personen bestellen, die eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden haben oder eine gleichwertige Vorbildung besitzen und nach Abschluss der Ausbildung drei Jahre in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden auf dem Gebiet der von den [X.]undes- oder Landesbehörden verwalteten [X.]teuern praktisch tätig gewesen sind.

a) Eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf hat [X.] nicht abgelegt; vielmehr hat er erfolgreich eine Ausbildung in einem eher technisch orientierten [X.]eruf als [X.]auzeichner abgeschlossen. Dass das [X.]erufsbild eines [X.]auzeichners, der nach Vorgaben von Architekten oder [X.]auingenieuren für geplante [X.]auvorhaben Zeichnungen und Pläne anfertigt, erheblich von dem [X.]erufsbild kaufmännischer [X.]erufe abweicht, bedarf keiner näheren Erläuterung. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung zum [X.]auzeichner Qualifikationen vermittelt, die ohne Weiteres den Qualifikationen gleichgesetzt werden können, die im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung erworben werden. Auch das in einem Fernstudium erworbene Vordiplom im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft kann die von Gesetzes wegen geforderte Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf nicht ersetzen. Da die [X.] lediglich den Zugang zum Hauptstudium eröffnet, das mit einer Diplomprüfung abzuschließen ist, liegt keine abgeschlossene [X.]erufsausbildung vor. Aufgrund der Nichterfüllung des Tatbestandsmerkmals der (bestandenen) Abschlussprüfung, kann offen bleiben, ob ein Fernstudium im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft aufgrund der dadurch vermittelten Lerninhalte mit einer Ausbildung in einem kaufmännischen [X.]eruf gleichgesetzt werden kann.

b) Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass [X.] auch keine "andere gleichwertige Vorbildung" i.[X.]. des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG besitzt.

aa) Nach dem Wortlaut dieser [X.]estimmung muss die Vorbildung eine Qualifikation vermitteln, die einer Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf gleichwertig ist. Darauf, dass eine gleichwertige Vorbildung nur dann angenommen werden kann, wenn der zukünftige [X.]eratungsstellenleiter eine Abschlussprüfung abgelegt hat, deutet die Ausgestaltung des weiteren Tatbestandsmerkmals der praktischen Tätigkeit hin, auf dessen Erfüllung nicht verzichtet werden kann. Zum Zeitpunkt des frühesten [X.]eginns dieser Tätigkeit hat der Gesetzgeber den Abschluss der Ausbildung bestimmt. Da der Abschluss der Ausbildung in der Regel durch die Ablegung einer entsprechenden Prüfung gekennzeichnet ist, lässt sich der Zeitpunkt, ab dem eine anrechenbare praktische Tätigkeit aufgenommen werden kann, zuverlässig bestimmen. Käme es dagegen lediglich auf den Nachweis von Kenntnissen an, die auch im Rahmen einer Ausbildung in einem kaufmännischen [X.]eruf erworben werden könnten, wäre die [X.]estimmung des Abschlusses einer solchen Kenntniserlangung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

bb) Auch die Entstehungsgeschichte der in § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG getroffenen Regelung weist auf das Erfordernis eines Prüfungsabschlusses hin. Nach der bis zum 30. Juni 1994 geltenden Fassung ([X.]G[X.]l I 1990, 2756) setzte die [X.]estellung zum Leiter einer [X.]eratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins ausdrücklich das [X.]estehen der Gehilfenprüfung im steuer- und wirtschaftsberatenden [X.]eruf oder einer gleichwertigen Prüfung voraus. Mit Wirkung ab dem 1. Juli 1994 ([X.]G[X.]l I 1994, 1387) hat der Gesetzgeber die Vorschrift dahin geändert, dass nunmehr das [X.]estehen einer Abschlussprüfung im steuer- und wirtschaftsberatenden [X.]eruf oder einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder der [X.]esitz einer anderen gleichwertigen Vorbildung vorausgesetzt wurde. Mit dieser Änderung sollte jedoch das [X.] bei einer gleichwertigen Ausbildung nicht aufgegeben werden. Wie bereits ausgeführt, deutet darauf bereits die Festlegung des frühesten Zeitpunkts des [X.]eginns der praktischen Tätigkeit auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Ausbildung hin. Darüber hinaus ist den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass nach dem Referentenentwurf zur Klarstellung, dass auf eine Prüfung in einem rechts-, wirtschafts- oder steuerberatenden [X.]eruf abzustellen ist, lediglich das Wort "gleichwertig" durch das Wort "gleichartig" ersetzt werden sollte ([X.]TDrucks 12/6753, [X.]. 13). Erst aufgrund der [X.]eratungen im Finanzausschuss des Deutschen [X.]undestages wurde in die Vorschrift der [X.]egriff "andere gleichwertige Vorbildung" eingeführt. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde die Vorschrift anders gefasst, um [X.]ürgern der ehemaligen [X.] mit einem Facharbeiterabschluss als Finanz- oder [X.] die Möglichkeit der [X.]estellung zum [X.]eratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins zu erhalten ([X.]TDrucks 12/7545, [X.]. 25). Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung nicht die Aufgabe des Erfordernisses einer Abschlussprüfung bezweckte; vielmehr sollte der Kreis der möglichen [X.]eratungsstellenleiter um eine bestimmte [X.]erufsgruppe mit entsprechenden [X.]erufsabschlüssen erweitert werden.

cc) Der [X.]esitz eines Vordiploms in einem wirtschaftswissenschaftlichen [X.]tudiengang reicht somit nicht aus, um eine "andere gleichwertige Vorbildung" i.[X.]. des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG zu vermitteln. Erforderlich ist das [X.]estehen einer Abschlussprüfung ([X.] in [X.] u.a., Kommentar zum [X.]teuerberatungsgesetz, 3. Aufl., § 23 Rz 24, der den [X.]egriff "gleichwertige Prüfung" verwendet, und [X.], [X.], 1996, [X.]. 66, der auf das Erfordernis einer Abschlussprüfung in einem steuer-, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen [X.]eruf verweist; a.A. [X.]chmucker in [X.]onner Handbuch der [X.]teuerberatung, § 23 Rz 14). Wie bereits ausgeführt, ist [X.] lediglich im [X.]esitz eines [X.]szeugnisses im integrierten [X.]tudiengang Wirtschaftswissenschaft, so dass die Voraussetzung einer Abschlussprüfung nicht erfüllt ist. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass er nachweislich 159 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 [X.]tunden auf dem Gebiet der von den [X.]undes- und Landesfinanzbehörden verwalteten [X.]teuern tätig war. Denn die praktische Tätigkeit wird zusätzlich zum Nachweis einer Abschlussprüfung gefordert und kann infolgedessen diese nicht ersetzen.

dd) Entgegen der Auffassung des [X.] kann auch eine Gesamtschau der Ausbildung und des beruflichen Werdeganges des [X.] nicht dazu führen, dass auf die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals einer abgeschlossenen [X.]erufsausbildung in einem kaufmännischen oder gleichwertigen [X.]ereich verzichtet werden könnte. Eine solche Gesamtbetrachtung sieht das Gesetz nicht vor. Gegen sie spricht auch der Umstand, dass der praktischen Tätigkeit im Rahmen eines gesondert zu erfüllenden Tatbestandsmerkmals eine eigenständige [X.]edeutung zukommt.

2. Die mit der gefundenen Auslegung des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 [X.]t[X.]erG und dem Erfordernis einer Abschlussprüfung einhergehende [X.]eschränkung der von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten [X.]erufsfreiheit begegnet nach Auffassung des erkennenden [X.]s keinen verfassungsrechtlichen [X.]edenken.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob es überhaupt den [X.]eruf des Leiters einer [X.]eratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins gibt, der vom [X.]chutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird. Jedenfalls ist die Einschränkung der [X.]erufsausübung von Personen, die aufgrund eines fehlenden [X.]erufsabschlusses von der Aufnahme einer Tätigkeit als [X.]eratungsstellenleiter zunächst ausgeschlossen sind, gerechtfertigt. Die Hilfeleistung in [X.]teuersachen ist ein durch die Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts --[X.]VerfG-- (vgl. [X.]eschluss vom 18. November 1980  1 [X.]vR 228, 311/73, [X.]VerfGE 55, 185, 196) anerkanntes wichtiges Gemeinschaftsgut, das auch unter Einschränkung der Freiheit des Einzelnen zu schützen ist. Im Interesse des [X.]teueraufkommens, der [X.]teuermoral sowie zum [X.]chutz gesetzesunkundiger [X.]teuerpflichtiger, die durch Falschberatung ungeeigneter [X.]erater erhebliche Nachteile erleiden können, soll sichergestellt werden, dass nur solche [X.]erater geschäftsmäßige Hilfe in [X.]teuersachen leisten, die dazu die erforderliche Qualifikation und Zuverlässigkeit besitzen. Dies gilt auch für die für einen Lohnsteuerhilfeverein tätigen Personen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die an den Leiter einer [X.]eratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins zu stellenden Anforderungen nicht den persönlichen Voraussetzungen entsprechen, die ein [X.]teuerberater oder [X.]teuerbevollmächtigter zu erfüllen hat ([X.]surteil vom 14. Juni 1988 VII R 143/84, [X.]FHE 153, 277, [X.][X.]t[X.]l II 1988, 684).

b) [X.]oweit sich der Kläger zur [X.]estätigung seiner Rechtsauffassung auf das [X.]surteil vom 13. März 1990 VII R 50/89 ([X.]FHE 160, 373, [X.][X.]t[X.]l II 1990, 1093) beruft, kann dieser Entscheidung für den [X.]treitfall nichts entnommen werden. Denn in ihr hat der [X.] zum [X.]egriff des "[X.]" in Zusammenhang mit der nach § 23 Abs. 2 [X.]t[X.]erG a.F. geforderten dreijährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des [X.] [X.]tellung genommen und ausgeführt, dass der [X.] den [X.]egriff des "[X.]teuerwesens" im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der [X.]erufswahl stets weit ausgelegt hat. [X.]ich mit den Anforderungen an die Qualifikation des Leiters einer [X.]eratungsstelle unter dem Gesichtspunkt einer abgeschlossenen [X.]erufsausbildung zu befassen, hatte der [X.] in diesem Urteil keinen Anlass. Im Übrigen hat der [X.] eine einschränkende Interpretation des § 23 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.]t[X.]erG in seinen Entscheidungen vom 8. Januar 2003 VII R 37/02 ([X.]FHE 201, 479, [X.][X.]t[X.]l II 2003, 421) und vom 6. Februar 2007 VII [X.] 67/06 ([X.]FH/NV 2007, 1357) nicht vorgenommen, sondern darauf hingewiesen, dass sich der Gesetzgeber seinerzeit gerade hinsichtlich der Lohnsteuerhilfevereine zu einer Neuregelung und zu Anforderungen an die fachliche Qualifikation von [X.]eratungsstellenleitern veranlasst sah, um den [X.]chutz der Arbeitnehmer vor unseriösen Lohnsteuerhilfevereinen zu verbessern (vgl. [X.]surteil vom 9. Januar 1979 VII R 22/78, [X.]FHE 127, 100, [X.][X.]t[X.]l II 1979, 306).

c) Die [X.]eschränkung der [X.]erufsfreiheit erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, zumal auch ohne eine besondere Qualifikationsprüfung die [X.]estellung als Leiter einer [X.]eratungsstelle dadurch erreicht werden kann, dass eine mindestens dreijährige praktische Tätigkeit auf den für die [X.]eratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 [X.]t[X.]erG einschlägigen Gebieten des Einkommensteuerrechts nachgewiesen wird (zur Verfassungsmäßigkeit des pauschalen [X.]efähigungsnachweises vgl. [X.]VerfG-[X.]eschluss vom 21. Januar 1991  1 [X.]vR 1278/88, [X.] 1991, 233).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 26/15

15.06.2016

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 20. August 2015, Az: 1 K 1004/15, Urteil

Art 12 Abs 1 GG, § 23 Abs 3 S 1 Nr 2 StBerG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2016, Az. VII R 26/15 (REWIS RS 2016, 9907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9907

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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