Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2010, Az. 4 StR 413/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1392

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 413/10 vom 15. November 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen [X.] einer Sprengstoffexplosion u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 15. November 2010 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte [X.]im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe wegen uner-laubten Entfernens vom Unfallort verurteilt worden ist. Insoweit trägt die St[X.]tskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten [X.]. 2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. März 2010 a) im Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten [X.] dahin geändert, dass die Verurteilung we-gen unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe entfällt, b) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, [X.]) soweit über ein Handbohrgerät mit 8 mm-Bohrer hinaus weitere Gegenstände eingezo-gen worden sind; die weiter gehende Einzie-hungsanordnung entfällt; bb) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit festgestellt worden ist, dass bei allen Ange-klagten der Anordnung des Verfalls von Wert-ersatz in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB [X.]. - 3 - 3. Im Umfang der Aufhebung der Feststellung zum Verfall wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.]. 4. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen jeweils wegen [X.] einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich begangen mit schwerem [X.] sowie in einem Fall tateinheitlich begangen mit versuchtem schweren [X.], und wegen vorsätzlicher Brandstiftung, darüber hinaus den Angeklagten [X.]wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und den Angeklagten [X.] wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt und gegen den Angeklagten [X.]die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, gegen den Angeklagten [X.]die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Mona-ten sowie gegen den Angeklagten [X.] die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt. Des Weiteren hat es mehrere Gegenstände eingezogen und festgestellt, dass in Bezug auf alle drei Angeklagten der Anordnung eines [X.] in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. 1 - 4 - Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten, mit denen [X.] die Sachrüge erhoben und von den Angeklagten [X.] und [X.] darüber hinaus das Verfahren beanstandet wird. Die Rechtsmittel haben mit der Sach-rüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 1. Soweit der Angeklagte [X.]

im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe we-gen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren aus Gründen der Verfahrensökonomie auf Antrag des [X.] gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Urteilsgründe das [X.] der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht belegen. 3 Die von der [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen erge-ben weder, ob der Angeklagte die Kollision mit dem Fahrzeug des [X.] - eine touchierende Berührung beider Fahrzeuge - unmittelbar während des Unfallgeschehens bemerkte oder erst bei dem späteren Halt an einer Ampel von dem Geschädigten auf den Unfall hingewiesen wurde, noch verhalten sie sich zu der Frage, welche Wegstrecke der Angeklagte bereits zurückgelegt [X.], als er von dem Geschädigten an der Ampel angesprochen wurde. Nach den Feststellungen bleibt daher die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte noch in Unkenntnis des Unfalls den Unfallort verließ. Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat, erfüllt nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB ([X.], Beschluss vom 30. August 1978 - 4 [X.], [X.]St 28, 129, 131). Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das un-vorsätzliche Verlassen des [X.] nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird ([X.], [X.], 368). Entgegen einer in Rechtsprechung (vgl. [X.] - 5 - [X.], [X.], 107) und Literatur (vgl. [X.], [X.], 495; [X.], [X.], 444, 448) vertretenen Ansicht sieht der Senat keine Veranlassung, die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des [X.] (vgl. [X.], [X.], 327; [X.], [X.], 409; [X.], [X.], 197, 198) zu modifizieren, um auf diese Weise Fälle strafrechtlich zu erfassen, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich dennoch weiter entfernt (vgl. [X.], [X.], 301; SSW-StGB/[X.] § 142 Rn. 43; [X.], StGB, 57. Aufl., § 142 Rn. 52). Vom Wegfall der für die Tat [X.] 3 verhängten Einzelgeldstrafe von 20 Tagessätzen wird die Gesamtstrafe nicht berührt. Angesichts der vier Einzel-freiheitsstrafen von zweimal drei Jahren sechs Monaten, drei Jahren drei Mona-ten und zwei Jahren kann der Senat ausschließen, dass die [X.] ohne die entfallende Einzelstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. 5 2. Die über die Einziehung des bei der Tat [X.] 1 benutzten Handbohr-geräts mit Bohrer hinausgehende Einziehungsanordnung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die [X.] hat die Anordnung damit begründet, dass die verschiedenen Gegenstände dazu bestimmt waren, künftig von den Ange-klagten für die Begehung von Straftaten verwendet zu werden. Die Einziehung von [X.] ist aber nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Bege-hung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juli 1996 - 2 StR 256/96, [X.]R StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6). 6 - 6 - 3. [X.] nach § 111i Abs. 2 StPO kann ebenfalls keinen [X.] haben. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob das [X.] im Rahmen seiner Entscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO die Härtevorschrift des § 73c StGB geprüft hat (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 [X.], [X.], 241, 242; Beschluss vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hierfür hätte es tatsächlicher Feststellun-gen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten bedurft. 7 Für die insoweit neu zu treffende tatrichterliche Entscheidung verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.] (zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt). 8 [X.] [X.] [X.][X.] Bender

Meta

4 StR 413/10

15.11.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2010, Az. 4 StR 413/10 (REWIS RS 2010, 1392)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1392

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 413/10 (Bundesgerichtshof)

Verkehrsunfallflucht: Strafbarkeit des Entfernens von einem anderen Ort als dem Unfallort nach Kenntniserlangung von dem …


4 StR 155/21 (Bundesgerichtshof)

Gefährdung des Straßenverkehrs: Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“


4 StR 177/17 (Bundesgerichtshof)

Strafsache: Tateinheit von Rauschgifttransport und Straßenverkehrsdelikten; Begründetheit eines Adhäsionsantrags bei fehlender Einbeziehung des beschädigten Fahrzeugs …


4 StR 583/17 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Verlassen des Unfallorts erst nach der letzten feststellungsberechtigten Person


4 StR 259/14 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Verlassen der Unfallstelle bei wegen eigener Unfallverletzung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 413/10

4 StR 215/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.