Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.12.2010, Az. IX R 16/10

9. Senat | REWIS RS 2010, 729

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Gegenstand

Finanzierungshilfen eines Gesellschafters zu Gunsten seiner GmbH und seiner Gesellschafter - Krisenbestimmtes Darlehen - Vergleich über Steueransprüche nicht zulässig


Leitsatz

1. NV: Gibt ein im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG qualifiziert beteiligter Gesellschafter seiner GmbH im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung ein Darlehen, so ist dieses Darlehen nicht in hypothetischer Betrachtung unter Ausblendung der Kapitalerhöhung, sondern für sich darauf zu untersuchen, ob es sich um funktionelles Eigenkapital handelt .

2. NV: Gibt der Gesellschafter einer refinanzierenden Bank Sicherheiten zu Gunsten seiner Mitgesellschafter, damit diese aufgrund von Darlehen bei der refinanzierenden Bank ihren Bürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten der GmbH nachkommen können, so entsteht in der Person des Gesellschafters kein Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 BGB gegenüber der GmbH, dessen Kreditierung zu funktionellem Eigenkapital führen könnte (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 4. März 2008 IX R 80/06, BFHE 220, 451, BStBl II 2008, 577) .

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Revisionskläger und [X.] (Kläger) war an einer Bauträger- und Vermittlungsgesellschaft mbH (GmbH) i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des [X.] (EStG) beteiligt. Die GmbH wurde insolvent. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde im September des [X.] (2001) mangels Masse abgelehnt. Die Auflösung der GmbH wurde im Juni 2002 von Amts wegen im Handelsregister eingetragen. Bereits ab dem [X.] wies die GmbH nicht durch das Stammkapital gedeckte Fehlbeträge aus.

2

Der Kläger gewährte der GmbH am 10. Februar 1995 u.a. ein Darlehen von 400.000 DM, das die GmbH finanziell stärken und der Realisierung eines großen Bauvorhabens dienen sollte. Das Darlehen wurde mit 9,75 % verzinst. Der Darlehensgeber (Kläger) sollte berechtigt sein, das Darlehen mit einer Frist von einem Jahr zum Ende eines jeden Kalenderjahres zu kündigen, frühestens nach drei Jahren ab Unterzeichnung des Vertrags oder Zahlung des [X.] (§ 4 des Darlehensvertrags). Aus wichtigem Grund konnte der Darlehensgeber nach § 4 des Darlehensvertrags das Darlehen zur sofortigen Rückzahlung fällig stellen. Ein wichtiger Grund sollte (neben Zahlungseinstellung, Eröffnung des Konkursverfahrens, Verstoß gegen Zweckbindung) vorliegen, wenn die GmbH "mit einer fälligen Zahlung länger als zwei Monate säumig war und trotz Mahnung in Rückstand bleibt" (§ 4 Abs. 2 Buchst. a) des Darlehensvertrags). Das Darlehen sollte durch eine Grundschuld an dem erworbenen Grundstück gesichert werden.

3

Überdies verpflichteten sich ebenfalls am 10. Februar 1995 weitere Gesellschafter der GmbH gegenüber dem Kläger, als Bürgen u.a. für das Darlehen einzustehen. Aus dieser Bürgschaft nahm der Kläger im Jahr 2000 drei der Bürgen (nämlich [X.], [X.]) für das Darlehen von 400.000 DM nebst Zinsen in Anspruch. Mit einem als "Darlehensvertrag" überschriebenen notariellen Vertrag vom 13. Februar des [X.] wurde die Bürgschaftsvereinbarung zwischen dem Kläger und [X.] aufgehoben. [X.] erkannte an (§ 781 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), dem Kläger einen Betrag von 142.667 DM nebst Zinsen zu schulden. Diese Forderung wurde auf zwei Jahre gestundet und war innerhalb von fünf Jahren zurückzuzahlen. Ebenfalls am 13. Februar des [X.] traten in einer Gesellschafterversammlung die übrigen Bürgen [X.] an einer KG an den Kläger ab. Als Gegenleistung musste der Kläger an jeden Veräußerer 1 DM zahlen und die Bürgen aus der Bürgschaft entlassen.

4

Der Kläger bestellte der [X.] im März des Jahres 2000 ein Pfandrecht an seinem Wertpapierdepot, das sich (auch) auf Verpflichtungen des [X.], des [X.] und einer weiteren Gesellschafterin der GmbH in Höhe von jeweils 145.000 DM erstreckte. Aus diesem Pfandrecht befriedigte sich die [X.]. Hintergrund war das Einstehen der Gesellschafter der [X.] der GmbH aufgrund einer Bürgschaft aller Gesellschafter gegenüber der [X.] aus dem Mai 1995. Die GmbH hatte einen Überziehungskredit bei der [X.] in Anspruch genommen und musste dafür 17 % Zinsen zahlen. Um diesen (zu teuren) Kredit abzulösen, sollte jeder der Gesellschafter 145.000 DM an die [X.] zahlen. In Höhe der zu zahlenden Beträge (also in Höhe von jeweils 145.000 DM) nahmen die Gesellschafter Darlehen bei der [X.] auf. Die [X.] verlangte und erhielt in Form des Pfandrechts am Wertpapierdepot vom Kläger Sicherheiten auch zu Gunsten der Darlehen der anderen Gesellschafter.

5

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und [X.]skläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte als [X.] des § 17 EStG neben dem Verlust des Stammkapitals von 50.000 DM --hier nicht mehr streitige-- Aufwendungen für in den Jahren 1998 und 1999 gewährte Gesellschafterdarlehen in Höhe von 149.665 DM (insgesamt also 199.665 DM) an und stellte dementsprechend im (hier angefochtenen) Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden [X.] zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember des [X.] --nach Vornahme des [X.] für Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Verlustvortrag in Höhe von 68.936 DM fest.

6

Die Klage war zum Teil erfolgreich. Das Finanzgericht ([X.]) berücksichtigte --statt wie das [X.] DM-- insgesamt 384.267 DM (eigentlich müssten es richtig 384.257 DM sein) als Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG. Es handelt sich dabei neben dem Verlust des Stammkapitals um Aufwendungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen nach der Kapitalkontenentwicklung von insgesamt 189.257 DM sowie die im März 2000 vom Kläger gezahlten 145.000 DM.

7

Zur Begründung führte das [X.] in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 859 veröffentlichten Urteil aus:

8

Der Verlust des Darlehens von 400.000 DM könne nicht zu Anschaffungskosten führen, weil es nicht in der Krise der GmbH hingegeben wurde, es sich dabei nicht um ein krisenbestimmtes Darlehen oder um ein Finanzplandarlehen handele. Die GmbH habe sich im Februar 1995 noch nicht in der Krise befunden. Das Darlehen sei bei seiner Hingabe nicht krisenbestimmt gewesen. Eine Rangrücktrittserklärung zu Gunsten der GmbH sei erst im Dezember 1998 abgeben worden, als das Darlehen keinerlei Wert mehr gehabt habe. Es sei auch nicht als Finanzplandarlehen wie Eigenkapital zu behandeln. Der Kläger habe das Darlehen gewährt, um durch die Nutzungsüberlassung Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen und nicht, um der GmbH Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen seien dem Kläger zumindest teilweise keine Aufwendungen entstanden, weil er Leistungen der Bürgen empfangen habe.

9

Aufwendungen des [X.] im Zusammenhang mit der Verpfändung seines Wertpapierdepots zu Gunsten von Darlehen seiner Mitgesellschafter seien keine nachträglichen Anschaffungskosten. Zwar habe dieses Pfandrecht Darlehen der [X.] an die Gesellschafter ermöglicht, so dass diese der GmbH hätten Darlehen gewähren können. Diese wirtschaftliche Verknüpfung reiche indes nicht aus, um zivilrechtlich Eigenkapitalersatzrecht anzunehmen. Überdies habe der [X.] der Mitgesellschafter bei ihnen bereits zu nachträglichen Anschaffungskosten geführt. Auch bestehe kein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der GmbH. Es habe nicht dem Interesse der GmbH entsprochen, vom Kläger in Anspruch genommen werden zu können.

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], die er auf Verletzung des § 17 EStG stützt.

1. Hinsichtlich des Darlehens von 400.000 DM sei zu berücksichtigen, dass schon zum 31. Dezember 1994 negatives Eigenkapital in nicht unbeträchtlicher Höhe vorhanden gewesen sei. Das Darlehen sei zeitgleich mit der Erhöhung des Stammkapitals gewährt worden. Es handele sich deshalb um ein Maßnahmebündel, das nicht zum Nachteil des [X.] aufgeteilt werden dürfe, sondern als Ganzes zu bewerten sei. Das Darlehen sei zum einen in der Krise gewährt worden und zum anderen habe es sich um ein Finanzplandarlehen gehandelt.

2. Durch seine Sicherheitsleistung (Pfandrecht zu Gunsten der [X.]) habe der Kläger seine Mitgesellschafter in die Lage versetzt, ihrerseits der GmbH ein Darlehen zu gewähren. Damit habe er die Refinanzierung der Gesellschaft gesichert, so dass die Sicherung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei. Die Sicherheit wurde in der Krise gegeben. Es handele sich nicht um [X.]. Der Kläger habe einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der GmbH gehabt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2001 den Verlustvortrag unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 1.219.267 DM festzustellen.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] ist der Ansicht, das Darlehen von 400.000 DM sei nicht in der Krise gewährt worden.

Im Rahmen der [X.] meint das [X.], das [X.] habe zu Unrecht 145.000 DM als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt. Es handele sich nicht um ein Darlehen, das in der Krise (hier unstreitig im Jahr 2000) der GmbH gewährt worden sei, sondern um eine Zahlung auf die Bürgschaft der [X.], die selbst nicht eigenkapitalersetzend gewesen sei.

Das [X.] beantragt im Wege der [X.],

das [X.]-Urteil insoweit aufzuheben, als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ein [X.] in Höhe von 145.000 DM anerkannt worden ist.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die [X.] zurückzuweisen.

Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung sollten die Aufwendungen unstreitig berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist als unbegründet nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Hingegen ist die Anschlussrevision des [X.] begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

A. Revision des [X.]

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Zutreffend hat das [X.] den Verlust des Darlehens von 400.000 DM sowie die Aufwendungen des [X.] aufgrund der Verpfändung seines Wertpapierdepots zu Gunsten von Darlehen seiner Mitgesellschafter nicht als nachträgliche Anschaffungskosten bei seiner Beteiligung an der GmbH beurteilt.

1. Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb --unter weiteren hier nicht problematischen [X.] auch der Gewinn aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft; Entsprechendes gilt für einen [X.] als den Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der [X.] persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) soweit seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen (ständige Rechtsprechung des [X.] --[X.]--; vgl. das Urteil vom 9. Juni 2010 [X.], [X.], 326, m.w.N.).

Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das [X.]sverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind. Zu in diesem Sinne funktionellem Eigenkapital werden Finanzierungshilfen oder Finanzierungsmaßnahmen, wenn der [X.]er der [X.] (§ 32a des Gesetzes betreffend die [X.] mit beschränkter Haftung in der Fassung des Streitjahres --[X.]--) ein Darlehen gewährt (§ 32a Abs. 1 GmbHG a.F.), eine Bürgschaft übernimmt, eine Sicherheit bestellt (§ 32a Abs. 2 GmbHG a.F.) oder eine andere Rechtshandlung i.S. des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. unternimmt und diese Finanzierungsmaßnahmen eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Maßgebend dafür ist, ob ein [X.]er der [X.] in einem [X.]punkt, in dem ihr die [X.]er als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der [X.]), stattdessen ein Darlehen gewährt oder eine dem Darlehen wirtschaftlich entsprechend andere Rechtshandlung ausführt, § 32a Abs. 1 und 3 [X.] (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteile vom 4. März 2008 [X.], [X.], 446, [X.], 575, und vom 4. März 2008 [X.], [X.], 451, [X.], 577, jeweils m.w.N.).

Ob die [X.] in eine Krise geraten ist, hat das [X.] aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls als Tatfrage (§ 118 Abs. 2 [X.]O) zu entscheiden ([X.]-Urteil vom 9. Oktober 2008 [X.], [X.], 896).

2. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] das im Februar 1995 hingegebene Darlehen zutreffend nicht als funktionelles Eigenkapital beurteilt, dessen Verlust als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung den [X.] erhöhen würde.

a) Bei diesem Darlehen handelt es sich nicht um ein solches, das in der Krise der [X.] hingegeben worden ist. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) war die GmbH im [X.]punkt der Darlehensgewährung im Februar 1995 noch nicht in der Krise. Gegen diese Feststellung sind Revisionsgründe nicht vorgebracht. Der Kläger stützt seine Revision nur auf die Verletzung materiellen Rechts. Wenn er darlegt, das [X.] hätte das Maßnahmenbündel aus Darlehensgewährung und zeitgleich vorgenommener Kapitalerhöhung zusammen würdigen müssen, weil nur durch die Kapitalerhöhung die Krise habe verhindert werden können, so macht er keinen Rechtsfehler im Sinne von in sich widersprüchlichen, gegen die Denkgesetze verstoßenden Schlüssen des [X.] geltend. Unabhängig davon, inwieweit man den Zusammenhang der Maßnahmen als krisenbestimmtes oder als Darlehen im "Finanzplan" werten muss (siehe unter b), beeinflusst die Kapitalerhöhung selbstredend den Überschuldungsgrad der GmbH und damit den Eintritt der Krise. Wenn der [X.]er nach Zuführung von Eigenkapital, zu der er nach den Wertungen des § 32a GmbHG a.F. verpflichtet gewesen sein mag, ein Darlehen hingibt, so ist dieses Darlehen nicht notwendigerweise als eigenkapitalersetzend zu werten. Das [X.] unternimmt also keinen Subsumtionsfehler, wenn es das Darlehen für sich daraufhin untersucht, ob es in der Krise der [X.] gewährt wurde. Wenn der Kläger einwendet, das Darlehen wäre aber eigenkapitalersetzend gewesen, wenn er sich --ohne das Kapital zu erhöhen-- darauf beschränkt hätte, nur ein Darlehen zu geben, so sagt diese bloß hypothetische Betrachtung nichts aus zu dem hier gegebenen realen Fall, in dem der [X.]er ein Darlehen gewährt, nachdem zuvor --z.B. um eine Krise zu vermeiden-- das Kapital der [X.] erhöht worden ist. Im Gegenteil wird der [X.]er, der der [X.] --statt nur ein Darlehen zu geben-- zunächst Eigenkapital zuführt, um eine Krise zu vermeiden, seiner aus § 32a GmbHG a.F. entspringenden Finanzierungsverantwortung gerecht. Wenn er darüber hinaus aber --statt Kapital zuzuführen-- der [X.] Geldbeträge als Darlehen zur Verfügung stellt, sind die Voraussetzungen des Kapitalersatzrechts (Krise) für diese freie Finanzierungsentscheidung unter Berücksichtigung des [X.] nach dessen Erhöhung zu prüfen.

Unabhängig davon hat das [X.] seine Würdigung, die GmbH habe sich im [X.]punkt der Darlehenshingabe nicht in der Krise befunden, nicht lediglich auf den Umstand der Kapitalerhöhung gestützt. Die Vorinstanz hat sich nämlich im Übrigen die Feststellungen des Gutachtens für die Staatsanwaltschaft zu eigen gemacht und daraus geschlossen, die GmbH sei bei Hingabe des Darlehens im Februar 1995 weder überschuldet noch zahlungsunfähig gewesen.

b) Das [X.] hat dem Darlehen von 400.000 DM auch zutreffend nicht als krisenbestimmtes Darlehen oder Finanzplandarlehen die Funktion von Eigenkapital zuerkannt.

Mit dem Ausdruck "krisenbestimmtes Darlehen" wird ebenso wie mit dem Schlagwort "Finanzplandarlehen" im [X.] eine Situation bezeichnet, in der die Darlehensgewährung in der Weise in die Finanzplanung der [X.] einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte notwendige Kapitalausstattung durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Das Darlehen soll seiner Bestimmung nach auch in der Krise der [X.] stehengelassen werden; es ist nicht einseitig vom [X.]er kündbar (vgl. zum Vorstehenden die [X.]-Urteile vom 7. April 2005 IV R 24/03, [X.], 353, [X.], 598; vom 23. Juni 2010 [X.]/09, [X.], 156, [X.], 895, und vom 13. Juli 1999 [X.], [X.], 390, [X.] 1999, 724; [X.], [X.], Beihefter zu Heft 32/1999, [X.] ff.; vgl. auch Schreiben des [X.] vom 21. Oktober 2010, [X.], 832, unter [X.]) und d).

So verhält es sich im Streitfall nicht. Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden, nicht vom Kläger angegriffenen Feststellungen des [X.] handelte es sich um ein Darlehen, das vom Kläger nach einer gewissen Frist jederzeit gekündigt werden konnte. Auch die vertraglich ausbedungenen außerordentlichen Kündigungsgründe (wichtige Gründe z.B. bei Zahlungseinstellung, Insolvenz) lassen neben den üblichen Sicherheiten (Grundpfandrechte, Bürgschaften) und der attraktiven Verzinsung die Würdigung des [X.], es handele sich nicht um ein Darlehen, das seiner Funktion nach Eigenkapital darstelle, als revisionsrechtlich jedenfalls möglich erscheinen. Die erst im Dezember 1998 abgegebene Rangrücktrittserklärung vermag wegen der schon eingetretenen Krise (und wegen der vom [X.] festgestellten Wertlosigkeit des Darlehens zu diesem [X.]punkt) an dieser Würdigung nichts zu ändern.

c) Entgegen der Revisionsbegründung ist unerheblich, ob der Kläger das Darlehen im Zusammenhang mit der Übernahme von [X.]santeilen hingegeben hatte. Auf das sog. [X.], also auf die Freistellung des Darlehens eines [X.] von den Beschränkungen des § 32a GmbHG a.F. und seiner Funktion als Eigenkapital, kommt es im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 EStG nur dann an, wenn das Darlehen --anders als im [X.] in der Krise gegeben worden war (siehe § 32a Abs. 2 Satz 3 GmbHG a.F. und dazu das [X.]-Urteil vom 19. August 2008 [X.], [X.], 474, [X.] 2009, 5).

d) Liegen mithin die Voraussetzungen für eine kapitalersetzende Finanzierungshilfe bei dem Darlehen von 400.000 DM nicht vor, kann [X.] bleiben, ob und inwieweit durch die Inanspruchnahme der Mitgesellschafter aus der Bürgschaft überhaupt noch Aufwand des [X.] verblieben ist.

3. Das [X.] hat zutreffend auch den Aufwand des [X.] aufgrund der Inanspruchnahme der [X.] aus der Verpfändung seines Wertpapierdepots zu Gunsten von Darlehen seiner Mitgesellschafter nicht als nachträgliche Anschaffungskosten behandelt.

a) Da die Finanzierungshilfe nicht der GmbH gegeben wurde, kommt für die Qualifizierung als funktionelles Eigenkapital nur eine Rechtshandlung des [X.] gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. in Betracht, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung entsprechen muss. Diese Voraussetzungen hat der [X.] in einem Fall bejaht, in dem sich ein qualifiziert an einer GmbH beteiligter [X.]er zu Gunsten eines Dritten verbürgt hatte, um zu ermöglichen, dass dieser mit der GmbH ein für sie günstiges Geschäft abschließt. Der [X.] hatte eine einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung darin gesehen, dass der [X.]er nach seiner Inanspruchnahme aus der Bürgschaft einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die GmbH nicht geltend macht und in der Liquidation endgültig mit ihm ausfällt (so das [X.]-Urteil in [X.], 451, [X.], 577).

b) So verhält es sich im Streitfall nicht. Zwar mag die Verpfändung des Wertpapierdepots vordergründig im Interesse der GmbH gewesen sein, um zu ermöglichen, dass die Mitgesellschafter in die Lage geraten, durch Darlehensaufnahme den Überziehungskredit der GmbH zurückzuführen. Diese Betrachtung greift indes zu kurz.

Der Kläger hatte der darlehensgewährenden [X.] ein Pfandrecht an seinem Wertpapierdepot eingeräumt. Aus diesem Pfandrecht ist er von der [X.] in Anspruch genommen worden. Deshalb sind die Forderungen der [X.] aus den Darlehensverträgen mit den [X.] nach § 1225 [X.]. § 774 BGB auf ihn übergegangen. Auch wenn er sich bei den [X.] nicht hat befriedigen können, hat er nicht ohne Weiteres einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der GmbH. Ein solcher Anspruch entstand nicht gesellschaftsrechtlich und entgegen der Revision auch nicht nach den (subsidiär) geltenden Regelungen über eine Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn die Geschäftsführung (also die Sicherung der Darlehensansprüche der [X.] gegenüber den [X.]) entsprach nicht dem (nach § 679 BGB nicht unbeachtlichen) Willen der GmbH (§ 677 BGB). Vielmehr handelte der Kläger allein im Interesse seiner Mitgesellschafter.

Dies ergeben folgende Erwägungen, die letztlich auch das [X.] gesehen hat: Die Mitgesellschafter wie auch der Kläger haben Darlehen bei der [X.] aufgenommen, um damit einen Kredit der GmbH gegenüber der [X.] zurückzuführen. Dies taten sie als Bürgen für die GmbH gegenüber der [X.]. Sie gaben nach dem vom [X.] festgestellten Sachverhalt der GmbH also nicht, wie die Revisionsbegründung ausführt, ein Darlehen. Mit der Ablösung des Überziehungskredits erwarben sie nach § 774 BGB den Anspruch der [X.] gegen die GmbH. Zahlt nun die GmbH auf diese Forderung der [X.]er aus übergeleitetem Recht, hätte sie den Anspruch erfüllt. Ob die [X.]er ihrerseits den Kredit bei der [X.] zurückführen, berührt das Interesse der GmbH nicht mehr. Zahlen also --wie im [X.] die Mitgesellschafter nicht und muss ein anderer [X.]er --hier der Kläger-- aufgrund der von ihm gegebenen Sicherheit dafür einstehen, steht ihm kein Aufwendungserstattungsanspruch nach § 683 BGB gegenüber der GmbH zu. Der Kläger muss vielmehr sein Vertrauen dort suchen, wo er es gelassen hat. Hat --wie im [X.] die GmbH die Forderungen der Mitgesellschafter nicht befriedigt, hat aber der Kläger als Pfandschuldner allein den Kredit gegenüber der [X.] zurückgeführt, ist nicht das Bürgschaftsverhältnis der [X.]er gegenüber der [X.] betroffen, die ja durch die Hingabe der [X.] befriedigt wurde. Betroffen ist lediglich das Rechtsverhältnis der [X.]er untereinander als Darlehensnehmer gegenüber der [X.]. Hier mögen die Mitgesellschafter dem Kläger gegenüber verpflichtet sein, die auf sie nach § 774 BGB übergegangenen Ansprüche gegen die GmbH auf den Kläger zu übertragen, wenn sie den Kläger aus dem auf ihn übergegangenen Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen der [X.] nicht befriedigen können. Ob sich diese Verpflichtung aus § 285 BGB oder einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt, oder ob der Kläger --ohne einen entsprechenden Anspruch zu haben-- in den Anspruch der Mitgesellschafter vollstrecken muss, mag hier dahinstehen. Denn jedenfalls kann der Kläger nur auf diesem Weg einen Anspruch gegenüber der GmbH geltend machen.

Schuldete die GmbH neben ihrer Rechtsstellung als Hauptschuldnerin gegenüber der [X.] dem Kläger den Ersatz von Aufwendungen nach § 683 BGB, weil dieser für die Refinanzierung der Mitgesellschafter einzustehen hat, würde sie zusätzlich das Insolvenzrisiko ihrer [X.]er tragen, was ihrem Interesse nicht entspricht.

B. Anschlussrevision des [X.]

Die Anschlussrevision des [X.] ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

Indem das [X.] das von ihm als unstreitig gekennzeichnete Darlehen des [X.] gegenüber der GmbH von 145.000 DM als nachträgliche Anschaffungskosten bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt, hat es § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG verletzt.

1. Wenn die Anschlussrevisionserwiderung ausführt, diese Aufwendungen seien nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung "unstreitig" (auch das [X.] verwendet diesen Ausdruck), so ist darin keine tatsächliche Verständigung zu sehen, etwa derart, dass jedenfalls ein Aufwand des [X.] in Höhe von 384.267 DM unter Einschluss der 145.000 DM als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen wäre.

Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung legen die Beteiligten hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S. des § 88 der Abgabenordnung einvernehmlich fest. Vergleiche über [X.] sind demgegenüber wegen der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 28. Juni 2001 IV R 40/00, [X.]E 196, 87, [X.] 2001, 714, und vom 31. Juli 1996 [X.], [X.]E 181, 103, [X.] 1996, 625, jeweils m.w.N.).

Es mag im Streitfall offenbleiben, ob die "unstreitig" zu berücksichtigenden Beträge nicht schon den Steueranspruch selbst betreffen. Jedenfalls ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht, dass die Beteiligten sich auf einen Besteuerungssachverhalt festgelegt hätten. Wie das [X.] zutreffend in seiner Anschlussrevisionsbegründung hervorhebt, sind die entsprechenden Feststellungen in sich widersprüchlich. Einerseits gibt das [X.] im Tatbestand seines Urteils den sich auch aus den Akten zu erschließende Sachverhalt wieder, der Kläger habe ein Darlehen von der [X.] erhalten und es dazu verwendet, den Kredit der GmbH bei der [X.], für den sich alle [X.]er verbürgt haben, zurückzuführen. Andererseits spricht das [X.] in den Entscheidungsgründen davon, es handele sich um ein Darlehen zu Gunsten der GmbH. Dies mag das Ergebnis einer Rechtsanwendung sein, jedenfalls keinesfalls kein Sachverhaltselement als Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung.

2. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben, weil seine Auffassung, es handele sich bei dem Aufwand des [X.] in Höhe von 145.000 DM um ein als Darlehen gegenüber der GmbH zu berücksichtigende nachträgliche Anschaffungskosten, keine tatsächliche und rechtliche Grundlage hat und deshalb § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG verletzt.

a) Nach dem vom [X.] im Tatbestand festgestellten Sachverhalt, der mit den von ihm in Bezug genommenen Akten übereinstimmt, handelt es sich tatsächlich um ein Darlehen, das der Kläger ebenso wie seine Mitgesellschafter aufgenommen hatte, um den Überziehungskredit der GmbH gegenüber der [X.] zurückzuführen. Da die [X.]er, und damit auch der Kläger, gegenüber der [X.] als Bürgen für die Verbindlichkeiten der GmbH einzustehen hatten, handelt es sich bei dem Anspruch des [X.] gegen die GmbH nicht um einen eigenen Anspruch aus einem Darlehensverhältnis des [X.] mit der GmbH nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern um den nach § 774 BGB auf ihn übergegangenen Anspruch der [X.] gegen die GmbH nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.

b) Für die Frage, ob der Ausfall des [X.] mit dieser Forderung dem [X.] unterliegt und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten gehört, kommt es deshalb darauf an, ob der Kläger die Bürgschaft bereits in der Krise übernommen hatte oder sie auch für den Fall der Krise bestimmt war (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 22. April 2008 [X.]/06, [X.]/NV 2008, 1994, und vom 26. November 2008 [X.], [X.], 737, m.w.N.).

c) [X.] ist nicht spruchreif. Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich die GmbH zu der [X.], in der die [X.]er, und damit auch der Kläger, gegenüber der [X.] die Bürgschaft übernommen hatten, in der Krise befand.

Diese Feststellungen wird das [X.] in einer erneuten Verhandlung und Entscheidung nachzuholen haben.

Meta

IX R 16/10

07.12.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 28. Januar 2010, Az: 16 K 1393/07 F, Urteil

§ 17 EStG 1997, § 255 Abs 1 S 2 HGB, § 32a GmbHG vom 19.12.1998, § 683 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.12.2010, Az. IX R 16/10 (REWIS RS 2010, 729)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 729

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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