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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.]/14
vom
20. August 2014
in der [X.]
Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 280
Der Sa[X.]hverständige hat den Betroffenen vor der Erstellung des Guta[X.]htens persön-li[X.]h zu untersu[X.]hen; eine
Beguta[X.]htung na[X.]h Aktenlage ist grundsätzli[X.]h ni[X.]ht zuläs-sig.
[X.], Bes[X.]hluss vom 20. August 2014 -
XII [X.]/14 -
LG [X.]
[X.]
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Der XII.
Zivilsenat des Bundesgeri[X.]htshofs hat am 20.
August 2014 dur[X.]h
die [X.] Dr.
Klinkhammer, S[X.]hilling, Dr.
Nedden-Boeger, Dr. Botur
und Guhling
bes[X.]hlossen:
Auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerde des Betroffenen wird der Bes[X.]hluss der 25.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
März 2014 aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur erneuten Behandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahrens, an das Land-geri[X.]ht zurü[X.]kverwiesen.
[X.]: 5.000
Gründe:
I.
Der Betroffene begehrt die Aufhebung seiner Betreuung.
Für den Betroffenen besteht eine Betreuung für die Aufgabenberei[X.]he Besorgung der Re[X.]htsangelegenheiten vor Geri[X.]hten, Vertretung vor Behörden (eins[X.]hließli[X.]h der Beantragung von [X.]), Wohnungsangelegen-heiten und Eröffnung eines Bankkontos. Für sämtli[X.]he [X.] ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
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Das Amtsgeri[X.]ht hat den Antrag des Betroffenen, die Betreuung aufzu-heben, zurü[X.]kgewiesen und die Betreuung zuglei[X.]h um den Aufgabenkreis Ver-fügungen
r-weitert. Das [X.] hat die Bes[X.]hwerde des Betroffenen zurü[X.]kgewiesen. Hiergegen wendet si[X.]h dieser mit seiner Re[X.]htsbes[X.]hwerde.
II.
Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist begründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Ents[X.]heidung ausgeführt, der Sa[X.]hverständige habe in seinem Guta[X.]hten überzeugend dargelegt, dass der Betroffene an einer paranoiden Psy[X.]hose leide und in den angeordneten [X.]n einer Betreuung bedürfe, die au[X.]h gegen den Willen des Be-troffenen angeordnet werden könne, da eine Bestimmbarkeit des Willens dur[X.]h vernünftige Erwägungen
bei dem Betroffenen krankheitsbedingt ausges[X.]hlos-sen sei. Zudem belegten die zahlrei[X.]hen und überwiegend unverständli[X.]hen Eingaben des Betroffenen eindru[X.]ksvoll dessen Betreuungsbedürftigkeit.
Ebenso habe das Amtsgeri[X.]ht zu Re[X.]ht den Aufgabenkreis erweitert und dem
Betreuer die Befugnis eingeräumt, Verfügungen über das Bankkonto des Betroffenen zu treffen.
2. Die
angegriffene Ents[X.]heidung hält der
Verfahrensrüge der Re[X.]htsbe-s[X.]hwerde ni[X.]ht stand. Das [X.] hätte das Guta[X.]hten seiner Ents[X.]hei-dung ni[X.]ht zugrunde legen dürfen, weil der Sa[X.]hverständige den
Betroffenen ni[X.]ht persönli[X.]h untersu[X.]ht hat.
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a) Für das Aufhebungsverfahren gelten die §§
278 Abs. 1, 280 FamFG,
die die persönli[X.]he Anhörung des Betroffenen und die Einholung eines Sa[X.]h-verständigenguta[X.]htens vors[X.]hreiben, ni[X.]ht. Es verbleibt insoweit bei den [X.] Verfahrensregeln und damit bei den Grundsätzen der Amtsermittlung (Senatsbes[X.]hluss vom 2.
Februar 2011
XII
ZB 467/10
FamRZ 2011, 556 Rn.
9 f.).
Zwar ist dana[X.]h die Einholung eines Sa[X.]hverständigenguta[X.]htens im Aufhebungsverfahren ni[X.]ht obligatoris[X.]h. Wenn aber ein Sa[X.]hverständigengut-a[X.]hten
wie hier
eingeholt wird und das Geri[X.]ht seine Ents[X.]heidung darauf stützt, so muss dieses den formalen Anforderungen des §
280 FamFG genügen
(Senatsbes[X.]hluss vom 9.
November 2011
XII
ZB 286/11
FamRZ 2012, 104 Rn.
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f.).
Gemäß §
280 Abs.
2 Satz
1 FamFG hat der Sa[X.]hverständige den
Be-troffenen vor der Erstattung des Guta[X.]htens persönli[X.]h zu untersu[X.]hen oder zu befragen
(s. au[X.]h BT-Dru[X.]ks. 16/6308 S. 267). Ein ohne die erforderli[X.]he per-sönli[X.]he Untersu[X.]hung erstattetes
Sa[X.]hverständigenguta[X.]hten ist grundsätzli[X.]h ni[X.]ht verwertbar ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
280 Rn.
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mwN).
Die Weigerung des Betroffenen, einen Kontakt mit dem Sa[X.]hverständi-gen zuzulassen, ist kein hinrei[X.]hender Grund, von einer persönli[X.]hen Untersu-[X.]hung dur[X.]h den Sa[X.]hverständigen abzusehen ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
280 Rn.
18
mwN). Wirkt der Betroffene an einer Beguta[X.]htung ni[X.]ht mit, so kann das Geri[X.]ht gemäß §
283 Abs.
1 und Abs.
3 FamFG seine Vorführung anordnen (Senatsbes[X.]hluss vom 17.
Oktober 2012
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XII
ZB 181/12
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FamRZ 2013, 31 Rn.
18; BT-Dru[X.]ks. 16/6308 S. 268).
b) Diesen Anforderungen wird die Ents[X.]heidung des [X.]s ni[X.]ht gere[X.]ht.
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Wie das Amtsgeri[X.]ht im Einzelnen dargelegt hat, hat der Sa[X.]hverständi-ge den Betroffenen ni[X.]ht persönli[X.]h untersu[X.]ht. Zwar führt das Amtsgeri[X.]ht aus, na[X.]h den Darlegungen
des Sa[X.]hverständigen böten die Vielzahl der zur Akte gelangten S[X.]hreiben des Betroffenen eine ausrei[X.]hende Basis für die Diagnose und zur Erstellung eines psy[X.]hiatris[X.]hen Guta[X.]htens. Dies vermag glei[X.]hwohl die persönli[X.]he Untersu[X.]hung des Betroffenen ni[X.]ht zu ersetzen. Das Amtsge-ri[X.]ht hätte deswegen erwägen müssen, den
Betroffenen zur guta[X.]hterli[X.]hen Untersu[X.]hung vorführen zu lassen. Dabei hängt die Erstattung des Guta[X.]htens im Ergebnis ni[X.]ht davon ab, dass ein verbaler Kontakt zwis[X.]hen dem [X.] und dem Sa[X.]hverständigen hergestellt werden kann. Der Sa[X.]hverständige ist ni[X.]ht gehindert, im Fall einer dur[X.]h den Betroffenen verweigerten Kommuni-kation aus dessen Gesamtverhalten in Verbindung mit anderen Erkenntnissen S[X.]hlüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild zu ziehen ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
280 Rn.
19).
[X.]) Soweit es die vom Amtsgeri[X.]ht vorgenommene und vom [X.] bestätigte Erweiterung der Betreuung gemäß §
293 FamFG anbelangt, kann diese s[X.]hon deshalb keinen Bestand haben, weil die Instanzgeri[X.]hte den [X.] auf Aufhebung der Betreuung auf [X.]e Weise zurü[X.]kgewiesen haben
und damit no[X.]h ni[X.]ht abs[X.]hließend darüber be-funden ist, ob die Betreuung dem Grunde na[X.]h überhaupt bestehen bleiben kann. Unbes[X.]hadet der Fragen, ob es si[X.]h um eine wesentli[X.]he Erweiterung des [X.]s des Betreuers im Sinne von §
293 FamFG handelt
und
ob deshalb die Einholung eines Sa[X.]hverständigenguta[X.]htens gemäß §
293 Abs.
1 FamFG obligatoris[X.]h ist, hat das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht seine Ents[X.]heidung hin-si[X.]htli[X.]h der Betreuungserweiterung überdies ersi[X.]htli[X.]h au[X.]h auf das
[X.] zustande gekommene
Sa[X.]hverständigenguta[X.]hten ge-stützt, weshalb sie au[X.]h deshalb keinen Bestand haben kann.
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3. Der Senat kann ni[X.]ht abs[X.]hließend in der Sa[X.]he ents[X.]heiden, weil no[X.]h weitere Ermittlungen anzustellen sind. Deshalb ist der Bes[X.]hluss aufzu-heben und die Sa[X.]he zur weiteren Behandlung und Ents[X.]heidung an das Be-s[X.]hwerdegeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen, §
74 Abs.
6 Satz
2 FamFG.
Na[X.]h Zurü[X.]kverweisung und der gebotenen Einholung eines weiteren Sa[X.]hverständigenguta[X.]htens wird das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht au[X.]h unter Berü[X.]k-si[X.]htigung des Zeitablaufs die Notwendigkeit einer persönli[X.]hen Anhörung des Betroffenen zu überprüfen haben.
Sollte der Betroffene ni[X.]ht zu
einem anbe-raumten Anhörungstermin ers[X.]heinen, kann das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht
dessen Vorführung anordnen, vorausgesetzt sie steht ni[X.]ht außer Verhältnis zum [X.] (Senatsbes[X.]hluss vom 2.
Juli 2014
XII
ZB 120/14
juris Rn.
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f.).
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Von einer weiteren Begründung der Ents[X.]heidung wird abgesehen, weil sie ni[X.]ht geeignet wäre, zur Klärung von Re[X.]htsfragen grundsätzli[X.]her Bedeu-tung, zur Fortbildung des Re[X.]hts oder zur Si[X.]herung einer einheitli[X.]hen Re[X.]ht-spre[X.]hung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).
Klinkhammer S[X.]hilling Nedden-Boeger
Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Ents[X.]heidung vom 20.01.2014 -
97 [X.] 853 -
LG [X.], Ents[X.]heidung vom 26.03.2014 -
25 [X.]/14 -
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Meta
20.08.2014
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.08.2014, Az. XII ZB 179/14 (REWIS RS 2014, 3379)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 3379
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XII ZB 179/14 (Bundesgerichtshof)
Aufhebungsverfahren für eine Betreuung: Begutachtung des Betroffenen nach Aktenlage
XII ZB 355/14 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 141/12 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 536/16 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 467/10 (Bundesgerichtshof)
Verfahren auf Aufhebung einer Betreuung: Veranlassung der Durchführung tatsächlicher Ermittlungen; Umfang des Amtsermittlungsgrundsatzes